Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn E. C? derzeit Justizanstalt Innsbruck, Völser Straße 63, 6020 Innsbruck, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. S., Dr. O., Dr. S., Dr. J., XY-Straße 31a, I., gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 23.10.2006, Zl Fr 1002049, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als das von der Bundespolizeidirektion Innsbruck mit Bescheid vom 23.10.2006 ausgesprochene Aufenthaltsverbot von einem unbefristeten in ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot umgewandelt wird und wird gemäß § 86 Abs 3 FPG Herrn E. C. ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat von Amts wegen erteilt.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ die Bundespolizeidirektion Innsbruck gegen den Berufungswerber gemäß § 60 Abs 1 und 2 Z 1 iVm den §§ 61, 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Gemäß § 64 FPG und § 64 Abs 2 AVG wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt und wurde gemäß § 67 Abs 2 FPG die Durchsetzbarkeit des unbefristeten Aufenthaltsverbot mit Zustellung des angefochtenen Bescheides angeordnet und verfügt, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen habe.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass insbesondere eine unzureichende Interessensabwägung im Sinn des Art 8 EMRK und die dadurch entstandene Rechtswidrigkeit zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens geführt habe. Die belangte Behörde habe zwar treffend festgestellt, dass ein massiver Eingriff in das Privat- und Familienleben bestehe, habe es jedoch zur Gänze verabsäumt, Feststellungen dahingehend zu treffen, ob der Berufungswerber überhaupt eine Bindung zu seinem Heimatland aufweise. Dabei sei festzuhalten, dass der Berufungswerber seit seiner Geburt in Österreich aufhältig sei und auch bis auf ein halbes Jahr die Schule in Österreich besucht habe. Auch seine gesamten beruflichen Tätigkeiten habe der Berufungswerber in Österreich entfaltet. Er lebe mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit sechs Jahren in Lebensgemeinschaft und sei seine Mutter ebenfalls österreichische Staatsangehörige und verfüge der Berufungswerber in seinem Heimatstaat über keinerlei Bindungen. Aufgrund seines durchgehenden Aufenthaltes in Österreich sei sein gesamter Freundeskreis und mittlerweile seine beinnahe gesamte Familie in Österreich aufhältig. Der Berufungswerber sei im Jahr 1982 im Inland geboren worden und sei damit der Tatbestand der Aufenthaltsverfestigung im Sinne des § 55 Abs 4 FPG 2005 in der geltenden Fassung gegeben. Das Aufenthaltsverbot greife daher unzulässigerweise in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK ein. Die Interessensabwägungen des Art 8 EMRK sei hier überspannt worden und fälschlich zu Ungunsten des Berufungswerbers ausgelegt worden.
Weiters wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft. Die Aberkennung sei nur zulässig, wenn die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und der nationalen Sicherheit erforderlich sei. Der Berufungswerber sei mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 04.08.2006 zu Zl 35 Hv 15/06k zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2,5 Jahren und zu einer weiteren Freiheitsstrafe von acht Monaten zu 23 Hv 21/01 des Landesgerichtes Innsbruck verurteilt worden und befindet er sich seit Dezember 2005 in Haft, sodass er erst weniger wie ein Jahr von einer Freiheitsstrafe von insgesamt über drei Jahren verbüßt habe und davon auszugehen sei, dass er die nächsten zwei Jahre im Strafvollzug verbringen werde. Aus diesem Grund bestehe keinerlei Notwendigkeit, die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Der Berufungswerber habe zwar zugestandenermaßen gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen, jedoch sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in diesem speziellen Fall unzulässig, da in das Privat- und Familienleben zur stark eingegriffen würde und somit die nachteiligen Folgen für den Berufungswerber im Verhältnis zu den nachteiligen Folgen der Sicherheit der Republik Österreich in einem überdurchschnittlich hohem Wertmissverhältnis stehen und zur Gänze gegen den Berufungswerber sprechen würden. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei nicht zulässig und sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung somit ein Willkürakt, da der Berufungswerber in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass der Bescheid zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig sei, dies aufgrund eines mangelhaft durchgeführten Verfahrens, da die notwendige gesetzliche normierte Abwägung nicht durchgeführt worden sei und die vorliegenden Beweise falsch gewürdigt worden seien.
Die gegenständliche Rechtslage, wonach Abschiebungen auch zulässig sind bei komplett gefestigten und in Österreich verwurzelten Personen Verstöße gegen internationales Recht und würde nach Ansicht des Berufungswerbers eine Überprüfung vor dem Höchstgericht nicht standhalten und wurde daher der Antrag gestellt, die Berufungsbehörde möge die Rechtswidrigkeit des Bescheides der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 23.10.2006 zu Zl Fr 1002049 feststellen und den Bescheid ersatzlos beheben und möge die Berufungsbehörde der Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Aufgrund dieses Berufungsvorbringens fand am 13.02.2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Berufungswerber gehört wurde und folgende Angaben machte:
?Ich habe vor meiner Festnahme am 22.10.2005 in Innsbruck XX-Strasse gewohnt. Diese Wohnung ist noch aufrecht. In dieser Wohnung wohnt dzt meine Lebensgefährtin alleine. Ich war vor meiner Festnahme als Fahrer bei der Firma D. beschäftigt und kann dort nach meiner Haftentlassung auch wieder beginnen. Unter Einwirkung eines Zwischenvollzugs einer widerrufenen Freiheitsstrafe werde ich noch voraussichtlich bis Mitte 2009 in der Justizanstalt Innsbruck meinen Strafvollzug abbüßen.
Meine gesamte Familie, bestehend aus Mutter, Vater und drei Geschwistern, leben hier in Österreich. Ein Bruder von mir ist in der Türkei. Meine sonstige Verwandtschaft ist auch hier in Österreich aufhältig.
Weiters gebe ich an, dass ich in Österreich sozial integriert bin, da ich hier eine Lebensgefährtin habe und in meine Familie eingebunden bin. Ich stelle mir vor, dass ich nach meiner Haftentlassung wieder zu arbeiten beginne und keine Drogen mehr konsumieren werde.
Weiters möchte ich betonen, dass ich meine gesamte Schulausbildung in Österreich abgeschlossen habe und nur urlaubsweise kurz in der Türkei war und das war niemals länger als ein paar Wochen. Meine Türkischkenntnisse sind auch nicht sehr gut. Meine Lebensgefährtin besucht mich regelmäßig in der Justizanstalt Innsbruck und wollen wir nach meiner Haftentlassung heiraten. Mich kommt nicht nur meine Familie, sondern auch die Familie meiner Lebensgefährtin regelmäßig besuchen.
Sollte ich in die Türkei abgeschoben werden, dann wüsste ich nicht, wo ich dort hingehen sollte.
Auf Vorhalt meiner gerichtlichen Verurteilung gebe ich an, dass ich auch eine lange Zeit hatte, wo nichts passiert ist. Meine Verurteilungen in den Jahren 1998 bis 2001 waren nicht im Zusammenhang mit Heroin. Ich kann jedoch heute nur mehr sagen, dass diese so passiert sind. Meine Verurteilungen im Jahr 2005 und 2006 standen damit im Zusammenhang, dass ich seit Frühjahr 2005 Heroin konsumiert habe und daher süchtig war.
Ich arbeite derzeit in der Justizanstalt Innsbruck, kann dort aber meine abgebrochene Kellnerlehre nicht abschließen. Ich möchte nach meiner Haftentlassung jedoch als Fahrer weiterarbeiten.?
Weiters wurde die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeugin vernommen, jedoch machte diese von ihrem Aussageentschlagungsrecht Gebrauch.
Weiters wurde der erstinstanzliche Fremdenakt des Berufungswerbers dargetan.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol nachfolgender Sachverhalt:
Der Berufungswerber wurde am 24.01.1982 in Österreich geboren und besuchte in Hall vier Jahre die Volksschule, vier Jahre die Hauptschule und begann nach seinem Hauptschulabschluss eine Kellnerlehre, welcher er nach 2,5 Jahren ohne Abschluss abbrach. Seine Eltern sowie drei Geschwister leben ebenfalls im Bundesgebiet und wohnt lediglich ein Bruder (A., 26 Jahre alt) in der Türkei. Die weiteren Verwandten des Berufungswerbers wohnen großteils ebenfalls im Bundesgebiet.
Der Berufungswerber ist noch in I. in der XY-Straße aufrecht mit Hauptwohnsitz gemeldet und ist an dieser Anschrift seine Lebensgefährtin, mit welcher er seit sechs Jahren in Lebensgemeinschaft wohnt, wohnhaft und beabsichtigt er nach Entlassung aus seiner Haft seine Lebensgefährtin zu heiraten.
Vor seiner Festnahme war der Berufungswerber als Kraftfahrer tätig und ist es ihm nach seinen Aussagen möglich, nach seiner Haftentlassung in diesen Beruf zurückzukehren.
In strafrechtlicher Hinsicht weist der Berufungswerber nachfolgende Verurteilungen durch österreichische Strafgerichte auf:
01) BG Hall in Tirol, 3 U 397/98T vom 17.09.1998 RK 21.09.1998 Par 83/1 StGB
Geldstrafe von 30 Tags zu je 30,00 ATS (900,00 ATS) Im NEF 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Jugendstraftat
Vollzugsdatum 14.01.2002
Zu BG Hall in Tirol 3 U 397/98T RK 21.09.1998
Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerufen LG Innsbruck 23 E VR 3041/99 vom 29.09.2000
02) LG Innsbruck 23 E VR 3041/99 HV 132/2000 vom 29.09.2000 RK 03.10.2000
Par 83/1 107/1 StGB
Geldstrafe von 150 Tags zu je 100,00 ATS (15.000,00 ATS) im NEF 75
Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Jugendstraftat
Vollzugsdatum 21.10.2002
03) LG Innsbruck 23 E VR 2539/2000 HV 221/2000 vom 23.01.2001 RK
27.01.2001
Par 15 105/1 Par 107/1 U 2 StGB
Freiheitsstrafe 1 Monat
Zusatzstrafe Gemäß Par 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG
Innsbruck 23 E VR 3041/99 HV 132/2000 RK 03.10.2000
Jugendstraftat
Vollzugsdatum 29.05.2002
Zu LG Innsbruck 23 E VR 2539/2000 HV 221/2000 RK 27.01.2001
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 29.05.2002
LG Innsbruck 23 VR 2539/2000 vom 14.09.2005
04) LG Innsbruck 23 VR 19/2001 HV 21/2001 vom 15.02.2001 RK
20.02.2001
Par 28/2 U 3 27/1 Suchtmittelg
Freiheitsstrafe 11 Monate
Jugendstraftat
Zu LG Innsbruck 23 VR 19/2001 HV 21/2001 RK 20.01.2001 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG Innsbruck 23 HV 21/2001 vom 20.02.2003
Zu LG Innsbruck 23 VR 19/2001 HV 21/2001 RK 20.02.2001 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG Innsbruck 26 HV 105/2005B/B vom 09.08.2005
Zu LG Innsbruck 23 VR 19/2001 HV 21/2001 RK 20.02.2001
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG Innsbruck 35 HV 15/2006K vom 23.03.2006
05) LG Innsbruck 23 E VR 995/2001 HV 69/2001 vom 21.09.2001 RK
25.09.2001
Par 288/1 StGB
Geldstrafe von 180 Tags zu je 300,00 ATS (54.000,00 ATS) im NEF 90
Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Jugendstraftat
Volluzgsdatum 13.11.2003
06) LG Innsbruck 26 HV 20/2005T vom 10.03.2005 RK 13.07.2005
Par 107/1 StGB
Freiheitsstrafe 4 Monate
07) LG Innsbruck 26 HV 105/2005B vom 09.08.2005 RK 13.08.2005
Par 107/1 88/1 U 4 (1. Fall) StGB
Freiheitsstrafe 5 Monate
Zu LG Innsbruck 26 HV 105/2005B RK 13.08.2005
Zu LG Innsbruck 28 HV 20/2005T RK 13.07.2005
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 05.06.2006, Bedingt, Probezeit
3 Jahre
LG Innsbruck 23 BE 12/2006A vom 08.05.2006
08) LG Innsbruck 35 HV 15/2006K vom 23.03.2006 RK 23.06.2006
Par 28/2 27/1 27 Abs 2/1 Suchtmittelg
Freiheitsstrafe 2 Jahre 6 Monate
Wobei insbesondere das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23.03.2006 zu Zl 35 Hv 15/06 k hervorsticht. Mit diesem Urteil wurde der Berufungswerber wegen der Begehung von teils Verbrechen und teils Vergehen nach den §§ 28 Abs 2, 27 Abs 1 und 27 Abs 2 Z 1 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bei näherer Betrachtung dieses Urteiles ergibt es sich, dass der Berufungswerber zum einen im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Suchtmittel von Rotterdam nach Innsbruck schmuggelte. Weiters verkaufte er dieses Suchtmittel nicht nur, sondern stelle sie auch einer minderjährigen Person zum kostenlosen Konsum zur Verfügung. Unter Hinweis auf das zitierte Urteil des Landesgerichtes Innsbruck (S 9) ist auch davon auszugehen, dass der Berufungswerber diese mj Person mehrfach zum kostenlosen Heroinkonsum eingeladen hat und dabei zumindest billigend in Kauf nahm, dass sie noch minderjährig ist und sich damit abgefunden hat. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes dieser minderjährigen Person anlässlich der Hauptverhandlung kam der Schöffensenat zur Feststellung, dass es ausgeschlossen ist, dass man dieses Mädchen für volljährig halten kann. Zumindest hat der Berufungswerber anlässlich der Hauptverhandlung ohnehin angegeben, davon ausgegangen zu sein, dass das Mädchen 17 oder 18 Jahre alt ist.
Weiters ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber, abgesehen von dem selbst geschmuggelten Suchtgift, anlässlich von zahlreichen einzelnen Weitergaben insgesamt 50 g Heroin entgeltlich in Verkehr setzte, um sich auf diese Art und Weise seinen eigenen Suchtgiftkonsum zu ermöglichen, wobei der erkennende Schöffensenat von unzähligen einzelnen Weitergaben über einen Zeitraum von nur wenigen Monaten ausging.
Rechtsgrundlagen:
Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 157/2005, lauten wie folgt:
?§ 9
(1) (Verfassungsbestimmung) Über Berufungen gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz entscheiden, sofern nicht anderes bestimmt ist,
1. im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und
?
§ 60
(1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2.
anderen im Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
§ 61
Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn
1. der Fremde in den Fällen des § 60 Abs 2 Z 8 nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben hätte dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Fremde betreten wurde, keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen wäre;
2. eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1 wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre;
3. dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl Nr 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mindestens einer unbedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder er würde einen der in § 60 Abs 2 Z 12 bis 14 bezeichneten Tatbestände verwirklichen;
4. der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder würde einen der in § 60 Abs 2 Z 12 bis 14 bezeichneten Tatbestände verwirklichen.
§ 63
(1) Ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot kann in den Fällen des § 60 Abs 2 Z 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(2) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.
§ 66
(1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1, 3 und 4 darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.
§ 86
(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen Freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
?
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.?
Weitere maßgebliche Bestimmungen sind:
?Artikel 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens:
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Artikel 6 und 7
des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980:
Artikel 6
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat
Nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
Nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs, das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
Nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.
Artikel 7
Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben
haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.
Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellengebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war.
??
Rechtliche Erwägungen und Beurteilungen:
Der Berufungswerber ist türkischer Staatsangehöriger, der jedenfalls unter den Artikel 7 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 fällt. Für diesen Personenkreis hat der Ausschuss für innere Angelegenheiten des Nationalrates im Gesetzgebungsverfahren zum Fremdenpolizeigesetz 2005 Folgendes festgestellt:
?Bezüglich des in § 9 Abs 1 Z 1 FPG angeführten Personenkreises hält der Ausschuss fest, dass entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 02.06.2005 in der Rechtsache C-136/03, wonach die Rechtschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG für türkische Staatsangehörige, denen die Rechtsstellung nach Artikel 6 oder Artikel 7 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrats vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt, gelten, sohin § 9 Abs 1 Z 1 anzuwenden ist.? Auf Grund dessen ergibt sich im gegenständlichen Falle die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol als Berufungsbehörde.
Die vom Berufungswerber gezeigten Verhaltensweisen, die zu den angeführten Verurteilungen führten, zeigen eindeutig, klar und nachvollziehbar auf, dass der Berufungswerber entweder nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, sich an die in Österreich geltenden Gesetze zu halten. Durch die gezeigten Verhaltensweisen war und ist die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Berufungswerber gefährdet. Dieses persönliche Verhalten des Berufungswerbers stellt auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft berührt. Besonders die Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz sind als besonders schwerwiegend im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität anzusehen.
Der Berufungswerber hält sich bereits länger als zehn Jahre ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich auf. Aufgrund der gezeigten persönlichen Verhaltensweisen, die ua zu den angeführten Gerichtsverurteilungen führten, geht der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol davon aus, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit In der Republik Österreich durch den Verbleib des Berufungswerbers im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet werden würde. Trotz bereits erfolgter Gerichtsverurteilungen wurden neuerlich schwerwiegende gerichtlich strafbare Verhalten gesetzt. Es ist mit Recht und begründet davon auszugehen, dass bei einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet mit weiteren gerichtlich strafbaren Handlungen und damit verbundenen Gefährdungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechnet werden muss.
Interessensabwägung gemäß § 66 Abs 1 und 2 FPG
Der Berufungswerber ist in H. in Tirol geboren und seither fast durchgehend in Österreich niedergelassen. Weiters halten sich neben den Eltern noch zwei Schwestern und ein Bruder des Berufungswerbers in Österreich auf. Der Berufungswerber ist weiters in einer aufrechten Lebendgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen die im selben Haushalt wie der Berufungswerber in I. wohnt. Der Berufungswerber hat in Österreich zwei Jahre lang die Berufsschule besucht und ist außer der Haftzeit großteils einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen. Die engsten Familienangehörigen und der gesamte Freundeskreis befinden sich in Österreich, in der Türkei lebt ein Bruder.
Mit dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot wird aufgrund der im gegenständlichen Verfahren vom Berufungswerber dargestellten und in zusammengefasster Form gerade aufgezeigten Privat- und Familiensituation glaubhaft und nachvollziehbar in das Familien- und in das Privatleben des Berufungswerbers massiv eingegriffen. Es ist dieser Eingriff jedoch zur Erreichung der im Artikel 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, wie zum Beispiel für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen durch den Berufungswerber und zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer zweifelsfrei notwendig und dringend geboten. Die Auswirkungen des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Fremden wiegen gerade unter Bedachtnahme auf die lange Dauer des legalen Aufenthaltes im Bundesgebiets, des Integrationsausmaßes des Berufungswerbers und seiner Familienangehörigen und aufgrund der Intensität der familiären und sonstigen Bindungen, insbesondere in seinem privaten Umfeld, schwer. Trotz dieser aufgezeigten und unzweifelhaft vorliegenden beträchtlichen Auswirkungen wiegen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung wesentlich schwerer, weil vom Berufungswerber aufgrund des von ihm gezeigten Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht und davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Neben den bis zur erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotserlassung gezeigten Verhaltensweisen und begangenen strafbaren Handlungen wiegt bei der durchgeführten Interessensabwägung besonders schwer zu Lasten des Berufungswerbers, dass dieser sehr schwerwiegende und speziell für junge Menschen äußerst gefährliche und verwerfliche Straftaten nach dem SMG, die folglich zu einer beträchtlichen Bestrafung führten, beging und sich auch im Wissen um die schwerwiegenden Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf sein eigenes Privat- und Familienleben nicht von deren Begehung abhalten ließ.
Zulässigkeit gemäß § 61 FPG:
Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist auch gemäß § 61 FPG, zulässig, da die diesbezüglich angeführten ?Aufenthaltsverbots-Verbote? gemäß Z 1 bis Z 4 nicht vorliegen, das Aufenthaltsverbot wurde weder nach § 60 Abs 2 Z 8 FPG erlassen, noch wäre eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1 FPG unzulässig. Der Berufungswerber ist von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen und hier rechtmäßig langjährig niedergelassen (§ 55 Abs 4 FPG), allerdings ist beim hier vorliegenden Sachverhalt auf die Bestimmung des § 61 Z 4 FPG abzustellen und insbesondere die letzte Verurteilung des Berufungswerbers zu einer Haftstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten in die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einzubeziehen und hat diese Beurteilung daher auch die im Spruch aufgezeigte Konsequenz nach sich gezogen.
Die verhängte Aufenthaltsverbotsdauer von zehn Jahren erscheint gemäß § 63 Abs.2 FPG angemessen und unter Bedachtnahme auf die für die Erlassung maßgeblichen und persönlichen Umstände notwendig und erforderlich, um den angeführten Schutzinteressen bestmöglich entsprechen zu können. Es wird festgehalten, dass die fünfjährige Frist mit Eintritt der Durchsetzbarkeit dieses Bescheides zu laufen beginnt.
Der einmonatige Durchsetzungsaufschub war gemäß § 86 Abs 3 von Amts wegen zu erteilen, da die sofortige Ausreise des Fremden auf Grund seines derzeitigen Strafvollzuges im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht erforderlich ist.
Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes und der aufgezeigten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.