TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/30 2001/14/0111

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Veröffentlicht am 30.10.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §12 Abs2;
EStG 1988 §116 Abs1;
EStG 1988 §12 Abs8;
EStG 1988 §24;
GewStG §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des H R in W, vertreten durch Mag. Klaus Übermaßer, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Gewerbegasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 27. März 2001, RV 082.93/1-7/1993, betreffend Gewerbesteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führte als Einzelunternehmer einen Gewerbebetrieb ("Mühle und Produktenhandel"). Im Jahr 1988 kam es durch die Zerstörung der Mühle und den Anspruch auf Versicherungsentschädigung zur Aufdeckung stiller Reserven. Diese wurden einer Übertragungsrücklage nach § 12 EStG 1972 zugeführt.

Ein Teil der Übertragungsrücklage wurde in den Jahren 1990 und 1991 durch die Übertragung auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten von in diesen Jahren angeschafften bzw hergestellten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens verwendet.

Der Gewerbebetrieb wurde zum 31. Dezember 1991 aufgegeben. Dies hatte die gewinnerhöhende Auflösung der noch vorhandenen Übertragungsrücklage zur Folge. Bei Erlassung des Gewerbesteuerbescheides für 1991 rechnete das Finanzamt diese Auflösung der Übertragungsrücklage zum laufenden Gewinn. Die auf die Auflösung der Übertragungsrücklage zurückzuführende Gewinnerhöhung zählte es daher zum Gewerbeertrag. Zur Begründung führte es aus, es handle sich um bisher nicht versteuerte Gewinnanteile, welche für den Veräußerungsgewinn nicht von Bedeutung seien.

Die gegen den Gewerbesteuerbescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Der Steuerpflichtige könne im Jahr der Aufdeckung der stillen Reserven wählen, ob er diese sofort versteuere oder auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines neu angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgutes übertrage bzw einer Übertragungsrücklage zuführe. Werde eine Rücklage nicht innerhalb der Verwendungsfrist (von drei Jahren) übertragen, sei sie gewinnerhöhend aufzulösen. Die gewinnerhöhende Auflösung habe spätestens dann zu erfolgen, wenn der Betrieb veräußert oder aufgegeben werde. Im gegenständlichen Fall sei es zur gewinnerhöhenden Auflösung der Übertragungsrücklage gekommen. Diese Gewinnerhöhung sei nicht Teil des Veräußerungsgewinnes. Im Rahmen des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes sei nicht die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter begünstigt. Bei der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter komme die durch § 12 EStG normierte Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven in Betracht. Diese Regelung bewirke, dass der Erlös aus der Veräußerung von Anlagevermögen in voller Höhe für Neuinvestitionen zur Verfügung stehe. Komme es jedoch in der Folge nicht mehr zu den geforderten Investitionen, sei der Begünstigungszweck des § 12 EStG 1988 weggefallen, sodass der bis dahin steuerfrei gebliebene Gewinn zu versteuern sei.

Veräußerungs- und Aufgabegewinne seien für Zwecke der Gewerbesteuer nicht zu erfassen. Bei der Übertragungsrücklage handle es sich allerdings um einen "geparkten" laufenden Gewinn, der lediglich dann begünstigt sein solle, wenn eine neue Investition erfolge, nicht aber, wenn der Betrieb aufgegeben oder veräußert werde. Dass eine bestimmungsgemäße Verwendung der Rücklage unmöglich sei, stelle sich noch innerhalb des letzten Wirtschaftsjahres vor der Veräußerung bzw Aufgabe heraus. Bei der Veräußerung bzw Aufgabe könne es nicht mehr zur bestimmungsgemäßen Verwendung kommen. Die Auflösung erhöhe daher den laufenden Gewinn.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 GewStG ist Gewerbeertrag der Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach dem EStG 1988 oder nach dem KStG 1988 zu ermitteln ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 7 bis 9 GewStG bezeichneten Beträge.

Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne iSd § 24 EStG 1988 sind für die Gewerbesteuer nicht anzusetzen (vgl. Philipp, Kommentar zum GewStG, Tz 6-11).

Gemäß § 12 Abs. 2 EStG 1972 können Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 ermitteln, die stillen Rücklagen iSd § 12 Abs. 1 leg. cit. in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres, in dem die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens veräußert wurden bzw aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind, einer gesondert auszuweisenden Rücklage zuführen.

Gemäß § 116 Abs. 1 EStG 1988 gelten Rücklagen, die nach § 12 EStG 1972 gebildet wurden, als Rücklagen iSd § 9 EStG 1988.

Gemäß § 12 Abs. 8 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung konnte die Rücklage in den folgenden drei Wirtschaftsjahren auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder die Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlagevermögen übertragen werden. Rücklagen, die nicht bis zum Ablauf des der Bildung folgenden dritten Wirtschaftsjahres übertragen wurden, sind im dritten Wirtschaftsjahr nach Bildung der Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, hätte er die Rücklage nach § 12 EStG auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens übertragen, wären dadurch stille Reserven entstanden. Die Aufdeckung solcher stillen Reserven wäre zum Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu zählen gewesen. Daraus ergebe sich, dass auch die gewinnerhöhende Auflösung der Übertragungsrücklage selbst zum Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn rechne. Auch dann wenn es im Jahr 1988 nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven gekommen wäre, hätten diese sich im Aufgabegewinn niedergeschlagen.

Es mag zutreffen, dass die stillen Reserven, wären sie nicht im Jahr 1988 aufgedeckt worden, bis zur Aufgabe des Betriebes im Jahr 1991 bestehen geblieben wären. Dann hätten sie den Aufgabegewinn erhöht. Allein, ein solcher Sachverhalt liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Hätten die im Jahr 1988 aufgedeckten stillen Reserven gemäß § 12 Abs. 1 EStG 1972 auf andere Wirtschaftsgüter übertragen werden können, weil solche Wirtschaftsgüter im Jahr 1988 angeschafft oder hergestellt worden wären, so hätte dies, wären die Wirtschaftsgüter bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Betriebsvermögen verblieben, zur Erfassung der stillen Reserven im Aufgabegewinn geführt. Auch ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor.

Die Regelung des § 12 Abs. 2 EStG 1972 bzw. § 12 Abs. 8 EStG 1988 ermöglichte es, die 1988 aufgedeckten stillen Reserven auf Wirtschaftsgüter zu übertragen, die in den Jahren 1989 bis 1991 angeschafft oder hergestellt worden sind. Auch diese Übertragung hätte, wenn die neu angeschafften bzw hergestellten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe noch vorhanden gewesen wären, zur Erfassung der stillen Reserven im Aufgabegewinn geführt. Soweit im gegenständlichen Fall die Erhöhung des laufenden Gewinnes bzw. des Gewerbeertrages in Streit steht, ist es aber zu einer solchen Übertragung der stillen Reserve nicht gekommen.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist der strittige Teil des mit dem angefochtenen Bescheid erfassten Gewerbeertrages darauf zurückzuführen, dass es im Jahre 1988 und somit ca. drei Jahre vor der Aufgabe des Gewerbebetriebes zur Aufdeckung stiller Reserven gekommen ist. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Auflösung der Übertragungsrücklage nicht dem Aufgabegewinn zugeordnet und deshalb im Gewerbeertrag erfasst hat. Bei der Übertragungsrücklage handelt es sich um einen "geparkten" laufenden Gewinn, der dann keiner Begünstigung teilhaftig wird, wenn es zu einer Neuinvestition nicht gekommen ist (vgl. Doralt, EStG4, § 12 Tz 54, mwN).

Der Beschwerdeführer ist sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt worden. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 30. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001140111.X00

Im RIS seit

05.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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