Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch die Kammervorsitzende Dr. Elisabeth Schoibl-Ehrngruber, den Berichterstatter Mag. Peter Nußbaumer und das weitere Kammermitglied Mag. Peter Mottl über die Berufung der G. Transport GmbH, H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas S., H., gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 05.02.2007, Zahl 21601-114/24-2007, folgendes
Erkenntnis :
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung teilweise Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass die im Spruchteil 1) angeführte Frist zu lauten hat: "bis längstens 21.05.2007".
Begründung :
Mit dem angefochtenen Bescheid wird der G. Transport GmbH Folgendes vorgeschrieben:
"Gemäß § 62 Abs 2 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl I Nr. 102/2002 idgF (AWG 2002) werden von der Landeshauptfrau von Salzburg zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands folgende Maßnahmen verfügt:
1) Die auf Grundstück Nr 439/1, KG 56225 Thurnberg, zwischengelagerten Abfallarten und -mengen
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Bauschutt (SlNr. 31409), vorwiegend Betonabbruch (SlNr. 31427), ca. 3000-4000 m³
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Asphaltaufbruch, Straßenaufbruch (SlNr. 31410) ca. 100-150 m³
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Roter Ziegelbruch (SlNr. 31409), ca. 70 m³
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Augenscheinlich bereits gebrochene Baurestmassen (SlNr. 31409) ca. 1000 m³
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Strauch und Baumschnitt (SlNr. 91701) ca. 60 m³
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Bodenaushub (31411), Schottermaterial ca. 500 m³
Schlüsselnummern nach ÖNORM S2001
sind bis längstens 30.04.2007 zu entfernen.
Diese Abfälle sind einer ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung nachweislich zuzuführen, und sind diese Nachweise der Behörde unaufgefordert vorzulegen.
2) Nach der erfolgten Entfernung der Abfälle ist durch eine gutachterliche Stellungnahme einer befugten Fachperson oder Fachanstalt nachzuweisen, dass durch die ausgeübten Tätigkeiten auf dem Areal keine Kontamination des Bodens eingetreten ist."
Die G. Transport GmbH hat durch ihren ausgewiesenen Vertreter hiegegen rechtzeitig schriftliche Berufung eingebracht wie folgt:
"Die G. Transport GmbH erhebt gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 05.02.2007 Zahl 21601-1144/24- 2007 innerhalb offener Frist nachstehende
Berufung :
Der Bescheid wird insoweit angefochten, als der beantragten Fristverlängerung für die Entfernung der in der Verfahrensanordnung vom 20.10.2006 angeführten Abfallarten und - mengen nicht bis 31.07.2007 Folge gegeben wird.
Ausdrücklich nicht angefochten wird der Bescheid, soweit eine Frist bis 30.04.2007 eingeräumt wird. Angefochten wird sohin nur die Tatsache, dass die Frist nicht über den 30.04.2007 hinaus bis 31.07.2007 verlängert wurde.
Es wird sohin beantragt die Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Frist nicht nur bis 30.04.2007, sondern bis 31.07.2007 verlängert wird.
Begründung:
Zunächst wird bestritten, dass es sich bei den auf Gst. 439/1 KG Thurnberg abgelagerten Stoffen um Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 handelt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die im Anhang 1 angeführte Gruppen fallen und deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat.
Der ursprüngliche Nutzer dieser Stoffe hat sich aber ihrer nicht entledigt, sondern hat die Firma G. Transport GmbH diese Stoffe durch Vertrag mit dem ursprünglichen Nutzer erworben, um sie in ihrer Baurestmassenrecyclinganlage zu verarbeiten und als Produkt zu verwenden, eben um beispielsweise als Untergrund in eine Straße einzubauen. Wenn daher die Firma G. Transport GmbH bestimmte Baurestmassen von einem Dritten erwirbt, um sie in einer gewissen Weise zu verwenden, dann liegt entgegen der Meinung der Behörde noch kein Abfall vor. Anders wäre zB die Situation zu beurteilen, wenn jemand Altpapier den Altpapiercontainer wirft. Im gegenständlichen Fall hat sich aber der Nutzer nicht der Sache entledigt sondern hat die Firma G. aktiv diese Stoffe erworben und beabsichtigt sie auch weiterhin verwenden.
Durch eine längere Lagerung dieser Stoffe als bis 30.04.2007 tritt auch keinerlei nachträgliche Veränderung des Grundstückes und auch keine Umweltbelastung ein. In den Materialien sind keine Schadstoffe enthalten. Dies sieht auch der abfalltechnische Amtssachverständige so, er kann es lediglich nicht mit 100%iger Sicherheit ausschließen. Von der G. Transport GmbH wurde angeboten mitzuteilen, welche Unterlagen der abfalltechnische Sachverständige benötigt, um ausschließen zu können, dass Schadstoffe in den Materialien enthalten sind, insbesondere Unterlagen über Herkunft des Materials.
Es wird nochmals beantragt der Berufungswerberin bekanntzugeben, welche Unterlagen benötigt werden und die Möglichkeit zu geben derartige Nachweise zu erbringen, damit zweifelsfrei festgestellt werden kann, dass keine Schadstoffe enthalten sind.
Gerade im Zusammenhang damit, dass die Berufungswerberin unverzüglich den Antrag auf Genehmigung ihrer ortsfesten Baurestmassenrecyclinganlage stellen wird, scheint es unökonomisch, dass die Materialien vorher entfernt werden müssen, damit sie dann kurz darauf wieder in dieser Anlage verarbeitet werden können. Ausserdem ist erfahrungsgemäß die Witterung im Winter äusserst ungünstig, um derartige Transporte durchzuführen. Lediglich durch einen aussergewöhnlichen Zufall ist bis dato die Witterung günstig, dies kann sich aber schlagartig ändern.
Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass die abgelagerten Materialien eventuell zur späteren Verwertung auf dem Gelände verbleiben können. Es wurde diesbezüglich ein Schreiben des Herrn Architekten DI Robert Sc. vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass das Grundstück noch aufgefüllt werden muss, um den UVP Bescheid zu erfüllen.
Aus all diesen Gesichtspunkten ergibt sich, dass es nicht erforderlich ist, die Materialien bis längstens 30.04.2007 zu entfernen, sondern dass eine Frist bis zumindest 31.07.2007 zugestanden werden muss, vor allem deswegen, weil ja die Materialien in der Baurestmassenrecyclinganlage verarbeitet werden sollen und möglicherweise sogar zur Auffüllung des Grundstückes verwendet werden können, sodass es völlig unökonomisch wäre, wenn tatsächlich die Materialien bis 30.04.2007 entfernt werden müssten. Sollte sich wider Erwarten ergeben, dass bis 31.07.2007 keine Bewilligung für die ortsfeste Baurestmassenrecyclinganlage vorliegt und auch noch kein Projekt um das Grundstück gemäß dem UVP Bescheid aufzufüllen, dann können die Materialien noch immer entfernt werden und scheint es wesentlich ökonomischer etwas länger zuzuwarten, als eine Entfernung, die mit immensen Kosten verbunden ist durchzuführen, die sich dann als nicht notwendig erweist.
Es wird sohin beantragt der Berufung Folge zu geben und die Frist zu verlängern."
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hiezu gemäß § 67a Abs 1 AVG in einer durch eine Kammer zu treffenden Entscheidung festgestellt und erwogen:
Zunächst war festzuhalten, dass in der Berufung ausschließlich beantragt wird, im angefochtenen Bescheid das Ende der Frist zur Entfernung der Abfälle bis zum 31.7.2007 zu verlängern. Damit gesteht die Berufungswerberin ein, dass die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 AWG 2002 für einen Auftrag zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes dem Grunde nach gegeben sind.
In sich widersprüchlich ist das Vorbringen der Berufungswerberin, dass es sich bei den zwischengelagerten Materialien nicht um Abfälle im Sinne des § 2 Abs 1 AWG 2002 handle, während gleichzeitig auf die Absicht verwiesen wird, dass diese in einer Baurestmassenrecyclinganlage vor Ort ? für die eine abfallrechtliche Genehmigung demnächst beantragt werde - verarbeitet werden sollten.
Zur Abfalleigenschaft:
Gemäß § 2 Abs 1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, idF BGBl I Nr. 155/2004 sind Abfälle im Sinn dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die im Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) nicht zu beeinträchtigen.
Gemäß § 2 Abs 2 AWG 2002 gelten als Abfälle Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
Gemäß § 5 Abs 1 AWG 2002 gelten Altstoffe so lange als Abfälle, soweit eine Verordnung gemäß Abs 2 nichts anderes bestimmt, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Rohstoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkte verwendet werden.
Nach § 2 Abs 1 Z 1. AWG 2002 sind somit Abfälle alle bewegliche Sachen, derer sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat.
Bei den im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Abfallarten auf dem Grundstück Nr. 439/1, KG 56225 Thurnberg, handelt es sich zweifelsfrei um bewegliche Sachen, die ihre ursprüngliche Funktion im Hoch- oder Tiefbau (nämlich als Baubestandteil) nicht mehr erfüllen konnten oder sollten. Sie wurden daher vom Besitzer als Abfall entsorgt. Das gilt ebenso für das Bodenaushub- und Schottermaterial, welches offenbar bei Aushubarbeiten angefallen ist.
Die Abfalleigenschaft endet gemäß § 5 Abs 1 AWG 2002 erst mit der zulässigen Verwendung des Abfalls als Rohstoff. Voraussetzung dafür ist, dass eine Anzeige der Ausstufung des Abfalls gemäß § 5 Abs 4 iVm § 7 AWG 2002 erstattet wurde. Dass Solches erfolgt sei, wurde von der Berufungswerberin nicht behauptet, zumal dies erst nach Verarbeitung der Baurestmassen in einer Recyclinganlage bzw nach erfolgtem Nachweis über die Unbedenklichkeit des Materials erfolgen könnte. Die Abfalleigenschaft ist daher bislang nicht verloren gegangen.
Auch wenn die Berufungswerberin diese Stoffe nicht unentgeltlich übernommen hat, sondern von bisherigen Eigentümern gekauft hat, um sie in der Baurestmassenrecyclinganlage zu verarbeiten, ändert dies an der vorliegenden Beurteilung nichts.
Damit war davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid zu Recht auf Abfälle im Sinne des AWG 2002 bezogen hat.
Zum Beseitigungsauftrag:
Gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 hat die Behörde den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern, wenn der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, besteht. Dies unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.
Gemäß § 15 Abs 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Gemäß § 37 Abs 1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde.
§ 37 Abs 2 AWG 2002 enthält Ausnahmen für Anlagen, die nach anderen Bestimmungen zu genehmigen sind.
Gemäß Anhang 2 des AWG 2002 Z 1. (Verwertungsverfahren) R13 und Z 2. (Beseitigungsverfahren) D15 gilt die Ansammlung von Abfällen bzw die Lagerung von solchen bis zur Anwendung der aufgeführten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren als Teil dieser Verfahren (ausgenommen ist die zeitweilige Lagerung bis zum Einsammeln ? auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle).
Unbestritten war, dass auf dem Grundstück Nr. 439/1, KG 56225 Thurnberg, die Sammlung, Lagerung oder Behandlung von Abfällen derzeit nicht genehmigt ist. Diese Ablagerung gilt gemäß Anhang 2 des AWG 2002 als Teil der Behandlung und ist daher bewilligungspflichtig im Sinne des § 37AWG 2002. Die Abfälle befinden sich auch offensichtlich nicht mehr am Ort ihres Entstehens. Damit ist die Erstbehörde zu Recht von einer konsenslosen Abfalllagerung ausgegangen. Sie hatte die Inhaberin der Behandlungsanlage gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zunächst mit Verfahrensanordnung und im Fall der Missachtung dieser Anordnung mittels Bescheid aufzufordern.
Unerheblich im vorliegenden Zusammenhang ist, dass durch die Lagerung angeblich keinerlei nachträgliche Veränderungen des Grundstückes und auch keine Umweltbelastung eintreten würden. Ein diesbezüglicher Nachweis wurde außerdem nicht erbracht.
Die Voraussetzungen für einen bescheidmäßigen Auftrag gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 sind lediglich das Bestehen einer konsenswidrigen Behandlungsanlage und die Missachtung einer diesbezüglich von der Behörde erteilten Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes. Die Verfahrensandordnung der Landeshauptfrau von Salzburg von 20.10.2006, Zahl 21601/1144/10-2006 (zugestellt am 27.10.2006), nach der die auch hier verfahrensgegenständlichen Abfälle bis längsten 31.12.2006 zu entfernen gewesen wären, wurde nicht (auch nicht verspätet) befolgt. Damit war diese Anordnung mittel Bescheid zu treffen.
Die Voraussetzungen für einen Auftrag gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 sind gegeben, so lange keine Genehmigung für die Lagerung dieser Abfallarten vorliegt. Für eine Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen des den rechtswidrigen Zustand verursachenden Betreibers fehlt eine gesetzliche Grundlage (vgl VwGH 24.04.1996, 96/04/0009 zu § 360 GewO 1994). Damit war die Entfernung der Lagerungen vorzuschreiben, auch wenn dies mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Berufungswerberin verbunden ist.
Schlüssig ist ferner die unwiderlegte Aussage des abfalltechnischen Amtssachverständigen, dass bei (offenbar unbeprobten) Baurestmassen das Austreten von Schadstoffen nicht ausgeschlossen werden kann. Nach dem Stand der Technik hätten diese bis zu Verarbeitung auf einer befestigten Fläche gelagert werden müssen.
Die Berufungswerberin ist dem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen der Erstbehörde inhaltlich nicht entgegen getreten, wonach eine Entfernung der Ablagerungen in einem Zeitraum von ca 11 Wochen (das entspricht ca 9 Fahrten/Tag) durchgeführt werden kann. Dabei wurde diese Frist (lt Rücksprache mit dem Sachverständigen) nicht im Hinblick auf die technische Machbarkeit (welche das Beurteilungskriterium für die Angemessenheit der Frist nach dem Gesetz wäre) sondern auf die Zumutbarkeit der Transportfahrten für die Nachbarschaft so angenommen.
Eine Behinderung des Abtransportes durch die Witterung ist offenkundig nicht zu erwarten.
An der Angemessenheit der erstbehördlich aufgetragenen Frist besteht daher kein Zweifel.
Die Berufungsbehörde hatte allerdings die Frist um jenen Zeitraum zu verlängern, der für die Abwicklung des Berufungsverfahrens erforderlich war, weil der Auftrag gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 erst mit der Zustellung des Berufungsbescheides rechtswirksam ist. Gemäß § 67d Abs 1 AVG konnte die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung entfallen.