Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn K. K., geb. XY, 6060 Hall iT, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.01.2007, Zl VK-29333-2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
Tatzeit: 15.10.2006 um 20.50 Uhr
Tatort: Innsbruck, auf der Leopoldstraße auf Höhe Nr. 10 in Fahrtrichtung Süden
Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY
1. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. Bauträger und Import-Export GmbH in 6060 Hall in Tirol, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von W. A. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass das für Fahrten im § 102 Abs 10 KFG vorgeschriebenen Verbandszeug nicht bereitgestellt wurde, da keines mitgeführt wurde.
2. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. Bauträger und Import-Export GmbH in Hall in Tirol, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von W. A. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für mehrspurige KFZ vorgeschriebene Warneinrichtung nicht bereitgestellt wurde, da eine solche nicht mitgeführt wurde.
3. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. Bauträger und Import-Export GmbH in 6060 Hall in Tirol, diese ist Inhaber des angeführte Probefahrtkennzeichen das Kennzeichen zu einer Probefahrt überlassen, ohne eine Bescheinigung über Ziel und Zweck der Probefahrt auszustellen. Das Fahrzeug mit dem angeführten Probefahrkennzeichen wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von W. A. verwendet.
4. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. Bauträger und Import-Export GmbH in 6060 Hall in Tirol, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von W. A. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug der Reifen in der Mitte der Lauffläche (3/4 der Laufflächenbreite) nicht mehr die erforderliche
Profiltiefe von 1,6 mm aufwies. Position des Reifens: beide hinteren Reifen.
Hierdurch habe er folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.
§ 103 Abs 1 Z 2 lit a KFG
2.
§ 103 Abs 1 Z 2 lit b KFG
3.
4.
§ 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 7 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von Euro, falls diese uneinbringlich ist,Freiheitsstrafe von Ersatzfreiheitsstrafe von, Gemäß
1.
30,00, 12 Stunden, § 134 Abs 1 KFG
2.
30,00, 12 Stunden, § 134 Abs 1 KFG
3.
110,00, 36 Stunden, § 134 Abs 1 KFG
4.
110,00, 36 Stunden, § 134 Abs 1 KFG
Weiters wurde ein anteiliger Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Beschuldigte vor wie folgt:
Gegen oben angeführte Straferkenntnis erhebe ich hiemit das Rechtsmittel der BERUFUNG.
Begründung: Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Würdigung dem gesamten Inhalt nach. Ich führe dazu im Folgenden aus:
1.
Vorerst verweise ich auf die zugrundeliegenden Akten.
2.
Ich fühle mich im verfassungsmäßigen Recht auf ein faires Verfahren gem. Art 6 EMRK verletzt, da
a) es die Behörde unterlassen hat, trotz Einspruchs der Strafverfügung v. 29.11.2006 ein ordentliches Verfahren einzuleiten und insbesondere festzustellen, von wem Herr W. A. das Kennzeichen XY erhalten oder eventuell entwendet hat. Ich habe mit meiner Stellungsnahme vom 19.1.2006 jedenfalls klar erklärt, einem Herrn W.
A. weder das Kennzeichen überlassen zu haben noch Herrn W. zu kennen.
b) ich daran zweifle, dass durch dieselbe Person, die die Strafverfügung und nun auch das Straferkenntnis ausgestellt hat, nämlich Frau A. E., durch diese Personalkonstellation den verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen gesetzlichen Richter, der unabhängig und unparteilich sein muss, gewahrt wurde.
c) Zumindest ist dem äußeren Anschein nach die Parteilichkeit nicht auszuschließen, müsste dieselbe Person jedoch die eigene Entscheidung, nämlich die Strafverfügung, revidieren.
3. Sollte der UVS gern. § 51 VStG und § 5l e VStG nicht zur Ansicht kommen, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, beantrage ich die Einvernahme nachstehender Zeugen:
a)
W. A.
b)
A. E.
c)
K. A., 6060 Hall als Verantwortlicher der C. Bauträger und Import-Export GmbH. und
d) M. J. (hat vermutlich das Kennzeichen Herrn W. übergeben).
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, durch Telefonate mit dem Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges, Herrn A. W. sowie mit dem Beschuldigten, durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bzw der Anker-Versicherung in Bezug auf die Zuweisung des gegenständlichen Probefahrtkennzeichens sowie Einsichtnahme in das Firmenbuch.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wie folgt erwogen:
Dem Beschuldigten wird in den Spruchpunkten 1., 2. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses eine Übertretung des KFG in der Funktion als Zulassungsbesitzer des angeführten Fahrzeuges vorgeworfen. Dieser Vorwurf geht jedoch schon deshalb ins Leere, zumal der Beschuldigte nicht Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges, sondern Besitzer des Probefahrtkennzeichens XY ist und ihm in dieser Eigenschaft jedenfalls nicht die ausdrücklich auf den Zulassungsbesitzer bezogenen Verpflichtungen nach § 103 Abs 1 KFG treffen.
Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat weiters gezeigt, dass gegenständlich überhaupt nicht von einer Probefahrt im Sinne des § 45 KFG gesprochen werden kann. Der Beschuldigte ist Besitzer des Probefahrtkennzeichens XY. Der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges (Nissan) gab in einem Telefonat mit dem Gefertigten an, er habe dieses Probekennzeichen von einem Ägypter, der bei ihm um die Ecke wohne, erhalten. Den Namen wisse er nicht mehr. Das Fahrzeug (Nissan) habe ihm selbst gehört.
Der Beschuldigte erklärte gegenüber dem Gefertigten in Bestätigung seiner Angaben in der Berufung, dass er den Lenker des Fahrzeuges nicht kenne und nicht wisse, wie dieser in Besitz des Probekennzeichens gelangt sei. Er habe das Probefahrtkennzeichen Herrn J. M. zur Durchführung einer Probefahrt überlassen. Dieser Vorgang wurde auch im Probefahrtenbuch eingetragen. Herr M. habe dann offenkundig dieses Probefahrtkennzeichen missbräuchlich verwendet und an den Lenker weitergegeben. Er habe somit weder mit dieser Fahrt noch mit diesem Fahrzeug irgendetwas zu tun.
Diese beiden, unabhängig voneinander eingeholten Aussagen (Lenker und Beschuldigter kennen einander nicht) decken sich sohin vollinhaltlich und ergibt sich daraus, dass gegenständlich überhaupt keine Probefahrt vorlag, sondern der Lenker vielmehr missbräuchlich ein Probefahrtkennzeichen für eine rein private Testfahrt (vgl seine Aussage in der Anzeige des Stadtpolizeikommandos Innsbruck vom 29.10.2006) verwendet hat. In dieser Fallkonstellation hat der Beschuldigten selbstredend keine Verpflichtung, entsprechend dem Tatvorwurf eine Bescheinigung nach § 45 Abs 6 2. Satz KFG auszustellen und war daher auch in Bezug auf dieses Faktum spruchgemäß zu entscheiden.