Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §49 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des ME in P, BRD, vertreten durch Dr. M. Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Lidmanskygasse 9/I, gegen den Bescheid (Rechtsmittelentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom 18. September 1995, Zl 151/4-6/95, betreffend Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs 1 lit a FinStrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates der Finanzstrafbehörde erster Instanz wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Juni, August, September und Dezember 1993 sowie Jänner und April 1994 in Höhe von insgesamt S 3,281.609,-- nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet. Er habe dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen und werde hiefür gemäß § 49 Abs 2 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von S 200.000,-- bestraft. Im Fall der Uneinbringlichkeit trete an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe von 90 Tagen.
Nach den Feststellungen des Spruchsenates sei der Beschwerdeführer einer der jedenfalls auch für buchhalterische und steuerliche Belange des Unternehmens zuständigen Geschäftsführer der F.R.V. GmbH gewesen. Soweit sich der Beschwerdeführer nicht in Kärnten aufgehalten habe, seien ihm an seinem Wohnort in Deutschland alle entsprechenden Belege, insbesondere auch hinsichtlich der Steuerguthaben und Schulden zur Verfügung gestanden. Von Juni 1991 bis März 1994 sei die GmbH von Mag. R. steuerlich vertreten gewesen. Dessen Vertretungsbefugnis habe spätestens mit dem Zeitpunkt geendet, als über das Vermögen der GmbH am 18. Mai 1994 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Der steuerliche Vertreter habe u.a. die Errechnung der Umsatzsteuer besorgt, sämtliche Umsatzsteuervoranmeldungen ausgefertigt, die Erlagscheine ausgefüllt und diese der Bank der GmbH zur Überweisung der geschuldeten Umsatzsteuer übermittelt. Gleichzeitig habe er die GmbH, aber auch den Beschwerdeführer verständigt, weil er nicht den Auftrag gehabt habe, die geschuldeten Umsatzsteuerbeträge an das Finanzamt einzuzahlen.
Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Vorsteuern für Rechnungen aus dem Zeitraum Mai 1993 habe sich im Juni 1993 beim Finanzamt zu Gunsten der GmbH eine Gutschrift in der Höhe von rund S 4,2 Mio. ergeben. Im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer habe der steuerliche Vertreter am 21. Juni 1993 beim Finanzamt einen Antrag auf Überweisung eines am Konto der GmbH bestehenden Guthabens in Höhe von rund S 4 Mio. auf das Steuerkonto einer B GmbH gestellt. Durch die Überweisung habe sich das Steuerguthaben der GmbH auf rund S 125.000,-- verringert. Mit der folgenden Umsatzsteuerzahllast für Juni 1993 in der Höhe von rund S 520.000,-- sei demnach nicht nur das Steuerguthaben verbraucht, sondern darüber hinaus bereits ein beträchtlicher Steuerschuldenstand zum Nachteil der GmbH entstanden. Von der Gutschrift, aber auch vom Eintritt der Steuerschuld mit der Erklärung für Juni 1993, die am 10. August 1993 fällig gewesen sei, habe der Beschwerdeführer spätestens im Juli 1993 Kenntnis gehabt. Der Beschwerdeführer sei sich in der Folge bereits bei der ersten, Gegenstand dieses Finanzstrafverfahrens bildenden Fälligkeit sowohl seiner Zahlungsverpflichtung als auch des Umstandes, dass die Bank wegen überzogener Girokonten keine weiteren Überweisungen an das Finanzamt mehr durchführe, bewusst gewesen. Der steuerliche Vertreter habe bereits zuvor und in der Folge insbesondere auch für die Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Zeiträume jeweils nicht nur die Bank, sondern auch die GmbH und den Beschwerdeführer ausdrücklich auf die Zahllast hingewiesen. Der Beschwerdeführer habe demnach trotz Kenntnis der Steuerschulden und des Umstandes, dass über das Konto der GmbH keine Überweisungen an das Finanzamt mehr durchgeführt würden, die Umsatzsteuerschuldigkeiten für die Monate Juni, August, September und Dezember sowie Jänner und April 1994 in der Höhe von zusammen S 3,281.609,-- nicht termingerecht, insbesondere auch nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt. Dabei sei sich der Beschwerdeführer seiner steuerlichen Verpflichtungen durchaus bewusst gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Abfuhr der geschuldeten Umsatzsteuer zwar deshalb nicht durchgeführt, weil die GmbH sich in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe, die schließlich zum Konkursverfahren im Mai 1994 geführt hätten. Er habe es darüber hinaus auch ernstlich für möglich gehalten, dass dadurch der Sachverhalt der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG verwirklicht werde. Mit diesem Umstand habe sich der Beschwerdeführer schließlich abgefunden. Er habe es aber auch unterlassen, der zuständigen Abgabenbehörde fristgerecht die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer bekannt zu geben.
Der Spruchsenat stützte diese Feststellungen in erster Linie auf den Inhalt der Steuerakten, die Aussage des steuerlichen Vertreters und die von diesem vorgelegte Korrespondenz einschließlich der Nachweise für die Aufgabe von Faxsendungen, nach deren Inhalt dem Beschwerdeführer insbesondere hinsichtlich der Gegenstand des Finanzstrafverfahrens bildenden Zahllasten sowohl die Höhe der geschuldeten Beträge als auch die Tatsache bekannt gewesen seien, dass die Bank Überweisungen wegen des überzogenen Bankkontos nicht mehr durchgeführt habe. Nach Vorhalt der Aussage des steuerlichen Vertreters habe der Beschwerdeführer nicht mehr schlüssig in Abrede stellen können, dass er von der Überweisung auf das Steuerkonto der B-GmbH keine Kenntnis gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe durch seinen Verteidiger (in der Verhandlung vom 15. März 1995) unter Beweis zu stellen versucht, dass er "erst" im Juli 1993 von dem ursprünglichen Guthaben und der folgenden Steuerlast Kenntnis erlangt habe. In diesem Zeitpunkt sei aber die Umsatzsteuer für Juni 1993 noch gar nicht fällig gewesen.
In einer dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer zunächst, dass er bei der Verhandlung vom 15. März 1995 nicht anwesend gewesen sei, wobei er sich vorher mit einem schon lange geplanten beruflichen Auslandsaufenthalt entschuldigt habe. Trotzdem habe der Spruchsenat die Verhandlung durchgeführt und habe - ohne ihn nochmals einvernommen zu haben - den unrichtigen Sachverhalt angenommen, der Beschwerdeführer sei mit der Überweisung des Steuerguthabens auf das Steuerkonto der B GmbH einverstanden gewesen. Wäre der Spruchsenat den Ausführungen des Beschwerdeführers gefolgt, dass die Umbuchung aus ihm nicht bekannten bzw. nicht ersichtlichen Gründen durchgeführt worden sei und er von diesem Umstand erst nachträglich erfahren habe, hätte der Spruchsenat zum Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer keine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen habe. Der Beschwerdeführer rügte auch den Umstand, dass drei Verhandlungen durchgeführt worden seien, wobei der Spruchsenat jeweils durch andere Mitglieder besetzt gewesen sei. Weiters rügte der Beschwerdeführer, dass seinem Beweisantrag, wonach er von den Umständen der Umbuchung erst im "Jahr 1993" erfahren habe, nicht stattgegeben und der zum Beweis dafür beantragte Zeuge Dkfm. M. nicht einvernommen worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nach in Abwesenheit des Beschwerdeführers, aber in Anwesenheit seines Verteidigers durchgeführter Berufungsverhandlung, in welcher eine Beweisergänzung durch abermalige Einvernahme des steuerlichen Vertreters zur Frage, ob der Umbuchungsantrag eines Guthabens vom Steuerkonto der GmbH auf das Steuerkonto der B GmbH im Einvernehmen oder ohne Wissen des Beschwerdeführers gestellt worden war, der Berufung keine Folge gegeben. Durch die Abweisung des Beweisantrages zur Frage der näheren Umstände der Umbuchung seien Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt worden, weil der Spruchsenat ohnehin davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer erst im "Jahr 1993" von der Umbuchung erfahren habe, es aber auf den Umstand, ob die Umbuchung im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer erfolgte oder nicht, nicht ankomme. Im Juli 1993, in welchem dem Beschwerdeführer die Tatsache der Umbuchung zur Kenntnis gelangt sei, sei die Umsatzsteuer für Juli 1993 noch gar nicht fällig gewesen. Demnach habe es der Beschwerdeführer in Kenntnis der Höhe der Umsatzsteuervorauszahlung und seiner Verpflichtung zu deren Bezahlung aber sowohl unterlassen, die betreffenden Umsatzsteuervorauszahlungen spätestens am 5. Tag nach ihrer Fälligkeit zu entrichten, als auch fristgerecht deren Höhe dem Finanzamt bekannt zu geben. Der Tatbestand nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG sei demnach erfüllt, sodass der diesbezüglichen Argumentation des Spruchsenates zu folgen gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "einerseits durch Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften, nämlich Unterlassung seiner Befragung, Unterlassung der Einvernahme eines von ihm beantragten Zeugen und Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, andererseits durch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, indem fälschlicherweise vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes ausgegangen wurde", in seinen Rechten verletzt.
Die Beschwerde macht dazu im Wesentlichen neben dem Umstand, dass die im Verfahren vor dem Spruchsenat abgeführten drei Verhandlungen jeweils in verschiedenen Senatsbesetzungen stattgefunden hätten, geltend, die belangte Behörde hätte ohne abermalige Vernehmung des Beschwerdeführers nach der Vernehmung des Steuerberaters Mag. R. im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 18. September 1995, sowie ohne Vernehmung des vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen Dkfm. M. bedingten Vorsatz hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Tat nicht annehmen und die Berufung abweisen dürfen. Der Beschwerdeführer beruft sich dazu auf sein dahingehendes Vorbringen, dass er von der Umbuchung auf das Steuerkonto der B GmbH erst im Nachhinein, nämlich nach ihrer Durchführung Kenntnis erlangt habe. Er sei mit dieser zwar prinzipiell einverstanden gewesen, habe aber sämtliche "finanztechnischen Erledigungen" vorausgesetzt. Er hätte dieser Umbuchung nicht zugestimmt, hätte er gewusst, dass es zu den hohen Nachforderungen kommen würde. Hätte er die Umbuchung verhindern können, so wäre ausreichendes Deckungskapital für die Abgabenverbindlichkeit zur Verfügung gestanden.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass es auf den vom Beschwerdeführer auch in der Beschwerde in den Vordergrund gestellten Umstand, dass die Umbuchung des auf dem Abgabenkonto der GmbH bestehenden Guthabens auf das Konto der B GmbH nicht im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer erfolgt sei, nicht ankommt. Gemäß § 49 Abs 1 lit a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Höhe der geschuldeten Beträge dem Finanzamt nicht fristgerecht bekannt gegeben wurde. Es ist aber auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde, der Beweiswürdigung des Spruchsenates folgend als erwiesen angenommen hat, dass der Beschwerdeführer vor Fälligkeit der in Rede stehenden Umsatzsteuervorauszahlungen (erste diesbezügliche Fälligkeit: 10. August 1993) sowohl vom Umstand der erfolgten Umbuchung als auch vom Bestehen der jeweiligen Verbindlichkeiten hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen Kenntnis hatte. In der Beschwerde wird ausgeführt, die von Mag. R. vorgelegten Urkunden könnten das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihm zum "Zeitpunkt der Umbuchung bzw. zum Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung" nicht klar gewesen sei, dass sich in der Folge eine Abgabenverbindlichkeit ergeben würde und der Beschwerdeführer mit einer Umbuchung nicht einverstanden gewesen wäre, wenn er dies gewusst hätte, nicht widerlegen, da die Schriftstücke vom 21. September 1993 und vom 16. November 1993 lange nach durchgeführter Verrechnung beim Beschwerdeführer eingelangt seien. Dazu ist zu sagen, dass der Beschwerdeführer damit keineswegs in Abrede stellt, nach dem Zeitpunkt der Umbuchung und deren Kenntniserlangung (spätestens "im Juli 1993"), aber vor Fälligkeit der ersten Umsatzsteuervorauszahlung (am 10. August 1993), deren unterbliebene Bezahlung ihm zur Last gelegt wurde, von der entsprechenden Umsatzsteuerverbindlichkeit aber auch von seiner Verpflichtung, diese fristgerecht abzuführen, Kenntnis gehabt zu haben. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer schon die diesbezügliche Beweiswürdigung des Spruchsenates in seiner Berufung gegen dessen Entscheidung nicht angefochten hat.
Es ist daher auch die Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass der Beschwerdeführer mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Das diesbezügliche Verschulden ist gegenständlich nämlich nicht darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer mit der Umbuchung vor ihrer Durchführung einverstanden gewesen wäre, sondern er nach Durchführung der Umbuchung von dieser und den entstandenen Abgabenverbindlichkeiten Kenntnis hatte, dennoch aber weder für die Bezahlung der Abgaben Sorge trug, noch deren Höhe der Abgabenbehörde fristgerecht bekannt gab.
Damit konnten auch weitere Ermittlungen, sei es durch Vernehmung des beantragten Zeugen Dkfm M., sei es durch Vernehmung des Beschwerdeführers zur Aussage des Mag. R. in der Berufungsverhandlung, zur Frage unterbleiben, ob der Beschwerdeführer mit der Umbuchung vor ihrer Durchführung einverstanden war oder nicht, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten.
Zur Rüge des Beschwerdeführers, die mündlichen Verhandlungen des Spruchsenates wären in jeweils anderer Senatszusammensetzung abgeführt worden, ist abgesehen davon, dass gegenständlich der angefochtene Bescheid und nicht das Erkenntnis des Spruchsenates auf allfällige Rechtsverletzungen zu prüfen ist, darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nicht behauptet, entgegen den Verhandlungsniederschriften wäre jeweils eine Neudurchführung des Verfahrens nicht erfolgt.
Da die Beschwerde somit insgesamt nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 30. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1996140014.X00Im RIS seit
04.03.2002