Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des J P, vertreten durch I u. S, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in G, L 201, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 27.04.2006, GZ.: 15.1 3476/2005, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen und der Spruch dieses Straferkenntnisses mit der Maßgabe geändert wird, als 1. die übertretene Verwaltungsvorschrift § 2 Abs 1 Steiermärkisches Landessicherheitsgesetz (im Folgenden StLSG) und die Strafnorm § 4 Abs 1 StLSG lautet und 2. der Spruchbestandteil weiters F A vom Hocker gestoßen und in Folge mit diesem eine verbale und tätliche Auseinandersetzung gehabt, indem er A mit dem Kopf gegen die Stirn gestoßen habe zu entfallen hat. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von ?
70,00, im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ?
7,00; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 27.04.2006 wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 24.05.2005 um 03.15 Uhr in H, P 12, im Lokal L G - Eingang A, die Tänzerinnen I S, M I und R M beschimpft (Schlampe und Kuh), weiters F A vom Hocker gestoßen und in Folge mit diesem eine verbale und tätliche Auseinandersetzung gehabt, indem er A mit dem Kopf gegen die Stirn gestoßen habe. Er habe dadurch den öffentlichen Anstand verletzt und hätte dieses Verhalten der herrschenden Sitte widersprochen und die allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit verletzt. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 1 erster Halbsatz Stmk. LGBl Nr. 158/1975 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von ? 120,00, im Falle der Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 3 Abs 1 Stmk. LGBl Nr. 158/1975 verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob J P durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, indem er zusammenfassend ausführt, dass er einerseits F A zu keinem Zeitpunkt beschimpft oder in irgendeiner Art und Weise angegriffen habe, sondern im Gegenteil von diesem vor dem Eingang zum Eingang L G brutalst misshandelt worden sei. A habe den Berufungswerber mit Faustschlägen niedergestreckt, wodurch dieser einen offenen Nasenbeinbruch und eine Schädelprellung mit Bewusstlosigkeit erlitten habe. Der Berufungswerber habe lediglich mit den Tänzerinnen eine verbale Auseinandersetzung gehabt, wobei, selbst wenn der Berufungswerber die inkriminierten Äußerungen (Schlampe und Kuh) getätigt haben sollte, niemals der objektive Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung verwirklicht worden sein hätte können. Der Vorfall habe sich nämlich in einem Animierlokal (Bordell) um 03.15 Uhr abgespielt und stellt sich hier allen Ernstes die Frage, welcher öffentliche Anstand zu diesem Zeitpunkt in einem Bordell verletzt werden hätte können, da es sich bei den inkriminierten Äußerungen um milieubedingte Unmutsäußerungen handle, die in derartigen Etablissements gang und gäbe wären. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Diese hat am 06.10. und 12.12.2006 stattgefunden, wobei als Zeuge F A einvernommen wurde. Gleichzeitig wurde versucht, die damals im Lokal L G betroffenen Tänzerinnen I S, M I und R M zeugenschaftlich einzuvernehmen, was jedoch in allen drei Fällen daran scheiterte, dass sämtliche nicht mehr im Bundesgebiet aufrecht gemeldet sind. Beigeschafft wurden über Antrag des Rechtsvertreters des Berufungswerbers der Akt des Bezirksgerichtes H zu 4 C 10/06. Auf Grund der öffentlichen mündlichen Verhandlung, des beigeschafften Aktes des Bezirksgerichtes H sowie des erstinstanzlichen Aktes der Bezirkshauptmannschaft Hartberg, insbesondere der Anzeige des Gendarmeriepostens H vom 27.06.2005, wird folgender, als erwiesen angenommener Sachverhalt festgestellt: Der Berufungswerber besuchte am 24.05.2005 mit einem Freund in der Nacht das Lokal L G, etabliert in H. Bei diesem Lokal handelt es sich um eine sogenannten Go-Go-Bar, wo leicht- bzw unbekleidete Frauen tanzten. Der Zeuge F A hielt sich bereits in diesem Lokal auf. A war der Berufungswerber seit einiger Zeit als schwieriger Gast bekannt, der insbesondere wenn er betrunken war, Probleme machte, vor allem durch aggressives Verhalten und mannigfaltige Beschimpfungen. 15 Minuten nach dem Eintreffen des Berufungswerbers verließ sein Freund das Lokal und begann dann der Berufungswerber im Lokal - so die Aussage des Zeugen A - zu wirbeln. Der Berufungswerber beschimpfte die anwesenden Tänzerinnen auf das Gröblichste, wobei er die im Straferkenntnis angeführten Bezeichnungen wie Schlampe und Kuh, verwendete. Es kam dann in weiterer Folge zu einer wörtlichen und tätlichen Auseinandersetzung mit dem Zeugen A, die schließlich sowohl in einem Strafprozess, als auch in einem Zivilprozess endete. Beweiswürdigung: Die öffentliche mündliche Verhandlung, insbesondere der persönliche Eindruck, den die Berufungsbehörde vom Berufungswerber erhielt, überzeugte sie davon, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Diesbezüglich folgt die Berufungsbehörde den Ausführungen des Zeugen A, der das damalige Verhalten des Berufungswerbers klar und deutlich schilderte und keinen Zweifel offen ließ, dass der Berufungswerber vor allem im angetrunkenen Zustand immer wieder solche Verbalinjurien von sich gibt. Er schilderte auch ausführlich, dass die im Etablissement arbeitenden Tänzerinnen den Berufungswerber durchaus wegen seiner Aggressivität fürchten, umso mehr der Berufungswerber damals im Lokal L G als Stammgast zu bezeichnen war und häufig dieses Lokal - meistens in angetrunkenem Zustand - besuchte. Rechtliche Beurteilung: Die Korrektur der Übertretungsnorm erfolgte in Vollziehung des § 66 Abs 4 AVG, da das Steiermärkische LGBl Nr. 158/75 am 20.04.2005 mit Erlassung des Steiermärkischen Landessicherheitsgesetzes (StLSG), Steiermärkisches Landesgesetzblatt Nr. 24/2005, außer Kraft getreten ist. Seit diesem Zeitpunkt ist die öffentliche Anstandsverletzung in § 2 Abs 1 StLSG und die ungebührlich erstehende Lärmerregung im § 1 StLSG geregelt. Gemäß § 2 Abs 1 StLSG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Diese Verwaltungsübertretung erfordert das Tatbestandselement der Öffentlichkeit und ist darüber hinaus gefordert, dass der Anstand verletzt worden ist. Es besteht kein Zweifel, dass das Element der Öffentlichkeit in einem öffentlichen Lokal, das jedermann zu gleichen Bedingungen zugänglich ist, gegeben ist. Unter Anstand wiederum versteht man jene ungeschriebenen Regeln der Sitte und Moral, deren Einhaltung im Umgang und Leben miteinander gefordert werden muss. Der Berufungswerber steht auf dem Standpunkt, dass eine Beschimpfung von Tänzerinnen bzw - so wie er vermeint - Prostituierten in einem Nachtlokal keine Verletzung des Anstandes darstellen kann und derartige Äußerungen sogenannte milieubedingte Unmutsäußerungen wären. Diesbezüglich sei festgehalten, dass der Schutzzweck dieser Bestimmung vor allem daran liegt zu garantieren, dass bestimmte ungeschriebene Regeln im Leben miteinander bezüglich des öffentlichen Anstandes eingehalten werden und ein unbeteiligter Zuseher/-hörer davor geschützt ist, Empfindungen des Schändlichen und des Unerlaubten zu haben. Es mag zwar durchaus sein, dass der Umgangston in einem Animierlokal am frühen Morgen sich nicht unbedingt auf besonders hohem Niveau bewegt, nichts desto trotz auch gegenüber Tänzerinnen oder Prostituierten ein Mindestmaß an menschlichem Respekt und Anstand an den Tag zu legen ist. Diese Grenze hat der Berufungswerber durch das unflätige Beschimpfen der Tänzerinnen zweifellos bei weitem überschritten und daher diese ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten. Das weitere dem Berufungswerber vorgehaltene Verhalten, nämlich die Auseinandersetzung mit F A, war Gegenstand eines strafgerichtlichen Verfahrens und unterliegt daher dem Doppelbestrafungsverbot. Der Spruch des Straferkenntnisses musste daher insofern korrigiert werden Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen: Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Um Wiederholungen zu vermeiden, sei auf den bereits oben stehenden Schutzzweck der verletzten Bestimmung hingewiesen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Erschwerungs- und Milderungsgründen lagen keine vor. Die mit ?
70,00 neu ausgemessene Strafe entspricht den innerhalb der mündlichen Verhandlung festgestellten Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers.