Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Manja Schlossar-Schiretz über die Berufung der Frau N Y, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G H, Mag. J G, Dr. C U, K 27/IV, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 22.02.2005, GZ.: 2.2Y3/2001, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden FPG) wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufungswerberin gemäß §§ 34 Abs 1 Z 2, 37 Abs 1 und 2 Fremdengesetz ausgewiesen. Ein Durchsetzungsaufschub wurde nicht erteilt. In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Berufungswerberin im Wesentlichen vor, dass sich ihr Mann seit 1991 rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung sei. Die Töchter der Berufungswerberin seien in Österreich niedergelassen, besuchten die Schule bzw. den Kindergarten und seien dadurch in Österreich integriert. Der Ehemann der Berufungswerberin habe nach langer unselbstständiger Beschäftigung gesundheitliche Probleme gehabt und auf Empfehlung des Arztes um die Invaliditätspension angesucht. Diese sei nicht gewährt worden, der Ehemann der Berufungswerberin leide unter Depression mit somatischem Syndrom, weshalb er sich in Therapie befinde. Die Behörde erster Instanz habe die gesetzlich vorgesehene Interessensabwägung unterlassen. Die Auswirkungen der Ausweisung würden auf die Lebenssituation der Berufungswerberin und ihrer Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung. Die Berufungswerberin beantragte den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben und ihrer Berufung stattzugeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt Nachfolgendes fest: Die Berufungswerberin, eine türkische Staatsangehörige, beantragte am 20.08.2001 bei der Österreichischen Botschaft in Ankara die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, da sie beabsichtigte, sich in Österreich bei ihrem Ehemann, Herrn M Y, niederzulassen. Der Ehemann der Berufungswerberin, Herr M Y, ist seit 1991 in Österreich und ging seit 1994 regelmäßig Beschäftigungen im Bundesgebiet der Republik Österreich nach. Er verfügt über einen unbefristeten Sichtvermerk und hat einen Befreiungsschein. Gleichzeitig mit dem Antrag der Berufungswerberin wurden auch Anträge auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen für die Kinder der Berufungswerberin, F Y, und A Y, gestellt. Zum Zeitpunkt der Antragstellungen war der Ehemann der Berufungswerberin als Lagerarbeiter in Österreich beschäftigt. Es stand ein ausreichendes Familieneinkommen zur Verfügung. Den Anträgen auf Erteilung der Erstniederlassungsbewilligung wurde am 31.01.2002 stattgegeben. Der Familiennachzug von A und F Y wurde bewilligt. Am 12.03.2002 kam die Berufungswerberin gemeinsam mit ihren Kindern nach Österreich. Am 05.12.2002 beantragte sie eine weitere Niederlassungsbewilligung. Da kein Versagungsgrund bestand, wurde eine weitere Niederlassungsbewilligung, gültig bis 21.01.2005 erteilt. Am 21.12.2004 beantragte die Berufungswerberin wiederum die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung. Das Ermittlungsverfahren der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz ergab, dass der Ehegatte der Berufungswerberin, Herr M Y seit Oktober 2003 für seine Familie Sozialhilfe bezog, und aus Krankheitsgründen keiner Erwerbstätigkeit nachkommen konnte. Am 27.01.2005 wurde der Berufungswerberin schriftlich zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt war gegen sie und ihre Töchter A und F eine Ausweisung zu erlassen und ihr die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Von dieser Möglichkeit hat die Berufungswerberin keinen Gebrauch gemacht. Dem Antrag der Berufungswerberin vom 05.12.2002 wurde nicht stattgegeben, sie wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 22.02.2005 ausgewiesen. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 21.10.2005 wurde der Berufung der Berufungswerberin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2006, Zl. 2005/21/0432 bis 0434-7 wurde der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 21.10.2005, Fr 157/1-2005, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, unter Hinweis darauf, dass sich die Berufungswerberin zum Zeitpunkt des angefochtenen Ausweisungsbescheides im Sinn des Artikel 7 des Beschlusses des durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 19.09.1980, Nr. 1/80, mehr als drei Jahre ordnungsgemäß im Bundesgebiet aufgehalten habe, aufgehoben. Der Ehegatte der Berufungswerberin, welcher sich seit 1991 rechtmäßig in Österreich aufhält und in der Zeit vom 25.07.1994 bis 09.04.2003 regelmäßig unselbstständigen Beschäftigungen in Österreich nachging, erkrankte in weiterer Folge schwer und bezog in der Zeit vom 10.04.2003 bis November 2006 Krankengeld, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und musste in der Zeit von Oktober 2003 bis einschließlich 13.09.2006 Sozialleistungen in der Höhe von insgesamt ? 14.035,09 zum Unterhalt seiner Familie in Anspruch nehmen. Mit Vergleich vom 13.06.2005 verpflichtete sich der Ehegatte der Berufungswerberin, die bis zum 13.06.2005 erhaltene Sozialhilfe (? 12.740,60) in monatlichen Raten, zu je ?
50,00, beginnend mit 15.07.2005 an den Sozialhilfeverband zurückzuzahlen. Mit Schreiben des Sozialhilfereferates der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 05.09.2006 wurde bekannt gegeben, dass bis März 2006 acht Raten zu je ? 50,00 geleistet wurden. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 20.11.2006 wurde bekannt gegeben, dass der Gatte der Berufungswerberin, Herr M Y in der Zeit vom 27.11.2006 bis 10.05.2007 als Abwäscher im Hotel S in I bei einem monatlichen Nettoeinkommen von ? 1.400,00 beschäftigt ist und die Beschäftigungsbewilligung mit Bescheid des AMS L vom 17.11.2006 erteilt wurde. Die Berufungswerberin, besuchte im letzten Jahr einen Deutschkurs, spricht gebrochen Deutsch und beabsichtigt den Fortsetzungskurs für Deutsch zu besuchen. Sobald es ihr möglich ist, möchte sie eine Beschäftigung als Reinigungskraft oder Hilfskraft in der Küche annehmen, um zum Unterhalt ihrer Familie beitragen zu können. Die Töchter der Berufungswerberin A Y, und F Y besuchten beide den Kindergarten in L und gehen derzeit zur Volksschule in L. Beide sprechen fließend Deutsch und sind gute Schülerinnen. Ein zwischenzeitlich angewachsener Mietzinsrückstand wird durch Ratenzahlung abgebaut. Der festgestellte Sachverhalt basiert im Wesentlichen auf der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussage der Berufungswerberin, der Angaben der Töchter der Berufungswerberin F Y und A Y in der Verhandlung, welche am 11.10.2006 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark stattgefunden hat, der Aussagen der Zeugen M Y und Ü Y, den bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse angeforderten Versicherungsdatenauszug vom 31.08.2006, dem Schreiben des Sozialhilfereferates der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 05.09.2006, dem Bescheid des AMS L vom 17.11.2006, GZ: 08114/ABB-Nr. 2812097 sowie dem Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 FPG (Verfassungsbestimmung) entscheiden über Berufungen gegen Entscheidungen nach dem Fremdenpolizeigesetz, sofern nichts anderes bestimmt ist, im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Die örtliche Zuständigkeit im Inland richtet sich gemäß § 6 Abs 1 FPG nach dem Hauptwohnsitz des Fremden im Bundesgebiet. Da die Berufungswerberin ihren Hauptwohnsitz in L hat, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Die Rechtsschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG gelten für türkische Staatsangehörige, denen die Rechtsstellung nach Artikel 6 oder Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt. Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80) lautet: Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörigen türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben; haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Gemäß § 54 Abs 1 FPG können Fremde, die sich aufgrund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn 1. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitel entgegen gestanden wäre oder 2. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen werden, so ist die Ausweisung gemäß § 66 Abs 1 FPG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 66 Abs 2 FPG ist eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1, 3 und 4 leg cit dann nicht zulässig, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen. Gemäß § 21 Abs 5 Z 2 FPG stehen der Erteilung eines Visums, insbesondere öffentliche Interessen dann entgegen, wenn der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und für die Wiederausreise verfügt; gemäß § 21 Abs 5 Z 3 FPG kann die Erteilung eines Visums, insbesondere dann versagt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergebe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs. Gemäß § 55 Abs 4 FPG dürfen Fremde, die von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen sind, unbeschadet des § 61 Z 4 nicht ausgewiesen werden. Fremde sind jedenfalls langjährig im Bundesgebiet niedergelassen, wenn sie die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts seit mindestens drei Jahren hier niedergelassen sind. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:
Der Berufungswerberin kommt als türkischen Staatsangehörigen Rechtstellung nach dem Assoziationsbeschluss Nr. 1/80 ARB zu, da sie im Wege der Familienzusammenführung am 12.03.2002 nach Österreich kam, ihr Gatte im Zeitpunkt ihres Nachzuges dem regulären Österreichischen Arbeitsmarkt angehörte und sie sich mehr als drei Jahre bzw. nahezu fünf Jahre ordnungsgemäß mit Wohnsitz bei ihrem Gatten in Österreich aufhält. Die Berufungswerberin erfüllt die Voraussetzungen des Artikels 7 ARB. Auch wenn der Gatte der Berufungswerberin in der Zeit vom 14.04.2003 bis 26.11.2006 krankheitsbedingt nicht dem regulären Arbeitsmarkt angehörte, so hat er doch freien Zugang zur Beschäftigung in Österreich erworben. Die durch Artikel 7 Satz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 verliehenen Rechte von Familienangehörigen nach drei- oder fünfjährigem Wohnsitz, bei dem, dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, können auch dann ausgeübt werden, wenn dieser Arbeitnehmer, wie im gegenständlichen Fall vorübergehend erkrankt und dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates vorübergehend nicht angehört (EuGH 11.11.2004 in der Rechtssache C-467/02, Inan Cetinkaya; EuGH 16.03.2000 in der Rechtssache C-329/97, Ergart Slg. 2000, I. l 487, Rn 37 - 39; VwGH 15.12.2004, Zl.: 2001/09/0034). In Anbetracht dessen ist gemäß § 125 Abs 1 in Verbindung mit § 9 Abs 1 z1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 2005/100, nunmehr der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zuständig, im gegenständlichen Berufungsverfahren eine Entscheidung anhand der Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 zu treffen(VwGH 13.06. 2006, Zl 2006/18/0138-4). Mit Urteil vom 02.06.2005, Rs C-136/03 (Dörr Ünal) hat der Europäische Gerichtshof ausgesprochen, dass die Rechtsschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG für türkische Staatsangehörige gelten, deren die Rechtsstellung nach Artikel 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 zukommt. Artikel 14 Abs 1 des Beschlusses Nr. 1/80 setzt den zuständigen nationalen Behörde Grenzen, die jenen entsprechen, die für ein gegenüber einem Angehörigen eines Mitgliedstaates getroffene Ausweisungsmaßnahme gelten, weshalb die im Rahmen von
Artikel 3 der Richtlinie 64/221/EWG aufgestellten Grundsätze auf türkische Arbeitnehmer, die durch den Beschluss Nr. 1/80 eingeräumten Rechte in Anspruch nehmen können, übertragbar sind. Den Bestimmungen der Artikel 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 wird unmittelbare Wirkung zuerkannt, sie verleihen ein individuelles Recht im Bereich der Beschäftigung und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht (VwGH 27.06.2006, Zl. 2006/18/0138). Bei der Bestimmung des Umfangs der in Artikel 14 Abs 1 ARB 1/80 vorgesehen Ausnahme der öffentlichen Ordnung ist darauf abzustellen, wie die gleiche Ausnahme im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Angehörige der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sind, ausgelegt wird. Der Berufungswerberin, könnten die ihr unmittelbar aus dem ARB 1/80 erwachsenden Rechte nur dann im Weg einer Ausweisung abgesprochen werden, wenn diese Maßnahme dadurch gerechtfertigt ist, dass das persönliche Verhalten der Berufungswerberin auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet (EuGH 10.02.2000, in der Rechtssache C-340/97, Ömar Nazli u. a. gegen Stadt Nürnberg). Was die Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis des Familienangehörigen des türkischen Arbeitnehmers im Aufnahmemitgliedsstaat angeht, so bleiben die Mitgliedsstaaten zwar befugt, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen der Familienangehörige in das Hochheitsgebiet einreisen und sich dort bis zu dem Zeitpunkt aufhalten kann, zu dem er das Recht hat, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, gleich wohl stehen die Rechte aus Artikel 7 Satz 1 den Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers nach dieser Vorschrift unabhängig davon zu, ob die Behörden des Aufnahmemitgliedstaates ein bestimmtes Verwaltungsdokument für eine Aufenthaltserlaubnis ausstellen (EuGH 17.04.1997, in der Rechtssache C-351/95, Selmar Cardimann, Rn 51). Die Berufungswerberin erlangte mit Ablauf ihres dreijährigen rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich im März 2005 gemäß Artikel 7 Satz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 das Recht, sich auf jedes Stellenangebot in Österreich zu bewerben und hat somit gemäß Artikel 7 Satz 1 erster Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 ein unmittelbar sich aus Artikel 7 ergebendes Recht zum Aufenthalt in Österreich (VwGH 20.05.1998, Zl. 97/09/0009). Im Hinblick darauf, dass der Gatte der Berufungswerberin, Herr M Y seit 27.11.2006 wieder einer regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nachgeht und ein monatliches Einkommen in Höhe von ? 1.400,00 netto bezieht, verfügen die Berufungswerberin und deren Familie wieder über ausreichende Mittel zu deren Unterhalt, weshalb zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde nicht davon auszugehen ist, dass der weitere Aufenthalt der Berufungswerberin und ihrer Töchter zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen wird. Darüber hinaus kommt der Berufungswerberin nach ihrem nahezu fünf Jahre langen ordnungsgemäßen Aufenthalt in Österreich und der damit verbundenen Rechtstellung im Sinne des Artikels 7 des Beschlusses Nr. 1/80 ARB die Berechtigung zu, sich in Österreich auf jedes Stellenangebot zu bewerben und zum Unterhalt ihrer Familie beizutragen. Die Berufungswerberin ist beim AMS L arbeitsuchend gemeldet und beabsichtigt als Reinigungskraft oder Hilfskraft in der Küche tätig zu sein. Auch wenn bei der Berufungswerberin selbst noch keine Aufenthaltsverfestigung im Sinne des § 55 FPG verwirklicht ist, so ist bei der Abwägung gemäß § 66 Abs 2 FPG zu berücksichtigen, dass eine Aufenthaltsverfestigung im Sinne des § 55 Abs 4 FPG bei den Töchtern der Berufungswerberin F Y und A Y, zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde eingetreten ist. Im Hinblick darauf, dass sich sowohl der Gatte der Berufungswerberin (welcher zum unbefristeten Aufenthalt in Österreich berechtigt ist) als auch deren Töchter weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten dürfen, überwiegen die persönlichen Interessen der Berufungswerberin, das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid beschriebene öffentliche Interesse an ihrer Ausweisung (VwGH 26.06.2003, Zl. 99/18/0274). Aufgrund all dieser Erwägungen war daher - wie im Spruch ersichtlich - zu entscheiden.