Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung der Frau M.E. H., Schwaz, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. E. J., 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 28.02.2007, Zl 2.1-1352/07-2, gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 67h AVG und § 359a GewO 1994 wie folgt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Gebührenrechtlicher Hinweis:
Die Berufungswerberin hat eine Berufungsgebühr von Euro 13,-- an die Erstbehörde zu bezahlen.
Mit Ansuchen vom 14.02.2007 machte die Einschreiterin darauf aufmerksam, dass sie Eigentümerin des Gst. 875/4 in EZ 2107, GB 87007 Schwaz, sei und festgestellt habe, dass die Neue Heimat Tirol Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft auf dem direkt an ihrem Grundstück angrenzenden Grundstück 866/2, GB 87007 Schwaz, mit Bauarbeiten für ein betriebsanlagengenehmigungspflichtiges Vorhaben begonnen habe, ohne dass eine diesbezügliche Betriebsanlagengenehmigung vorliege.
Wie aus dem erstinstanzlichen Baubescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Schwaz vom 09.10.2006, Zl 4238/2006-B, hervorgehe, plane diese Wohnungsgesellschaft die Errichtung eines Gebäudes mit drei Geschäftseinheiten und einer Konditorei im Erdgeschoß, einer Tiefgarage im Kellergeschoß sowie insgesamt 53 Wohnungen in drei Obergeschoßen des gegenständlichen Wohn- und Geschäftshauses. Die Errichtung dieses Wohn- und Geschäftshauses sei jedenfalls als gewerberechtliche Betriebsanlage im Sinn des § 74 Abs 1 GewO 1994 einzustufen. Für das Bauvorhaben liege keine Betriebsanlagengenehmigung vor. Ohne Betriebsanlagengenehmigung dürften gewerbliche Betriebsanlagen nicht errichtet oder betrieben werden. Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz möge daher die Bauarbeiten auf
Gst 866/2, GB 87007 Schwaz unverzüglich einstellen.
Gemeint ist hier offensichtlich ein Einschreiten der Erstbehörde nach § 360 GewO 1994.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Erstbehörde dieses Ansuchen als unzulässig zurück. Im Wesentlichen verwies sie auf die Bestimmung des § 360 Abs 1 GewO 1994. Sie führte aus, dass sie keine Veranlassung für ein Vorgehen nach § 360 GewO 1994 sehe. Für das gegenständliche Bauvorhaben liege eine Baubewilligung vor und werde nur die bauliche Hülle für die geplanten Geschäftseinheiten geschaffen. In weiterer Folge solle ein Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz übermittelt werden. Diesbezüglich seien bereits Vorgespräche mit der Bauträgerin geführt und diese dahingehend belehrt worden. Das Verfahren nach § 360 GewO 1994 sei ein rein amtswegiges und niemand habe ein Recht oder einen Anspruch auf ein Vorgehen der Behörde nach § 360 GewO 1994. Das Ansuchen der Nachbarin sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestritt die Berufungswerberin, dass sie keinen Anspruch auf Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 habe.
Der Berufung kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:
§ 360
(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs 2, § 79c oder § 82 Abs 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
(2) Wenn bei einer Tätigkeit offenkundig der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 4, 5 oder 6 gegeben ist und wenn mit Grund anzunehmen ist, dass die solchermaßen gesetzwidrige Gewerbeausübung fortgesetzt wird, darf die Behörde auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides die zur Unterbindung dieser Gewerbeausübung notwendigen Maßnahmen, insbesondere auch die Beschlagnahme von Waren, Werkzeugen, Maschinen, Geräten und Transportmitteln, an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes, BGBl Nr 200/1982, wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(3) Ist eine Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1 offenkundig, so hat die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides den gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betrieb an Ort und Stelle zu schließen; eine solche Betriebsschließung liegt auch dann vor, wenn eine Gewerbeausübung unterbunden wird, die keine Betriebsstätte aufweist; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes, BGBl Nr 200/1982, wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(5) Die Bescheide gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.
Die Erstbehörde vertritt zutreffenderweise die Auffassung, dass der Nachbar keinen Anspruch auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhaltes in Verfahren nach § 360 GewO 1994 hat. Normadressat für Maßnahmen nach § 360 Abs 1 bis 4 GewO 1994 ist der eine gewerbliche Tätigkeit Ausübende oder der eine Betriebsanlage Betreibende oder im Fall der Auflassung einer Betriebsanlage der Anlageninhaber. Auch die Auffassung, dass derzeit keine Befürchtung offenkundig ist, dass ohne Betriebsanlagengenehmigung Betriebsanlagen betrieben werden, ist zutreffend, da man - abgesehen von der Konditorei über keine genauen Angaben verfügt, welche Geschäfte in dem Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden sollen. Zutreffenderweise hat daher die Erstbehörde den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungsbehörde kann sich dem nur anschließen.