Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn F. D., vertreten durch RA Dr. Z., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 02.06.2006, Zl KS-4252-2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 26.03.2006 23.45 Uhr
Tatort: Inntalautobahn A 12, Gemeinde Kundl bei Strkm 24.300, Richtungsfahrbahn Innsbruck
Fahrzeug: (A) XY (Lastkraftwagen) und (A) XY (Anhänger)
Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach Außen vertretungsbefugtes Organ gem § 9 Abs 1 VStG der H. und N. GmbH mit Sitz in A-4490 St. F. bei L., XY 1, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten Kraftfahrzeuges, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von Lamperstorfer Herbert gelenkt, und es wurde festgestellt, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs 7a KFG von 40 Tonnen um 1.050 kg überschritten wurde, obwohl bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte von 40 Tonnen nicht überschritten werden darf.?
Dem Beschuldigten wurde eine Übertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG in Verbindung mit § 4 Abs 7a KFG zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 140,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:
?In umseits rubrizierter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 02.06.2006 zu KS-4252-2006, zugestellt am 8.6.2006, sohin innerhalb offener Frist an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tiro1 nachstehende
BERUFUNG:
Das vorliegende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 2.6.2006 zu KS-4252-2006 wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sowie Unzuständigkeit der erkennenden Behörde zur Gänze angefochten. Im einzelnen wird die Berufung ausgeführt wie folgt:
1. Am 26.02.2006 wurde der von Herbert Lamperstorfer gelenkte Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen XY samt Anhänger mit dem Kennzeichen XY auf der Innta1 Autobahn A12, StrKm 124.300, Richtungsfahrbahn Innsbruck, am Kontrollplatz im Gemeindegebiet von Kundl einer routinemäßigen Fahrzeugkontrolle unterzogen, wobei eine Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes von 1050 kg festgestellt wurde.
Mit Strafverfügung vom 06.04.2006 wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von Euro 140,00 verhängt bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden angedroht. Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Vertreter Einspruch und rechtfertigte sich in der Folge damit, dass ihm kein Verschulden zukomme, da er sich eines wirksamen Kontrollsystems bediene um Verwaltungsübertretungen wie die gegenständliche hintanzuhalten. Mit dem hier bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von Euro 140,00 zuzüglich 10 Prozent Verfahrenskostenersatz, sohin gesamt Euro 154,00 verhängt. Die belangte Behörde führte zur Begründung an, dass es dem Beschuldigten gerade nicht gelungen sei, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, wobei auf die vom Beschuldigten angebotenen Beweise durch die Behörde nicht eingegangen wurde. Diese Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 2.6.2006, GZ: KS-4252-2006, zugestellt am 8.6.2006, wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit info1ge mangelhafter Sachverhaltsfeststellung, sowie wegen der Entscheidung durch die örtlich unzuständige Behörde bekämpft.
2. Der Beschuldigte ist Geschäftsführer einer international tätigen Transportunternehmung mit weit über 120 ziehenden Fahrzeugen. Aufgrund der zum Teil sehr unterschiedlichen Einsatzorte befinden sich die eingesetzten Fahrzeuge und Fahrer oft über längere Zeiträume, nicht am Sitz der Firmenzentrale. Auch haben einige Fahrer einen von der Firmenzentrale verschiedenen Dienstantrittsort. Insofern ist es nahezu unmöglich und unzumutbar, jeden einzelnen Fahrer gesondert und lückenlos zu kontrollieren.
3. Die beiden Fahrer des hier verfahrensgegenständlichen LKWs haben ihren Dienstantrittsort bei der Firma H. in L., von wo aus sie Frischfleisch in den Raum Tirol und Vorarlberg zustellen. Aufgrund der zurückzulegenden Entfernung werden die bei den Fahrer nur gemeinsam eingesetzt, da ansonsten eine zeitgerechte Zustellung schon allein aus arbeitszeitrechtlichen Gründen unmöglich wäre. Am Sitz der Firmenzentrale der H. und N. GmbH sind die beiden Fahrer daher maximal einmal pro Woche. Bei der Verladung in L. sind die beiden Fahrer anwesend und werden über die verladenen Mengen mittels Lieferschein informiert. Diese Angaben kontrollieren sie stichprobenweise anhand einer zur Verfügung stehenden Brückenwaage, worüber sie auch genau in ihren zu legenden Fahrtberichten Protokoll zu führen haben. Diese Fahrtberichte werden dem Dispositionspersonal am Firmensitz der Firma H. und N. GmbH zur lückenlosen Kontrolle vorgelegt, sooft die Fahrer dort anwesend sind. Die zur Disposition eingesetzten Mitarbeiter werden ihrerseits vom hier Beschuldigten laufend in ihrer Tätigkeit kontrolliert und sind auch berechtigt den Fahrern gegenüber disziplinäre Maßnahmen zu treffen.
Beweis: Zeuge H. L., pA H. und N. GmbH,
Zeuge L. S., pA H. und N. GmbH,
Ortsaugenschein am Betriebsgelände der H. und N. GmbH zum Beweis, dass ein taugliches Kontrollsystem eingerichtet wurde.
4. Der verfahrensgegenständliche Lastkraftwagen wird der Firma H. für die obgenannten Zustellfahrten mit beiden Fahrern zur Verfügung gestellt. Es wurde ausdrücklich vereinbart, dass die Firma Handlbauer nicht mehr als zulässig verladen darf, insbesondere auch unter dem Hinweis auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten. Die Firma H. hat daher die Anweisung bei Überladung des verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagens den Fahrern die Abfahrt zu verweigern.
Die beiden Fahrer kontrollieren ihrerseits bei der Verladung das Ladegewicht, wie es ihnen laut Lieferscheinen bekannt gegeben wird und sind gehalten, die darauf gemachten Angaben anhand der vor Ort vorhandenen Brückenwaage stichprobenartig zu überprüfen.
Beweis: wie bisher,
Einvernahme eines informierten Vertreters der Firma H., Ortsaugenschein am Betriebsgelände der Firma H.
Bisher wurden bei der Kontrolle des Ladegewichtes durch die Fahrer keine Überladungen festgestellt und dies seit Bestehen der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der Firma H. Die verladenen und überprüften Gewichte werden im Fahrbericht vermerkt, welcher dann der Firma H. und N. GmbH übergeben und dort wiederum nachträglich und lückenlos kontrolliert wird. Auch werden die Fahrer durch das Dispositionspersonal der H. und N. GmbH telefonisch mit Kontrollanrufen überprüft, ob die vermerkten Gewichte mit den Lieferscheinen übereinstimmen und den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. In der Disposition wird daher den technischen Möglichkeiten entsprechend ständig kontrolliert und überwacht. Ebenso wie der Geschäftsführer selbst, ist das Dispositionspersonal darüber hinaus befugt, bei weisungswidrigem Verhalten, disziplinäre Maßnahmen auszusprechen. Diese disziplinären Maßnahmen bestehen unter Rücksichtnahme auf die arbeitsrechtlichen Bestimmungen darin, strikte Verwarnungen auszusprechen. Über die bestehende Rechtslage werden die Fahrer laufend und regelmäßig informiert und geschult.
Beweis: wie bisher.
5. Durch das beschriebene, gegenseitige Kontrollnetz - der Disponent der Firma H. kontrolliert die Fahrer, die Fahrer kontrollieren das verladene Gewicht, die H. und N. GmbH kontrolliert durch ihr Dispositionspersonal die Fahrer und die Firma H., der Beschuldigte kontrolliert die Dispositionsmitarbeiter der H. und N. GmbH persönlich - hat der Beschuldigte jedenfalls alle Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen und vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen mit gutem Grund erwarten lassen. Insbesondere wird durch die wechselseitige lückenlose Kontrolle, gerade auch durch eine von der H. und N. GmbH verschiedene Stelle, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass es zu Überladungen kommt.
Diese Tatsachen wurden im erstinstanzlichen Verfahren versucht durch die gelegten Beweisanbote zu klären, worauf jedoch durch die erkennende Behörde nur abschlägig reagiert wurde, mit der Begründung, dass davon ?eine Klärung von entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen nicht mehr zu erwarten war?. Insoweit lastet dem bekämpften Straferkenntnis Rechtswidrigkeit an, als die Behörde dem Grundsatz der Offizialmaxime widersprechend den relevanten Sachverhalt trotz entsprechender Beweisanbote nicht hinreichend ermittelt hat.
6. Die belangte Behörde konzediert, dass die Maßnahmen, welche sie - unter Außerachtlassung der gestellten Beweisabote - festgestellt hat, immerhin ein ?Schulungssystem? darstellen. Sie argumentiert aber, den wahren Sachverhalt verkennend, dass sich ein ?effektives Kontrollsystem? von einem ?Schulungssystem? insbesondere durch eine nachträgliche Überprüfung unterscheidet. Gerade durch die hier und zuvor dargelegten Maßnahmen wird jedoch nicht nur die Schulung der Fahrer, sondern auch die nachträgliche Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen laufend sichergestellt. Von einer Überlassung der beiden Fahrer in ihre Eigenverantwortlichkeit, wie dies die belangte Behörde unzutreffenderweise behauptet, kann insoweit im gegebenen Fall nicht die Rede sein und die Behörde wäre anhand der angebotenen Beweise wohl auch zu diesem Ergebnis gekommen.
Beweis: wie bisher.
7. Über das bereits bestehende engmaschige Kontrollnetz hinausgehende Maßnahmen können dem Beschuldigten von der Behörde zumutbarerweise nicht abverlangt werden und könnten gerade im Hinblick auf die bestehende Betriebsstruktur mit quer über Europa und darüber hinausgehend verteilten Ladestellen, gerade noch darin bestehen, an jede Ladestelle ein Kontrollorgan der H. und N. GmbH zu setzen, welches rund um die Uhr verfügbar sein muss. Es würde jedoch zu einer unzumutbaren Überspannung des Kontrollerfordernisses führen, wenn ernsthaft verlangt würde, dass jeder einzelne Ladevorgang, der ja ohnehin auch nachträglich überprüft wird, schon bei seiner Durchführung beaufsichtigt wird. Dies wäre auch wirtschaftlich und logistisch nicht durchführbar und würde jedweder ökonomischer Vernunft widersprechen, impliziert doch das hier bekämpfte Straferkenntnis, dass ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer permanent wie Feinde zu behandeln hat und ihnen niemals vertrauen darf, auch wenn sie sich noch so oft als zuverlässig bewährt haben.
8. Die Behörde geht bei der Strafbemessung von einem ?erheblichen Unrechtsgehalt? aus und begründet dies pauschal mit dem Hinweis auf das erhöhte Gefährdungspotential, ohne jedoch darauf einzugehen, worin das erhöhte Gefährdungspotential konkret bestanden hätte. Überhaupt erscheint es willkürlich von einem ?erheblichen Unrechtsgehalt? zu sprechen, insbesondere bei einer Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewichtes um gerade mal 1/38.
9. Das hier angefochtene Straferkenntnis ist infolge undifferenzierter Festsetzung der Strafhöhe mit Rechtswidrigkeit belastet. Insbesondere hat es die Behörde im gegebenen Zusammenhang unterlassen, die für die Strafbemessung relevanten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu erheben, was auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet (vgl VwGH, 28.03.1989, 88/04/0172; vgl auch VwGH 19.09.1991, 91/06/0106).
10. Bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelte es sich um ein Unterlassungsdelikt, wird ihm doch vorgeworfen, bestimmte gesetzliche vorgeschriebene Maßnahmen nicht getroffen zu haben (Überwachung und Kontrolle des Gesamtgewichtes). Wurde bei einer im Sprengel einer bestimmten Bezirkshauptmannschaft vorgenommenen Kontrolle des Fahrzeuges der rechtswidrige Zustand festgestellt, ergibt sich aber daraus noch nicht die örtliche Zuständigkeit dieser Behörde zur Ahndung der konkreten Verwaltungsübertretung, da gerade die konkret unterlassenen Vorsorgehandlungen keineswegs im Sprengel der überprüfenden Behörde zu setzen gewesen wären. Vielmehr ist bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung der Tatort dort anzunehmen, wo der Täter seine Kontrollpflicht verletzt hat, also dort, wo sich das Gesamtgesicht zuletzt geändert hat und somit er das Gesamtgewicht zuletzt überprüfen hätte sollen. Dies wäre im gegebenen Fall die letzte Ladestelle vor der gegenständlichen Fahrzeugkontrolle durch die Behörde gewesen. Die letzte Ladestelle des hier beanstandeten LKWs war in Lambrechten. Die letzte Ladestelle und die Ladezeit sind auch sehr leicht durch Vorlage der bezughabenden Tachographenscheiben nachweisbar, eine zwischenzeitige Änderung des Ladegewichtes seit der der Kontrolle unmittelbar vorausgehenden Ladestelle ist nicht eingetreten. Gerade aber bei einem derart leichten Nachweis von Tatort und Tatzeit kann keine Rede davon sein, dass eine zielführende Verfolgung der in Rede stehenden Tat mit unüberwindlichen, den staatlichen Strafanspruch beseitigenden Schwierigkeiten verbunden wäre (vgl VwGH 96/02/0489). Richtig ist daher, dass die Bezirkshauptmannschaft Kufstein örtlich unzuständig ist, liegt doch die hier relevante, der Kontrolle durch die Behörde unmittelbar vorhergehende Ladestelle zweifelsfrei außerhalb des Behördensprengels der Bezirkshauptmannschaft Kufstein.
Aus all den angeführten Gründen wird der ANTRAG
gestellt, der UVS für das Land Tirol möge
1. das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 2.6.2006, GZ: KS-4252-2006, ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu
2. das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die erstinstanzliche Behörde zurückverweisen, sowie
3. der belangten Behörde den Ersatz der Kosten auflegen.?
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Berufungswerber sowie der Zeuge H. L. einvernommen werden konnten.
Der Berufung kommt wie im Spruch ausgeführt in diesem Rahmen Berechtigung zu:
Der Anzeige der Autobahnkontrollstelle Kundl vom 28.03.2006 zu Zl A1/17525/01/2006 ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber als Verantwortlicher der Firma H. und N. in St. F. bei L., diese ist Zulassungsbesitzerin des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XY nicht dafür Sorge getragen hat, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des KFG entspreche. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt nämlich am 26.03.2006 um 23.45 Uhr im Gemeindegebiet von Kundl auf der Autobahn A 12 bei km 24,300 von H. L. gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte und die Summe der Achslasten gemäß § 4 Abs 7a KFG von 40 t um 1.050 kg überschritten worden sei, obwohl bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten von 40 t nicht überschritten werden dürfen. Dem Wiegeprotokoll ist zu entnehmen, dass das Übertretungsgewicht 2,83 Prozent ausgemacht habe.
Anlässlich der öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung hat der Berufungswerber mitgeteilt, dass er handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma H. und N. GmbH in St. F. sei. Die Firma sei seit 8 Jahren ISO-qualifiziert und es sei schon deswegen die Einrichtung eines Kontrollsystems verlangt worden. Der Disponent bekomme von seinem Auftraggeber den Auftrag. Schon da werde geprüft, ob die Anzahl des Gesamtgewichtes und des Ladegewichtes passe. Wenn das Eigengewicht und das Ladegewicht innerhalb der 40 Tonnengrenze liegen würde, so sei das für den Disponenten in Ordnung. In der Folge bekomme der Fahrer vom Disponenten den Auftrag die besprochene Sendung vom Kunden bzw Lieferanten zu laden und zum Entladeort zu bringen. Der Disponent werde keine Ladung annehmen, bei der er die 40 t überschreiten würde.
Im gegenständlichen Fall sei es so, dass der Lenker zwei- bis dreimal die Woche nach Tirol und Vorarlberg fahre und ausgenommen bei der Ladung am Sonntag bei allen Ladungen des Fahrzeuges persönlich anwesend sei. Wenn er persönlich dabei sei, habe er auch die Papiere und kontrolliere noch einmal die entsprechenden Ladegewichte. Bei der Beladung am Samstag und am Sonntag sei er allerdings nicht dabei, er übernehme am Sonntagabend das Fahrzeug und würde dann nur mehr anhand der vorliegenden Ladepapiere das Gewicht kontrollieren. Die vorliegenden Ladepapiere hätten dem Gesamtgewicht entsprochen.
Wenn der Fahrer zurückkomme zur Firma würde der Disponent den Fahrer und dessen Papiere kontrollieren. Sollte es hier Differenzen geben, habe der Disponent die Möglichkeit den Fahrer schriftlich oder mündlich zu verwarnen. Der Disponent seinerseits werde wieder vom Abteilungsleiter, das sei der Prokurist, kontrolliert. Diese Disponenten würden regelmäßig und mehrfach täglich vom Abteilungsleiter kontrolliert. Die Firma habe immer zwischen 6 und 8 Disponenten beschäftigt. Es gebe einen Abteilungsleiter und seine Funktion sei eben die der Überwachung und Kontrolle. Der Berufungswerber selbst kontrolliere wiederum den Abteilungsleiter.
Es gebe regelmäßige Besprechungen wo der Abteilungsleiter in ganz bestimmten Punkten kontrolliert werden würde. Diese Besprechungen würden mehrmals wöchentlich stattfinden. Für jeden Fahrer gebe es ein Fahrerhandbuch. Es gäbe schriftliche Mitteilungen an die Fahrer und auch Schulungen in der Firma. 160 Personen seien immer beschäftigt.
Das Kontrollsystem sei so aufgebaut, dass immer einer vom anderen kontrolliert werde, wobei die Pyramide beim Berufungswerber ende. Die Firma, wo die Fahrzeuge beladen würden, sei in L. Die Fahrzeuge des Berufungswerbers hätten noch keine Waage, wobei das Gewicht jedoch über die Luftfederung feststellbar sei. Der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges sei seit über 20 Jahren bei der Firma beschäftigt. Es sei die Aufgabe des Lenkers genau zu überprüfen, ob er mit dem zugeladenen Gewicht und dem Eigengewicht des Fahrzeuges innerhalb der 40 t bleibe. Er habe diesbezüglich auch vom Dienstgeber strikte Anweisungen. Dasselbe gelte für den Disponenten und den Abteilungsleiter. Auch in den Dienstverträgen seien die entsprechenden Verpflichtungen festgehalten. Die letzte Schulung habe die Ladungssicherung betroffen. Die Schulungen würden in Gruppen von 10 bis 20 Fahrern stattfinden. Es würde auch technische Schulungen bei Fahrzeugherstellern sowie arbeitsrechtliche Schulungen hinsichtlich Arbeitszeiten und Lenkzeiten geben. Er glaube nicht, dass 10 Schulungen im Jahr ausreichend seien. Diese Schulungen würden für diverse Gruppen im firmeneigenen Gelände stattfinden, allerdings immer für die Lenker. Die Vortragenden wären fachspezifisch ausgebildete Personen. Es würden Sicherheitsbeauftragte, Leute vom Arbeitsinspektorat, etc kommen.
Der Lenker L. sei ein ordentlicher und gewissenhafter LKW-Fahrer, der schon vor 10 Jahren übernommen wurde und seit mindestens 20 Jahren im Geschäft des LKW-Lenkens dabei sei. Es habe nie einen konkreten Anlass gegeben, diesen Lenker speziell überwachen zu lassen.
Es hätte durchaus Mitarbeiter gegeben, die die Anweisungen des Berufungswerbers bzw diverse gesetzliche Bestimmungen nicht eingehalten hätten und die dann sogar fristlos entlassen worden wären. Die Leute würden dann entlassen werden, wenn der Berufungswerber der Ansicht sei, sie hätten grob fahrlässig gehandelt. Abgesehen von den Kontrollsystemen müsse er sich auf einen Fahrer, der die entsprechende Lenkberechtigung hat und der die Verträge der Firma unterschrieben habe, verlassen können. Er habe nicht die Möglichkeit die Leute in Spanien zu kontrollieren und sonst wo in Europa.
Es seien in der Firma über 20 Leute beschäftigt, die Kontrollfunktionen ausüben würden. Das würde bei seiner Person beginnen und würde den Abteilungsleiter und den Disponenten und den Prokuristen weitergehen. Die drei Prokuristen wären alle schon über 20 Jahre im Betrieb, zwei sogar schon 25 Jahre. Die Disponenten werden zum Teil schon seit 15 Jahren in der Firma.
Die Lenker müssten im Fahrtbericht niederschreiben was und wie schwer die Ware gewesen sei, die sie übernommen haben. Im Fahrtbericht des Lenkers L. sei von einer Ladung nichts zu sehen gewesen. Jeder Fahrtbericht werde vom Disponenten kontrolliert. Wenn aus sei einem Fahrtbericht ersichtlich sei, dass Überladungen stattgefunden hätten, werde dies der Disponent feststellen und den Lenker verwarnen. Unter Umständen bespreche der Disponent auch mit dem Prokuristen was am geeignetsten zu tun sei. Es sei noch nicht vorgekommen, dass das jemand öfter als einmal gemacht bzw wiederholt habe. Es komme zu Überladungen entweder dadurch dass ein Lieferschein gefehlt habe oder das Gewicht am Lieferschein nicht gestimmt habe.
Er betone, dass die Strafen, die ein Fahrer erhalte von der Firma nicht übernommen werden würde, dies aus grundsätzlichen erzieherischen Erwägungen. Jeder Fahrer erhalte ein Fahrerhandbuch. Dieses wächst mit jeder Mitteilung sozusagen mit. Jeder Lenker erhält bei seiner Einstellung ein Informationsblatt, auf diesem ist auf Seite 4 erster Absatz Nachstehendes festgehalten:
Sendungsübernahme: Bitte achten sie beim Versender der von ihnen zu übernehmenden Sendung auf Anzahl der Packstücke, Ladegewicht (maximales Gesamtgewicht 40 t ? unter Beachtung des Eigengewichtes ? Dieseltankinhalt nicht vergessen) und deren ordnungsgemäße Übernahme in der äußeren Beschaffenheit der Sendung. Differenzen in der Zahl der Packstücke beim Sendungsgewicht oder bei der Sendungsbeschaffenheit bitte unbedingt bei der Übernahme (wo sie dafür unterschreiben) anmerken. Bei unzählbaren Packstücken unbedingt den Vermerk anbringen ?ungezählt übernommen?.
Der Berufungswerber hat zudem ein Muster des Dienstvertrages für seine Arbeiter vorgelegt. In diesem ist unter § 13 die Verpflichtungen zur Teilnahme an betrieblichen Schulungen festgehalten. Unter § 17 Punkt 2 ist zudem ausgeführt, dass der Dienstgeber jedes Verhalten zu unterlassen habe, dass zu einer verwaltungsstrafrechtlichen Haftung des Dienstgebers bzw eines verantwortlichen Beauftragten des Dienstgebers führen könne. Insbesondere seien nachfolgende Vorgaben vom Dienstnehmer strikt einzuhalten:
Höchstzulässiges Gesamtgewicht
Verkehrszuverlässigkeit des Fahrzeuges
Wochenend- bzw Nachtfahrverbot
Ladungssicherung im Allgemeinen sowie Ladungssicherheit bei
Gefahrenguttransporten und Ausfüllen und Mitführen der Beförderungspapiere und Frachtbriefe.
Unter Punkt 4 ist ausgeführt, dass der Dienstnehmer, wenn der Dienstgeber aufgrund eines Dienstverhaltens des Dienstnehmers bestraft werde, dieser dem Dienstgeber den gesamten hierdurch eintretenden Schaden zu ersetzen hat, dies betreffe insbesondere den Strafbetrag inklusive der behördlichen Verfahrenskosten. Die Kosten zur notwendigen und zweckentsprechenden Rechtsvertretung etc.
Der Berufungswerber hat anlässlich seiner Einvernahme auch noch ausgeführt, dass er durch eine Überladung keinen Vorteil habe, da die Ladung nicht pro Kilogramm sondern pro Fahrt berechnet werde.
Der Zeuge H. L., der als Lenker zum Tatzeitpunkt das gegenständliche Fahrzeug geführt hat, gab an, dass der LKW bereits beladen gewesen sei als er und sein Kollege diesen am Sonntag übernommen hätten. Er habe dann mit dem Kollegen zusammen die Lieferscheine kontrolliert und auch die Gewichtskontrollen durchgeführt und überprüft, dass der Gewichtsbereich innerhalb der 40 t liege. Sie seien dann ahnungslos losgefahren und bei Kundl ausgeleitet worden. Auf der Brückenwaage habe man festgestellt, dass die 40 t überschritten worden seien. Im Nachhinein sei dann von ihnen der Warnbestand kontrolliert worden und man habe entdeckt das mehr geladen worden sei, als auf den Lieferscheinen ersichtlich gewesen sei. Diese zusätzliche Ware hätte auf den Lieferscheinen angeführt werden müssen. Er fahre zwei bis dreimal die Woche nach Tirol und Vorarlberg und werde sehr oft in Kundl angehalten. Er wisse daher, dass es dort diese Kontrollgefahr immer gebe. Unter der Woche sei er bei der Beladung dabei und könne auch sehen ob stimme, was in den Frachtbriefen stehe, aber an einem Sonntag sei er bei der Beladung eben nicht dabei. Er sei noch nie wegen einer Überladung angehalten worden. Er sei seit 10 Jahren bei der Firma D. und seit 26 Jahren als LKW-Fahrer tätig. Er bekomme von der Firma den Auftrag keine Überladungen durchzuführen. Dafür hätte er das Fahrerhandbuch erhalten, in welchem die ganzen Regeln stehen würden. Es gebe Schulungen in der Firma. Diese Schulungen würden ein bis zweimal im Jahr stattfinden. Würde ihm ein Fehler unterlaufen, würde er verwarnt. Der Chef kann ihn persönlich verwarnen, aber auch der Disponent. Er habe guten Kontakt zu seinem Chef und könne jederzeit mit ihm ein Gespräch führen, wenn er das benötige. Seine Strafe habe er selber zahlen müssen. Man könne durchaus sagen, dass von Seiten der Firma sehr streng darauf geachtet werde, dass die gesetzlichen Bestimmungen von ihrer Seite eingehalten werden würden. Der Fahrtbericht werde für jede Fahrt angelegt. Diesen erhält dann der Disponent. Der Disponent
kontrolliert diesen Bericht. Das sei auch die Grundlage für die Lohnverrechnung. Er könne mit 100prozentiger Sicherheit bestätigen, dass seine Tätigkeit und die Fahrtberichte vom Disponenten täglich kontrolliert werden würden.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass der Beschuldigte, der zum Zeitpunkt der Kontrolle handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma D. und N. gewesen war, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich war. Es war daher am Beschuldigten gelegen, mangelndes Verschulden zu behaupten und auch glaubhaft zu machen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden geringfügig, wenn unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehaltes erheblich zurückbleibt.
Der Beschuldigte musste ein Kontrollsystem aufzeigen und glaubhaft machen, das mit gutem Grund die Einhaltung der Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes zu erwarten gewesen wären. Ein solches Vorbringen hat der Beschuldigte weitgehend erstattet. Es ist ihm zum Teil auch gelungen ein funktionierendes Kontrollsystem aufzuzeigen und glaubhaft zu machen.
Da das Verschulden des Beschuldigten geringfügig geblieben war und die Folgen der Übertretung relativ unbedeutend waren, war von der Verhängung einer Strafe abzusehen.
Der Berufungswerber wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnt, da dies erforderlich war, um ihn dazu zu bewegen, sein Kontrollsystem noch besser und fundierter auszubauen. Insbesondere wäre dabei auch die Schulung von ?alten Hasen? die doch regelmäßig hätte stattfinden sollen zu empfehlen gewesen.
Andererseits hat er bei 160 Mitarbeitern und bei einem Betrieb, dem zwei der Prokuristen schon seit mindestens 25 Jahren angehören bisher nur eine einzige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung aufzuweisen.
Dies ist ein Hinweis darauf, dass das Kontrollsystem relativ gut funktioniert. Lediglich hinsichtlich der Schulungen seiner Mitarbeiter kam es zu Widersprüchen zwischen seinen Ausführungen und denen des Lenkers. Wollte der Berufungswerber im Jahr mindestens 10 Schulungen für seine Lenker durchgeführt wissen, und hat er die ? alten Hasen? von einer Vielzahl von Schulungen ausgenommen, wusste der Lenker lediglich von ein bis zwei Schulungen pro Jahr. Hier wurde den Ausführungen des Berufungswerbers kein Glauben geschenkt. Hinsichtlich seiner Kontrollpyramide innerhalb seines Systems konnte die Berufungsbehörde jedoch seinen Ausführungen folgen, da diese von den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des Lenkers gedeckt waren.
Außerdem hat der Berufungswerber ansonsten bei seiner Einvernahme sehr glaubwürdig und ehrlich gewirkt
Insgesamt war jedoch von einem geringen Verschulden des Berufungswerbers auszugehen, da dieser dem Senat ausführlich sein groß angelegtes Kontrollsystem beschrieben und zum Teil auch mit entsprechenden Unterlagen dargestellt hat.
Dass die Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG in Verbindung mit § 4 Abs 7a KFG begangen wurde, wurde vom Berufungswerber nicht bestritten. Auch seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung wurde von ihm bestätigt. Die Überschreitung des 40 Tonnen-Gesamtgewichtes um 2,65 Prozent war jedoch im gegenständlichen Fall als unbedeutende Folge zu werten und konnte daher insgesamt wie im Spruch bereits ausgeführt, mit einem Absehen von einer Strafe und dem erteilen einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.