TE UVS Tirol 2007/03/27 2006/15/1133-5

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Veröffentlicht am 27.03.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn K. M., geb am XY, vertreten durch V. H., RA in D-M., XY Straße 6, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 07.03.2006, Zl SI-754-2005, wie folgt:

 

Zu Punkt

A):

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,00 auf Euro 300,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 1,5 Tagen, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird gemäß § 64 Abs 2 VStG der Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe, sohin Euro 30,00 neu bestimmt.

 

Zu Punkt

B):

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die über den Beschuldigten zu den Punkten 1), 2) 3) und 4) jeweils verhängten Geldstrafen in der Höhe von Euro 2.000,00 auf jeweils Euro 1.000,00, im Uneinbringlichkeitsfalle jeweils eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 4 Tagen, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird gemäß § 64 Abs 2 VStG der Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafen, mit jeweils Euro 100,00, insgesamt sohin Euro 400,00 neu bestimmt.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird hinsichtlich Spruchpunkt A) insoferne abgeändert, als die Wortfolge Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen durch die Wortfolge eine Person mit Abhängigkeitserkrankung und hinsichtlich Spruchpunkt B) die Wortfolge im konkreten von drogenabhängigen Personen durch die Wortfolge im konkreten eine drogenabhängige Person ersetzt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

 

A)

Sie haben zumindest im Zeitraum 21.12.2004 bis 08.06.2005 in E., XY-Weg 34, Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, bei der dort stationär vorgenommenen Suchtmittelentwöhnung beobachtet, betreut und gepflegt und damit eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für (psychiatrische) Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegehilfe im genannten Zeitraum ausgeübt, ohne hiezu durch die Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes oder eine andere gesetzliche Vorschrift berechtigt gewesen zu sein.

 

B)

Sie haben es als Vorstand des Vereines N. B. eV und damit als zur Vertretung nach außen hin berufenes Organ des vorangeführten Vereines und sohin strafrechtlich Verantwortlicher für diesen Verein im Sinne der Bestimmung des § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz zu verantworten, dass zumindest im Zeitraum 21.12.2004 bis 08.06.2005 in E., XY Weg 34, die Vereinsmitarbeiter

1.

R. S., geb XY

2.

S. L., geb XY und

3.

H. G., geb XY

zur Beobachtung, Betreuung und Pflege von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen und mit psychischen Störungen, im konkreten von drogenabhängigen Personen, bei der in XY E., XY Weg 34, stationär vorgenommenen Suchtmittelentwöhnung und damit zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für (psychiatrische) Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegehilfe im genannten Zeitraum herangezogen worden sind, ohne dass die vorgenannten Herren durch die Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes oder eine andere gesetzliche Vorschrift zu dieser Tätigkeit berechtigt gewesen sind.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu Punkt A) eine Verwaltungsübertretung nach § 105 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 19 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und zu Punkt B) jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 105 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 19 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz begangen und wurde über ihn hinsichtlich Punkt A) eine Geldstrafe gemäß § 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz in Höhe von Euro 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und hinsichtlich Punkt B) jeweils eine Geldstrafe gemäß § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz in Höhe von

1.

Euro 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage),

2.

Euro 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und

3.

Euro 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage)

sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Vertreter Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, Tatbestandsmerkmal des einschlägigen § 19 Abs 2 Z 1 GuKG sei das Vorliegen einer Abhängigkeitserkrankung. Eine solche liege bei den Personen, die einen kalten Entzug im N. Selbsthilfezentrum durchführen nicht vor.

 

Ein Vertrauen der N. Mitarbeiter in die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen sei jedenfalls gegeben gewesen. Auch seien Maßnahmen ergriffen worden, um sich mit der rechtlichen und medizinischen Situation vertraut zu machen. Insbesondere sei eine Rechtsanwältin hinzugezogen worden. Ein Verschulden sei daher zu verneinen.

 

Am Anfang seiner Vernehmung sei er nicht über seine Rechte aufgeklärt worden, obwohl er Beschuldigter gewesen sei. Dies sei erst am Ende nachgeholt worden.

 

Verschiedene andere Mitglieder seien als Beteiligte nach dem AVG vorgeladen worden, wobei ein Verwaltungsverfahren nach dem AVG überhaupt nicht anhängig gewesen sei.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, Zl SI-760-2005, in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates von Tirol, Zl 2006/15/1136 sowie in die Akten 2006/18/1134 und 1137, insbesondere in das Protokoll über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 20.09.2006 (§ 46 AVG).

 

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht der von der Erstbehörde angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt samt der hier amtlich vorgenommenen Berichtigungen als erwiesen fest.

Am 08.06.2005 wurde von Beamten der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ein Lokalaugenschein bezüglich der vom Verein N. B. eV genutzten Räumlichkeiten im Objekt XY Weg 34 durchgeführt.

 

Das Zentrum XY-Weg 34 wird vom Verein N. B. eV mit Sitz in M. betrieben. Dieser Verein ist in Deutschland im Vereinregister eingetragen, in Österreich besteht keinerlei Eintragung im Vereinsregister. Irgendeine Meldung an eine österreichische Vereinsbehörde ist nicht erfolgt.

 

Das Selbsthilfezentrum wurde am 21.12.2004 in Betrieb genommen. Seitdem haben in etwa 10 Personen am Programm teilgenommen. In etwa drei bis vier Personen wurden dabei auch suchtmittelentwöhnt. Durchschnittlich befinden sich vier bis sechs Personen im Programm.

 

Der Verein N. B. eV wird nach außen hin vom Vorstand vertreten. Im Vorstand sind die Frau Präsidentin M. P., der Herr Vizepräsident R. P. und der Herr Schatzmeister M. K. vertreten.

 

Der Programmablauf umfasst sowohl die Nachbetreuung von suchtmittelentwöhnten Personen als auch die Suchtmittelentwöhnung von noch drogenabhängigen Personen. Dabei werden grundsätzlich keine Drogenersatzmittel bzw Substitutionsmittel eingesetzt. Dabei werden bei rund 35 Prozent der betreuten Personen Suchtmittelentwöhnungen durchgeführt. Die Suchtmittelentwöhnung wird nur bei Personen durchgeführt, die vom Arzt, Herrn Dr. B., dafür als geeignet befunden worden sind. Grundsätzlich wird vor der Aufnahme in das Selbsthilfezentrum eine ärztliche Untersuchung und Beurteilung der aufzunehmenden Personen vorgenommen. Herr Dr. B. entscheidet dann, ob bei noch suchtmittelabhängigen Person ein so genannter kalter Entzug im N. Zentrum in E. durchgeführt werden kann. Nur solche Personen werden im Zentrum suchtmittelentwöhnt.

 

Der Programmablauf im Zentrum E. ist für jede teilnehmende Person ident. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Personen erfolgt dabei nicht. In den Programmablauf im Selbsthilfezentrum E. wird vom Arzt Dr. B. nicht durch ärztliche Dispositionen eingegriffen, der Programmablauf folgt einem feststehenden Selbsthilfekonzept. Dies deshalb, da der Programmablauf im Wesentlichen ein Resozialisierungsprogramm beinhaltet und der Arzt Dr. B. ja nach erfolgter Untersuchung die jeweilige Person für den Programmablauf für geeignet beurteilt hat. Der übliche Programmablauf umfasst einen Zeitraum von etwa 150 Tagen, wobei ein allfälliger Suchtmittelentzug in der Regel zu Beginn des Programmablaufes 2 bis 5 Tage erfordert.

 

Eine medizinische Untersuchung der Programmteilnehmer erfolgt grundsätzlich vor Durchführung des Programmablaufes, aber auch während und nach erfolgtem Programmablauf. In der Regel wird ein Programmteilnehmer fünfmal ärztlich durch Herrn Dr. B. beurteilt, und zwar vor Beginn des Programms vor allem eine ärztliche Beurteilung auf Eignung der Person zur bedenkenlosen Absetzung der Drogen, nach erfolgter Suchtmittelentwöhnung, vor dem so genannten Sauna- und Fitnessschritt und danach sowie letztlich zur fortlaufenden medizinischen Überwachung und Betreuung der Programmteilnehmer. Die medizinischen Untersuchungen werden ausnahmslos von Herrn Dr. B. durchgeführt und finden im Regelfall in seiner Praxis in St J. statt, im Bedarfsfall erscheint er auch im Zentrum.

 

Während der Suchtmittelentwöhnung befindet sich Herr Dr. B. nicht vor Ort im Selbsthilfezentrum in E., da er bereits entschieden hat, dass eine ärztliche Betreuung bei der Suchtmittelentwöhnung nicht notwendig ist. Der Gesundheitszustand der Programmteilnehmer während des Suchtmittelentzuges wird von den im Zentrum anwesenden Personen Mitarbeitern nicht beurteilt. Eine Pflege und Betreuung der Programmteilnehmer beim stattfindenden Drogenentzug findet nicht statt. Es ist aber 24 Stunden eine Ansprechperson für diese Person, die gerade einen Suchtmittelentzug erfährt, im Zentrum vorhanden. Die von Suchtmitteln zu entwöhnende Person wird 24 Stunden, also rund um die Uhr, begleitet und wird diese Person sohin von den Ansprechpartnern beobachtet.

 

Bei den Ansprechpersonen für die Programmteilnehmer handelt es sich um Mitarbeiter des Vereins N. B. eV. Diese Mitarbeiter sind aktive Mitglieder des Vereines, es besteht ein Arbeitsverhältnis zum Verein. Die Mitarbeiter sind bei der Tiroler Gebietskrankenkasse krankenversichert. M. K. war von 14.01.2005 bis zumindest 09.12.2005 beim Verein N. B. eV gemeldet. Die Mitarbeiter erhalten einen Lohn und leben grundsätzlich von ihrer Tätigkeit beim Verein N. B. eV. Es handelt sich um ein entgeltliches Arbeitsverhältnis, wobei der Lohn darin besteht, dass Kost und Logis frei sind und ein Taschengeld in Höhe von Euro 100,00 monatlich gegeben wird.

 

Art und Umfang der verabreichten Vitamine sind jeweils auf den Programmteilnehmer zugeschnitten und werden die verordneten Vitamine vom jeweiligen Programmteilnehmer selbst beschafft, bezahlt und eingenommen. Eine Verabreichung durch Mitarbeiter des Vereins erfolgt nicht. Die Vitamine werden auch nicht beim Verein gekauft, sondern über öffentliche Apotheken bezogen.

 

Folgende Mitglieder des Vereins N. B. eV werden im Zentrum E. eingesetzt:

H. B.

S. R.

P. M.

S. L.

M. K.

G. B. und

H. G.

 

Grundsätzlich helfen alle diese Mitarbeiter im Programmablauf mit. Darüber hinaus gibt es Spezialisierungen auf bestimmte Aufgabengebiete, so ist Herr M. K. für Finanzen zuständig und erledigen Herr S. R. und S. L. Verwaltungsangelegenheiten. Frau P. M. ist in der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Für Koordininierungsaufgaben und für behördliche Kontakte ist Herr H. B. zuständig.

 

Alle im Zentrum in E. tätigen Vereinsmitarbeiter wurden vereinsintern auf ihre Aufgaben vorbereitet und geschult, an staatlichen Einrichtungen haben die Mitarbeiter, insbesondere auch der Mitarbeiter M. K., aber keinerlei Ausbildung in medizinischer Hinsicht oder in einem Gesundheitsberuf absolviert.

 

Der Aufenthalt im Selbsthilfezentrum in E. kostet für einen Programmteilnehmer monatlich Euro 2.700,00.

 

Der schwer drogenabhängige S. S. hielt sich jedenfalls von 16.02.2005 bis 31.03.2005 im Therapiezentrum aus und wurde in dieser Zeit unter anderem auch von M. K. betreut.

 

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf den erstinstanzlichen Akt, Zl SI-760-2005, insbesondere aber auch auf die Akten des Unabhängigen Verwaltungssenates von Tirol zu 2006/18/1134 und 1137 und dem darin enthaltenen Protokoll der in diesen Verfahren gemeinsam stattfindenden öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 20.09.2006, in welcher die in diesen Verfahren Beschuldigten R. P., S. L. und der Zeuge S. S. einvernommen wurden.

 

Der Umstand, dass M. K. von 14.01.2005 bis zumindest 09.12.2005 beim Verein N. B. eV gemeldet war, ergibt sich aus dem Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung mit Stand vom 09.12.2005, aus welchem hervorgeht, dass M. K. in diesem Zeitraum laufend beim Verein N. B. eV gemeldet war.

 

Der Zeuge S. S. hat sich in der Verhandlung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zu den Akten 2006/18/1134 und 1137 selbst als schwer drogenabhängig bezeichnet, auch der Zeitraum, in welchem er in Therapie beim Verein N. B. eV war, ist seiner dortigen Aussage zu entnehmen. Der Umstand, dass S. S. auch von M. K. betreut wurde, ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass M. K. in diesem Zeitraum beim Verein N. B. eV gemeldet war und aus der im Akt befindlichen Verhandlungsschrift vom 08.06.2005. Aus dieser geht hervor, dass grundsätzlich alle Mitglieder im Programmablauf mithelfen. An dieser Stelle ist auch auf die Einvernahme des S. L. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zu 2006/18/1134 und 1137 zu verweisen, in welcher dieser ausführt, wenn es so sei, dass jemand einen kalten Entzug durchmache, werde er rund um die Uhr begleitet. Dabei würden sich die Begleiter abwechseln und habe auch er S. S. begleitet. Aus alledem ergibt sich ohne Zweifel, dass auch M. K. in der Zeit, in welcher S. S. in Therapie war, diesen begleitet bzw betreut hat.

 

Die Feststellungen hinsichtlich der Entlohnung des M. K. stützen sich auf die Einvernahme des S. L. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zu 2006/18/1134 und 1137. Dort führte dieser aus, dass er Kost und Logis vom Verein bekomme und im Durchschnitt Euro 100,00 Taschengeld erhalte. In Anbetracht des Umstandes, dass S. L. und M. K. Mitglieder des Vereines sind und in besagtem Zeitraum somit annähernd dieselbe Tätigkeit, S. L. Verwaltungsangelegenheiten, M. K. Finanzangelegenheiten, verrichteten, steht eindeutig fest, dass M. K. die gleiche Entlohnung erhalten hat.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (§ 46 AVG). Insofern konnten auch im nunmehrigen Verfahren, die in den Verfahren des Unabhängigen Verwaltungssenates von Tirol zu 2006/18/1134 und 1137 gewonnenen Beweisergebnisse verwendet werden.

 

Gemäß § 1 GuKG sind Gesundheits- und Krankenpflegeberufe der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege und die Pflegehilfe.

 

Nach § 3 Abs 3 GuKG sind Hilfeleistungen in der Nachbarschafts-, Familien- und Haushaltshilfe soweit die der Gewerbeordnung 1994 unterliegenden Tätigkeiten der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure von diesem Bundesgesetz nicht berührt. Hilfeleistungen in der Nachbarschafts-. Familien- und Haushaltshilfe sind nicht berufsmäßig ausgeübte Tätigkeiten, die üblicherweise von Angehörigen oder Freunden zur Hilfestellung für kranke oder behinderte Menschen durchgeführt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich insbesondere nicht um derartige Hilfeleistungen, zumal jeder Programmteilnehmer dem Verein monatlich Euro 2.700,00 für die Teilnahme bezahlen hat müssen. Damit handelt es sich um eine erhebliche finanzielle Gegenleistung, die der jeweilige Programmteilnehmer dem Verein monatlich zu bezahlen hat, sodass auf der Hand liegt, dass eine Nachbarschafts-, Familien- und Haushaltshilfe nicht in Betracht kommt. Dabei ist auch anzuführen, dass es lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Programmteilnehmer und dem Verein, nicht aber auf jenes zwischen Verein und Betreuer ankommt, sodass der Umstand, dass allenfalls ein lohnsteuerpflichtiges Dienstverhältnis zwischen Verein und Betreuer nicht besteht, keine Relevanz hat. Zwischen Programmteilnehmer und Verein bestand zweifelsfrei ein entgeltliches Vertragsverhältnis.

 

Das 2. Hauptstück (§§ 11 bis 81) des GuKG regelt den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege.

 

Nach § 11 GuKG ist der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege der pflegerische Teil der gesundheitsfördernden, präventiven, diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten.

 

Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst die Pflege und Betreuung von Menschen aller Altersstufen bei körperlichen und psychischen Erkrankungen, die Pflege und Betreuung behinderter Menschen, Schwerkranker und Sterbender sowie die pflegerische Mitwirkung an der Rehabilitation, der primären Gesundheitsförderung, der Förderung der Gesundheit und der Verhütung von Krankheiten im intra- und extramuralen Bereich (§ 11 Abs 2 GuKG).

 

Das Berufsbild des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst alle auf pflegerisch wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeiten, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt werden. Als ein integrierender Bestandteil des Gesundheitssystems wirkt die Pflege im Rahmen der Gesundheitsmaßnahmen sowohl bei der Förderung der Gesundheit und der Verhinderung von Krankheiten als auch bei der Pflege bei körperlichen und mentalen Erkrankungen sowie bei der Betreuung behinderter Personen aller Altersstufen und bei der Rehabilitation mit.

 

Gemäß § 19 Abs 1 GuKG umfasst die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege die Betreuung und Pflege von Menschen mit psychischen Störungen und neurologischen Erkrankungen aller Alters- und Entwicklungsstufen sowie die Förderung der psychischen Gesundheit.

 

Gemäß § 19 Abs 2 Z 1 GuKG zählen hiezu insbesondere die Beobachtung, Betreuung und Pflege sowie Assistenz bei medizinischen Maßnahmen sowohl im stationären, teilstationären, ambulanten als auch im extramuralen und komplementären Bereich von Menschen mit akuten und chronischen psychischen Störungen, einschließlich untergebrachter Menschen, Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen und geistig abnormen Rechtsbrechern (§ 21 StGB) sowie von Menschen mit Intelligenzminderung.

 

Aus den getroffenen Feststellungen geht hervor, dass den Programmteilnehmern 24 Stunden eine Ansprechperson zur Verfügung steht und die von Suchtmitteln zu entwöhnende Person 24 Stunden, also rund um die Uhr, begleitet und beobachtet wird. Weiters ist ersichtlich, dass S. S. schwer drogenkrank war. Aufgrund seiner Abhängigkeitserkrankung iSd § 19 Abs 2 Z 1 GuKG zählt eine derartige Betreuung daher zum Bereich der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege nach § 19 leg cit im Rahmen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege.

 

Gemäß § 27 Abs 1 GuKG sind zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege Personen berechtigt, die eigenberechtigt sind (Z 1), die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche körperliche und geistige Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen (Z 2) oder einen Qualifikationsnachweis (§ 28 bis 31) (Z 3) erbringen und über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (Z 4).

 

Der als Betreuer fungierende Mitarbeiter M. K. verfügte nicht über den nach § 27 Abs 1 Z 3 erforderlichen Qualifikationsausweis (nach den §§ 28 bis 31 leg cit) für die Berechtigung zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege.

 

§ 28 leg cit regelt dabei den Qualifikationsnachweis Inland, Während §§ 29 bis 31 den Qualifikationsnachweis innerhalb des EWR bzw außerhalb des EWR regelt.

 

Für die Ausübung der Tätigkeit des M. K. wäre ein derartiger, eindeutig nicht gegebener, Qualifikationsnachweis erforderlich gewesen.

 

Aus diesem Grund hat der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Da der Beschuldigte außerdem Vorstandsmitglied des Vereines N. B. eV ist und somit nach Z 3 des Vereinregisters des Amtsgerichtes München zu Zahl VR18230 zur Vertretung nach außen befugt ist, ist der Beschuldigte nach § 9 Abs 1 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes Organ jenes Rechtsträgers, der gegenständliches Therapiezentrum betreibt, verwaltungsstrafrechtlich (neben anderen Vorstandsmitgliedern) verantwortlich.

 

Die Berufungsbehörde sah sich allerdings veranlasst, den Tatzeitraum im Zweifel auf die objektivierte Anwesenheit des Zeugen S. im gegenständlichen Therapiezentrum einzuschränken, wobei davon auszugehen ist, dass dieser Zeuge jedenfalls vom 16.02.2005 bis 31.03.2005 im Therapiezentrum gewesen ist, zumal er am 31.03.2005 von der Gendarmerie laut Anzeige einvernommen worden ist.

 

Erst mit Schreiben vom 31.03.2005 wurde die Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom Bezirksgendarmeriekommando Kufstein von der Existenz eines Drogentherapiezentrums in Kenntnis gesetzt. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Verein keinerlei Kontakt mit der Erstbehörde, bei dem allenfalls der Eindruck entstehen hätte können, der Betreib des Therapiezentrums würde rechtskonform sein. Somit scheidet schon aus dieser Sicht das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums für diesen Tatzeitraum aus. Hinsichtlich allfälliger Zusicherungen der Rechtsanwältin ist darauf hinzuweisen, dass diese nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen entschuldbaren Rechtsirrtum rechtfertigen können, zumal für einen derartigen Fall eine Auskunft der zuständigen Behörde erforderlich wäre, dass kein strafbares Verhalten vorliegen würde.

 

In der Berufung des Berufungswerbers wurden eine Reihe von Beweisanträgen gestellt. Sämtliche Beweisanträge waren abzuweisen, da das durchgeführte Beweisverfahren ohne jeden Zweifel ergeben hat, dass der Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung dem Grunde nach begangen hat. Die gestellten Beweisanträge waren diesbezüglich entbehrlich, zumal das Vorliegen dieser Verwaltungsübertretungen anhand des durchgeführten Beweisverfahrens mit den bereits angeführten Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes einwandfrei zu objektivierten gewesen sind. Auf die Durchführung einer öffentlichen Berufungsverhandlung hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter verzichtet.

 

Was die Strafbemessung betrifft, ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 105 Abs 1 GuKG begeht eine Vewaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen, wer eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege oder der Pflegehilfe ausübe, ohne hiezu durch diese Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift berechtigt zu sein (Z 1) und wer jemanden, der hiezu durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht berechtigt ist, zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege oder der Pflegehilfe heranzieht (Z 2).

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Entschädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dabei war über den Beschuldigten hinsichtlich Punkt B) für jede der zu Punkt 1) bis 4) im Spruch des Straferkenntnisses aufscheinende Person jeweils eine gesonderte Strafe zu verhängen.

 

Im Hinblick auf den im Berufungserkenntnis eingeschränkten Tatzeitraum, insbesondere von der Dauer her, sah sich die Berufungsbehörde veranlasst, die Strafen entsprechend herabzusetzen. Dabei ist auszuführen, dass die über den Beschuldigten von der Erstbehörde verhängte Strafe auch unabhängig davon überhöht gewesen wäre, zumal von der bisherigen Unbescholtenheit des Beschuldigten auszugehen ist und die verhängten Strafen 50 Prozent des Strafrahmens deutlich überschritten haben.

 

Die Berufungsbehörde sah sich veranlasst, die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe hinsichtlich Punkt A) auf lediglich Euro 300,00 herabzusetzen, zumal nicht übersehen werden darf, dass der Beschuldigte diese Tätigkeiten für lediglich Kost und Logis sowie für eine geringfügiges Taschengeld durchgeführt hat, sodass dem Verein der finanzielle Nutzen verblieben ist.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde war für den Berufungswerber hinsichtlich Punkt B) jeweils eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,00 angezeigt, da der Berufungswerber auch im Vorstand tätig war.

 

Ungeachtet dessen ist auszusprechen, dass es der Beschuldigte zweifellos ernstlich für möglich gehalten hat, mit seinem Verhalten den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu erfüllen und sich damit auch abgefunden hat. Somit wird von jedenfalls bedingtem Vorsatz ausgegangen.

 

Mildernd war, wie schon ausgeführt, die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zusatz: Die Behandlung der fristgerecht erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss vom 27.6.2007 B-890-3 abgewiesen.

Schlagworte
Der, als, Betreuer, fungierende, Mitarbeiter, verfügte, nicht, über, den, nach, §27 Abs1 Z3, erforderlichen, Qualifikationsnachweis
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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