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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde der A GmbH in B, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 26. März 2001, RV340/1-7/97, betreffend Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. In den Jahren 1994 bis 1997 waren HB, AB und (bis September 1997) OS ihre Geschäftsführer. HB war bis 8. Juni 1994 zu 44%, bis 1. September 1997 zu 42% und danach zu 52% an der Beschwerdeführerin beteiligt. AB hielt eine Beteiligung von 44%, OS eine solche von 2%.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin Dienstgeberbeitrag für die den Geschäftsführern ausbezahlten Bezüge vorgeschrieben. Zur Begründung führt die belangte Behörde aus:
Die Geschäftsführer hätten regelmäßig monatlich einen im Wesentlichen gleichbleibenden Bezug erhalten (HB und AB durchschnittlich 50.000 S, OS durchschnittlich 35.000 S). HB und AB hätten zwar für die Zeit ihres Urlaubes kein Entgelt erhalten, dafür hätten sie aber in Zeiträumen vor und nach dem Urlaub ein höheres Stundenausmaß verrechnet. Die Geschäftsführer würden nach Stundensätzen abrechnen, erhielten aber dennoch jeweils ungefähr gleich hohe Monatsvergütungen. Die belangte Behörde gehe daher von einer laufenden Gehaltsauszahlung aus, wobei die Inrechnungstellung der geleisteten Stunden offenbar eine reine Formalität darstelle. Dafür spreche, das OS im November 1994 sowie im Jänner und Februar 1994 für ausgewiesene 35 Stunden pro Monat ebenso 35.000 S verrechnet hat wie in den anderen Monaten für 70 Stunden. Ab Mai 1996 hätten die Geschäftsführer eine detaillierte Stundenabrechnung nicht mehr erstellt. Im Hinblick auf die konstanten Einnahmen gehe die belangte Behörde davon aus, dass auf der Einnahmenseite kein Unternehmerrisiko bestehe.
Die Geschäftsführer HB und AB hätten für das Jahr 1994 im Wesentlichen folgende Betriebsausgaben erklärt: Kfz-Kosten, GSVG-Beiträge, AfA, Umsatzsteuer, Fachliteratur, IFB, Werbeaufwand, Büroaufwand, Versicherungen, Zinsen und Spesen. Ab 1995 hätten sie das Betriebsausgabenpauschale nach § 17 Abs. 1 EStG in Anspruch genommen. OS habe stets nur pauschale Betriebsausgaben geltend gemacht. Der betragsmäßig größte Teil der von HB geltend gemachten Betriebsausgaben (nämlich ca zwei Drittel) entfalle auf GSVG-Beiträge und Kfz-Kosten. Die Betriebsausgaben von AB entfielen zum Großteil auf GSVG-Beiträge, Umsatzsteuer und Versicherungen. Sozialversicherungsbeiträge stünden aber in einer bestimmten Relation zu den Einnahmen und stellten daher kein "Wagnis" dar. Die Umsatzsteuer habe nur Durchlaufcharakter, da sie sowohl eine Einnahme als auch eine Ausgabe sei. Die wesentlichen Kosten, die aus der Geschäftsführungstätigkeit resultierten, seien von der Beschwerdeführerin getragen worden. Es könnten deshalb - im Hinblick auf die Geringfügigkeit der anderen Ausgaben - auch auf der Ausgabenseite spezifische Elemente, die ein Unternehmerrisiko begründen würden, nicht erblickt werden.
Die Beschwerdeführerin habe Aufzeichnungen über die Tätigkeiten von HB und AB vorgelegt. Aus diesen ergebe sich, wie umfangreich und zeitintensiv die Aufgaben gewesen seien. HB und AB hätten alle wesentlichen Management-, Führungs-. und Verwaltungsarbeiten selbst ausgeführt. Bei HB und AB liege daher zweifelsfrei eine auf Dauer angelegte Leistungserbringung vor, wobei die aktive und persönliche Arbeitsleistung erforderlich gewesen sei. Diese Betätigung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses sei dem § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu subsumieren.
OS habe in seinen "Honorarnoten" in der Regel monatlich jeweils 70 Stunden für Management-, Organisations- und Verwaltungstätigkeit in Rechnung gestellt. Er sei somit regelmäßig, durchgehend und persönlich für die Beschwerdeführerin tätig gewesen. Die Leistungen würden auch in den Räumlichkeiten und mit den Arbeits- und Betriebsmitteln der Beschwerdeführerin erbracht. Aufgrund der kontinuierlichen Leistungserbringung mit kontinuierlicher Entlohnung sei beim nicht wesentlich beteiligten OS von einem Dienstverhältnis auszugehen.
Einer Eingliederung der Geschäftsführer in den Betrieb der Beschwerdeführerin stehe es nicht entgegen, dass diese als leitende Angestellte Freiheit in der Einteilung ihrer Arbeitszeit hätten. Dem Vorbringen, die Geschäftsführer seien auch zu Hause oder im Außendienst tätig, werde entgegengehalten, dass sich das Arbeiten auch außerhalb des Büros aus den Aufgaben der Geschäftsführer ergebe. Dieser Umstand spreche nicht gegen die Eingliederung. Für das Unternehmen sei die aktive und persönliche Mitarbeit der Geschäftsführer erforderlich gewesen. Es sei daher eine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf der Beschwerdeführerin gegeben gewesen.
Weitere Indizien für die Dienstnehmereigenschaft seien das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und der Ersatz der angefallenen Spesen.
Bei den drei Geschäftsführern sei schon auf Grund ihres Beteiligungsausmaßes (bei HB bis August 1997) anzunehmen, dass Weisungsgebundenheit vorliege. Darüber hinaus sei in den Geschäftsführerverträgen ausdrücklich festgehalten, dass Beschränkungen der Geschäftsführung und der Vertretung durch Gesetze, den Gesellschaftsvertrag, durch eine allfällige Geschäftsordnung oder durch die Verträge selbst vom Geschäftsführer zu beachten seien.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse seien HB, AB und OS für die Beschwerdeführerin wie Dienstnehmer tätig geworden. Die Merkmale der Unselbständigkeit würden jene der Selbständigkeit überwiegen, wobei auch Weisungsgebundenheit gegeben sei. Die Gehälter der wesentlich beteiligten Geschäftsführer HB und AB seien daher dem § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu subsumieren. Diese Bezüge zählten daher gemäß § 41 Abs. 3 FLAG zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag. Die Gehälter des nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführers OS seien hingegen dem § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zu subsumieren. Auch diese Bezüge unterlägen der Dienstgeberbeitragspflicht.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des Tatbestandsmerkmales "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z 2 Teilstrich 2. Sie bekämpft somit, dass die an die wesentlich beteiligten Geschäftsführer geleisteten Beträge als Bezüge iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und somit der Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zugerechnet worden sind. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien nicht "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" gegeben, weil sich die Geschäftsführer vertreten lassen, insbesondere Hilfskräfte heranziehen könnten, nicht der Geheimhaltungspflicht unterlägen, keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hätten, keinem Kündigungsschutz unterlägen, nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden seien und sich nicht an die Bürozeiten gehalten hätten sowie der Beschwerdeführerin Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hätten. Die Geschäftsführer hätten Unternehmerrisiko getragen, weil sie für Kredite bzw Wechsel der Beschwerdeführerin hafteten und bestimmte Ausgaben selber getragen hätten. Sie seien nicht in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert, weil ihre Tätigkeit nicht an die Räume des Betriebes gebunden sei. Die Geschäftsführer hätten zwar monatliche Zahlungen erhalten, eine laufende Auszahlung des Gehaltes liege aber nicht vor, weil kein Anspruch auf Urlaubsentgelt, kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und kein Anspruch auf Sonderzahlungen bestehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, und vom 23. April 2001, 2001/14/0054, verwiesen. Wie aus den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
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dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
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dass ihn nicht ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft, und
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dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde die Eingliederung in den Organismus der Beschwerdeführerin zutreffend aus der auf Dauer angelegten Geschäftsführungstätigkeit abgeleitet. Wenn ein Geschäftsführer seine Geschäftsführungstätigkeit auch außerhalb der Räumlichkeiten der Gesellschaft und ohne Bindung an feste Arbeitzeiten erbringt, steht dies seiner Eingliederung in den Organismus der Gesellschaft nicht entgegen.
Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung, dass das Merkmal der laufenden Entlohnung der Geschäftsführer im gegenständlichen Fall erfüllt sei, aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Abrechnungen (Seite 17 ff des angefochtenen Bescheides) getroffen, wonach die Beschwerdeführerin monatlich Zahlungen an die Geschäftsführer geleistet hat. In der Beschwerde wird hiezu vorgebracht, es habe kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Sonderzahlungen und Entfortzahlung im Krankheitsfall bestanden. Diesem Beschwerdevorbringen ist allerdings entgegenzuhalten, dass das Merkmal der laufenden Entlohnung auch erfüllt ist, wenn die in der Beschwerde aufgezählten, im Arbeitsrecht wurzelnden Ansprüche nicht gegeben sind.
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Ob bzw in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die maßgeblichen Kriterien, wie etwa das Unternehmerwagnis vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage. Auf die besonderen Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei den in Rede stehenden Leistungsverhältnissen insbesondere aus dem hier häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis G 109/00 hingewiesen. Dieser Aspekt hat zur Folge, dass bei der Sachverhaltsfeststellung, um dem Objektivierungserfordernis hinreichend Rechnung zu tragen, der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse 2001/14/0054, 2001/14/0052, 2001/14/0061).
Das Vorliegen eines relevanten Unternehmerrisikos hat die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ausgeschlossen, weil über den gesamten Zeitraum von 1994 bis 1997 jedem der Geschäftsführer monatlich Bezüge ausbezahlt worden sind, die nur geringe Schwankungen aufweisen. Hinsichtlich der Ausgabenseite hat sie darauf verwiesen, dass die Sozialversicherungsbeiträge in einer festen Relation zu den Einnahmen stünden und daher kein Wagnis darstellten und dass die Umsatzsteuer ein bloßer Durchlaufposten sei. Die weiteren von den Geschäftsführern getragenen Ausgaben fielen nicht ins Gewicht; ab 1995 hätten die Geschäftsführer nicht mehr ihre tatsächlichen Aufwendungen steuerlich geltend gemacht.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der Einnahmenseite lässt die Beschwerde unbekämpft. Wenn die belangte Behörde die im Wesentlichen monatlich gleichbleibenden tatsächlichen Zahlungen als gewichtiges Indiz gegen ein Unternehmerrisiko gewertet hat, befindet sie sich damit in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0052).
Was die Ausgabenseite betrifft, konnte die belangte Behörde zutreffend darauf verweisen, dass im Tragen der Sozialversicherungsbeiträge kein "Wagnis" gelegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, 99/15/0188). Gleiches gilt für Umsatzsteuerbeträge, welche vereinnahmt und in selber Höhe an das Finanzamt gezahlt werden. Die weiteren von den Geschäftsführern getragenen Ausgaben sind zwar Anzeichen eines Unternehmerwagnisses. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die Geringfügigkeit dieser Ausgaben und insbesondere auf die konstante Einnahmenseite das Fehlen eines relevanten Unternehmerwagnisses angenommen hat, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Im Hinblick auf die organisatorische Eingliederung, die kontinuierliche Bezahlung und das Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos hat die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum die in Streit stehenden Betätigungen - HB und AB betreffend - als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag gezogen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung über die unter 2001/16/0291 protokollierten Beschwerde vorbehalten.
Wien, am 30. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001140115.X00Im RIS seit
04.03.2002