TE UVS Tirol 2007/01/22 2006/26/3503-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2007
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn G. B., XY-Straße 131/II/22, I., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 17.11.2006, Zl S-22.660/06, betreffend Übertretungen nach der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 und dem Kraftfahrgesetz 1967, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wie folgt:

 

I. Der Berufung gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern Folge gegeben, als dem Berufungswerber nur die Nichtvorlage der Schaublätter für den 31.07.2006 und 01.08.2006 angelastet und die zu diesem Punkt verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 150,00 daher auf Euro 40,00, bei Uneinbringlichkeit 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hinsichtlich dieses Spruchpunktes gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 4,00 neu festgesetzt.

 

Im Spruch werden zu diesem Punkt außerdem folgende Änderungen vorgenommen:

Bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hat es hinsichtlich Spruchpunkt 1. unter Berücksichtigung vorstehender Änderung nunmehr wie folgt zu lauten:

?Sie haben als Lenker des Lastkraftwagens mit dem behördlichen Kennzeichen XY (das Fahrzeug wurde im innergemeinschaftlichen Güterverkehr verwendet und hat ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen) am 09.08.2006 um 14.25 Uhr im Zuge einer Verkehrskontrolle auf der B 171, Gemeindegebiet Hall in Tirol, Unterer Stadtplatz gegenüber HNr 10, dem Kontrollbeamten auf dessen Verlangen die von ihnen am 31.07.2006 und am 01.08.2006 verwendeten Schaublätter nicht vorgelegt, obwohl der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche und die von ihm in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter vorlegen können muss.?

 

Bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) hat es zu Punkt 1. nunmehr ?1) Art 15 Abs 7 lit a) i) EG-VO 3821/85? zu lauten.

 

II. Der Berufung gegen die Spruchpunkte 2., 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses wird Folge gegeben, das Straferkenntnis insoweit behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 17.11.2006, Zl S-22.660/06, wurde Herrn G. B., I., folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 09.08.2006 um 14.25 Uhr auf der B 171, im Gemeindegebiet von Hall in Tirol, Unterer Stadtplatz gegenüber HNr 10 den LKW XY und im Zuge einer Fahrzeugkontrolle konnte festgestellt werden, dass

1) Sie als Lenker eines Kfz, welches zur Güterbeförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt die Schaublätter für die laufende Woche und die von Ihnen in den vorausgegangen 15 Tagen verwendeten Schaublätter, dem  Kontrollorgan auf dessen Verlangen hin nicht vorlegten (die Schaublätter vom 08.07. ? 01.08.2006 fehlten),

2) war die Windschutzscheibe auf der rechten Seite über die gesamte Höhe mehrfach gesprungen und zersplittert,

3)

der Bordwandverschluss war links hinten gebrochen und

4)

der rechte Scheinwerfer war defekt (lose).?

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen Art 15 Abs 7a lit i EG-VO 3821/85 (Spruchpunkt 1.), § 102 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 KFG (Spruchpunkt 2.), § 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG (Spruchpunkt 3.) und § 102 Abs 1 iVm § 14 Abs 1 KFG (Spruchpunkt 4.) verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 134 Abs 1 KFG zu Punkt 1. eine Geldstrafe von Euro 150,00, Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, und zu den Punkten 2., 3. und 4. jeweils eine Geldstrafe von Euro 100,00, Ersatzfreiheitsstrafe je 2 Tage, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafen bestimmt.

 

Dagegen hat Herr G. B. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

?Punkt 1 Es wurden dem Kontrollorgan die laufenden Schaublätter vom 31.07.06 bis 09.08.06 vorgelegt sowie eine Kopie der Krankmeldung vom 19.07.06 bis 30.07.06 welche nicht anerkannt worden ist da eine Bestätigung der Firma verlangt wurde.

Punkt 2,3 und 4 waren nicht so schwere Mängel die eine Weiterfahrt unmöglich gemacht hätten, auch wurde der Lkw von den Aufsichtsorgan nicht aus dem Straßenverkehr genommen. Die Schäden wurden behoben sodass mir kein Verkehrswidriges verhalten angelastet werden kann.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind die folgenden Bestimmungen beachtlich:

 

?1. Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr vom 20. Dezember 1985, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 561/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006:

 

Art 15

....

(7) a) Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

i) die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter,

ii) die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist, und

iii) alle während der laufenden Woche und der vorausgehenden 15 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr 561/2006 vorgeschrieben sind.

Nach dem 1. Januar 2008 umfassen die in den Ziffern i und iii genannten Zeiträume jedoch den laufenden Tag und die vorausgehenden 28 Tage.

....

 

2. Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 99/2006:

 

§ 102

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; ....

 

§ 134

Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 5.000,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

3. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

....?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Schuldspruch:

Unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zusammengefasst zur Last gelegt, er habe als Lenker eines im innergemeinschaftlichen Güterverkehr verwendeten Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen anlässlich der Verkehrskontrolle am 09.08.2006 entgegen Art 15 Abs 7 lit a) i) EG-VO 3821/85 dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen die Schaublätter für den Zeitraum 08.07.2006 bis 01.08.2006 nicht vorgelegt.

 

In diesem Zusammenhang ist nun zu beachten, dass die derzeit geltende und auch bereits im Tatzeitpunkt in Geltung gestandene Bestimmung in Art 15 Abs 7 lit a) i) EG-VO 3821/85 (Inkrafttreten mit 01.05.2006 (Art 29 EG-VO 561/2006) den Lenker eines mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüsteten Fahrzeuges lediglich verpflichtet, dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen die Schaublätter für die laufende Woche und die in den vorausgegangenen 15 Tagen verwendeten Schaublätter vorzulegen.

Da die Kontrolle am 09.08.2006 erfolgt ist, hatte der Berufungswerber dem Kontrollorgan daher einerseits die Schaublätter für den Zeitraum 07.08.2006 bis 09.08.2006 und andererseits die von ihm in der Zeit von 23.07.2006 bis 06.08.2006 verwendeten Schaublätter vorzuweisen.

 

Wie nun der Berufungswerber vorgebracht hat, hat er sich im Zeitraum 19.07.2006 bis 30.07.2006 im Krankenstand befunden. Seine Angaben wurden von der Tiroler Gebietskrankenkasse bestätigt und bestehen daher an der Richtigkeit dieser Behauptung keine Zweifel. Folgerichtig ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber im Zeitraum 19.07.2006 bis 30.07.2006 kein mit einem Kontrollgerät ausgestattetes Fahrzeug gelenkt und daher während dieser Zeit auch keine Schaublätter verwendet hat. Für diesen Zeitraum ist der erhobene Tatvorwurf deshalb verfehlt.

 

Was die Zeit vom 08.07.2006 bis einschließlich 18.07.2006 anlangt, hat nach derzeit (bis 01.01.2008) geltender Rechtslage die Verpflichtung zur Mitführung bzw Vorlage der in diesem Zeitraum verwendeten Schaublätter nicht bestanden, sodass auch insofern kein strafbares Verhalten vorliegt.

 

Mithin erweist sich der Tatvorwurf nur insoweit als zutreffend, als dem Berufungswerber die Nichtvorlage der Schaublätter für den 31.07.2006 und 01.08.2006 angelastet worden ist.

Dass der Berufungswerber dem Kontrollorgan diese Schaublätter trotz Verlangens nicht vorgelegt hat, sieht die Berufungsbehörde entgegen den Berufungsausführungen aufgrund der Angaben in der Anzeige sowie aufgrund der zeugenschaftlichen Befragung des Meldungslegers GI B.

Z. am 26.01.2007 als erwiesen an. Dem Meldungsleger als Organ der Straßenaufsicht ist zunächst zuzubilligen, dass er diese Feststellung korrekt treffen und in der Anzeige richtig wiedergeben konnte. Auch die vom Meldungsleger bei der Amtshandlung angefertigten und im Zuge der Zeugeneinvernahme vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen belegen, dass der Berufungswerber dem Kontrollbeamten lediglich das von ihm bei der Anhaltung verwendete Schaublatt vom 09.08.2006 vorgelegt hat. Der Meldungsleger hat außerdem ausgesagt, dass er den Berufungswerber sehr wohl zur Vorlage der Schaublätter der laufenden Woche und der während der vorausgegangenen 15 Tage verwendeten Schaublätter aufgefordert habe. Auch an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen keine Zweifel. Der Meldungsleger hat bei seiner Befragung einen glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen. Es wäre auch unerfindlich, welche Umstände diesen dazu veranlasst haben sollten, zum Nachteil des Berufungswerbers falsche Angaben zu machen, zumal er im Falle einer bewusst unrichtigen Anzeigenerstattung bzw Falschaussage mit massiven disziplinären und auch strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müsste. Für die Richtigkeit der Zeugenaussage sprechen auch die in der Anzeige vermerkten Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers. Dieser hat nämlich gegenüber dem Meldungsleger erklärt, dass er von der Mitnahmepflicht keine Kenntnis gehabt habe. Dass der Meldungsleger diese Rechtfertigungsangaben korrekt wiedergegeben hat, steht für die Berufungsbehörde ebenfalls fest, wobei auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen wird. Indirekt gesteht schließlich auch der Berufungswerber selbst zu, dass ihn der Meldungsleger zur Vorlage dieser Schaublätter aufgefordert hat, wenn er nämlich in der Berufung vorbr

ingt, dass der Beamte die mitgeführte Krankmeldung für den Zeitraum 19.07.2006 bis 30.07.2006 nicht anerkannt und die Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Arbeitgebers verlangt habe. Dass die Frage des Krankenstandes bei der Amtshandlung überhaupt thematisiert worden ist, lässt sich nur damit erklären, dass der Meldungsleger ua die Vorlage von Schaublättern für diesen Zeitraum verlangt hat. Letztlich konnte auch der Berufungswerber selbst bei seiner Einvernahme nicht ausschließen, dass der Meldungsleger eine entsprechende Aufforderung zur Vorlage der Schaublätter an ihn gerichtet hat. Dass der Berufungswerber ab 31.07.2006 wieder als Kraftfahrer tätig war und ein mit einem Kontrollgerät ausgestattetes Kraftfahrzeug gelenkt hat, hat dieser selbst zugestanden und wird zudem durch die von ihm in der Berufungsverhandlung am 29.01.2007 in Kopie vorgelegten Schaublätter belegt.

Die Berufungsbehörde ist deshalb zur Überzeugung gelangt, dass der Berufungswerber, indem er dem Meldungsleger bei der betreffenden Kontrolle trotz Aufforderung die Schaublätter für den 31.07.2006 und 01.08.2006 nicht vorgelegt hat, gegen die Verhaltensnorm in Art 15 Abs 7 lit a Z i EG-VO 3821/85 verstoßen hat.

 

Was das Verschulden anlangt, ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der dem Berufungswerber in Punkt 1. angelasteten Verwaltungsübertretung um ein sog Ungehorsamsdelikt handelt. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua). Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Wenn dieser bei der Anhaltung angegeben hat, dass er von der Verpflichtung zur Mitnahme der Schaublätter keine Kenntnis gehabt habe, ist für ihn auch damit nichts zu gewinnen. Nach § 5 Abs 2 VStG ist nämlich die Unkenntnis der übertretenen Verwaltungsvorschriften nur dann beachtlich, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Wie nun aber der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, muss sich ein Fahrzeuglenker über die Vorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend, und zwar insbesondere durch Rückfrage bei den zuständigen Behörden, informieren (vgl VwGH v 30.10.1990, Zl 90/02/0149 uva). Dass er entsprechende behördliche Auskünfte eingeholt bzw von der zuständigen Behörde über die maßgeblichen Vorschriften falsch informiert worden ist, bringt der Berufungswerber selbst nicht vor. Im Ergebnis kann daher auch nicht von einer unverschuldeten Unkenntnis der maßgeblichen Rechtsnormen ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen eines entschuldigenden Rechtsirrtums zu verneinen ist.

Der Berufungswerber hat daher auch schuldhaft gehandelt, wobei zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen war.

 

Die Bestrafung zu Punkt 1. ist daher insofern zu Recht erfolgt, als dem Berufungswerber die Nichtvorlage der von ihm am 31.07.2006 und am 01.08.2006 verwendeten Schaublätter vorgeworfen worden ist. Bezüglich des Zeitraumes 08.07.2006 bis 30.07.2006 ist der Vorwurf hingegen aus vorstehenden Erwägungen unzutreffend.

Da ?Sache? des Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs 4 AVG ausschließlich die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat, sohin die Nichtvorlage von Schaublättern für den Zeitraum 08.07.2006 bis 01.08.2006, ist, im Berufungsverfahren also ausschließlich zu prüfen war, ob der Beschuldigte wegen der ihm durch die Unterinstanz angelasteten Verwaltungsübertretung zu bestrafen ist oder nicht, war es der Berufungsbehörde verwehrt, den Tatvorwurf zeitlich auszudehnen, dem Berufungswerber also die Nichtvorlage der Schaublätter auch für einen anderen Zeitraum anzulasten (vgl VwSlg 8867 A/1975).

 

Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt der betreffenden Übertretung ist nicht unerheblich. Die Vorlage der in der laufenden Woche und in den vorausgegangenen 15 Tagen verwendeten Schaublätter soll den Kontrollbeamten die Einhaltung der Ruhezeitbestimmungen ermöglichen. Dass es sich bei diesen um für die Verkehrssicherheit zentrale Vorschriften handelt, steht für die Berufungsbehörde außer Zweifel, zumal die Missachtung der Bestimmungen über die Vornahme von Lenkpausen bzw die Konsumtion von Ruhezeiten zwangsläufig zu Übermüdungen des Lenkers führt und damit die Gefahr von Unfällen erhöht wird. Die entsprechenden Daten müssen dem Kontrollorgan dabei bereits bei der Amtshandlung zur Verfügung stehen, damit im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlichenfalls sofort entsprechende Anordnungen (Untersagung der Weiterfahrt etc) getroffen werden können. Indem nun der Berufungswerber dem Kontrollbeamten die Schaublätter nicht vollständig vorgelegt hat und damit eine Überprüfung hinsichtlich Einhaltung der Ruhezeitbestimmungen nicht möglich war, hat er wichtigen staatlichen Interessen zuwidergehandelt.

Als Verschuldensform war ? wie erwähnt - Fahrlässigkeit anzunehmen. Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Erschwerend waren die einschlägigen Strafvormerkungen zu berücksichtigen. Was die Einkommens- und Vermögensverhältnisse anlangt, hat der Berufungswerber angegeben, dass er derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 1.200,00 bezieht. Er besitzt kein Vermögen. Seine Verbindlichkeiten belaufen sich auf Euro 100.000,00 und wurde deshalb mitteilungsgemäß der Privatkonkurs beantragt. Sorgepflichten bestehen für ein Kind.

 

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungskriterien ist die Berufungsbehörde ausgehend von der durch die Erstinstanz verhängten Strafe und im Hinblick auf die gebotene deutliche Einschränkung des Tatvorwurfes zur Ansicht gelangt, dass für die dem Berufungswerber unter Punkt 1. angelastete Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von Euro 40,00 zu verhängen ist. Eine weitere Strafmilderung war aber schon aus spezialpräventiven Erwägungen nicht möglich. Die mehreren einschlägigen Strafvormerkungen zeigen, dass der Berufungswerber den von ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Kraftfahrer zu beachtenden Vorschriften offenkundig nicht die gebotene Bedeutung beimisst. Eine geringere Strafe würde das Ziel, ihn für die Zukunft zu einem rechtskonformen Verhalten zu verhalten, nicht erreichen lassen.

 

Im Ergebnis war der Berufung gegen Spruchpunkt 1. daher insofern Folge zu geben, als der Tatvorwurf einzuschränken war. Folgerichtig hatte auch eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe bzw der Ersatzfreiheitsstrafe zu erfolgen und waren die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu zu bemessen. Ebenfalls war im Interesse der Rechtsklarheit der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses neu zu fassen. Dabei handelt es sich um bloße Präzisierungen, zu denen die Berufungsbehörde gemäß dem nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG berechtigt war.

 

Zu den Spruchpunkten 2., 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses:

In diesen Spruchpunkten wurde dem Berufungswerber zusammengefasst zur Last gelegt, er habe ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl dieses diverse Mängel aufgewiesen habe. Die Erstinstanz ist deshalb jeweils von einer Übertretung nach § 102 Abs 1 KFG iVm den Bezug habenden, die Beschaffenheit und Ausstattung von Kraftfahrzeugen regelnden kraftfahrrechtlichen Vorschriften ausgegangen.

 

In diesem Zusammenhang ist nun § 44a Z 1 VStG zu beachten. Nach dieser Bestimmung hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Damit dieser gesetzlichen Vorgabe entsprochen wird, muss der Spruch des Straferkenntnisses laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann (vgl VwGH 25.02.1992, Zl 91/04/0277 ua).

Diesem Erfordernis tragen die im angefochtenen Straferkenntnis unter Punkt 2., 3. und 4. erhobenen Tatvorwürfe nicht Rechnung. Bei einer Übertretung nach § 102 Abs 1 KFG besteht nämlich das strafbare Verhalten darin, dass sich ein Lenker vor Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges nicht in zumutbarer Weise vom vorschriftsgemäßen Zustand desselben bzw. der damit beförderten Ladung überzeugt hat. Es wird also nicht das Lenken eines den kraftfahrrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Kraftfahrzeuges als solches pönalisiert, sondern das Lenken ohne die der Inbetriebnahme vorausgegangene zumutbare Überprüfung desselben. Die in den Spruchpunkten 2., 3. und 4. erhobenen Tatvorwürfe sind sohin nicht unter die jeweils als verletzt angesehenen Verwaltungsvorschriften subsumierbar und können in der konkreten Formulierung auch keinem sonstigen Straftatbestand unterstellt werden. Das vorliegende Straferkenntnis erweist sich daher in diesem Umfang als rechtswidrig.

 

Eine Richtigstellung der Tatvorwürfe durch die Berufungsbehörde war ebenfalls nicht möglich.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG - diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung - hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ?Sache? im Sinne dieser Gesetzesstelle ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl VwGH v 24.06.1948 in Slg NF Nr 460/A, v 23.06.1975 in Slg NF Nr 8855/A und v 27.06.1975 in Slg NF Nr 8864/A), immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Demnach darf aber die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund würde es nun eine unzulässige Auswechslung der Taten bedeuten, wenn dem Berufungswerber erstmals im Berufungserkenntnis vorgeworfen wird, er habe das in Rede stehende, diverse Mängel aufweisende Kraftfahrzeug gelenkt, ohne sich vor der Inbetriebnahme in zumutbarer Weise vom vorschriftsgemäßen Zustand desselben überzeugt zu haben.

 

Folgerichtig war daher der Berufung gegen die Spruchpunkte 2., 3. und 4. Folge zu geben, der angefochtene Bescheid insoweit zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der unter diesen Spruchpunkten konkret erhobenen Tatvorwürfe gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Schlagworte
Wie, nun, der, Berufungswerber, vorgebracht, hat, hat, er, sich, im, Zeitraum, im, Krankenstand, befunden, Seine, Angaben, wurden, von, der, Tiroler, Gebietskrankenkasse, bestätigt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten