TE UVS Tirol 2007/03/05 2006/K13/0480-13

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Veröffentlicht am 05.03.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 13, bestehend aus dem Vorsitzenden Dr. A. H., dem Berichterstatter Dr. Christoph Lehne und dem weiteren Mitglied Mag. F. S., über die Berufung der Deponie R. GmbH und Co KG, XY-Straße 108, K. i. T., vertreten durch die E. und H. Rechtsanwaltssozietät, XY-Gasse 10, G., vom 01.02.2006 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16.01.2006, Zahl U-3362/886, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in der Deponie R. in W., gemäß § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16.01.2006, Zahl U-3362/886, wurde gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 der Deponie R. GmbH  und Co KG aufgetragen

die Ablagerung von Abfällen mit mehr als 5 Masseprozent TOC, die nicht im Bundesland Tirol angefallen sind, entgegen § 76 Abs 8 AWG 2002 binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides einzustellen und hierüber der Abteilung Umweltschutz unverzüglich Bericht zu erstatteten;

beginnend ab Oktober 2005, jeweils quartalsweise, die monatliche Dokumentation hinsichtlich Masse, Art sowie Besitzer und Anlieferer (mit Firma und Adresse) jeder abgelagerten Abfallcharge einschließlich Datum der Anlieferung entsprechend § 29 Deponieverordnung dem Landeshauptmann als zuständige Aufsichtsbehörde an die Abteilung Umweltschutz vorzulegen.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der die Deponie R. GmbH und Co KG durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass die Erstbehörde den Norminhalt und Zusammenhang der Bestimmungen § 76 Abs 7 und 8 AWG 2002 iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 73/2004, missverstehe.

 

Der zweite Satz von § 76 Abs 8 AWG 2002 bestimme die Ausnahme von dieser Regel. Ein Deponieinhaber dürfe also nicht nur die im selben Bundesland angefallenen Abfälle mit mehr als 5 Masseprozent TOC ablagern (sondern auch Abfälle aus anderen Bundesländern), wenn durch am 01. Jänner 2004 bestehende landesrechtliche Regelungen Entsorgungsbereiche festgelegt sind und entsprechend dieser landesrechtlichen Regelungen Abfälle eines Entsorgungsbereiches in einem benachbarten Bundesland abgelagert werden dürfen. Genau das sei der Fall. Es gebe solche landesrechtlichen Regelungen für Tirol (und Kärnten). Da es solche landesrechtlichen Regelungen gäbe, gelte eben nach dem eindeutigen Wortlaut des § 76 Abs 8 die Verpflichtung, nur Abfälle aus dem selben Bundesland abzulagern, für Tiroler Deponien nicht.

 

Es sei eine wirtschaftliche Zumutung, dass derartige unverständliche und nicht exequierbare Bestimmungen wie § 76 Abs 8 AWG überhaupt erlassen werden. Es bestehe kein Verständnis dafür, dass jedes Bundesland diese Bestimmung nach eigenem Gutdünken auslege, ohne dass der Inhalt der Bestimmung auch nur irgendwie analysiert worden wäre. Es könne nicht angehen, dass auf Grund skurriler Anlassfallgesetzgebung Bestimmungen entstehen, deren Inhalt niemand mehr verstehen könne. Unverständliche Bestimmungen könnten aber nicht zu Lasten des Normunterworfenen ausgelegt werden. In diesem Sinne sei die für den Normunterworfenen, also den Deponieinhaber, günstigste Auslegung heranzuziehen. Diese sage eben, dass der 1. Satz des § 76 Abs 8 keine Gültigkeit hat, wenn die Voraussetzungen des 2. Satzes vorliegen (und zwar irgendwo in Österreich vorliegen, weil anderes könne man dem Gesetzestext wahrlich nicht entlocken). Die Berufungswerberin dürfe daher Abfälle aus allen Bundesländern ablagern. Es werde deshalb die ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides beantragt.

 

Diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol mit Berufungserkenntnis vom 23.5.2006, Zl uvs-2006/K13/0480-2, als unbegründet abgewiesen.

 

Dagegen hat die Deponie R. GmbH und Co KG Beschwerden an den Verfassungsgerichthof und den Verwaltungsgerichtshof erhoben. In seinem Erkenntnis vom 27.11.2006, B 1258/06-14, hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei und den Bescheid deshalb behoben. Begründend hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall mit Frau Mag. B. G. ein auf Zeit ernanntes Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates berufen gewesen sei, über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides eben jener Behörde (mit) zu befinden, aus der es hervorgegangen ist. Damit sei der ?äußere Anschein? der Parteilichkeit nicht auszuschließen. Die der Gerichtsbarkeit dieser Kammer unterworfenen Personen könnten nämlich ? jedenfalls in Bezug auf Verfahren, bei denen (wie hier) der Landeshauptmann von Tirol Partei ist -  versucht sein, in Mag. B. G. ein Mitglied des Amtes der Tiroler Landesregierung zu sehen, das mit dem Landeshauptmann und damit mit ihren Kollegen beim Amt der Tiroler Landesregierung solidarisch ist. Eine solche Situation scheine aber objektiv geeignet, jenes Vertrauen in Frage zu stellen, das Gerichte in einer demokratischen Gesellschaft vermitteln sollten.

 

Mit Beschluss vom 22.2.2007, Zl 2006/07/0094-7, hat der Verwaltungsgerichtshof die an ihn gerichtete Beschwerde gegen den vorzitierten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt, weil die Beschwerdeführerin durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2006, B 1258/06-14, klaglos gestellt worden sei.

 

Aufgrund der im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2006 geäußerten Bedenken, hat sich das Kammermitglied Mag. B.

G. am 21.12.2006 im gegenständlichen Berufungsverfahren für befangen erklärt, um den äußeren Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Entsprechend der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol hat nunmehr Dr. C. L. im fortgesetzten Berufungsverfahren als Berichterstatter an der Entscheidung der zuständigen Kammer 13 mitzuwirken.

 

Der Kammervorsitzende Dr. A. H., der Berichterstatter Dr. C. L. und das weitere Mitglied Mag. F. S. sind unbefristet zu Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol bestellt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

§ 76 Abs 8 AWG lautet:

Der Deponieinhaber einer Deponie, für die eine Verordnung gemäß Abs 7 gilt, darf nur jene in der Verordnung genannten Abfälle mit mehr als fünf Masseprozent TOC ablagern, die im selben Bundesland angefallen sind. Dies gilt nicht, wenn durch am 1. Jänner 2004 bestehende landesrechtliche Regelungen Entsorgungsbereiche festgelegt sind und entsprechend dieser landesrechtlichen Regelungen Abfälle eines Entsorgungsbereichs in einem benachbarten Bundesland abgelagert werden dürfen.

 

Dies bedeutet, wenn eine Verordnung des Landeshauptmannes gemäß § 76 Abs 7 AWG 2002 eine Ausnahme von der Vorbehandlung von Abfällen vor der Deponierung festlegt, der Deponiebetreiber grundsätzlich nur jene Abfälle ohne Vorbehandlung (das heißt Abfälle mit mehr als fünf Masseprozent organischen Kohlenstoff) ablagern darf, die in dem Bundesland angefallen sind, in dem die Deponie liegt.

 

Der zweite Satz, der die Ablagerung bestimmter, nicht im eigenen Bundesland angefallener Abfälle mit mehr als fünf Masseprozent TOC ausnahmsweise zulässt, enthält mehrere Kriterien dafür:

Es muss eine landesrechtliche Regelung vorliegen, die vor dem 01. Jänner 2004 erlassen wurde Entsorgungsbereiche festlegt und

bestimmt, dass die in der Regelung genannten Abfälle eines bestimmten Entsorgungsbereiches im benachbarten Bundesland abgelagert werden dürfen.

 

Die Einleitung des zweiten Satzes (?dies gilt nicht?) bezieht sich auf die Verpflichtung des ersten Satzes, das heißt es wird mit dem zweiten Satz ? unter Einhaltung bestimmter Kriterien und bezogen auf jene Abfälle, welche von der landesrechtlichen Regelung umfasst werden ? eine Ausnahme von der Verpflichtung festgelegt, nur Abfälle mit mehr als fünf Masseprozent TOC abzulagern, welche im eigenen Bundesland angefallen sind.

 

Aus den Worten ?im benachbarten Bundesland abgelagert werden dürfen? ergibt sich, dass die landesrechtliche Regelung eine Regelung jenes Bundeslandes sein muss, in dem die Abfälle anfallen bzw angefallen sind und darüber hinaus die Einschränkung, dass dieses Bundesland ein benachbartes Bundesland zu dem Bundesland, in dem die Deponie liegt, sein muss.

 

Dies bedeutet für die Deponie Riederberg in Wörgl, dass eine Regelung entweder in Vorarlberg oder Salzburg oder Kärnten erlassen werden musste, um eine Ausnahme gemäß dem zweiten Satz des § 76 Abs 8 AWG 2002 bewirken zu können. Die von einer derartigen landesrechtlichen Regelung umfassten Abfälle dürfen entsprechend den Vorgaben dieser Regelung in Tirol abgelagert werden.

 

Die im zweiten Satz des § 76 Abs 8 AWG 2002 enthaltene Ausnahmebestimmung soll ermöglichen, dass wenn die Landesgrenzen überschreitende Entsorgungsbereiche festgelegt sind, der davon betroffene Abfall des Nachbarbundeslandes mit mehr als fünf Masseprozent TOC weiterhin auf der ihm zugeteilten Deponie abgelagert werden kann. Dies ist in Tirol im Fall der Deponie L. gegeben, zu deren Entsorgungsbereich auch ein Teil Oberkärntens zählt. Dieser Abfall könnte ohne diese Ausnahmeregelung nicht mehr auf der für ihn zuständigen Deponie L. abgelagert werden.

 

Diese Ausnahmebestimmung kann aber entgegen der Ansicht der Berufungswerberin nicht dahingehend verstanden werden, dass durch die bestehende Festlegung eines grenzüberschreitenden Entsorgungsbereiches (Deponie L.) auf allen Deponien Tirols die Ablagerung von Abfällen mit mehr als fünf Masseprozent TOC, gleichgültig aus welchem Bundesland diese stammen, gestattet ist. Aus obigen Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass Abfall mit mehr als fünf Masseprozent TOC aus Oberösterreich in Tirol überhaupt nicht abgelagert werden darf, weil Oberösterreich und Tirol keine benachbarten Bundesländer sind. Dasselbe gilt für die anderen Bundesländer, die nicht an Tirol angrenzen. Damit aber Müll aus Salzburg oder Vorarlberg in der Deponie R. abgelagert werden dürfte, müssten aus der Zeit vor dem 01. Jänner 2004 stammende landesrechtliche Regelungen vorliegen, wonach Abfälle eines Salzburger oder Vorarlberger Entsorgungsbereiches in Tirol abgelagert werden dürfen. Da solche Regelungen nicht existieren, ist auch die Ablagerung von in diesen Bundesländern anfallenden, unbehandelten Abfällen in der Deponie Riederberg unzulässig.

 

Da unstrittig Zulieferungen von Abfällen mit mehr als 5 Masseprozent TOC aus Salzburg und Oberösterreich zur Deponie Riederberg erfolgt sind, hat insofern ein konsensloser Betrieb vorgelegen. Die Erstbehörde hat somit in Übereinstimmung mit den § 62 Abs 2 AWG 2002 ein Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes durchgeführt und den bekämpften Bescheid rechtmäßig erlassen.

Schlagworte
Da, unstrittig, Zulieferungen, von, Abfällen, mit, mehr, als, 5 Masseprozent, TOC, aus, Salzburg, Oberösterreich, zur, Deponie, erfolgt, sind, hat, insofern, ein, konsensloser, Betrieb, vorgelegen, Die, Erstbehörde, hat, somit, in, Übereinstimmung, mit,§ 62 Abs 2 AWG 2002, ein, Verfahren, zur, Herstellung, des, gesetzlichen, Zustandes, herbeigeführt, den, bekämpften, Bescheid, rechtmäßig, erlassen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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