TE UVS Tirol 2007/02/05 2006/11/3211-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung des Herrn R. W, XY-Straße 21, M., vertreten durch RA Mag. H. W., XY-Straße 30/2, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 25.10.2006, Zl US-15-2006, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 30,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt vorgeworfen:

 

?Es wird Ihnen auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion Matrei i. O. zur Last gelegt, am 30.05.2006 den eigenen Sennenhundmischling beim Anwesen vlg R. in Matrei i.O., XY, neben der Stadelbrücke in der Zeit von etwa 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr, während Sie das Mittagessen im Felbertauernstüberl einnahmen, angeleint zu haben, obwohl Hunde keinesfalls, auch nicht vorübergehend, an der Kette oder in sonst einem angebundenen Zustand gehalten werden dürfen und sich strafbar macht, wer gegen die Bestimmungen der §§ 11 bis 32 TSchG verstößt.?

 

Hierdurch habe er die Rechtsvorschrift des § 16 Abs 5 Tierschutzgesetz 2004 (TSchG), BGBl 118/2004 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 38 Abs 3 leg cit eine Geldstrafe in Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde.

 

In seiner dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bringt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass die Erstbehörde die beantragte Einvernahme der Zeugin D. W. unterlassen und daher nur Beweismittel berücksichtigt habe, die den Beschuldigten belasten. Des Weiteren habe der Berufungswerber eine innige und freundschaftliche Beziehung zu seinem Hund gepflegt und viel Zeit mit ihm verbracht. Das Tier sei auch als Begleithund abgerichtet. Der Hund sei es auch gewohnt gewesen, auch mal einen Zeitraum von 1 bis 2 Stunden allein zu bleiben, ohne mit Bellen oder sonstigen Unmutsäußerungen zu reagieren. Am 30.05.2006 habe der Berufungswerber bei seinen Nachbarn Arbeiten verrichtet. Den Hund habe er bei sich gehabt, wobei er diesen zum Mittagessen nicht habe mitnehmen können. Er habe ihn daher währenddessen an der Stadelbrücke angeleint zurückgelassen. Er habe nicht wissen können, dass der mutmaßliche Täter Hunde und Schafe nicht mag und mit einer derartigen Bluttat reagiere. Der Berufungswerber verweist sodann auf § 6a Abs 1 des Landespolizeigesetzes, wonach er sogar verpflichtet gewesen sei, den Hund entsprechend anzuleinen. Diese Bestimmung gehe jener des TSchG als speziellere Norm vor. Im Übrigen sehe der aktuelle Gesetzesentwurf des TSchG vor, dass kurzfristiges Anleinen in Hinkunft nicht mehr verboten sei. Diese Novellierung trage den Gegebenheiten des täglichen Lebens Rechnung, zumal es völlig undurchführbar sei, von einem Anleinen in jeder Situation Abstand zu nehmen. Der Berufungswerber beantragt sodann die Behebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz, in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln oder ganz nachzusehen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

Der Berufungswerber befand sich am 30.05.2006 beim landwirtschaftlichen Anwesen ?R.? in XY in M. in Osttirol, um seinem Bekannten bei der Erneuerung des Scheunendaches zu helfen. Den 2-jährigen Jagd- und Sennenhundmischling seines Sohnes führte der Berufungswerber am genannten Tag mit sich. Gegen ca 12 Uhr begab sich der Berufungswerber ins Felbertauernstüberl zum Essen. Den Jagd- und Sennenhundmischling leinte er an einem Holzpfosten am Nebengebäude des Hofes an und ließ ihn dort zurück. Während seiner Abwesenheit wurde der Hund vom geistig behinderten N. T. mit einem Rindenschäleisen derart schwer verletzt, dass das Tier eingeschläfert werden musste. Der Berufungswerber traf um ca 13:00 Uhr wieder beim Roanerhof ein und fand den noch angeleinten Hund schwer verletzt und blutüberströmt vor.

 

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich eindeutig und nachvollziehbar aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Lienz. Sowohl Tatzeit als auch Tatort sind der beiliegenden Anzeige der Polizeiinspektion Matrei zu entnehmen, welche sich wiederum auf die Angaben des Berufungswerbers stützt. Der Berufungswerber gibt selbst an, den Hund in der Zeit von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr neben der Stadelbrücke angeleint zu haben. Dem festgestellten Sachverhalt stehen keine Bestreitungen des Berufungswerbers gegenüber, sodass sich weitergehende Ausführungen hierzu erübrigen.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

§ 16 Tierschutzgesetz ? TSchG, BGBl I Nr 118/2004, sieht Vorschriften hinsichtlich der Bewegungsfreiheit von Tieren vor. Diese darf nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird. Nach Abs 5 leg cit dürfen Hunde keinesfalls, auch nicht vorübergehend, an der Kette oder in sonst einem angebundenen Zustand gehalten werden. Anleingebote für Hunde bleiben von vorgenannter Bestimmung unberührt.

 

Gemäß § 38 Abs 3 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.750,00 zu bestrafen, wer gegen die §§ 9, 11 bis 32, 36 Abs 2 oder 39 leg cit verstößt. Im Wiederholungsfall droht eine Geldstrafe bis zu Euro 7.500,00.

 

Für den vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der Berufungswerber nicht bestreitet, vielmehr selbst angibt, den Jagd- und Sennenhundmischling für die Dauer von einer Stunde angeleint zu haben, sodass er die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs 5 TSchG verwirklicht hat.

 

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG um ein Ungehorsamsdelikt handelt. Für derartige Delikte ist vorgesehen, dass ohne weiteres von Fahrlässigkeit auszugehen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung kein Verschulden trifft. Um der ?Glaubhaftmachung? nachzukommen, hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, insbesondere ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen.

 

Der Berufungswerber hat zu seiner Verteidigung vorgebracht, dass der Hund über ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen verfügte und es gewohnt gewesen sei, auch einmal für einen Zeitraum von 1 bis 2 Stunden alleine zu bleiben. Er habe in diesen Situationen nicht mit Bellen oder sonstigen Unmutsäußerungen reagiert. Außerdem sei er unter Verweis auf § 6a Abs 1 des Landespolizeigesetz sogar zur Anleinung verpflichtet gewesen. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, den Berufungswerber aus seiner Verantwortung zu befreien. Das friedliche Wesen des Hundes und die freundschaftliche Beziehung vermögen den Berufungswerber ebenso wenig zu rechtfertigen wie der Umstand, dass der Hund das kurzfristige Alleinsein bzw die Anleinung gewöhnt gewesen sei. Insofern stellt auch die unterlassene Einvernahme der Zeugin D. W. entgegen der Ansicht des Berufungswerbers keinen Verfahrensmangel dar, zumal ein allfälliger Gewöhnungseffekt des Hundes außer Betracht zu bleiben hat und keinesfalls einen minderen Grad des Verschuldens zu begründen vermag. Auch das Vorbringen, wonach er den Hund nicht mit ins Gasthaus nehmen habe können, kann den Berufungswerber nicht entlasten. Es wäre ihm vielmehr möglich und zumutbar gewesen, eine andere Lösung zu finden und erscheint eine Anbindung im Hinblick auf die dargelegten Charaktereigenschaften des Hundes umso unverständlicher.

 

Hinsichtlich der Bestimmung des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (TLPG), LGBl Nr 60/1976 idF LGBl Nr 10/2006, ist auszuführen, dass die Norm des § 6a Abs 1 TLPG die Hintanhaltung von Gefährdungen und Belästigungen ausgehend von Hunden zum Inhalt hat, die hier gegenständliche Rechtsvorschrift aber dem Tierschutz dient. § 6a leg cit gelangt zur Anwendung, sofern der Hund von einem Amtstierarzt als auffällig beurteilt wurde, sodass ein Leinen- bzw Maulkorbzwang zu verordnen ist bzw allgemein durch Gemeindeverordnung ein Leinen- bzw. Maulkorbzwang vorgesehen ist. Die grundsätzliche Pflicht eines Hundehalters iSd Abs 1 leg cit, dafür zu sorgen, dass der Hund das Leben und die Gesundheit von Menschen oder Tieren nicht gefährdet und Menschen nicht über das zumutbare Maß hinaus belästigt, kann nicht so interpretiert werden, dass ein Hund generell angeleint werden dürfte. Dies ist nur unter bestimmten, in § 6a TLPG aufgezählten Voraussetzungen und besonderen Verhältnissen möglich. Insbesondere bedarf die bescheidmäßige Anordnung, den Hund an der Leine zu führen bzw ihn mit einem Maulkorb zu versehen, jedenfalls einer konkreten Gefährdung durch den Hund. Die genannten Normen verfolgen unterschiedliche Schutzzwecke und bestehen keinerlei Konkurrenzen. Die Bestimmung des § 6a Abs 1 TLPG ist insoweit auch nicht als lex specialis zu qualifizieren, da eine Anleinung nicht ausnahmsweise erlaubt ist, sondern vielmehr vorgeschrieben sein muss.

 

Letztlich geht auch der Einwand hinsichtlich eines aktuellen Gesetzesentwurfes ins Leere, zumal sich die Strafe gemäß § 1 Abs 2 VStG nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet. Dieser Grundsatz wird lediglich dann durchbrochen, wenn das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. In Ermangelung einer geänderten Gesetzeslage kann das Günstigkeitsprinzip nicht zur Anwendung gelangen und im Übrigen kann auf allenfalls zukünftige Rechtsvorschriften nicht Bedacht genommen werden.

 

Es liegen daher seitens des Berufungswerbers keine Einwendungen vor, die die Annahme mangelnden Verschuldens rechtfertigen würden. Der Berufungswerber hat die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Als Verschuldensgrad muss dem Berufungswerber Vorsatz zur Last gelegt werden.

 

Strafzumessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da durch die übertretene Norm eine Vorschrift, die dem Schutz von Tieren dient, verletzt wurde. Der gegenständliche Fall zeigt auch eindeutig die Intention des Gesetzgebers. Die Anbindehaltung beeinträchtigt Lauftiere nicht nur in ihrem Bewegungsbedürfnis, vielmehr sind sie darüber hinaus bei tätlichen Angriffen hilflos ausgeliefert. Als Verschuldensgrad ist dem Berufungswerber ? wie bereits ausgeführt - Vorsatz zur Last zu legen. Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

In Anbetracht des anwendbaren Strafrahmens bis zu Euro 3.750,00 und unter Bedachtnahme auf obgenannte Strafzumessungsgründe ergibt sich, dass die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) schuld- und tatangemessen und auch bei allenfalls bestehenden ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keinesfalls als überhöht anzusehen ist. Die bemessene Strafe bewegt sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und war diese Strafhöhe insbesondere auch notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.

Schlagworte
Hinsichtlich, der, Bestimmung, des, Tiroler Landes-Polizeigesetzes, ist, anzuführen, dass, die, Norm, des, § 6a TLPG, die, Hintanhaltung, von, Gefährdungen, Belästigungen, ausgehend, von, Hunden, zum, Inhalt, hat, die, hier, gegenständliche, Rechtsvorschrift, aber, dem, Tierschutzverein, dient
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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