Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung des Herrn E-K S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 14.03.2006, GZ.: 15.1 29697/2005, wie folgt entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) §§ 24 und 45 Abs 1 Z 1 erster Fall Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG)
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn S zur Last gelegt, dass er seit Oktober 2004 bis Dezember 2005 auf dem Standort H b G, I 1 -3, Kfz-Reparaturarbeiten durchgeführt und dadurch das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe selbstständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt habe, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl er dafür keine Gewerbeberechtigung besitze. Für die Zeit bis 02.12.2005 sei er bereits rechtskräftig bestraft worden. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von ? 1.500,00, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Polizeiinspektion
R mit Anzeige vom 20.12.2005 die angelastete Übertretung angezeigt habe. Im Zuge einer Erhebung durch die Polizeiinspektion R sei festgestellt worden, dass auf dem Standort in H nach wie vor Kfz-Reparaturarbeiten durchgeführt würden und dadurch das angeführte Gewerbe ausgeübt werde. Die Anzeige sei schlüssig und nachvollziehbar und legte die erkennende Behörde diese ihrer Entscheidung zugrunde. Der nunmehrige Berufungswerber habe der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht entsprochen, eine weitere Beweisaufnahme habe somit unterbleiben können, da dies einem Erkundungsbeweis gleichkomme. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde von einer Einschätzung ausgegangen, da die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt gegeben worden seien. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte Herr S aus, dass er die Übertretung nicht begangen habe. Es sei richtig, dass er am 20.12.2005 von der Polizeiinspektion R am Firmengelände kontrolliert worden sei. Bei dieser Kontrolle seien jedoch keinerlei Übertretungen festgestellt worden. Auf dem von der Polizeiinspektion R kontrollierten Areal besitze er weder eine Halle, noch habe er eine derartige angemietet. Auch sei er keiner Arbeit nachgegangen, die auf eine unbefugte Gewerbeausübung schließen ließe. Am 15.09.2006 wurde zum Berufungsgegenstand eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Diese wurde gemeinsam mit dem Verfahren UVS 30.19-18/2006 - Berufung E-K S gegen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 15.03.2006, GZ: 15.1 2345/2006 - durchgeführt. Von nachstehendem Sachverhalt ist auszugehen: Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 20.12.2004 wurde Herr S wegen Ausübung des Kraftfahrzeugtechnik- und Spenglergewerbes sowie des Handelsgewerbes ohne Vorliegen der entsprechenden gewerberechtlichen Genehmigungen bestraft, wobei die Übertretung auf dem Standort in der I 1-3 in H b G erfolgten. Weiters wurde er wegen der gleichen Übertretung mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 02.12.2005 bestraft. Die Entscheidungen der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sind in Rechtskraft erwachsen, weil der Berufungswerber aus zeitlichen Gründen nicht das Rechtsmittel der Berufung erheben konnte, da er sich nicht in Österreich aufhielt. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer, der im Firmenbuch eingetragenen E Personalbereitstellungsges.m.b.H. - im Folgenden:
E bezeichnet - mit der Geschäftsanschrift G, R 56. Diese ist seit 12.12.2003 Inhaberin des Handelsgewerbes auf dem Standort H b G, I 1-3. Der Berufungswerber ist der gewerberechtlicher Geschäftsführer (mit Wirksamkeit 12.12.2003). Weiters ist Herr S gewerberechtlicher Geschäftsführer der S S Software Engineering GmbH, welche auf dem Standort G, P 16, Inhaberin des Gewerbes Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik ist. Dieses Gewerbe ist jedoch seit 30.11.2003 ruhend gemeldet. Darüber hinaus ist Herr S Inhaber des Handelsgewerbes auf dem Standort H 12, G. Auch dieses Gewerbe ist seit 23.12.2003 ruhend gemeldet. Für den Standort I 1-3 in H b G, liegt eine anlagenrechtlichen Bewilligung nach der Gewerbeordnung für Errichtung und Betrieb einer Kfz-Wartungshalle Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 15.03.1984, GZ: 4.1 SCH12-1984 (83) sowie eine Genehmigung der Änderung dieser Anlage durch Errichtung einer Dieseleigentankanlage, einer Kfz-Reinigungsanlage, einer zusätzlichen Lagerhalle, Lagerräumen und Abstellfläche etc. (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 04.06.1991, 4.1 W52-1191 - Antragsteller W. G Ges.m.b.H.) vor. Die im Firmenbuch eingetragene W. G Ges.m.b.H. war bis vor zwei Jahren Inhaberin einer Gewerbeberechtigung. Die für den Standort in H genehmigte Betriebsanlage besteht im Wesentlichen aus einer Halle im Ausmaß von 37 x 20 m, welche in mehrere Bereiche, wie Wartungshalle, Werkstätte, Spritzkabine etc. untergliedert ist, sowie einen weiteren Werkstättentrakt mit Lagerräumen, Kfz-Reinigungsanlage, Dieseleigentankanlage und diversen Abstellflächen. Ca. im Jahr 2004 wurde die genehmigte Lackieranlage durch einen Brand, welcher auch die Hallen insgesamt in Mitleidenschaft zog, zerstört. Herr G hat als Eigentümer des Gebäudes, dieses wieder repariert und auch eine neue Lackieranlage mit Lackierkabine und eine neue Ölheizungsanlage errichtet. Im Tatzeitraum hatte der Berufungswerber drei Hallen von Herrn G gemietet. Im Rahmen des von der E betriebenen Handelsgewerbes wurden dort an den der E eigentümlichen Gebrauchtwägen Ausbesserungsarbeiten und Servicearbeiten sowie Reparaturen nach allfälligen Schäden, wie z. B. Parkschäden vorgenommen. Der Berufungswerber selbst ist Kfz-Techniker und hat diese Arbeiten gemeinsam mit zwei weiteren Arbeitnehmern durchgeführt. Wartungs- oder Reparaturarbeiten an Fremdfahrzeugen oder Serviceleistungen an Fremdfahrzeugen wurden nicht durchgeführt. Der Berufungswerber beabsichtigte auch die nach dem Brand wiedererrichtete Halle mit der neuen Lackieranlage zu übernehmen und zu nutzen und hat aus diesem Grund bei der zuständigen Behörde der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung um Genehmigung einer Kfz-Werkstätte einschließlich Lackieranlage angesucht. Da jedoch die für eine Genehmigung erforderlichen Anforderungen und Auflagen mit sehr hohen Kosten verbunden waren, hat er davon wieder Abstand genommen. Im Jahr 2006 wurde dieser Anlagenteil an Herrn W verpachtet. Der Sachverhalt ist unstrittig. Er ergibt sich zum Einen aus den Angaben des Berufungswerbers, welche nachvollziehbar sind und mit den Aussagen des als Zeugen einvernommenen Polizeiorganes BI H im Einklang stehen; darüber hinaus aus dem Zentralen Gewerberegister und dem Firmenbuch sowie den in der Verhandlung Bezug genommenen Bescheiden betreffend die anlagenrechtlichen (Änderungs-)Genehmigungen vom 15.03.1984 und 04.06.1991. Rechtliche Erwägungen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 i. d.g.F. hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall - Zurückverweisung wegen Mangelhaftigkeit- sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 24 VStG gilt soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die E Personalbereitstellungsges.m.b.H. betreibt in H b G einen Handel mit Gebrauchtwägen. Es ist festzuhalten, dass die E Personalbereitstellungsges.m.b.H., deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, berechtigt ist, auf dem Standort in der I 1-3, in H b G, das Handelsgewerbe auszuüben. Das Ermittlungsverfahren hat überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass der Berufungswerber als Einzelperson an diesem Standort eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hätte, sondern vielmehr erfolgte jegliche Tätigkeit aus Anlass der der E Personalbereitstellungsges.m.b.H. zustehenden Rechte. Auch aus der Anzeige der Polizeiinspektion R ergibt sich die Verantwortlichkeit des nunmehrigen Berufungswerbers in seiner Funktion als Geschäftsführer der E Personalbereitstellungsges.m.b.H. Gemäß § 32 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 idgF stehen Gewerbetreibenden auch folgende Rechte zu: 1. alle Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiete anderer Gewerbe vorzunehmen, die dazu dienen, die Produkte, die sie erzeugen oder vertreiben sowie Dienstleistungen die sie erbringen absatzfähig zu machen, sowie in geringem Umfang Leistungen anderer Gewerbe zu bringen, die eigene Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen; Im § 32 der Gewerbeordnung werden sohin die Nebenrechte der Gewerbetreibenden einheitlich zusammengefasst und übersichtlich gestaltet. Die sonstigen Rechte kommen unterschiedslos allen Gewerbetreibenden zu, gleichgültig, ob sie Erzeuger, Händler oder Dienstleister sind, gleichgültig auch, ob ein freies oder reglementiertes Gewerbe ausgeübt wird. Eine Schranke des Rechtes in andere Gewerbe einzugreifen liegt darin, dass es sich bei den Vollendungsarbeiten um Arbeiten handeln muss, die dazu dienen das Produkt absatzfähig (marktfähig) zu machen. Die Schranke, dass es sich um Nebenarbeiten handelt, die notwendig sind, um das Erzeugnis absatzfähig zu machen, gilt auch für Vorarbeiten. Durch die von der vom Berufungswerber zu vertretenden Ges.m.b.H. ausgeübten Tätigkeiten der Wartung und Instandhaltung und Durchführung von Reparaturarbeiten an den der E eigentümlichen Fahrzeugen etwa nach Parkschäden sind Leistungen, die geeignet sind, das Produkt absatzfähig zu machen und kann nicht erkannt werden, dass durch die in diesem Umfang und Rahmen erbrachten Leistungen, die den Gewerbetreibenden zustehenden Nebenrechte im Sinne der zitierten Bestimmung des § 32 der Gewerbeordnung 1994 idgF überschritten werden. Dass darüber hinaus gehende Leistungen erbracht wurden, hat das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Es war daher das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.