Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Berufung von Herrn Gerhard G., vertreten durch Rechtsanwälte N., H., He., Stadtplatz 19, V., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 29.11.2005, Zahl 30308/369-43924-2004, folgendes
Erkenntnis :
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die ausgesprochene Geldstrafe unter Anwendung des § 20 VStG herabgesetzt wird auf ? 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden).
Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz reduziert sich sohin auf ? 20,-
Begründung :
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:
"Angaben zur Tat: 6.10.2004, 18:04 Uhr
Ort der Begehung: 5071 Wals-Siezenheim, A 1 ? Westautobahn,
Strkm 299,900, Fahrtrichtung ? Wien;
Fahrzeug: LKW, SL-844GF (A)
Sie haben als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das mautpflichtige Straßennetz benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass das Fahrzeuggerät für die Verrechnung im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt war und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Übertretung gemäß § 20 Abs 2 iVm § 6 und 7 Abs 1 BStMG
Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:
Strafe gemäß: § 20 Abs 2 Bundesstraßen-Mautgesetz BGBl Euro 400,00
109/2002
Ersatzfreiheitsstrafe: 132 Stunden."
Der Beschuldigte hat durch seinen ausgewiesenen Vertreter hiegegen rechtzeitig schriftliche Berufung eingebracht wie folgt:
"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 29.11.2005, AZ 30308/369-43924-2004, zugestellt am 2.12.2005, wird binnen offener Frist
Berufung
an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg erhoben und diese begründet wie folgt:
Das genannte Straferkenntnis wird wegen materieller Rechtswidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger Beweiswürdigung angefochten. Die Erstbehörde sieht als erwiesen an, dass der Berufungswerber als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t am 6.10.2004 um 18.04 Uhr auf der A1-Westautobahn StrKM 299,900 Fahrtrichtung Wien das mautpflichtige Straßennetz benützt hat, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt.
Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät für die Verrechnung im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen sei und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.
Richtig ist, dass der Berufungswerber am 6.10.2004 um 18.04 Uhr im Ortsgebiet Wals-Siezenheim auf der A1-Westautobahn mit dem Lkw, pol.Kz. SL-844 GF, in Fahrtrichtung Wien unterwegs war. Der Berufungswerber kam aus Deutschland, sein Fahrziel war die Fa. Frigologo in Seekirchen, der Berufungswerber beabsichtigte daher in Eugendorf die A1-Westautobahn zu verlassen.
Kurz vor dem Grenzübergang Walserberg überprüfte der Berufungswerber die GoBox auf ihre Funktionsfähigkeit und wurde ihm durch das einmalige Piepsen sowie das Aufleuchten der grünen Kontrollleuchte ?4 S" (für 4-achsige Fahrzeuge) die Funktionsfähigkeit bestätigt, wie auch bereits im Einspruch vom 23.1.2005 ausgeführt.
Beim Durchfahren der ersten Mautabbuchungsstelle kurz nach dem Grenzübergang ertönte ein 4-maliges Piepssignal, wodurch der Berufungswerber darauf aufmerksam wurde, dass es offenbar Probleme beim Abbuchen der Maut gab. Welcher Art diese Probleme waren, war für den Berufungswerber nicht verifizierbar. Nachdem allerdings die Go- Box selber funktionsfähig war und über das Vermögen der Wolfgang W. Güterbeförderung am 9.9.2004 Konkurs eröffnet worden war, nahm der Berufungswerber an, dass es möglicherweise Zahlungsschwierigkeiten seines Dienstgebers gab.
Der Berufungswerber setzte sich sofort mit diesem in Verbindung und teilte ihm mit, dass es Probleme mit der Abbuchung der fahrleistungsabhängigen Maut von der Go-Box gab. Herr W. wies den Berufungswerber an, seine Fahrt plangemäß fortzusetzen, da er sowieso in Eugendorf die Autobahn verlassen sollte, er würde ihn am Zielort bei der Fa. Frigologo in Seekirchen erwarten, die Go-Box abholen und die Angelegenheit regeln, also die Maut gemäß Punkt 7.1 Mautordnung nachentrichten. Etwa 20 - 30 min nach Durchfahren der ersten Mautabbuchungsstelle nach dem Grenzübergang Walserberg erreichte der Berufungswerber den Zielort Seekirchen, kurz darauf traf sein Dienstgeber dort ein und nahm die Go-Box in Empfang. Für den Berufungswerber war damit die Angelegenheit erledigt.
Der Berufungswerber kontaktierte noch einen Kollegen, um ihn von den Schwierigkeiten mit der Go- Box zu informieren. Dieser teilte ihm mit, dass bei ihm eben derselbe Signalton (4- maliges Piepsen) ertönt war und er ebenfalls den Chef informiert habe, der die Angelegenheit regeln würde.
Daraufhin wurde beim Dienstgeber des Berufungswerbers für die weitere Dauer des Konkursverfahrens vom Post-Pay-Verfahren auf Barzahlungsbetrieb umgestellt. Erst im Nachhinein erfuhr der Berufungswerber, dass die für die Durchführung des Post-Pay-Verfahrens hinterlegte Kreditkarte angeblich bereits ab 4.10.2004 gesperrt war.
Dass der Dienstgeber des Berufungswerbers die gegenständliche Maut entgegen seiner Zusage nicht gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung nachentrichtet hat, gelangte diesem erst zur Kenntnis, als ihm die Strafverfügung vom 13.1.2005, Zahl 30308/369-43924-2004 zugestellt wurde. Ob der damalige Dienstgeber des Berufungswerbers, die Fa. Wolfgang W., jemals zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert wurde, ist dem Berufungswerber nicht bekannt.
Aus dem Akt ergibt sich jedoch, dass am 6.10.2005 um 20:49, also innerhalb des in Punkt 7.1 vorgesehenen Zeitraumes von 5 Stunden nach Durchfahren der ersten Mautabbuchungsstelle um 18:04, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden hat eine Vertriebsstelle aufgesucht wurde (Stellungnahme der ASFINAG, S.2). Weshalb hier jedoch offenbar die Maut nicht nachentrichtet wurde, ist für den Berufungswerber nicht nachvollziehbar. Er selber hätte nach Übergabe der Go- Box an seinen Dienstgeber, der als Zulassungsbesitzer des Lkws ebenfalls Mautschuldner ist (§ 4 BStMG) keine Möglichkeit mehr gehabt, die Maut nachzuentrichten, da dafür die Go- Box benötigt wird (7.1 Mautordnung).
Selbst wenn der Berufungswerber die Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung benützt und somit das Tatbild des § 20 Abs.2 BStMG objektiv verwirklicht hätte, ist sein Verhalten nicht strafbar.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG muss für die Strafbarkeit eines Deliktes auch die subjektive Tatseite erfüllt sein. Diese umfasst jene tatsächlichen Vorgänge in der Psyche, die nach dem Gesetz zur Verwirklichung des Deliktes vorliegen müssen. Sie können in der Absicht oder in dem Bewusstsein bestehen, das rechtswidrige, objektive Verhalten zu setzen, zumindest fahrlässiges Verhalten ist jedoch für die Strafbarkeit erforderlich. Dem Berufungswerber ist jedoch kein Verschulden an einem Verstoß gegen § 20 Abs.2 BStMG vorzuwerfen. Wie bereits ausgeführt sagte der Dienstgeber des Berufungswerbers diesem zu, die Maut ordnungsgemäß nachzuentrichten, zu diesem Zweck übergab ihm der Berufungswerber auch die Go-Box, da es für die Nachentrichtung der Maut erforderlich ist, diese zur Durchführung der Nachzahlung bei der Go-Vertriebsstelle oder im GoServicecenter vorzulegen. Dem Berufungswerber ist daher keine Fahrlässigkeit und somit kein Verschulden vorzuwerfen.
Sollte der Unabhängige Verwaltungssenat entgegen der Sach- und Rechtslage davon ausgehen, dass dem Berufungswerber ein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung trifft, so ist dieses jedenfalls als so geringfügig anzusehen, dass ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 geboten ist. Aufgrund der besonderen Umstände des Falles (Konkurs des Arbeitgebers, Zusage des Arbeitgebers die Maut sofort nachzuentrichten) bleibt ein allfälliges Verschulden hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt soweit zurück, dass ein Absehen von einer Strafe gemäß § 21 VStG geboten ist (UVS Oberösterreich VwSen-150323/3/Lg/Hue/Hu).
Ausdrücklich wird als Verfahrensmangel gerügt, dass der Zulassungsbesitzer und Dienstgeber des Berufungswerbers Wolfgang W. nicht einvernommen wurde.
Aus den angeführten Gründen werden die
Anträge
an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg gestellt, er möge
1.
eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen;
2.
den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft
Salzburg-Umgebung vom 29.11.2005, AZ 30308/369-43924-2004, ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;
in eventu: Nach neuerlichem und ergänzendem Ermittlungsverfahren das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 29.11.2005, AZ 30308/369-43924-2004, ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;
in eventu: Den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 29.11.2005, AZ 30308/369-43924-2004, ersatzlos aufheben und gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen;
in eventu: Die verhängte Geldstrafe tatschuldangemessen reduzieren."
In der Sache wurden am 3.10.2006 und am 15.1.2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Beschuldigte war in der Verhandlung vom 3.10.2006 durch seinen Rechtsbeistand vertreten. Die Verhandlung vom 15.1.2007 wurde unentschuldigt versäumt. Zeugenschaftlich einvernommen wurde der damalige Arbeitgeber des Beschuldigten, Herr Wolfgang W..
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:
Der Beschuldigte hat am 6.10.2004, 18:04 Uhr, einen Sattelzug mit dem Kennzeichen SL-844GF (Zugfahrzeug) auf der Westautobahn ? A 1, Gemeindegebiet Wals-Siezenheim, Strkm 299,9, Fahrtrichtung Wien, gelenkt und bei dieser Fahrt mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, die fahrtleistungsabhängige Maut auf einer mautpflichtigen Bundesstraße nicht entrichtet.
Vom Beschuldigten war an sich unbestritten, dass zum Tatzeitpunkt die fahrtleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Die Maut konnte nicht entrichtet werden, weil während der Auslandsfahrt des Beschuldigten das Zahlungsmittel des Zulassungsbesitzers gesperrt wurde und deshalb nach Wiedereintritt in das Bundesgebiet beim Grenzübergang Walserberg die Abbuchung im Post-Pay-Verfahren, auf welches das Fahrzeuggerät eingestellt war, nicht mehr stattfinden konnte.
Insofern vom Beschuldigtenvertreter die ordnungsgemäße Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut bestritten wurde, hat sich ergeben, dass die Ersatzmautaufforderung dem damaligen Insolvenzverwalter des Zulassungsbesitzers, Herr Rechtsanwalt Dr. Thomas B., B., am 19.10.2004 zugestellt wurde. Rechtsanwalt Dr. B. hat im Ermittlungsverfahren mitgeteilt, dass er die Ersatzmautaufforderung umgehend an Herrn Wolfgang W., dem Inhaber der Firma Wolfgang W. Transporte, H., ausgehändigt habe.
Rechtlich ist auszuführen:
Gemäß § 6 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 ? BStMG, BGBl I Nr 109/2002, unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrtleistungsabhängigen Maut.
Gemäß § 7 Abs 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.
Gemäß § 8 Abs 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, sich vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.
Gemäß § 8 Abs 2 BStMG haben sich die Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken von der Funktionsfähigkeit der Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.
Gemäß § 19 Abs 1 BStMG ist in der Mautverordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von ? 300,-- einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.
Gemäß § 19 Abs 2 BStMG ist anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 der Lenker mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.
Gemäß § 19 Abs 4 BStMG hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, wenn es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 zu keiner Betretung kommt, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.
Gemäß § 20 Abs 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nicht nach § 6 geschuldete fahrtleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von ? 400,-- bis zu ? 4.000,-- zu bestrafen.
Gemäß § 20 Abs 3 BStMG werden Taten nach Abs 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.
Gemäß Teil B Z 7 der zum Tatzeitpunkt gültigen Mautordnung besteht die Möglichkeit der Nachentrichtung der Maut im Fall einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut unter Einhaltung aller folgender Bedingungen:
* Die Nachentrichtung ist nur innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion (keine oder nur Teilentrichtung der Maut) stattgefunden hat, erlaubt. Dabei wird die Zeit der Funkuhr als Reverenzquelle herangezogen.
* Die Nachentrichtung hat entweder an der dem Ort der ersten Nicht- oder Teilentrichtung folgenden nächsten GO-VERTRIEBSSTELLE (in Fahrtrichtung) auf dem mautpflichtigen Straßennetz zu erfolgen oder vor Erreichen dieser bei einem Mautaufsichtsorgan im Zuge einer Betretung (Anhaltung). Wird das mautpflichtige Straßennetz vor Erreichen der nächsten GO-VERTRIEBSSTELLE auf dem mautpflichtigen Straßennetz bzw. vor Betretung durch ein Mautaufsichtsorgan verlassen, so ist die Nachentrichtung auch bei der nächst gelegenen GO-VERTRIEBSSTELLE im untergeordneten Straßennetz möglich, dies jedoch nur in einem Umkreis von 70 Kilometer, gerechnet vom Ort der ersten Nicht- bzw. Teilentrichtung.
* Nutzer von Go-Boxen haben diese zur Durchführung der Nachentrichtung bei der GO-VERTRIEBSSTELLE vorzulegen.
* Der Kraftfahrzeuglenker des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges hat bei der GO-VERTRIEBSSTELLE bzw. bei Betretung (Anhaltung) gegenüber dem Mautaufsichtsorgan den Ort deren ersten Nicht- oder Teilentrichtung zu nennen, sowie gegebenenfalls weitere Angaben zur Art der darauffolgenden Nutzung des mautpflichtigen Straßennetzes zu machen.
Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte zweifelsfrei den objektiven Tatbestand einer Übertretung gemäß § 20 Abs 2 iVm § 6 BStMG gesetzt, weil die fahrtleistungsabhängige Maut nicht entrichtet wurde; auch eine Nachentrichtung hat nicht stattgefunden.
Fraglich ist zunächst, ob eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut erfolgt ist. Die Ersatzmautaufforderung vom 12.10.2004, Rechnungsnummer 8000661489, wurde dem damaligen Vertreter der Zulassungsbesitzerin, dem Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. Thomas B., am 19.10.2004 in der Kanzlei in St. zugestellt. Eine Zahlung der Ersatzmaut ist bei der ASFINAG unbestrittenermaßen nicht eingegangen. Damit ist von einer ordnungsgemäßen Aufforderung auszugehen. Die Gründe, weshalb es zu keiner Einzahlung dieser Ersatzmaut gekommen ist, waren vorliegend unbeachtlich.
Der Beschuldigte rechtfertigt sich weiter dahingehend, dass ihn kein Verschulden daran treffe, dass die Maut damals nicht nachentrichtet wurde. Er habe schon während der Fahrt auf der Westautobahn wegen des 4-maligen Piepstones der Go-Box bemerkt, dass eine Mautabbuchung nicht möglich sei, und sofort seinen Arbeitgeber telefonisch kontaktiert. Dieser habe ihm den Auftrag erteilt, dass er plangemäß zur Firma Frigologo nach Seekirchen weiterfahren solle. Er werde ihn dort erwarten und die Maut an der Go-Vertriebsstelle Eugendorf nachentrichten. Er sei in weiterer Folge von der Westautobahn bei der Ausfahrt Wallersee (Gemeinde Eugendorf) abgefahren und nach 20 bis 30 Minuten in Seekirchen eingetroffen. Kurz darauf habe sein Chef dort die Go-Box übernommen und zugesichert, die offene Maut nach zu zahlen.
Der Arbeitgeber des Beschuldigten hat als Zeuge in der Berufungsverhandlung die behaupteten Vorgänge nicht bestätigt. Er hat eine konkrete Aussage zu den Geschehnissen des Tattages nicht machen können (insbesondere, ob er am betreffenden Abend tatsächlich die Go-Box vom Beschuldigten übernommen hat mit der Zusage, die Maut nach zu zahlen). Dem Zeugen war die Rechtfertigung eher nicht nachvollziehbar, weil seine Fahrer ausreichend Fahrgeld mitgeführt haben. Eher vermute er, dass der Beschuldigte übersehen habe, dass keine Abbuchung mehr möglich war.
Tatsächlich (das ergibt sich aus den elektronischen Aufzeichnungen auf der nämlichen Go-Box) wurde am Abend des 6.10.2004 an der Go-Vertriebsstelle Eugendorf die Go-Box von Post-Pay- auf Pre-Pay-Bezahlung umgestellt und ein Guthaben aufgebucht. Die ausständige Maut wurde allerdings nicht nachbezahlt.
Im vorliegenden Zusammenhang ist wahrscheinlich, dass dies vom Chef des Beschuldigten, Herrn Wolfgang W., in Eugendorf veranlasst wurde. Er hat in der Verhandlung ? allerdings ohne die Nennung konkreter Daten ? glaubwürdig dargelegt, dass er nach der Sperrung der Bankomat-Karte, über welche zuvor die Abbuchung der Maut erfolgt war, die Umstellung der Go-Boxen der Firmenfahrzeuge auf Pre-Pay-Bezahlung durchgeführt habe.
Im Zusammenhang mit der Nachentrichtung der Maut ist festzuhalten, dass es primär die gesetzliche Verpflichtung des Lenkers ist, für die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrtleistungsabhängigen Maut zu sorgen. Auf Grund dieser Rechtslage hat der Lenker durch geeignete, bis an die Grenzen des Möglichen gehende Maßnahmen sicherzustellen, dass diese Verpflichtung erfüllt wird. Der Zulassungsbesitzer haftet zwar gemäß § 23 Abs 1 BStMG zur ungeteilten Hand für verhängte Geldstrafen und die Verfahrenskosten des Strafverfahrens, der Lenker kann sich aber nicht mit einer bloßen Zusage des Zulassungsbesitzers, dass er die offene Maut nachentrichten werde, exkulpieren. Dies gilt auch für den Fall, wo der Zulassungsbesitzer gleichzeitig Arbeitgeber ist. Infolge dessen hat der Lenker ? wenn er die offene Maut nicht selbst nachentrichtet ? rechtzeitig zu kontrollieren, ob die damit beauftragte Person ihrem Auftrag nachgekommen ist. Solches wurde im gegenständlichen Verfahren gar nicht behauptet, weshalb zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.
Die angelastete Verwaltungsübertretung war daher als erwiesen anzusehen. An Verschulden war Fahrlässigkeit anzulasten.
Von der Einvernahme der beiden vom Beschuldigten beantragten Arbeitskollegen wurde abgesehen, da diese laut Aktenlage keine Wahrnehmungen darüber gemacht haben, ob dem Beschuldigten von dessen Arbeitgeber die Zusage gemacht wurde, dass er am betreffenden Abend die Maut nachentrichten werde. Dieses Vorbringend des Beschuldigten wurde im Übrigen als glaubwürdig erachtet.
Die Einvernahme des Beschuldigten unterblieb, da dieser zu beiden Verhandlungen unentschuldigt ferngeblieben ist. Beide Entschuldigungen (zur Verhandlung vom 3.10.2006 und 15.1.2007) können keine begründeten Hindernisgründe im Sinne des § 19 Abs 3 AVG darstellen, da der Beschuldigte auf Grund der rechtzeitigen Ladung ausreichend Gelegenheit hatte, seinen Dienst beim Arbeitgeber so einteilen zu lassen, dass er zur Verhandlung erscheinen kann. Im Übrigen wurde nicht dargelegt, welche wesentlichen Umstände der Beschuldigte persönlich hätte darlegen müssen, die nicht schon sein Rechtsbeistand vorbringen konnte.
Das Vertagungsersuchen vom 15.1.2007, das am Verhandlungstag per Fax beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg einlangte, legt keinen zwingenden Hinderungsgrund dar und ist als verspätet anzusehen. Es konnte deshalb gemäß § 51f Abs 2 VStG in Abwesenheit des Beschuldigten sowie seiner Vertreter verhandelt und das Verfahren geschlossen werden.
Zur Strafhöhe:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Wegen der angelasteten Verwaltungsübertretung kann gemäß § 20 Abs 2 BStMG Geldstrafe von ? 400,-- bis zu ? 4.000,-- verhängt werden.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.
Über den Beschuldigten wurde sohin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt.
Strafmildernd wurde von bisheriger verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit ausgegangen. Auf der subjektiven Tatseite war die fahrlässige Begehung der angelasteten Übertretung anzunehmen.
Der Unrechtsgehalt der vorliegenden Übertretung tritt erheblich hinter dem typischen Unrechtsgehalt der Mautprellerei zurück, weil der Umstand, dass der Beschuldigte sich auf die Zusage seines Chefs, die Maut nachzuzahlen, verlassen hat, nur als leichtes Verschulden gewertet werden kann. Damit war von der Anwendbarkeit des § 20 VStG auszugehen. Nicht davon angenommen werden konnte, dass bloß geringfügiges Verschulden in Verbindung mit unbedeutenden Tatfolgen vorgelegen haben. Insbesondere in Kenntnis der Zahlungsschwierigkeiten seines Arbeitgebers hätte der Beschuldigte rechtzeitig kontrollieren müssen, ob die Maut tatsächlich nachentrichtet wurde. Es ist auch nicht deshalb von bloß unbedeutenden Tatfolgen auszugehen, weil "nur" ein Mautbetrag in der Höhe von ? 5,-- hinterzogen wurde. Dies hatte nämlich zur Folge, dass eine Ersatzmautaufforderung gestellt und in weiterer Folge ein aufwändiges Strafverfahren durchgeführt werden musste.
Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten waren mangels diesbezüglicher Angaben die durchschnittlichen Umstände eines Fernfahrers heranzuziehen, sodass auch aus dieser Sicht keine Unangemessenheit vorliegt.
Eine Strafe in der genannten Höhe war insbesondere auch aus Gründen der General- und Spezialprävention geboten.