Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied MMag. Dr. Tessar über die Berufungen des Herrn Helmut S. zu I) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 2.2.2005 zur Zl.: S 67100/BV/04, zu II) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 2.2.2005 zur Zl. S 78023/BV/04, zu III) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 2.2.2005 zur Zl. S 95105/BV/04, zu IV) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 1.2.2005 zur Zl. S 129862/BV/04, zu V) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 15.6.2005 zur Zl. S 45899/VB/05, zu VI) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 15.6.2005 zur Zl. S 49929/VB/05, und zu VII) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten, vom 15.6.2005 zur Zl. S 50690/VB/05, jeweils wegen Übertretung des § 2 zit. VO i.V.m.
§ 49 Mediengesetz, wie folgt entschieden:
I. UVS-06/42/2041/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
II. UVS-06/42/2043/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
III. UVS-06/42/2046/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
IV. UVS-06/42/2047/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
V. UVS-06/42/5718/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG jeweils ermahnt und von der Verhängung einer Strafe jeweils abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
VI. UVS-06/42/5719/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG jeweils ermahnt und von der Verhängung einer Strafe jeweils abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
VII. UVS-06/42/5720/2005
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als der Berufungswerber gemäß § 21 VStG jeweils ermahnt und von der Verhängung einer Strafe jeweils abgesehen wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Der Schuld- und Strafausspruch der obangeführten erstinstanzlichen Straferkenntnisse lautet jeweils wie folgt:
Zu I.
?Sie haben am 18.4.2004 um 16.20 Uhr, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse (also an einer Stelle, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählt) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von EUR 70,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu II.
?Sie haben am 3.5.2004 um 16.45 Uhr, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse (also an einer Stelle, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählt) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von EUR 70,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu III.
?Sie haben am 18.4.2004 um 16.55 Uhr, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse (also an einer Stelle, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählt) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von EUR 70,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu IV.
?Sie haben in Wien, D-Ring, auf dem ersten Baum nächst dem dortigen Schutzweg (also an einer Stelle, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählt) Plakate angebracht, sodass diese dort am 5.6.2004 um 8.15 Uhr für jedermann ersichtlich gewesen sind und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von EUR 70,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu V.
?Sie haben am 5.3.2005 um 18:15 Uhr, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments und 2) in Wien, R-platz, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments (also an Stellen, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählen) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von 1) und 2) von je 35,-- falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu VI.
?Sie haben am 6.3.2005 um 22.15 Uhr, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments und 2) in Wien, R-platz, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments (also an Stellen, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählen) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von 1) und 2) von je 35,-- falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
Zu VII.
?Sie haben am 20.3.2005 um 18.30 Uhr, in Wien, R-platz, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments und 2) in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments (also an Stellen, die nicht zu den offensichtlichen zum Anschlag von Druckwerken bestimmten Flächen zählen) Plakate angebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 zit. VO i.V.m. § 49 Mediengesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von 1) und 2) von je 35,-- falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden gemäß § 49 Mediengesetz?
In den gegen diese Straferkenntnisse fristgerecht erhobenen Berufungen brachte der Berufungswerber vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben. Erläuternd wurde u.a. ausgeführt, dass er seit 30 Jahren seine Gedichte auf Zetteln verbreite. Seine Gedichte seien leicht und spurlos entfernbar. Manche Amtsorgane würden ihn seit Jahrzehnten verfolgen. Diese Organe hätten bereits Tausende seiner Gedichte vernichtet.
Aus den den jeweiligen Berufungen beigeschlossenen erstinstanzlichen Akten ist ersichtlich,
. dass I. am 18.4.2004 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 18.4.2004 um 16.30 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse Druckwerke unbefugt angebracht.
. dass II. am 3.5.2004 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 3.5.2004 um 16.45 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse Druckwerke unbefugt angebracht.
. dass III. am 18.4.2004 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 18.4.2004 um 16.55 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse Druckwerke unbefugt angebracht.
. dass IV. am 5.7.2004 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 5.7.2004 um 8.15 Uhr in Wien, D-Ring, 1. Baum nächst Schutzweg Druckwerke unbefugt angebracht. . dass V. am 7.3.2005 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 5.3.2005 um 18.15 Uhr in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments, sowie in Wien, R-platz, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments, Druckwerke unbefugt angebracht.
. dass VI. am 7.3.2005 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 5.3.2005 um 20.15 Uhr in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments, sowie in Wien, R-platz, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments, Druckwerke unbefugt angebracht.
. dass VII. am 23.3.2005 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 20.3.2005 um 18.30 Uhr in Wien, R-platz und D-Ring, (Baustelleneinfriedung des Parlaments) Druckwerke unbefugt angebracht.
Mit Schriftsatz vom 14.6.2005 erging seitens des erkennenden Senates nachfolgender Antrag an den Verfassungsgerichtshof:
?Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien stellt im Verfahren betreffend der Berufungen des Herrn Helmut S. gegen die Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten vom 1.2.2005 und 2.2.2005, Zlen.: S 67100/BV/04, S 78.023/Bv/04,
S 95.105/Bv/04 und S 129.862/Bv/04, jeweils wegen Übertretung des § 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten i.V.m. § 49 Mediengesetz, gemäß Art 139 Abs 1 i. V.m. Art 129a Abs 3 und Art 89 B-VG den
A n t r a g ,
(fünffach)
die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983, ABl. Nr. 28 zur Wiener Zeitung vom 4.2.1983, Zl. P 1579/a/83, betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten als gesetzwidrig bzw. als verfassungswidrig aufzuheben. In eventu wird der Antrag gestellt, § 1 Abs 2 dieser Verordnung als gesetzwidrig bzw. als verfassungswidrig aufzuheben. In eventu wird der Antrag gestellt, im § 1 Abs 2 dieser Verordnung die Wendungen ?oder von Einfriedungen? und ?an Bäumen? als gesetzwidrig bzw. als verfassungswidrig aufzuheben.
Begründung
1) Maßgeblicher Sachverhalt:
Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien sind zu den oben angeführten Geschäftszahlen Berufungsverfahren anhängig, welchen die Berufungen des Herrn Helmut S. gegen die Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten vom 1.2.2005 und 2.2.2005, Zlen.: S 67100/BV/04, S 78.023/Bv/04, S 95.105/Bv/04 und S 129.862/Bv/04, jeweils wegen Übertretung des § 1 Abs 2 i.V.m. § 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten i.V.m. § 49 Mediengesetz, zu Grunde liegen. Mit diesen Straferkenntnissen wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, in Wien, D-Ring, an der Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse und auf dem ersten Baum nächst dem dortigen Schutzweg (also an Stellen, an denen entsprechend der obzitierten Verordnung der Anschlag von Druckwerken verboten ist) Plakate angebracht zu haben.
Gegen diese Straferkenntnisse wurde jeweils das Rechtsmittel der Berufung eingebracht.
Aufgrund der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zum Mediengesetz bzw. zu den aufgrund des § 48 MedienG erlassenen Plakatierverordnungen (vgl. VfGH 11.10.2001, V 45/01; 28.6.1992, V 304/91) erging mit Schriftsatz des antragstellenden Senats vom 18.3.2005 das Ersuchen an die Bundespolizeidirektion Wien auf Amtshilfe hinsichtlich der Vorlage des der bezughabenden Verordnung zugrunde liegenden
Verordnungsaktes.
Mit Schriftsatz der Bundespolizeidirektion Wien vom 24.3.2005, Zl. S 129862/BV/04 u.a., wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien mitgeteilt, dass der angefragte Verordnungsakt bei der Bundespolizeidirektion Wien nicht aufliegt.
Nach daraufhin erstatteter mehrmaliger mündlicher Nachfrage, wo dieser Akt denn erliege, wurde im Widerspruch zur obangeführten Mitteilung mit Schriftsatz der Bundespolizeidirektion Wien vom 7.4.2005, Zl. 129862/BV/04 u.a. ausgeführt wie folgt:
?Es wird hiermit in Ablichtung die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983 samt Kundmachungsverfahren und Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 4.2.1983 übermittelt. Die der Erfassung der Verordnung vorangegangenen, die interne Willensbildung der Bundespolizeidirektion Wien betreffenden Aktenteile wurden vom Büro für Rechtsfragen und Datenschutz der Bundespolizeidirektion Wien nicht übersendet, da es Sache des UVS wäre, in einem allfälligen Verordnungsprüfungsantrag an den VfGH die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung entsprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Eine allfällige Gesetzwidrigkeit wäre aus dem Wortlaut und Inhalt der vorliegenden Verordnung abzuleiten.?
Ein am 14.4.2005 abgefertigtes Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien an das Bundesministerium für Inneres, die Aktenvorlage anzuweisen, blieb ergebnislos. Auch die Zur-Kenntnis-Bringung dieses Umstandes an den Polizeipräsidenten und den Bürgermeister der Stadt Wien bewirkte nichts. In einem aufgrund dieses Schriftsatzes vom unterfertigenden Mitglied des antragstellenden Senates mit dem Leiter des Rechtsbüros der Bundespolizeidirektion Wien, Dr. P., geführten Telefonat wurde von diesem mitgeteilt, dass die Bundespolizeidirektion Wien die Rechtsansicht des antragstellenden Senates nicht teile. Nach Ansicht der Bundespolizeidirektion Wien habe der Unabhängige Verwaltungssenat Wien keine Kompetenz zur Überprüfung einer Verordnung, sodass er auch nicht berechtigt sei, sich einen Verordnungsakt vorlegen zu lassen. Zur Verordnungsprüfung sei ausschließlich der Verfassungsgerichtshof berechtigt. Es liege daher kein Fall vor, in welchem seitens der Bundespolizeidirektion Wien Amtshilfe geleistet werden müsse. Diese Rechtsansicht untermauerte Dr. P. mit einer Bestimmung des VfGG, wonach dem Verfassungsgerichtshof im Falle eines Gesetzesprüfungs- bzw. Verordnungsprüfungsverfahrens der entsprechende Verordnungs- bzw. Gesetzeserlassungsakt vorzulegen sei. Wäre die Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zutreffend, wäre diese Bestimmung unnötig, zumal dann der Verfassungsgerichtshof ja schon infolge der verfassungsmäßig garantierten Amtshilfeverpflichtung einer verordnungserlassenden Behörde das Recht hätte, den jeweiligen Verordnungsakt vorgelegt zu erhalten. Auf Hinweis durch das antragstellende Mitglied, wonach solch eine Bestimmung unbekannt sei, wurde dieses aufgefordert, das VfGG durchzulesen. Zum Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, wonach bei der gegenständlichen Plakatierverordnung das der Verordnungserlassung
vorangegangene Verfahren essentiell für das rechtmäßige Zustandekommen der Verordnung sei, verwies Dr. P. auf die vorzitierte Auffassung, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gemäß Art 89 Abs 1 B-VG nicht berechtigt sei, ein allfällig nicht rechtmäßiges Zustandekommen einer Verordnung zu überprüfen, selbst wenn vom Verfassungsgerichtshof bestimmte notwendige Vorgaben für das Verordnungserlassungsverfahren festgestellt worden sind. Da der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nur dann einen Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof stellen dürfe, wenn ihm aufgrund der Textierung der Verordnung Bedenken an der Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit der Verordnung kommen, sei folglich auch im Falle, dass der Verordnungserlassung kein rechtmäßiges und daher zur Gesetzwidrigkeit der Verordnung führendes Verordnungserlassungsverfahren vorangegangen ist, kein Gericht bzw. auch nicht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien berechtigt, einen Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Eben diese Auffassung wurde bereits im diesbezüglich ergangenen Schriftsatz der Bundespolizeidirektion Wien an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien schriftlich dokumentiert. Der entsprechende Hinweis auf Art 89 Abs 2 B-VG durch das antragstellende Mitglied blieb unbeantwortet. Auf die Frage, ob der gegenständliche Akt vielleicht in Verstoß geraten sei, wird mitgeteilt, dass der angefragte Verordnungsakt nicht in Verstoß geraten sei, aber aus den obangeführten Gründen nicht vorgelegt werde.
2) Darlegung der Präjudizialität:
§ 48 Mediengesetz i.d.F. BGBl. Nr. 314/1981, samt Überschrift lautet wie folgt:
Anschlagen von Druckwerken
?Zum Anschlagen, Aushängen und Auflegen eines Druckwerkes an einem öffentlichen Ort bedarf es keiner behördlichen Bewilligung. Doch kann die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch Verordnung anordnen, dass das Anschlagen nur an bestimmten Plätzen erfolgen darf.?
Die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983, ABl. Nr. 28 zur Wiener Zeitung vom 4.2.1983, Zl. P 1579/a/83 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten lautet wie folgt:
?§ 1
(1) Auf Grund des § 48 Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981, wird zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angeordnet, dass das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken (§ 1 Abs 1 Z 4 leg.cit.) an öffentlichen Orten im Gebiet der Stadt Wien nur
a) an Flächen, die offensichtlich zum Anschlagen von Druckwerken bestimmt sind, oder
b) an anderen Flächen, sofern sie nicht unter die im Abs 2 angeführten Beschränkungen fallen,
erfolgen darf.
(2) Das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken darf nicht unmittelbar an Außenflächen von Gebäuden oder von Einfriedungen, an Brückenpfeilern, an Bäumen, an Denkmälern oder an Sachen, die der religiösen Verehrung gewidmet sind, erfolgen. Es ist weiters unzulässig an Einrichtungen oder Anlagen, die der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Versorgung mit Wasser oder Energie, dem öffentlichen Verkehr oder dem Post- und Fernmeldewesen dienen (dazu zählen insbesondere Laternen- und Abspannungsmasten, Schaltkästen, Notrufanlagen und Telephonzellen). Die vorstehenden Beschränkungen gelten nicht, soweit es sich um das Anschlagen von Druckwerken an offensichtlich hiezu bestimmten Flächen handelt.
(3) Das Anschlagen amtlicher Bekanntmachungen an
Amtsgebäuden wird durch die vorstehenden Absätze nicht berührt.
§ 2
Wer Druckwerke entgegen den Bestimmungen des § 1 anschlägt oder daran mitwirkt (§ 7 VStG 1950), begeht eine Verwaltungsübertretung und wird hiefür gemäß § 49 Mediengesetz bestraft.
§ 3
(1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
(2) Gleichzeitig wird die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Jänner 1982, betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, verlautbart im ?Amtsblatt zur Wiener Zeitung? vom 8. Jänner 1982, aufgehoben.?
In den den vorgelegten Berufungsverfahrensakten zugrundeliegenden Straferkenntnissen wurde jeweils dem Berufungswerber eine Übertretung des § 1 Abs 2 i.V.m. § 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983, Zl. P 1579/a/83, betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten angelastet.
Da gegen diese Straferkenntnisse jeweils rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden ist und der Sitz der Erstbehörde in Wien liegt, ist der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zur Entscheidung über die eingebrachten Berufungen zuständig. Der antragstellende Senat hat daher die angefochtene Verordnung zumindest im Umfang des § 1 Abs 2 dieser Verordnung anzuwenden bzw. hat er die Wendungen ?an Einfriedungen? und ?an Bäumen? im § 1 Abs 2 dieser Verordnung zu beachten. Da in allen obbezeichneten Straferkenntnissen keine 2.000 EUR übersteigende Geldstrafe bzw. keine primäre Freiheitsstrafe verhängt worden ist, ist gemäß § 51c VStG das unterfertigende Mitglied allein zur Entscheidung berufen. Wie nachfolgend dargelegt vertritt der antragstellende Senat die Ansicht, dass die gesamte Verordnung nicht gesetzmäßig zustande gekommen ist bzw. die ganze Verordnung aufgrund der faktischen Überprüfbarkeit ihrer gesetzmäßigen Erlassung bei sonstigem Verstoß gegen das Rechtstaatsprinzip aufzuheben ist. Folglich erscheint es zulässig, die gesamte Verordnung und nicht nur deren § 1 Abs 2 bzw. die im § 1 Abs 2 dieser Verordnung gebrauchten Wendungen ?oder an Einfriedungen? bzw. ?an Bäumen? zu bekämpfen. Es wird daher angeregt, der Verfassungsgerichtshof wolle von § 139 Abs 3 zweiter Satz B-VG Gebrauch machen. In Anbetracht der von der Erstbehörde herangezogenen Übertretungsnorm ist aber jedenfalls der im Eventualantrag bezeichnete § 1 Abs 2 dieser Verordnung bzw. sind die im § 1 Abs 2 dieser Verordnung gebrauchten Wendungen ?oder an Einfriedungen? bzw. ?an Bäumen? als präjudiziell anzusehen.
3) Bedenken im Sinne des § 57 VerfGG:
Die Bedenken im Sinne des § 57 VerfGG werden ausgeführt wie folgt:
a) Im gegenständlichen Fall bietet sich die Konstellation, dass der existente Verordnungsakt betreffend die nunmehr angefochtene Verordnung nicht in Verstoß geraten ist, die Bundespolizeidirektion unter offenkundig vorsätzlicher und von der Bundesministerin für Inneres gedeckten Verletzung des Art 22 Abs 1 B-VG aber die Übermittlung des Verordnungsaktes verweigert. Die Bundespolizeidirektion Wien verhindert sohin vorsätzlich, möglicherweise zum Zwecke der Vertuschung potentiell strafbarer oder rechtswidriger Vorgänge bzw. zum Zwecke der Verheimlichung der gesetzeswidrigen Erlassung dieser Verordnung bzw. zum Zwecke der Verunmöglichung der Stellung eines Verordnungsprüfungsantrages durch den antragstellenden Senat, die Überprüfung der gesetzeskonformen Erlassung der gegenständlichen Verordnung durch den antragstellenden Senat. Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist die Bestrafung wegen Nichtbeachtung eines Verkehrszeichens (daher einer kundgemachten Verordnung nach der StVO) dann rechtswidrig, wenn eine das Verkehrszeichen tragende Verordnung nicht aufgefunden werden kann (vgl. u.a. VwGH 26.1.1965, VSlg. 6562/A, 10.3.1958, VSlg. 4599/A, 22.11.1995, Zl. 303/54, 24.4.1981, Zl. 02/3254/80; 24.4.1981, Zl. 3254/80 und 21.9.1984, Zl. 83/02/0499).
Es liegt diesem Verordnungsprüfungsantrag folglich eine etwas andere Konstellation als den obgenannten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zugrunde. In diesem Verfahren war nämlich eine Verordnungskundmachung deshalb nicht auf ihr rechtmäßiges Zustandekommen hin überprüfbar, da der Verordnungserlassungsakt nicht vorgelegt werden konnte und daher entweder in Verstoß geraten war bzw. nie existiert hatte. Nach Ansicht des antragstellenden Senates liegt aber beiden Fallkonstellationen, nämlich 1) der Nichtüberprüfbarkeit einer Verordnung infolge Verweigerung der Einsichtnahme in diese bzw.
2) der Nichtüberprüfbarkeit infolge der Nichtauffindbarkeit der Verordnungserlassungsakten im Ergebnis dasselbe das Rechtsstaatsprinzip und Art 89 Abs 2 B-VG tangierende Problem der dadurch bewirkten Unüberprüfbarkeit des rechtmäßigen Zustandekommens einer allgemeinen Rechtsnorm zugrunde. Wollte man nun annehmen, dass allgemeine Rechtsnormen auch dann vom Unabhängigen Verwaltungssenat anzuwenden sind wenn für diesen keine Möglichkeit zur Überprüfung der Gültigkeit dieser Rechtsnorm gegeben ist, würde man nicht nur die Bestimmung des Art 89 Abs 2 B-VG aushebeln, sondern zugleich das für die Rechtsstaatlichkeit zentrale Prinzip der Überprüfbarkeit von Rechtsnormen verletzen. Sollte nämlich eine Verordnung jedenfalls auch dann als rechtmäßig anzusehen sein, wenn der dieser Verordnung zugrunde liegende und existierende Verordnungserlassungsakt unter Verstoß gegen Art 22 Abs 1 B-VG vorsätzlich unter Verschluss gehalten und nicht vorgelegt wird, wäre faktisch jedem Gericht (bzw. jedem unabhängigen Verwaltungssenat oder dem Bundesasylsenat oder dem BVA) (faktisch rechtmäßig) die Möglichkeit genommen, das gesetzwidrige Zustandekommen einer Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu relevieren; muss man doch Annehmen, dass ein Verordnungsprüfungsantrag wegen der Annahme der gesetzwidrigen Erlassung der Verordnung nur dann zulässig ist, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Verordnungserlassungsmangel vorgebracht werden (können). Daher ist anzunehmen, dass immer dann, wenn ein Gericht oder eine sonst zur Anfechtung von Verordnungen berufene Behörde nicht in der Lage ist, das gesetzmäßige Zustandekommen der Verordnung zu überprüfen, von der Gesetzwidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit der Verordnung auszugehen.
b) Sollten diese Bedenken nicht zutreffen, wird ausgeführt:
Aufgrund der Vorgangsweise der Bundespolizeidirektion Wien geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien davon aus, dass die angefochtene Verordnung nicht nach Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens erlassen wurde. Es liegen offenbar auch die in den verfassungsgerichtlichen Erkenntnissen vom 11.10.2001, Zl. V 45/01 und vom 28.6.1992, Zl. V 304/91 bezeichneten Verordnungserlassungsvoraussetzungen nicht vor. Vielmehr hat die verordnungserlassende Behörde anscheinend keine Ermittlungen zum maßgebenden Lebenssachverhalt angestellt und ihren politisch motivierten Willen an Stelle nachvollziehbarer Überlegungen gesetzt.
c) Schließlich hegt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien noch das inhaltliche Bedenken, dass bei verfassungskonformer Auslegung (vgl. Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG) des § 48 MedienG die Regelungen des § 1 Abs 2 der angefochtenen Verordnung nicht im Interesse der ?Aufrechterhaltung der Ordnung? liegen können, zumal das absolute Verbot, Druckwerke an Einfriedungen und an Bäumen zu plakatieren, nicht vom obbezeichneten Interesse der Aufrechterhaltung der (öffentlichen) Ordnung getragen sein kann. Es wird daher der vorliegende Verordnungsprüfungsantrag gestellt.?
Mit Erkenntnis vom 3.10.2006, Zlen.: V 53/05-15, V78/05-8 wurde seitens des Verfassungsgerichtshofes einer der gestellten Eventualanträge abgewiesen und wurden die übrigen Anträge des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zurückgewiesen.
Erläuternd wurde in diesem Erkenntnis u.a. ausgeführt wie folgt:
?Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 6999/1973, 8019/1977, 9591/1982, 13.127/1992, 16.330/2001) ist eine Rechtsvorschrift, die Einschränkungen der ansonsten ohne behördliche Bewilligung zulässigen Verbreitung von Druckwerken durch Aushängen und Anschlagen an einem öffentlichen Ort nur insoweit zulässt, als nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, aus der Sicht der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit (Ar. 13 StGG, Art 10 EMRK) unbedenklich. Dies gilt auch für die durch den zweiten Satz des § 48 MedienG eröffnete Möglichkeit, das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (insoweit wortgleich mit Art 10 Abs 2 EMRK) einzuschränken. Das Anschlagen von Druckwerken kann demnach im Verordnungsweg nur insoweit auf bestimmte Plätze beschränkt werden, als dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich ist; es darf dort nicht beschränkt werden, wo kein Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung besteht. Dieser Inhalt des Gesetzes bildet also den Maßstab für eine zulässige Einschränkung der grundsätzlich gewährleisteten Plakatierfreiheit. Die hier zu prüfenden Verordnungsbestimmungen sehen vor, dass das Plakatieren von Druckwerken nicht unmittelbar an Außenflächen von Einfriedungen sowie an Bäumen erfolgen darf, es sei denn, es handle sich um Flächen, die offensichtlich für das Anschlagen von Druckwerken bestimmt sind. Insoweit unterscheiden sich diese Verordnungsbestimmungen aber von jenen, die in der oben wiedergegebenen bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu beurteilen waren. Diese sahen nämlich durchwegs vor, dass das Plakatieren nur an den in der jeweiligen Verordnung bestimmten Plätzen nur an den in der jeweiligen Verordnung bestimmten Plätzen erfolgen darf, woraus abzuleiten war, dass es im Übrigen unzulässig war. Der Verfassungsgerichtshof erkannte diese Verordnungsbestimmungen als gesetzwidrig, weil die Behörde
?im Zuge der Verordnungserlassung die gesetzlich gebotene Prüfung (unterlassen habe), ob die Vorraussetzung für die Erlassung des Verbotes des Plakatierens auf allen in der Verordnung nicht genannten Plätzen gegeben sind?.
Ungeachtet dessen lässt sich aber die oben wiedergegebene Rechsprechung auch auf die hier zu beurteilenden Verordnungsbestimmungen übertragen. Und zwar insoweit, als das von ihnen verfügte ? grundsätzliche ? Verbot des Plakatierens ?unmittelbar an Außenflächen von Einfriedungen? und ?an Bäumen? am gesetzlichen Maßstab für eine zulässige Einschränkungen der Plakatierfreiheit zu messen ist, also daran, ob dieses Verbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich ist. Dieser Aufforderung genügen aber die hier zuprüfenden Verordnungsbestimmungen sehr wohl. Insbesondere im Hinblick auf Überlegungen, denen auch der UVS in seiner Replik nicht entgegen getreten ist, kann nämlich kein Zweifel daran bestehen, dass das ? grundsätzliche ? Verbot des Plakatierens unmittelbar an Außenflächen von Einfriedungen sowie an Bäumen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich ist. Es ist evident, dass die vom UVS bekämpften Verordnungsbestimmungen öffentlichen Interessen des Ortsbildschutzes sowie des Natur- und Umweltschutzes dienen, die in gesetzlichen Regelungen, wie insbesonders jenen des § 86 Abs 2 iVm § 129 Abs 2 der Bauordnung für Wien oder §§ 1 bis 3 (s. vor allem § 3 abs. 1 Z 3) des Wiener Baumschutzgesetzes, ihrem besonderen Ausdruck finden. Davon konnte die BPD Wien bei Erlassung der hier zu prüfenden Verordnungsbestimmungen auch ohne weitere Ermittlungen ausgehen.
In der Anfechtung wird auch nicht behauptet, dass an öffentlichen Orten im Gebiet der Stadt Wien nicht ausreichend Flächen für das Plakatieren bestünden.?
Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wurde zu den sieben oben genannten Zahlen am 19.12.2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser erschienen der Berufungswerber, sowie die polizeilichen Meldungsleger RvI. L., RvI. W. und Chef. Insp. C..
Der Berufungswerber brachte im Zuge seiner Einvernahme zu Protokoll wie folgt:
?Es trifft zu, dass an den in den jeweiligen Straferkenntnissen genannten Tagen bzw. Uhrzeiten an den in diesen Straferkenntnissen jeweils angeführten Orten (Baustelleneinfahrten, einmal auch ein Baum) mit einfach und leicht entfernbaren Klebestreifen regelmäßig meine Gedichte bzw. Texte (jeweils auf einem kleinen Zettel in der Größe von einigen cm²) aufgeklebt gewesen sind und entsprechend auch angetroffen worden sind. Diese Zettel sind von mir jeweils aufgeklebt worden. Ich bringe derartige Zettel regelmäßig an mehreren Orten in Wien gleichzeitig an, wobei ich regelmäßig die jeweiligen Orte aufsuche und bereits entfernte Zettel durch andere zu ergänzen. Mitunter entferne ich auch das Klebeband, wenn ich längere Zeit wegfahre und daher davon auszugehen ist, irgendwann einmal nur mehr das Klebeband ohne meine Schriftstücke an einem bestimmten Ort angebracht ist.
In den gegenständlichen Fällen unterschied sich meine Praxis, wonach ich manchmal täglich, manchmal im Abstand von einigen Tagen meine Zettel erneuerte insofern, als jedenfalls hinsichtlich der Anlastungen der Baustelleneinfriedungen meine Klebebänder stets und unverzüglich entfernt worden sind, sodass ich regelmäßig nicht in der Lage war, auf die bereits vorhandenen Klebebänder weitere Zettel als Ergänzung anzubringen.
Ich habe daher an jedem der angeführten Tage vor jeder der angeführten Baustelleneinfriedung die jeweiligen Klebebänder angebracht. Bei der gegenständlichen Bauwand handelte es sich stets um glatte Metallbauwände, wie in der Meldung vom 18.4.2004 angeführt, wurden die Klebebänder jeweils an den unbenützten freien Flächen, welche im Übrigen auch sehr verstaubt waren, angebracht. Auf diesen Wänden wurden daraufhin die Zettel angebracht.
Da Klebebänder an derartig verschmutzen Flächen nicht kleben bleiben, musste ich die die gegenständlichen Flächen zuvor reinigen.
Verweisen möchte ich in etwa auf das Foto der Seite 15 des UVS ? Aktes 06/42/2046/2005 (Aktenvermerk vom 16.3.2005), woraus ersichtlich ist, dass meine Zettel an besagten Wänden angeklebt gewesen sind. Mitunter werden diese Zettel nur teilweise hinuntergerissen, sodass manchmal ein Zettelrest, wie auf diesem Foto verbleibt. Dazu möchte ich bemerken, dass ich regelmäßig die Klebebänder wieder entferne und dass durch meine Klebebänder noch nie ein Schaden entstanden ist.
Zum Anzeigeort Parlament möchte ich angeben, dass um das ganze Parlament derartige Einfriedungen waren und ich stets im Kreis herumging und regelmäßig die entfernten Zettel durch neue erneuerte. Insbesondere im Bereich der Baustelle Parlament wurden aber meine Klebebänder nahezu sofort von Parlamentsbediensteten entfernt, sodass ich nahezu ununterbrochen damit beschäftigt war, entfernte Klebebänder durch neue zu ersetzen und auf diese neuerlich Zettel aufzukleben. Auf Befragen ob derartige regelmäßige Entfernungen auch im Bereich der Baustelleneinfriedung am R-platz gibt der BW an, dass es auch dort der Fall war, zumal er vor dem Parlament regelmäßig aufhängte und auch dort regelmäßig zur Einfriedung am R-platz gegangen ist, dies deshalb, da ja eine enge örtliche Nähe bestand. Dabei seien ihm regelmäßig SWB gefolgt und hätte insbesondere regelmäßig in seiner Gegenwart die Zettel entfernt. Er habe daher auch die Klebebänder im Bereich Einfriedung R-platz täglich neu anbringen müssen. Bei Schlechtwetter habe er derartige Erneuerungen nicht vorgenommen, und sei deshalb an den gegenständlichen Tagen so ein Wetter nicht vorgelegen, da sonst an diesen Tagen an diesen Einfriedungen keine Zettel bzw. Klebebänder vorgefunden worden wären (wurden diese doch regelmäßig dort doch am selben Tag der Anbringung entfernt). An den Vorfall vom 18.4.2006 zwischen 16.20 Uhr und 17.00 Uhr kann ich mich noch genau erinnern. Es handelt sich dabei an den ersten Tag, an dem ich Zettel im Bereich der Abplankungen beim Parlament angebracht habe. Am gegenständlichen Tag habe ich eine Baustelle gesehen und habe mir gedacht, dass ich dort meine Zettel aufbringen werde, zumal es bei Baustellen noch nie ein Problem gehabt habe. Dies habe ich auch getan. Nach fünf Minuten war der erste Beamte anwesend und hat meine Gedichte wieder heruntergerissen. Ich habe ihm gesagt, dass ich wieder eines aufkleben werde. Der gegenständliche Beamte hat daraufhin gesagt, seinen Chef angerufen und dieser hat gesagt, dass ich, wenn ich noch ein Gedicht aufklebe, festgenommen werde. Ich habe daraufhin noch ein Gedicht aufgeklebt und daraufhin wurde ich festgenommen. Insgesamt habe ich an diesem Tag nur etwa 8- 10 Gedichte aufgeklebt, wobei ich damals auch kein Klebeband angebracht hatte. Ich bringe meine Gedichte regelmäßig mit Klebebändern an, welche keine Spuren im Falle der Entfernung hinterlassen. Als Beispiel lege ich unter Beilage 1) ein entsprechendes Klebeband, bei welchem es sich eigentlich um eine Werbeetikette handelt, vor. Mit derartigen Etiketten hatte ich im Normalfall meine Zettel angebracht. Es kommt auch vor, dass ich einzelne Zettel mit einem Tesa-Klebeband anbringe. Auch in diesem Fall verbleiben keinerlei Spuren.
Unter Beilage 2) lege ich eine Ladung anlässlich aufgrund einer Anzeige der ÖBB vor, zumal ich eine Bauschutzwand beklebt hatte. Auf diese Bauschutzwand habe ich auch mit einem wasserfesten Stift geschrieben. Aufgrund dieser Verhandlung wurde das Verfahren gegen mich eingestellt. Es handelte sich um eine Anzeige gemäß § 125 StGB. Mündlich wurde vom Richter mitgeteilt, dass die Freiheit der Kunst der Vorzug zu geben sei. Es wurde auch mündlich entsprechend begründet.
Unter Beilage 3) lege ich eine vorweg geschriebene Berufung vor, die aber mittlerweile obsolet ist, da ich gar nicht verurteilt worden
bin. Aus diesem Zettel ergibt sich auch, dass ich wegen Übertretung des § 125 StGB angezeigt worden bin.
Aus all diesen Verfahren ergibt sich, dass ich aufgrund der Staatszielbestimmung der Freiheit der Kunst niemals eine Handlung gesetzt habe, welche durch diese Staatszielbestimmung nicht als zulässig einzustufen gewesen wäre. Dementsprechend wurde ich auch bislang noch nie verurteilt und verweise insbesondere auf die Judikatur des UVS ? Wien.
Ich ging und gehe daher davon aus, dass meine konkreten Handlungen aufgrund dieser verfassungsrechtlichen
Bestimmungen auch trotz der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Plakatierverordnung nicht strafbar sind.?
Auf die Einvernahme der zur Verhandlung erschienen Zeugen wurde seitens des Berufungswerbers verzichtet. Im Anschluss an die Verhandlung wurden die Berufungsbescheide samt
Begründung und Rechtsmittelbelehrung mündlich verkündet.
DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT
ERWOGEN:
I) Feststellungen:
Der Berufungswerber hat - wie zuvor ausgeführt - nicht bestritten, dass er zu den Tatzeitpunkten an den in den jeweiligen Sprüchen der Straferkenntnisse näher bezeichneten Orten Zettel mit literarischen Texten angebracht hatte.
Festgestellt wird daher, dass durch den Berufungswerber an nachfolgenden Orten literarische Zettel angebracht worden sind, sodass zu I) am 18.4.2004 um 16.20 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse, zu II) am 3.5.2004 um 16.45 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst S-gasse, zu III) am 18.4.2004 um 16.55 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments nächst Sgasse, zu IV) am 5.7.2004 um 8.15 Uhr in Wien, D-Ring, erster Baum nächst dem dortigen Schutzweg, zu V) am 5.3.2005 um
18.15 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments und am 5.3.2005 um 18.15 Uhr in Wien, R-platz, Baustelleneinfriedung des Parlaments, zu VI) am 6.3.2005 um
22.15 Uhr in Wien, D-Ring, Baustelleneinfriedung des Parlaments und am 6.3.2005 um 22.15 Uhr an der Baustelleneinfriedung des Parlaments in Wien, R-platz, und zu VII) am 20.3.2005, um 18.30 Uhr an der Baustelleneinfriedung des Parlaments in Wien, R-platz, und am 20.3.2005, um 18.30 Uhr an der Baustelleneinfriedung des Parlaments in Wien, D-Ring, diese Druckwerke als angebracht angetroffen worden waren.
II) Rechtsgrundlagen:
§ 48 Mediengesetz i.d.F. BGBl. Nr. 314/1981, samt Überschrift lautet wie folgt:
Anschlagen von Druckwerken
?Zum Anschlagen, Aushängen und Auflegen eines Druckwerkes an einem öffentlichen Ort bedarf es keiner behördlichen Bewilligung. Doch kann die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch Verordnung anordnen, dass das Anschlagen nur an bestimmten Plätzen erfolgen darf.?
Die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31.1.1983, ABl. Nr. 28 zur Wiener Zeitung vom 4.2.1983, Zl. P 1579/a/83 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten lautet wie folgt:
?§ 1 (1) Auf Grund des § 48 Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981, wird zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angeordnet, dass das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken (§ 1 Abs 1 Z 4 leg.cit.) an öffentlichen Orten im Gebiet der Stadt Wien nur
a) an Flächen, die offensichtlich zum Anschlagen von Druckwerken bestimmt sind, oder
b) an anderen Flächen, sofern sie nicht unter die im Abs 2 angeführten Beschränkungen fallen,
erfolgen darf.
(2) Das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken darf nicht unmittelbar an Außenflächen von Gebäuden oder von Einfriedungen, an Brückenpfeilern, an Bäumen, an Denkmälern oder an Sachen, die der religiösen Verehrung gewidmet sind, erfolgen. Es ist weiters unzulässig an Einrichtungen oder Anlagen, die der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Versorgung mit Wasser oder Energie, dem öffentlichen Verkehr oder dem Post- und Fernmeldewesen dienen (dazu zählen insbesondere Laternen- und Abspannungsmasten, Schaltkästen, Notrufanlagen und Telephonzellen). Die vorstehenden Beschränkungen gelten nicht, soweit es sich um das Anschlagen von Druckwerken an offensichtlich hiezu bestimmten Flächen handelt.
(3) Das Anschlagen amtlicher Bekanntmachungen an
Amtsgebäuden wird durch die vorstehenden Absätze nicht berührt. § 2) Wer Druckwerke entgegen den Bestimmungen des § 1 anschlägt oder daran mitwirkt (§ 7 VStG 1950), begeht eine Verwaltungsübertretung und wird hiefür gemäß § 49 Mediengesetz bestraft.
§ 3 (1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
(2) Gleichzeitig wird die Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Jänner 1982, betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, verlautbart im ?Amtsblatt zur Wiener Zeitung? vom 8. Jänner 1982, aufgehoben.?
§ 1 Abs 1 Z 3 und 4 MedienG lautet:
?(1) Im Sinn der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ist ?3. "Medienwerk": ein zur Verbreitung an einen größeren Personenkreis bestimmter, in einem Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt;
?.4. "Druckwerk": ein Medienwerk, durch das Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder in Standbildern verbreitet werden;?
Gemäß § 49 MedienG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen, wer einer der Bestimmungen der §§ 47 und 48 MedienG zuwiderhandelt.
Art 13 StGG lautet wie folgt:
?(1) Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern.
(2) Die Presse darf weder unter Censur gestellt, noch durch das Concessions-System beschränkt werden. Administrative Postverbote finden auf inländische Druckschriften keine Anwendung.?
Art 13 StGG lautet wie folgt:
?Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie
deren Lehre sind frei.?
Art 10 MRK hat folgenden Wortlaut:
?(1) Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.?
Aufgrund der unbestritten gebliebenen erstbehördlichen Sachverhaltsfeststellungen sind im gegenständlichen Verfahren letztlich nur mehr Rechtsfragen zu klären, nämlich 1) ob die gegenständlichen relativ kleinen literarischen Druckwerke als Plakat i.S.d. Plakatierverordnung zu verstehen sind, 2) ob in Anbetracht der durch Art 13 StGG und Art 10 MRK garantierten Pressefreiheit und der durch Art 17a StGG garantierten Freiheit der Kunst das Anbringen von literarischen Druckwerken an Orten, an welchen entsprechend der Plakatierverordnung das Anbringen von Druckwerken verboten ist, vom Anwendungsbereich der Plakatierverordnung erfasst ist und 3) ob hinsichtlich der gegenständlichen Druckwerkanbringungen von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist.
III) Qualifizierbarkeit der gegenständlichen kleinformatigen literarischen Druckwerke als Plakat:
Zur ersten Fragestellung ist auszuführen, dass durch das unterfertigende Mitglied in mehreren Berufungsbescheiden die (konkludente) Rechtsansicht des Unabhängigen
Verwaltungssenats Wien (vgl. etwa den Berufungsbescheid vom 11.4.2006 zur GZ UVS-06/7/2051/2005), wonach die vom Berufungswerber regelmäßig angebrachten relativ kleinflächigen Druckwerke nicht als Plakate zu qualifizieren seien, nicht geteilt wird. In diesen Erkenntnissen wird aus diversen Lexikaeinträgen (Wikipedia, Brockhaus), wonach unter einem Plakat ein großer bedruckter Papierbogen, der an einer Wand oder anderer geeigneten Fläche angebracht wird, zu verstehen sei, geschlossen, dass die Zettel des Berufungswerbers nicht als Plakat zu qualifizieren seien. Deshalb sei die jeweils vorgeworfene Tathandlung durch den jeweiligen Spruch i.S.d. § 44a VStG unzutreffend konkretisiert worden, sodass das Verfahren jeweils gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt worden ist.
Es mag zwar zutreffen, dass im allgemeinen Sprachgebrauch unter einem Plakat ein großflächiges Druckwerk verstanden wird. Bei der Auslegung von Gesetzestexten ist es aber nur dann zulässig, auf den allgemeinen Sprachgebrauch eines Wortes zurückzugreifen, wenn der jeweilige Gesetzestext keine Legaldefinition dieses jeweiligen Wortes enthält. Der Begriff Plakatieren i.S.d. gegenständlichen Plakatierverordnung wird nun aber durch § 1 Abs 1 der Wr. PlakatierVO als das Anschlagen von Druckwerken i.S.d.
§ 1 Abs 1 Z 4 MedienG definiert. Unter einem Druckwerk i.S.d § 1 Abs 1 Z 4 i.V.m. Z 3 MedienG wieder wird ein zur Verbreitung an einen größeren Personenkreis bestimmter, in einem Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt, durch welchen Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder in Standbildern verbreitet werden, verstanden.
Bei Zugrundelegung dieser Legaldefinition liegt ein Plakatieren nicht bloß im Falle der Anbringung eines großflächigen Druckwerkes vor. Dementsprechend ist auch unter einem Plakat i. S.d. Wr. PlakatierVO jedes Druckwerk, daher auch ein kleinflächiges, welches der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 Z 4 i. V.m. Z 3 MedienG entspricht, zu verstehen. Die gegenständliche Anbringung von literarischen, kleinflächigen Zetteln ist daher, vorbehaltlich einer dieser Auslegung entgegenstehenden verfassungskonformen Interpretation, dem Plakatierbegriff der Wr. PlakatierVO zu subsumieren.
A) Verfassungskonformität der Wr. PlakatierVO im Hinblick auf Art 10 EMRK:
Seitens des Verfassungsgerichtshofs ist die Verfassungskonformität der Wr. PlakatierVO in Hinblick auf die durch Art 13 StGG und Art 10 MRK garantierte Pressefreiheit ausdrücklich geprüft und für verfassungskonform befunden worden. Unter Verweis auf diese Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs ist die PlakatierVO daher in Hinblick auf die in Art 13 StGG und Art 10 MRK garantierte Pressefreiheit nicht verfassungswidrig.
B) Verfassungskonformität der Wr. PlakatierVO im Hinblick auf Art 17a StGG:
Seitens des Verfassungsgerichtshofs wurde im Zuge des oa Erkenntnisses nicht auch ausdrücklich geprüft, ob die Bestimmungen der Wr. PlakatierVO mit der durch Art 17a StGG garantierten Freiheit der Kunst in Einklang zu bringen sind. Aus nachfolgenden Erwägungen vertritt der erkennende Senat die Ansicht, dass die gegenständlichen Ermahnungen wegen Verstöße gegen § 2 Wr. PlakatierVO keine Verletzungen des durch Art 17a StGG garantierten Grundrechts der Freiheit der Kunst darstellen:
1. immanente Grundrechtsschranke:
Hinsichtlich vorbehaltslos garantierter Freiheitsrechte wird durch die herrschende Lehre wie höchstgerichtliche Judikatur das Bestehen immanenter Grundrechtsschranken angenommen. Im Ergebnis werden diese Freiheitsrechte daher einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt unterstellt.
Dies hat ? wie nachfolgend dargelegt - die Konsequenz, dass von einer Verletzung des vorbehaltslos garantierten Freiheitsrechts durch eine Eingriffsnorm (bzw. eigentlich einen sich auf diese stützenden Vollzugsakt) nur ausgegangen werden kann, wenn 1) durch diese Eingriffsnorm die Intention der Beschränkung dieses Freiheitsrechts verfolgt wird oder 2) durch diese Eingriffsnorm eine spezifisch dieses Freiheitsrecht verletzende Regelung (daher ein ?nicht-allgemeines? Gesetz) darstellt wird oder 3) durch diese Eingriffsnorm der Wesensgehalt des von dieser Norm
beschränkten Freiheitsrechts negiert würde oder 4) durch diese als ?allgemeines Gesetz? qualifizierte Eingriffsnorm dieses Freiheitsrecht unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Da (die Rechtslage nicht offenkundig verkennende) Vollzugsakte stets an einen allgemeinen Adressatenkreis gerichtete, gesetzliche Normen im Einzelfall zur Anwendung bringen, ist bei der Grundrechtskonformität eines Vollzugsaktes im Regelfall lediglich die Norm, auf welcher ein Vollzugsakt gründet, zu prüfen bzw. allenfalls verfassungskonform auszulegen. Im Falle einer verfassungskonformen Auslegbarkeit einer Norm wird daher zugleich die Möglichkeit einer unverhältnismäßigen Einschränkung des Freiheitsrechts durch einen Vollzugsakt unterbunden. Derartige Vollzugsakte werden nämlich vom Verfassungsgerichtshof regelmäßig als denkunmögliche Gesetzesanwendung qualifiziert (vgl. Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffer/Berka/Stolzlechner/Werndl, Staat ? Verfassung ? Verwaltung (Hs) (1998) 221 (242f)). Von solch einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung ist auszugehen, wenn die Behörde die Betroffenheit eines Freiheitsrechts nicht entsprechend erkannt hat, bzw. wenn die Behörde die verfassungsrechtlich vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe nicht angewendet hat, bzw. wenn die Behörde insgesamt eine Entscheidung getroffen hat, welche keinen angemessenen Ausgleich zwischen den berührten Rechtsgütern darstellt (vgl. VfSlg 11.737/1988; Spielbüchler, Grundrechte und die Folgen, in: Machacek, Kostelka, Martinek, Dimensionen und Perspektiven des Rechts (1988) 525; Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffer/Berka/Stolzlechner/Werndl, Staat ? Verfassung ? Verwaltung (Hs) (1998) 221 (242)). Die gegenständliche Darstellung der Rechtslage beschränkt sich daher auf die Frage der Prüfung der Verfassungskonformität einer Eingriffsnorm; zumal aus dem Ergebnis dieser Prüfung grundsätzlich auch die Verfassungskonformität eines (bereits gesetzten oder aber erst intendierten) Vollzugsaktes erschlossen werden kann. Durch die nachfolgenden Ausführungen wird der Versuch unternommen, die einzelnen in einem konkreten Verfahren nach Ansicht des erkennenden Senates zu setzenden Prüfungsschritte in der gebotenen Reihenfolge (in Auseinandersetzung mit der zu dieser Fragestellung ergangenen Judikatur und Lehrmeinungen) darzulegen.
2. Intentionalitätsprüfung:
Von einer verfassungswidrigen Beeinträchtigung eines ohne Gesetzesvorbehalt erlassenen Freiheitsrechts durch allgemeine gesetzliche Normen oder Vollzugshandlungen ist stets dann auszugehen, wenn die Intention der Gesetzesnorm bzw. des Vollzugsaktes gerade in der Beschränkung der durch das jeweilige Grundrecht gewährten Freiheit liegt (vgl. VfSlg 1777/1949;
3565/1959; 4732/1964; 6974/1973; 8136/1977; 10.401/1985;
11.567/1987; 11.737/1988; 17.565/2005; Platzgummer, Herabwürdigung religiöser Lehren, Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit, JBl 1995, 137; Hollaender A., Betrug durch ?Die Fledermaus?? Das Strafrecht im Spannungsfeld zur Kunstfreiheit, ÖJZ 2004, 50; Öhlinger, Verfassungsrecht6 (2005) Rz 932;
Lebitsch, Probleme präventiver Veranstaltungsfreiheit im Lichte der Kunstfreiheit, ÖJZ 1984, 477; Berka, Die Grundrechte (1999) 354). Nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur zu vorbehaltslos garantierten Freiheitsrechten liegt eine (zur Verfassungswidrigkeit der Eingriffsnorm führende) Intentionalität grundsätzlich nur dann vor, wenn der ausschließliche Zweck der jeweiligen Eingriffsnorm in der Beeinträchtigung des jeweiligen Freiheitsrechts liegt (vgl. VfSlg 2595/1953; Zu dieser VfGH-Judikatur: vgl. Wielinger, Die Freiheit der Wissenschaft in Österreich, EuGRZ 1982, 289ff; Stelzer, Das Wesensgehaltsargument und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1991) 271f; Mayer H, Das Schulkreuz und die Grundrechte, JRP 1995, 222 (225); Stelzer, Das Wesensgehaltsargument und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1991) 269ff). Demgegenüber ist entsprechend der herrschenden Lehre bereits dann von einer (zur Verfassungswidrigkeit der Eingriffsnorm führenden) Intentionalität auszugehen, wenn zumindest eines der Ziele dieser Eingriffsnorm diesem Beschränkungszweck dient (vgl. Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffer/Berka/Stolzlechner/Werndl, Staat ? Verfassung ? Verwaltung (Hs) (1998) 221 (239); Pöschl/Kahl, Die Intentionalität ? ihre Bedeutung und Berechtigung in der Grundrechtsjudikatur, ÖJZ 2001, 41; Bammer, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme des Bundestheatersicherheitsgesetzes, ZfV 1989, 450 (454)).
3. Prüfung des Vorliegens eines ?nicht allgemeinen? Gesetzes:
?Allgemeine Gesetze? verletzen (grundsätzlich) nur im Falle einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung eines vorbehaltslos erlassenen Freiheitsrechts dieses Grundrecht. Demgegenüber sind ?nicht-allgemeine? Gesetze, durch welche ein vorbehaltslos erlassenes Freiheitsrecht beschränkt wird, stets verfassungswidrig (vgl. VfSlg 10.401/1985; 11.567/1987; 15.068/1988; Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffer/Berka/Stolzlechner/Werndl, Staat ? Verfassung ? Verwaltung (Hs) (1998) 221 (226, 241); Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht 3. Grundrechte (2003) 140 (Rz 42.215); ders, Die Grundrechte (1999) 171f; ders, Kunst in Konflikt mit dem Recht, in: Nowak M./Steurer/Tretter (Hs); Fortschritt und Bewusstsein der Grund- und Menschenrechte (1988) 361 (371ff); Bammer, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme des Bundestheatersicherheitsgesetzes, ZfV 1989, 450). Die Unterscheidung zwischen einem ?allgemeinen? Gesetz und einem ?nicht-allgemeinen? Gesetz ist daher für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bzw. eines Vollzugsaktes zentral. Der Begriff eines ?nicht-allgemeinen Gesetzes? wurde bislang in der Judikatur nicht abschließend bzw. exakt konkretisiert.
Jedenfalls werden aber alle ?personell nicht-allgemeinen? und alle ?sachlich nicht-allgemeinen? Gesetze als (im Sinne dieses Prüfungsschritts) ?nicht-allgemein? einzustufen sein (vgl. VfSlg 2944, 1955; 11.737/1988; Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffer/Berka/Stolzlechner/Werndl, Staat ? Verfassung ? Verwaltung (Hs) (1998) 221 (223f, 230f, 239f); Pöschl/Kahl, Die Intentionalität ? ihre Bedeutung und Berechtigung in der Grundrechtsjudikatur, ÖJZ 2001, 41). Ein personell ?allgemeines? Gesetz richtet sich an den Kreis der Träger eines Freiheitsrechts, welcher durch dieses Gesetz in seiner durch dieses Freiheitsrecht garantierten Rechtsstellung eingeschränkt wird; ein Gesetz, welches im Wesentlichen lediglich den durch ein Freiheitsrecht geschützten Adressatenkreis in seiner durch dieses Freiheitsrecht garantierten Rechtsstellung beschränkt, ohne ausdrücklich lediglich die Rechtsstellung dieses Personenkreises zum Regelungsgegenstand zu haben, ist als ?nicht-sachlich? allgemeines Gesetz anzusehen (vgl. Berka, Das allgemeine Gesetz als Schranke der grundrechtlichen Freiheit, in:
Schäffe