Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett wie folgt:
I.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung des Herrn V. K., XY-Straße 29, W., vom 13.12.2006 gegen die Spruchpunkte I./1., 2., 3., 6. und 8. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, betreffend Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, als verspätet zurückgewiesen.
II.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung des Herrn V. K., XY-Straße 29, W., vom 07.11.2006 (präzisiert mit Eingabe vom 13.12.2006) gegen Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994, Folge gegeben, das Straferkenntnis insoweit behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, wurde Herrn V. K., W., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?I.
Sie haben den Gastgarten des Café K., Standort XY-Platz 8, W. entgegen der gesetzlich festgesetzten Betriebszeitenregelung für Gastgärten gemäß § 112 Abs 3 GewO 1994
1.
am 3.5.2006 um 23.05 Uhr
2.
am 4.5.2006 um 23.05 Uhr
3.
am 1.6.2006 um 23.15 Uhr
4.
am 17.6.2006 um 23.40 Uhr
5.
am 25.07.2006 um 23.35 Uhr
6.
am 26.7.2006 um 23.15 Uhr
7.
am 27.7.2006 um 24.00 Uhr
8.
am 2.8.2006 um 23.20 Uhr
noch betrieben.
Sie haben dadurch in jedem der aufgelisteten Punkte eine Verwaltungsübertretung gemäß § 368 erster Satz GewO 1994 in Verbindung mit § 112 Abs 3 erster Satz GewO 1994, jeweils in der geltenden Fassung, begangen.
?
II.
Des Weiteren haben Sie am 4.8.2006 um 00.15 Uhr am Standort XY-Platz 8, W. die genehmigte Betriebsanlage Cafe ?Kiwi? betrieben, nachdem an dieser eine Änderung ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung vorgenommenen worden war. Für das soeben bezeichnete Lokal besteht eine gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb in der Betriebsart Cafe-Restaurant. Der gewerbebehördlich genehmigte Innengeräuschpegel entspricht damit dem der sogenannten Hintergrundmusik im Sinne der ÖAL-Richtlinie 33 (max L A,01 ist gleich 65 dB). Die erwähnte Änderung der Betriebsanlage besteht darin, dass in dem Lokal Musik in einer Lautstärke dargeboten wurde, welche wesentlich über jener von Hintergrundmusik lag.?
Dadurch habe der Berufungswerber gegen § 368 erster Satz iVm § 112 Abs 3 erster Satz GewO 1994 (Spruchpunkte I./1. bis 8.) und gegen § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Fall iVm § 81 Abs 1 GewO 1994 (Spruchpunkt II.) verstoßen. Über diesen wurden daher gemäß § 368 erster Satz GewO 1994 zu den Spruchpunkten I./1. bis 8. Geldstrafen von jeweils Euro 100,00, Ersatzfreiheitsstrafe je einen Tag, und gemäß § 367 (Einleitungssatz) GewO 1994 zu Spruchpunkt II. eine Geldstrafe von Euro 400,00, Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 Abs 1 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafen bestimmt.
Anlässlich der persönlichen Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 07.11.2006 hat Herr V. K. (mündlich) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, beantragt und gleichzeitig gegen Punkt II. des betreffenden Straferkenntnisses Berufung erhoben. Begründend hat er in der Berufung ausgeführt, er bezweifle, dass am betreffenden Tag tatsächlich so laut Musik gespielt worden sei, wie dies im Straferkenntnis festgestellt werde. Es sei zwar möglich, dass der Nachbar die Musik in seiner Wohnung habe wahrnehmen können, aber sicher nicht in einer störenden Lautstärke. Seines Erachtens könne ihm weder fahrlässiges noch vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden. In seinem Cafe werde schon seit 20 Jahren das Brauchtum gefördert. Er verweise auch darauf, dass nicht er die Ziehharmonikamusik bestellt habe und auch nur für einen Zeitraum von drei Minuten gespielt worden sei. Der Berufungswerber hat daher die ersatzlose Aufhebung des Spruchpunktes II. beantragt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.11.2006, Zl SB-44-2006, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen deshalb abgewiesen, weil der Berufungswerber nicht habe glaubhaft machen können, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert gewesen ist, bzw. dass ihn an der Fristversäumnis kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens getroffen hat.
Gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Berufungswerber mit Eingabe vom 13.12.2006 Berufung erhoben. Im selben Schriftsatz hat er außerdem ein ?Weiteres Berufungsvorbringen? zum Straferkenntnis vom 05.10.2006 erstattet, und zwar mit folgendem Inhalt:
?Zu den Punkten I. 1., 2., 3., 6. und 8. des Straferkenntnisses vom 5.10.2006 ist zu bemerken, dass es sich hiebei um geringfügige Überschreitungen der genehmigten Sperrzeiten handelt. Dementsprechend erscheint die Höhe der verhängten Strafe als nicht schuld- und tatangemessen. Ich habe mittlerweile entsprechende organisatorische Vorkehrungen getroffen, dass in Zukunft auszuschließen ist, dass weitere Übertretungen der Sperrzeiten vorkommen können.
Zum Punkt II des Straferkenntnisses vom 5.10.2006:
Richtig ist, dass in meinem Lokal um die genannte Zeit ein Ziehharmonika-Spieler gespielt hat. Dieser Musiker wurde jedoch weder von mir engagiert, noch ermutigt, in meinem Lokal zu spielen. Tatsächlich kam an diesem Abend eine Hochzeitsrunde in mein Lokal, welche den uralten Tiroler Brauch des ?Brautstehlens? offensichtlich gepflogen hat. Diese Gruppe brachte auch den Ziehharmonika-Spieler mit. Unmittelbar beim Eintreffen hat dieser Ziehharmonika-Spieler ein einziges Musikstück gespielt. Ich habe sofort darauf aufmerksam gemacht, dass eine derartige Musikdarbietung grundsätzlich nicht zulässig ist. Der Musiker hatte offensichtlich auch nur vor, ein Musikstück zu spielen und ist diese Hochzeitsgesellschaft dann auch innerhalb von 10 Minuten wieder ?weitergezogen?.
Hinsichtlich des mir vorgeworfenen Tatbestandes hatte ich sohin keinerlei Möglichkeit auf rechtlich zulässige Weise zu handeln. Ich konnte ja den Ziehharmonika-Spieler nicht mit Gewalt daran hindern, sein Musikstück darzutun. Darüber hinaus ist es gerade bei Hochzeitsgesellschaften wohl der Brauch, dass unter Umständen ein Musiker ?mitgeführt? wird.
Nicht richtig ist jedoch, dass ich diesen Ziehharmonika-Spieler engagiert hätte bzw ich selbst eine Musikdarbietung veranstaltet hätte. Ich habe - zusammengefasst - unmittelbar eingegriffen und auch den Musiker angehalten, nicht mehr weiterzuspielen. Dies ist auch erfolgt. Eine Bestrafung hinsichtlich dieses Sachverhaltes erscheint aus den äußeren Umständen weder geboten, noch wäre sie zulässig.?
Der Berufungswerber hat daher beantragt, die Erstinstanz wolle die Strafen zu Punkt I./1., 2., 3., 6. und 8. schuld- und tatangemessen herabsetzen bzw unter Anwendung des § 21 VStG Ermahnungen aussprechen. Bezüglich des Punktes II. hat der Berufungswerber erneut die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und in eventu das Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG oder die Herabsetzung der verhängten Strafe begehrt.
Mit Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 03.01.2007, Zl uvs-2006/25/3533-1, wurde die Berufung des Herrn
V. K., W., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.11.2006, Zl SB-44-2006, mit welchem ? wie erwähnt - dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge gegeben worden ist, gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) als unbegründet abgewiesen. Abweichend von der Rechtsansicht der Erstinstanz ist die Berufungsbehörde allerdings zur Auffassung gelangt, dass eine Fristversäumnis gegenständlich gar nicht vorliege und dem Wiedereinsetzungsantrag daher aus diesem Grund keine Folge zu geben sei.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.01.2007, Zl. SB-44-2006, wurde der Gegenstandsakt nun zur Entscheidung über die Berufungen gegen das Straferkenntnis vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, vorgelegt.
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich in unzweifelhafter Weise aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden Schriftstücken.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind die folgenden gesetzlichen
Bestimmungen zu beachten:
?1. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004:
§ 32
?..
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
§ 33
?
(3) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.
§ 63
?
(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.
§ 66
?
(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:
§ 24
Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs 8, 14 Abs 3 zweiter Satz, 36 Abs 2, 37 zweiter Satz, 39 Abs 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs 1, 64 Abs 2, 66 Abs 2, 67a bis 67d, 67h, 68 Abs 2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.
§ 44a
Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
....
§ 45
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
....
§ 51
(1) Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
....
(3) Die Berufung kann auch mündlich eingebracht werden und bedarf in diesem Fall keines begründeten Berufungsantrages. Die Behörde hat jedoch die Gründe des Beschuldigten für die Erhebung der Berufung in einer Niederschrift festzuhalten.
....
3. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, in der hier maßgeblichen Fassung der Gesetze BGBl I Nr 15/2006 und BGBl I Nr 84/2006:
§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
....
§ 81
(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
....
B) Rechtliche Beurteilung:
I. Berufung vom 13.12.2006 gegen die Spruchpunkte I./1., 2., 3. 6. und 8. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Wie der Berufungswerber selbst angegeben hat, hat er das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, am 24.10.2006 beim Postamt behoben. Damit ist jedenfalls mit diesem Zeitpunkt von einer rechtswirksamen Zustellung des Strafbescheides auszugehen. Folgerichtig ist der Unabhängige Verwaltungssenat in seinem oben erwähnten Berufungserkenntnis vom 03.01.2007, Zl uvs-2006/25/3533-1, zur Auffassung gelangt, dass die Berufungsfrist mit Ablauf des 07.11.2006 geendet hat.
Innerhalb dieser Frist hat nun der Berufungswerber anlässlich seiner Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zwar mündlich Berufung gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses erhoben, nicht aber gegen dessen Spruchpunkte I./1. bis 8. In der als öffentliche Urkunde zu qualifizierenden, vom Berufungswerber unterfertigten Niederschrift wird dies ausdrücklich klargestellt. Erst in der Eingabe vom 13.12.2006, zur Post gegeben am 14.12.2006, hat der Berufungswerber im zweiten Teil des Schriftsatzes auch die zu den Punkten I./1., 2., 3., 6. und 8. des Straferkenntnisses vom 05.10.2006 verhängten Geldstrafen als überhöht bezeichnet und deshalb die Herabsetzung derselben oder den Ausspruch von Ermahnungen begehrt.
Das (schriftliche) Rechtsmittel gegen die Spruchpunkte I./1., 2., 3., 6. und 8. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde sohin zweifelsfrei außerhalb der zweiwöchigen Berufungsfrist erhoben.
Die Berufung vom 13.12.2006 war daher, soweit sie sich gegen die genannten Spruchpunkte I./1., 2., 3., 6. und 8. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2006, Zl SB-44-2006, richtet, als verspätet zurückzuweisen.
Obwohl damit ein Eingehen auf das Sachvorbringen an sich nicht erforderlich war, wird der Klarstellung halber dennoch angemerkt, dass der Strafberufung gegen diese Spruchpunkte auch bei fristgerechter Einbringung keine Berechtigung zugekommen wäre.
Die Bestimmung in § 112 GewO 1994 führt aufgrund der darin vorgesehene Festlegung einer ?Betriebszeitengarantie? für Gastgärten zu einer insbesondere von den Nachbarn häufig kritisierte Privilegierung der Gastgewerbebetriebe. Als ?Äquivalent? dafür haben die Gastgewerbetreibenden die für den Betrieb von Gastgärten gesetzlich festgelegten Verhaltensregeln genauestens zu beachten, weil nur so der vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgte Ausgleich divergierender Interessen erreicht werden kann. Indem nun vom Berufungswerber mehrfach nicht dafür gesorgt worden ist, dass der Betrieb des Gastgartens um 23.00 Uhr geendet hat, hat er gegen eine zentrale Verhaltenspflicht im Zusammenhang mit dem Betrieb von Gastgärten verstoßen. Dies wiegt umso schwerer, als sich durch die Überschreitung der ?Betriebszeit? Nachbarn auch tatsächlich gestört erachtet haben. Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber in den Spruchpunkten I./ 1., 2., 3. 6. und 8. angelasteten Übertretungen ist deshalb durchaus erheblich, auch wenn die ?Betriebszeit? teilweise nur um wenige Minuten überschritten worden ist. Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Erschwerend war zu berücksichtigen, dass für den Berufungswerber bereits eine einschlägige Strafvormerkung aufscheint.
Als Verschuldensgrad war jedenfalls Fahrlässigkeit anzunehmen, wobei aufgrund der Häufung der Übertretungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes von einem beträchtlichen Sorgfaltsverstoß auszugehen ist.
Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien haben sich unter weiterer Berücksichtigung der vom Berufungswerber bekannt gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse gegen die durch die Erstinstanz zu den Spruchpunkten I./1., 2., 3., 6. und 8. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Geldstrafen keine Bedenken ergeben. Der gesetzliche Strafrahmen wurde dadurch trotz des hohen Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretungen jeweils nur zu ca 2,8 Prozent ausgeschöpft und hat die Erstinstanz damit ihr Ermessen jedenfalls gesetzmäßig wahrgenommen. Eine geringere Strafe würde das Ziel, den Berufungswerber nachhaltig von derartigen Übertretungen abhalten, nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht erreichen lassen. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers haben auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG nicht vorgelegen. Es liegt nämlich kein in dieser Bestimmung gefordertes geringfügiges Verschulden vor. Von einem solchen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (vgl VwGH 12.09.1986, Zl 86/18/0059 uva). Es ist nun aber auch nicht im Ansatz erkennbar, dass der Unrechts- bzw Schuldgehalt gegenständlich wesentlich geringer wäre als bei anderen Übertretungen der betreffenden Verhaltensnorm.
II. Berufung vom 07.11.2006 (präzisiert mit Schriftsatz vom 13.12.2006) gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber unter Spruchpunkt II. einen Verstoß gegen § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 GewO 1994 zur Last gelegt.
Der gegen den Berufungswerber in diesem Punkt erhobene Tatvorwurf entspricht nun allerdings nicht dem § 44a Z 1 VStG. Nach dieser Bestimmung hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar fest steht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloß paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl VwGH verst Sen vom 13.06.1984, Slg NF Nr 11466/A).
Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 81 Abs 1 GewO 1994 bedarf nun nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer gewerbebehördlichen Bewilligung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die in § 74 Abs 2 leg cit umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen (VwGH 23.10.1995, Zl 94/04/0080; 16.12.1998, Zl 98/04/0033). Ein Schuldspruch nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 muss daher, um das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs 2 GewO 1994 angeführten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl VwGH 05.11.1991, Zl 91/04/0167 ua). Einen derartigen Hinweis auf eine Interessensbeeinträchtigung (im vorerwähnten Sinn) weist der Spruch des angefochtenen Strafbescheides nicht auf. Die Erstinstanz hat im Spruch nämlich nicht klargestellt, welches oder welche der mehreren in § 74 Abs 2 Z 1 bis 5 GewO 1994 angeführten Interessen durch die angenommene Änderung der Betriebsanlage beeinträchtigt werden konnten.
Ein entsprechender Hinweis findet sich lediglich bei der Tatumschreibung in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 08.09.2006, Zl SB-44-2006. Darin wurde anders als im vorliegenden Straferkenntnis (nachvollziehbar) auf die mögliche Beeinträchtigung der in § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 überschriebenen Interessen hingewiesen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Eignung zur Belästigung der Nachbarn im Hinblick auf eine angenommene Musikdarbietung mit Überschreitung des damals als konsentiert erachteten Innenraumpegels von 80 dB (gemeint offenbar der energieäquivalente Dauerschallpegel) angenommen worden ist. Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde der Tatvorwurf aber geändert und ist die Erstinstanz in Auswechslung des bisherigen Tatvorwurfes nunmehr von einem konsentierten Innengeräuschpegel (mittlerer Spitzenpegel LA,01) von maximal 65 dB bzw. dessen Überschreitung ausgegangen. Dass auch dieser nun angenommene geänderte Betrieb der Anlage geeignet war, eines oder mehrere der in § 74 Abs 2 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen zu beeinträchtigen, hat die Erstinstanz im Spruch des Straferkenntnisses ? wie erwähnt ? nicht angeführt. Der vorliegende Bescheid erweist sich sohin hinsichtlich seines Spruchpunktes II. bereits wegen Widerspruches zu § 44a Z 1 VStG als rechtswidrig.
Aber auch aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse kann der in Spruchpunkt II. enthaltene Tatvorwurf nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht aufrechterhalten werden.
Inhalt des Betriebsanlagenkonsenses ist die Befugnis einer Person zur Errichtung einer gewerblichen Anlage und zum Betrieb derselben in einer bestimmten - zumeist durch Projekt oder Befundbeschreibung konkretisierten ? Art und Weise. Von einem geänderten Betrieb ist nach Ansicht der Berufungsbehörde dann auszugehen, wenn entweder vom Anlageninhaber selbst oder aber zumindest in seiner Verantwortung die in der Anlage entfaltete gewerbliche Tätigkeit (vgl § 1 GewO 1994) abweichend vom vorliegenden Konsens ausgeübt wird. Der Berufungswerber rechtfertigt sich nun allerdings damit, dass das Musikstück ohne seine Veranlassung vom Mitglied einer das Lokal aufsuchenden Hochzeitsgesellschaft dargeboten worden sei, die Musikdarbietung nur kurz gedauert habe und für ihn keine zumutbare Möglichkeit bestanden habe, diese zu unterbinden. Die Richtigkeit dieses Vorbringens, mit dem sich die Erstinstanz im Verfahren nicht näher auseinandergesetzt hat, war nicht widerlegbar. Ein nicht vom Anlageninhaber veranlasstes bzw. von diesem auch nicht gewolltes Abspielen eines Musikstückes durch einen Gast kann aber nach Ansicht der Berufungsbehörde noch nicht als geänderter Betrieb der Anlage durch den Anlageninhaber qualifiziert werden. Allenfalls könnte dieses Verhalten des Gastes eine von diesem zu verantwortende Übertretung nach dem Landespolizeigesetz darstellen.
Damit war aber der Berufung gegen Spruchpunkt II. Folge zu geben, das Straferkenntnis insoweit zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs 1 Z 1 einzustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.