TE UVS Steiermark 2007/01/05 20.1-6/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.01.2007
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Hofrat Dr. Peter Schurl über die Beschwerde des Herrn P S, vertreten durch Mag. M und Mag. A H, Rechtsanwälte in S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wie folgt entschieden: Gemäß §§ 67 a Abs. 1 Z 2 und 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), in Verbindung mit § 35 VStG, §§ 29, 35, 38, 81 und 88 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), § 26 Abs. 2 Anhalteordnung (AnhO) sowie Art. 3 EMRK wird die durch Organe der politischen Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming am 9.9.2006 zwischen 2.15 und 3.30 Uhr durchgeführte Amtshandlung für rechtswidrig erklärt. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr. 2003/334, den mit ?

1.499,80 bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. Beschwerdevorbringen - Gegenschrift Beschwerdevorbringen:

Mit der Eingabe vom 18.10.2006 hat Herr P S, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. M und Mag. A H Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der politischen Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming erhoben. Im Wesentlichen und zusammengefasst wurde Folgendes vorgebracht: Der Beschwerdeführer sei am 9.9.2006 um ca. 2.00 Uhr gemeinsam mit einem Freund auf einer Bank im Ortszentrum von S gesessen, als er von einem Polizisten aufgefordert worden sei, diesen Ort zu verlassen. Dies hätte er auch sofort getan, sich jedoch nach Kauf eines Kebap wieder dorthin gesetzt. Daraufhin sei er von diesem Polizisten zunächst zur Ausweisleistung aufgefordert worden. In der Folge seien ihm Handschellen angelegt und er auf die Polizeistation gebracht worden. Nach Aufnahme eines Protokolls sei er wieder entlassen worden. Er beantragte daher, die Amtshandlung für rechtswidrig zu erklären und der belangten Behörde die Tragung der Kosten für sein Einschreiten aufzutragen. Mit der Eingabe vom 24.11.2006 hat die politische Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming eine Gegenschrift vorgelegt und dabei im Wesentlichen ausgeführt, die Polizei, die im Rahmen des Mountainbikes - Worldcups verstärkte Kontrollen durchgeführt habe, sei von Jugendlichen beschimpft worden. Da der Beschwerdeführer in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung gestört und sich geweigert habe, den Ort im Rücken der Polizei zu verlassen und er sich außerdem nicht ausweisen konnte, sei er festgenommen und zur Polizeistation gebracht worden. Dort habe er mittels Bankomatkarte seine Identität nachgewiesen und sei er nach Aufnahme eines Protokolls entlassen worden. Die Amtshandlung sei rechtmäßig gewesen, weshalb die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. II. Ermittlungsverfahren: Die erkennende Behörde hat am 18.12.2006 eine Verhandlung durchgeführt, bei welcher der Beschwerdeführer und M T, RI B sowie GI S als Zeugen einvernommen wurden. Auf Grund von Beschwerde und Gegenschrift, soweit sich diese nicht widersprechen, insbesondere aber auf Grund des Ergebnisses der Verhandlung ergibt sich folgende Sachverhaltsfeststellung: Am 09.09.2006, um ca. 2.15 Uhr, verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Freund T die Diskothek S, kaufte sich am unmittelbar daneben befindlichen Kebab-Stand einen Kebap und setzte sich in der Nähe der röm. kath. Pfarrkirche im Ortszentrum von S auf eine Bank. Auf dem Platz war auch eine Gruppe von ca. 10 uniformierten Polizisten und mehreren in Zivil, welche eine verstärkte Kontrolle von Jugendlichen im Rahmen des Mountainbikes - Worldcups vornahmen. Insbesondere sollte ein möglicher Drogenmissbrauch verhindert werden und hielten die Polizisten nach einem bestimmten Dealer Ausschau. Auf dem Platz war auch eine größere Anzahl von Jugendlichen, die in Gruppen beieinander standen. Auf dem Platz war es ziemlich laut und kam es zu wiederholten Beschimpfungen der Polizeibeamten durch Jugendliche. Der Zeuge RI B trat auf den Beschwerdeführer und dessen Freund, die im Rücken der Polizisten in einer Entfernung von ca. 10 m auf der Bank saßen und den Kebab aßen zu und forderte sie auf, diesen Platz zu verlassen. Eine Begründung für diese Wegweisung nannte er nicht. Diesem Auftrag kamen die beiden auch nach. Der Beschwerdeführer ging neuerlich in den Kebab-Stand und kaufte sich einen weiteren Kebab, während sein Freund zu einer anderen Gruppe von Jugendlichen ging. Nach Verlassen des Standes sah der Beschwerdeführer, dass auf der Bank ein ihm unbekannter Mann saß, sodass auch er sich wiederum hinsetzte. Daraufhin kam der Zeuge RI B neuerlich auf ihn zu und forderte ihn auf, aufzustehen, was der Beschwerdeführer jedoch verweigerte. Daraufhin forderte der Zeuge RI B den Beschwerdeführer auf, sich auszuweisen. Da dieser keinen Ausweis mit hatte, sondern lediglich seinen Namen nannte, befahl ihm der Zeuge RI B aufzustehen und sich umzudrehen. Er legte ihm Handfesseln an, wobei die Arme auf dem Rücken verschränkt waren. Als dem Beschwerdeführer Handschellen angelegt wurden, trat der Zeuge T hinzu und fragte, was da los sei. Er wurde zunächst vom Zeugen GI S aufgefordert, die Stelle zu verlassen und sich nicht in die Amtshandlung einzumischen. Da er sich aber neuerlich näherte, ließ der Zeuge RI B vom Beschwerdeführer ab, machte einige Schritte auf Herrn T zu, fasste diesen am Hinterkopf und zog ihn Richtung Boden. Dabei versetzte er dem Zeugen T mit dem Oberschenkel einen Stoß gegen dessen Seite. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge mittels Kleintransporter zur Polizeistation gebracht. Während der Fahrt ersuchte er, dass ihm die Handfesseln gelockert werden mögen, da diese Schmerzen verursachten. Dies verweigerte der Zeuge B, da er, wie er in der Verhandlung behauptete, zu diesem Zwecke die Handfesseln überhaupt abnehmen hätte müssen. Auf der Polizeiinspektion wurden dem Beschwerdeführer die Handfesseln abgenommen und ein Alkoholtest durchgeführt. Der Beschwerdeführer wies seine Identität mittels Bankomatkarte, welche er mit sich führte, nach und wurde mit ihm ein Protokoll aufgenommen. Darnach konnte er die Polizeistation wiederum verlassen, wobei ihm auf der Straße die Bankomatkarte, die im Büro liegen geblieben ist, ausgefolgt wurde. 2.) Beweiswürdigung: Die Feststellungen stützen sich in erster Linie auf die Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugen GI S und T. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Zeuge T hinterließen bei der Verhandlung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck. Sie schilderten getrennt voneinander befragt völlig widerspruchsfrei das Geschehen, wobei keinerlei Anhaltspunkte gegeben waren, dass sie sich abgesprochen hätten. Auch der Aussage des Zeugen GI S war zu folgen, der glaubwürdig und nachvollziehbar darlegte, was er von der Amtshandlung gesehen hat und wie er selbst eingeschritten ist. Demgegenüber steht die Aussage des Zeugen RI B, der offensichtlich bemüht war, sein Fehlverhalten zu beschönigen. Seine Darstellung weicht zwar von jener des Beschwerdeführers und des Zeugen T nur in einigen, für die Entscheidung sogar unwichtigen Details, ab, macht seine Aussage aber insgesamt unglaubwürdig. So behauptet er etwa, dass die Handfesseln bei vorne verschränkten Armen angelegt waren, obwohl selbst in der Gegenschrift der belangten Behörde, die sich sicherlich auf einen diesbezüglichen Bericht der Polizei stützt, angeführt ist, dass die Arme rückwärts verschränkt waren. Auch besteht überhaupt keine Veranlassung anzunehmen, dass der Zeuge T geleugnet hätte, sich mit dem Beschwerdeführer gemeinsam ein zweites Mal auf die Bank gesetzt zu haben. wie dies vom Zeugen RI B behauptet wird. III.) Rechtliche Erwägungen: 1.) Rechtzeitigkeit, Zuständigkeit und Zulässigkeit: Gemäß § 88 Abs. 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art 129 a Abs. 1 Z 2 BVG). Der Unabhängige Verwaltungssenat entscheidet gemäß § 88 Abs. 4 SPG über Beschwerden gemäß Abs. 1 durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 67c bis 67g Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991. Die Beschwerde langte am 23. Oktober 2006 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs. 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Organen der politischen Expositur Gröbming vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. 2.) Rechtliche Beurteilung der Beschwerde: Gemäß § 35 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich festgelegten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten worden sind, zum Zwecke ihre Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn 1. der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder 2. begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder 3. der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht. Erweist sich ein Eingriff in Rechte von Menschen als erforderlich (§ 28a Abs. 3 SPG), so darf er gemäß § 29 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt. Gemäß Abs. 2 haben die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Anderem von mehreren zielführenden Befugnis jene auszuwählen, die voraussichtlich die Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt. Gemäß § 35 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn unter anderem auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen. Gemäß § 38 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Unbeteiligte wegzuweisen, die durch ihre Anwesenheit am Vorfallsort oder in dessen unmittelbaren Umgebung die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die nach einem gefährlichen Angriff gebotene Klärung der maßgeblichen Umstände behindern. Besteht gemäß Abs. 2 an einem bestimmten Ort eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrer Menschen oder für Eigentum oder Umwelt in großem Ausmaß, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, jedermann aus dem Gefahrenbereich zu weisen, solange die Sicherheitsbehörde nicht selbst gemäß § 36 Abs. 2 SPG einschreiten kann. Gemäß Abs. 3 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außerdem ermächtigt, jedermann aus einem Gefahrenbereich zu weisen, dessen Leben und Gesundheit dadurch gefährdet sind, dass einem gefährlichen Angriff ein Ende gesetzt wird. Gemäß § 81 Abs. 2 SPG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von der Festnahme eines Menschen, der bei einer Störung der öffentlichen Ordnung auf frischer Tat betreten wurde und der trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht, abzusehen, wenn die Fortsetzung oder Wiederholung der Störung durch Anwendung eines oder beider gelinderer Mittel (Abs. 3) verhindert werden kann. Als gelindere Mittel kommen gemäß Abs. 3 folgende Maßnahmen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt in Betracht: 1. die Wegweisung des Störers vom öffentlichen Ort; 2. das Sicherstellen von Sachen, die für die Wiederholung der Störung benötigt werde. Gemäß § 26 Abs. 2 Anhalteordnung (AnhO) dürfen einem Festgenommenen Fesseln angelegt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Betroffene werde 1. sich selbst oder andere gefährden; 2. fremde Sachen nicht nur geringen Wertes beschädigen; 3. flüchten; 4. eine Amtshandlung, an der er mitzuwirken hat, zu vereiteln versuchen. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (z.B. VwGH 25.9.1996, 96/01/0407, 9.9.1997, 97/06/0407 u.a.) hat der UVS das in Beschwerde gezogenen Verwaltungsgeschehen umfassend auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Er ist somit nicht an die in der Beschwerde konkret als verletzt behaupteten Rechte gebunden. Wie oben angeführt ist eine Wegweisung einer Person von einem Ort (sieht man von hier nicht relevanten Bestimmungen der §§ 36 Abs. 2, 36a, 37 Abs.1 oder 38a ab), nur unter den in §§ 38 oder 81 SPG angeführten Gründen zulässig. Dass vom Beschwerdeführer ein gefährlicher Angriff getätigt worden wäre oder sich am Platz vor der Kirche, im speziellen auf der Bank, überhaupt ereignet hätte oder bevorstand, wurde niemals behauptet und ist im Verfahren auch sonst nicht hervorgekommen. Das erhöhte Polizeiaufgebot war zwar da, um etwaige Ausschreitungen von Jugendlichen und insbesondere Delikte nach dem Suchtmittelgesetz von vorneherein zu verhindern, eine konkrete Gefahr bestand jedoch offensichtlich nicht. § 38 SPG kam daher für eine Wegweisung nicht in Frage. Eher vorgelegen könnten die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 SPG sein. Wie oben angeführt ist es zu teils wüsten Beschimpfungen der Polizeibeamten durch Jugendliche gekommen. Diese Beschimpfungen stellen zweifellos den Tatbestand des § 81 Abs. 1 SPG dar. Eine Wegweisung des Beschwerdeführers und seines Freundes wäre daher dann gerechtfertigt gewesen, wenn auch diese beiden solche Beschimpfungen gemacht hätten. Dass dies der Fall war, konnte von den Zeugen RI B und GI S nicht bestätigt werden. RI B hat es zwar vermutet, erhärten konnte er aber seinen Verdacht nicht. Schon die erste Wegweisung des Beschwerdeführers und des Zeugen T war daher, da durch kein Gesetz gedeckt, willkürlich und damit rechtswidrig. Bei seiner zweiten Intervention gegen den Beschwerdeführer führte der Zeuge RI B zunächst eine Identitätsfeststellung durch, die jedoch, da der Beschwerdeführer keinen Ausweis mit sich führte, keinen Erfolg hatte. Es mag dahin gestellt bleiben, ob der Zeuge RI B den Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt erkannte und diese Amtshandlung von vorneherein rechtswidrig war. Fest steht jedoch, dass der Beschwerdeführer weder einen tätlichen Angriff geführt hat, noch sonst bei der Begehung einer strafbaren Handlung auf frischer Tat betreten worden ist. Gegen ihn bestand weder der konkrete Verdacht, die öffentliche Ordnung gestört zu haben, noch ist er zu Unrecht zur Bank zurückgekehrt, da die erste Wegweisung, wie oben ausgeführt, rechtswidrig war. Der Zeuge RI B durfte daher keine förmliche Identitätsfeststellung durchführen. Es stand ihm bestenfalls gemäß § 28a SPG eine schlichte Befragung des Beschwerdeführers zu, die jedoch zu keinen Zwangsmaßnahmen, wie die Festnahme und Verbringung auf die Polizeistation, führen durfte. Die Identitätsfeststellung war daher ebenfalls rechtswidrig. Nach Aussage des Zeugen RI B erfolgte die Festnahme des Beschwerdeführers deshalb, da er seine Identität nicht nachweisen konnte. Da, wie oben ausgeführt, die Identitätsfeststellung rechtswidrig war, erweist sich, wenn wirklich dies der Grund war, auch die Festnahme als rechtswidrig. Die erkennende Behörde hegt jedoch berechtigte Zweifel, ob die mangelnde Identitätsfeststellung der tatsächliche Grund der Festnahme war, zumal der Beschwerdeführer angeboten hat, seinen Führerschein aus dem Auto zu holen. Viel wahrscheinlicher ist, dass das einschreitende Polizeiorgan, das, wie sich insbesondere in seiner Reaktion auf den Interventionsversuch des Zeugen T zeigen sollte, hochgradig nervös und der Situation in keiner Weise gewachsen gewesen ist, erbost darüber war, dass der jugendliche Beschwerdeführer sich weigerte, die Bank zu verlassen, und ihn deshalb festnahm. Für diese Annahme spricht insbesondere, dass er dem Beschwerdeführer auch noch Handfesseln anlegte, obwohl für diese Maßnahme nicht die geringste Veranlassung bestand. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer sich zunächst weigerte, die Bank zu verlassen, bevor er fertig gegessen habe, hat er überhaupt keinen Widerstand geleistet und offensichtlich auch keinen Versuch unternommen zu fliehen. Er ist vielmehr freiwillig aufgestanden, hat sich umgedreht und die Hände auf den Rücken gelegt. Auch sonst hat er keine Abwehrhandlungen unternommen. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 AnhO sind daher nicht einmal ansatzweise vorgelegen. Sowohl bei der Festnahme als auch beim Anlegen der Handfesseln ist das einschreitende Organ nicht im Sinne des § 29 SPG vorgegangen und hat versucht, zunächst jene Maßnahme zu ergreifen, die auch noch zum Ziel hätte führen können. Es wollte offensichtlich sofort Stärke zeigen und dabei die drastischen Mittel der Festnahme und der Fesselung eingesetzt. Die Fesselung der Hände am Rücken, noch dazu in einer Weise, dass sie dem Beschwerdeführer Schmerzen bereitet hat und die Weigerung des Polizisten, die Fesseln zu lockern, war eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung, die gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat. Beide Maßnahmen, Festnahme und Fesselung, waren durch das Gesetz nicht gedeckt und daher rechtswidrig. Nur der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass auch die Erprobung der Atemluft rechtswidrig war. Als Begründung dafür gab der Zeuge RI B an, er habe ermitteln wollen, ob beim Beschwerdeführer Volltrunkenheit vorliege. Er hat aber in keiner Weise dargetan, dass auch nur irgendwelche Verdachtsmomente für einen solchen Zustand beim Beschwerdeführer vorgelegen wären. Der Beschwerdeführer hat sich mit dem einschreitenden Organ verständlich unterhalten und konnte offensichtlich auch normal stehen und gehen. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass mehrere Maßnahmen, die das einschreitende Organ gegen den Beschwerdeführer gesetzt hat, durch Gesetz nicht gedeckt waren und dass daher die gesamte Amtshandlung rechtswidrig war. Die Kostenentscheidung ist Folge der Stattgebung der Beschwerde.

Schlagworte
Wegweisung Identitätsfeststellung Handfesseln unmenschliche und erniedrigende Behandlung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten