TE UVS Steiermark 2007/02/22 26.12-2/2007

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Veröffentlicht am 22.02.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn D M, vertreten durch L u. L, Rechtsanwälte, G, K 8, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 07.08.2006, Zl.:

1-1039394/FR/06, betreffend Erlassung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes wie folgt entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 60, 63, 66, 67 und 86 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG.

Text

1. Laut Spruch des Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 07.08.2006 wurde gegen den rumänischen Staatsangehörigen D M ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ausgesprochen, dass er nach Eintritt der Durchsetzbarkeit des Bescheides unverzüglich aus dem Bundesgebiet auszureisen habe und nach § 64 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den Bescheid ausgeschlossen. Die Behörde schilderte in der Begründung, der nunmehrige Berufungswerber sei am 05.07.2006 von Organen der Bundespolizeidirektion nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung vorläufig festgenommen worden, da er dringend verdächtig gewesen sei, den Tatbestand der gewerbsmäßigen Schlepperei begangen zu haben. Es hätten konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass er versucht habe, Schleppungen von moldawischen Staatsangehörigen nach Italien durchzuführen. In dem von ihm gelenkten PKW hätten von den Polizeibeamten acht moldawische Staatsangehörige, die sich illegal hier aufgehalten hätten, festgestellt werden können. Deren Befragung habe ergeben, dass sie von einem LKW von Moldawien über die ungarisch-österreichische Grenze gebracht worden seien, unmittelbar nach der Grenze vom nunmehrigen Berufungswerber in dessen PKW aufgenommen worden seien, um sie weiter nach Italien zu transportieren, um dort als illegale Arbeitskräfte vermittelt zu werden. Er sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 13 Hv 116/06 v, vom 26.07.2006 wegen Begehung des Tatbestandes der Schlepperei zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden, wovon sechs Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden seien. Das Urteil sei rechtskräftig. Es liege im Sinne des § 60 Abs 1 FPG die bestimmte Tatsache nach § 60 Abs 2 Z 5 FPG vor, nämlich dass ein Fremder um seines Vorteils Willen Schlepperei begangen hat oder an ihr mitgewirkt hat. Nach Anführung des § 66 FPG, des Art. 8 Abs 2 EMRK und des § 63 Abs 1 und 2 FPG hielt die erste Instanz fest, dass Schlepperei vitale Interessen des Staates verletze. Die Schlepperei habe sich in den letzten Jahren regelrecht zu einem eigenen durchorganisierten Erwerbszweck entwickelt. Sie sei ihrem Wesen nach der organisierten Kriminalität zuzuordnen. Durch Begehung von Schlepperei werde die Notsituation von Fremden ausgenützt, die für die illegale Verbringung in das Zielland enorme Beträge bezahlen müssten, um in weiterer Folge oft mittellos und ohne jegliche Perspektive auf legalen Weiterverbleib ihrem Schicksal überlassen zu bleiben. M befinde sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet, sei keiner legalen Beschäftigung nachgegangen, weder kranken-, noch sozialversichert und habe in Österreich keine familiären Bindungen. Daher überwögen die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme vom Verbot dessen Auswirkungen auf seine Lebenssituation. Seine sofortige Ausreise sei im Interesse der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich dringend erforderlich, weshalb einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel bezüglich der österreichischen Rechtsvorschriften erwartet werden könne. Abschließend wies die Behörde den mit dem Aufenthaltsverbot belegten rumänischen Staatsangehörigen darauf hin, dass das Verbot die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen für den gesamten Schengener Raum nach sich ziehe. 2. Dagegen legte D M durch seine Vertreter mit folgender Begründung Berufung ein: Der Bescheid werde seinem ganzen Inhalt nach angefochten und als Berufungsgründe würden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Es treffe zu, dass er rumänischer Staatsbürger sei, er sei aber schon seit zweieinhalb Jahren mit seiner Familie in V, Italien, wohnhaft und gehe dort einer ordentlichen Beschäftigung nach. Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei er nicht nur seiner Familie entrissen worden, sondern es sei ihm auch die Möglichkeit genommen worden, weiterhin seiner Beschäftigung als Maurer in Italien nachzugehen und das Fortkommen für sich und seine Frau zu sichern. Diese persönlichen Aspekte seien gänzlich unberücksichtigt geblieben. Das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 60 FPG allein rechtfertige nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Die Behörde habe vielmehr die maßgeblichen Umstände zu prüfen und eine Abwägung zwischen den persönlichen Interessen und einer allenfalls vorliegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorzunehmen. Bei umfassender Würdigung überwögen die Interessen des Berufungswerbers, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit liege nicht vor. Der Betroffene sei bisher gänzlich unbescholten gewesen und es sei ersichtlich, dass seine Schuld äußerst gering sei, da er sich bereit erklärt habe, auf einer Tankstelle zufällig angetroffene moldawische Staatsbürger nach Italien mitzunehmen. Er habe sich auf der Fahrt von Wien nach Verona befunden, als ihn Unbekannte auf einer Tankstelle angesprochen und gebeten hätten, sie in Richtung Italien mitzunehmen. Er habe sich dabei nichts Böses gedacht und sich bereit erklärt, diese Personen gegen Leistung eines Zuschusses zu den Benzinkosten mitzunehmen. Es handle sich bei ihm keineswegs um einen professionellen Schlepper bzw eine Person, die mit der Verbringung von Personen Geld verdient. Alle moldawischen Staatsbürger hätten seine Angaben bestätigt und es habe kein Anhaltspunkt gefunden werden können, dass es sich bei der Mitnahme dieser Personen um eine organisierte Fahrt handelte. Da dieser Sachverhalt maßgeblich sei und der zu treffenden Ermessensentscheidung zu Grunde zu legen gewesen wäre, werde die Beischaffung des Aktes des Landesgerichtes für Strafsachen Graz 13 Hv 116/06 v beantragt. Vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zudem eine Zukunftsprognose zu erstellen, das heißt es sei zu prüfen, ob die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Betroffene hinkünftig für den Fall seines Verbleibens im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Eine derartige Zukunftsprognose sei nicht erstellt worden. Insbesondere sei nicht überprüft worden, ob weitere strafbare Handlungen von seiner Seite zu erwarten seien. Es sei davon auszugehen, dass er mit Sicherheit nie mehr ihm unbekannte Personen in seinem Fahrzeug mitnehmen werde. Es seien auch keine weiteren Anhaltspunkte ersichtlich, die ein weiteres strafbares Verhalten vermuten ließen. Es stehe zudem gänzlich außer Verhältnis, über ihn ein für den ganzen Schengenraum geltendes Aufenthaltsverbot zu erlassen. Er sei seit mehreren Jahren legal in Italien wohnhaft, weshalb ihm die Möglichkeit geboten werden müsse, weiterhin bei seiner Familie zu leben und seiner bisherigen Beschäftigung nachzugehen. Selbst für den Fall, dass ein Aufenthaltsverbot zu verhängen wäre, sei die Dauer von zehn Jahren bei weitem überhöht und es wäre das Aufenthaltsverbot auf das Bundesgebiet der Republik Österreich zu beschränken gewesen. Die Berufungsanträge lauten: 1.) Aufhebung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz, in eventu Behebung des Bescheides und Zurückverweisung an die Bundespolizeidirektion Graz zur Neufassung nach allfälliger Verfahrensergänzung, jedenfalls Herabsetzung der zeitlichen Befristung des Aufenthaltsverbots und dessen Beschränkung auf das Bundesgebiet der Republik Österreich.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark schaffte vom Landesgericht für Strafsachen Graz den beantragten Akt bei, übersandte dem Beschuldigten zuhanden seiner Vertreter Kopien des wesentlichen Akteninhaltes und teilte ihnen mit, dass die Ausschreibung des Berufungswerbers zur Einreiseverweigerung nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen seit dem EU-Beitritt Rumäniens nicht mehr zulässig sei, da sich aus den Art. 1 und 96 SDÜ ergebe, dass nur Drittausländer - somit Personen, die nicht Staatsangehörige eines der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften sind - zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben werden könnten. In seiner Stellungnahme dazu beantragte der Berufungswerber ergänzend für den Fall, dass der Berufung nicht vollinhaltlich Folge gegeben werden sollte, den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz dahingehend abzuändern, dass das über den Berufungswerber verhängte Aufenthaltsverbot auf das Bundesgebiet der Republik Österreich beschränkt werde. 4. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt auf Grund der Aktenlage zu folgenden Feststellungen: Der am 16.10.1981 geborene D M ist Staatsangehöriger Rumäniens, besuchte in seiner Heimat vier Jahre Grundschule, vier Jahre Hauptschule, danach vier Jahre Berufsschule als Mechaniker und arbeitete kurzzeitig bei der Firma D - S. Seit ca drei Jahren ist er in V, Italien, wohnhaft und arbeitet bei einer Baufirma. Das Verfahren um Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung ist noch im Laufen. Bei ihm wohnt seine Gattin P M, die im August 2006 im vierten Monat schwanger war. Der Berufungswerber hat am 05.07.2006 in Nestelbach die rechtswidrige Durchreise von acht Staatsangehörigen Moldawiens durch Österreich mit dem Vorsatz befördert, sich durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern und wurde vom Landesgericht für Strafsachen Graz am 26.07.2006 wegen des Vergehens der Schlepperei nach § 114 Abs 2 FPG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Anschließend wurde er aus Österreich abgeschoben. Die Tat stellte sich nach den Erhebungsergebnissen so dar, dass er die acht Staatsangehörigen Moldawiens, die mit einem LKW illegal über den Grenzübergang Nickelsdorf nach Österreich verbracht worden waren, in einen Chrysler Voyager steigen ließ und auf der Südautobahn nach Italien bringen wollte, wobei er am 05.07.2006 auf dem Autobahnparkplatz Ilztal angehalten und anschließend festgenommen wurde. Er hätte für jede beförderte Person, die er nach Italien hätte bringen sollen, ? 50,00 bekommen sollen. 5. Beweiswürdigung: Wenn in der Berufung behauptet wurde, es handle sich beim Berufungswerber keineswegs um einen professionellen Schlepper bzw eine Person, die mit der Verbringung von Personen Geld verdiene und es hätte kein Anhaltspunkt gefunden werden können, dass es sich bei der Mitnahme dieser Personen um eine organisierte Fahrt gehandelt habe, ist dem die Aussage des Beschuldigten bei seiner Vernehmung im gerichtlichen Strafverfahren entgegen zu halten, wonach ihn jemand geschickt habe, die acht moldawischen Staatsbürger weiter zu transportieren und er von einem Mann namens I am Bahnhof in V gefragt worden sei, ob er eine Fahrt machen möchte. Er sei von dieser Person angewiesen worden, nach Österreich zu fahren, die acht Personen bei einem Mc Donald's abzuholen und nach Italien zu bringen. Das Geld hätte er nach der Fahrt in V erhalten sollen. Die übrigen Feststellungen ergeben sich, wie dargelegt, aus dem Akt der ersten Instanz bzw dem vom Landesgericht für Strafsachen Graz beigeschafften Strafakt. 6. Rechtliche Beurteilung: Folgende Bestimmungen des FPG sind im vorliegenden Fall anzuwenden: Im Sinn des § 2 Abs 4 Z 1 ist Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. § 60: (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt 1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder 2. anderen im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. (2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder 1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;... § 63: (1) Ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot kann in den Fällen des § 60 Abs 2 Z 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. (2) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen. § 66: (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. (2) Eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1, 3 und 4 darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1. Die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen. § 67 (Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub): Die Ausweisung Fremder gemäß §§ 53 oder 54 und das Aufenthaltsverbot werden mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Die Behörde kann auf Antrag während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung Fremder gemäß § 53 Abs 1 oder § 54 oder eines Aufenthaltsverbotes den Eintritt der Durchsetzbarkeit auf höchstens drei Monate hinausschieben (Durchsetzungsaufschub); hiefür sind die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Ausreise gegen jene Umstände abzuwägen, die der Fremde bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat. (2) ... § 86:

(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20.11.1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) ... (3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. ... 6.1. Die erste Instanz hat ihre Entscheidung zu einer Zeit gefällt, da Rumänien noch nicht Mitglied des EWR war. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat daher nach dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union bei seiner Entscheidung nicht nur § 60 Abs 1 in Verbindung mit § 60 Abs 2 Z 5 FPG anzuwenden, sondern hat den Fall nach § 86 Abs 1 FPG zu beurteilen. Nach dessen erstem Satz wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Berufungswerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würde, wobei es sich um eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr handeln müsste, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. 6.2. Da die erste Instanz diese Bestimmung nicht zu beachten hatte, hat sie sich lediglich in allgemeiner Form mit den Folgen der Schlepperei auseinandergesetzt. Es handelt sich dabei nach den Bescheiddarlegungen um ein strafbares Verhalten, das vitale Interessen des Staates (das Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) verletzt, wobei die erste Instanz hervorhob, dass sich Schlepperei zu einem eigenen durchorganisierten Erwerbszweig entwickelt habe, in dem arbeitsteilig gehandelt werde und der der organisierten Kriminalität zuzuordnen sei, und dass durch Begehung von Schlepperei die Notsituation von Fremden ausgenützt werde. 6.3. Es trifft zu, dass eingeschleppte Personen in Abhängigkeit zu den Schleppern bzw der Organisation geraten, die die Schleppung durchführt, und dass Schlepperei in der Regel die Folge hat, dass die eingeschleppten Personen nur auf dem Schwarzarbeitsmarkt ein Betätigungsfeld vorfinden, was meist mit deren weiterer Ausbeutung verbunden ist. Allerdings hätten die acht Moldawier nicht nach Österreich geschleppt, sondern nur durch Österreich durchgeschleust und nach Italien verbracht werden sollen. Die geschilderten nachteiligen Folgen wären somit nicht in Österreich, sondern in Italien eingetreten. Das vom Berufungswerber begangene Vergehen hat zwar die öffentliche Ordnung im Bundesgebiet gestört. Nach den Feststellungen hat der Berufungswerber aber davor noch keine Personen nach bzw durch Österreich geschleppt und es liegen auch keine stichhältigen Anhaltspunkte dafür vor, dass er sich künftig weiterhin als Schlepper betätigen werde. Dazu kommt, dass sich der Berufungswerber gewöhnlich nicht in Österreich aufhält, sondern allenfalls durchreist, da er seinen Lebensmittelpunkt in Italien hat. Eine weiter bestehende erhebliche Gefahr für die nach § 86 Abs 1 FPG geschützten öffentlichen Interessen ist aktuell nicht zu erkennen. Der angefochtene Bescheid ist somit aufzuheben.

Schlagworte
Aufenthaltsverbot Schlepperei konkrete Umstände Gefahr Lebensmittelpunkt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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