Spruch I
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Harald Ortner, Dr. Peter Schurl und Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung der Firma Z Umweltservice GmbH, vertreten durch H B A u. Partner gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark, vom 1. März 2007, GZ: FA 13A-38.10 39-07/361, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, als der Spruch des Bescheides zu lauten hat: Gemäß §§ 62 Abs 2a und 2b Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBL. I 102/2002, idgF. werden der Fa. Z Umweltservice GmbH, P, nachstehende abfallpolizeiliche Maßnahmen und Aufträge erteilt: 1. Die nachfolgend angeführten Abfälle, beginnend mit jenen unter a), sind bis längstens 30.6.2007 von ihrer derzeitigen Lagerfläche zu entfernen und, sofern sie nicht ordnungsgemäß entsorgt werden, sodann im Sinne des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Juli 2006, GZ: 13A-38.10 39-06/329, zu lagern:
Abfallart:; SN (ÖNORM S 2100) a) Rückstände aus der Altpapierverarbeitung (in loser Form); 18407 b) Leichtfraktion aus der Verpackungssammlung (in Ballen); 91207 c) Kunststoffemballagen und -behältnisse (in Ballen); 57118 d) Kunststofffolien (in Ballen und in loser Schüttung); 57119 e) Siedlungs- und ähnliche Gewerbeabfälle (in loser Schüttung); 91101 f) Sperrmüll (in loser Schüttung); 91401 g) Holzabfälle, nicht verunreinigt (in loser Schüttung); 17201 h) Bau- und Abbruchholz (in loser Schüttung); 17202 i) Baustellenabfälle (kein Bauschutt); 91206 Während der Räumung der angeführten Abfälle ist eine Brandwache in einer Stärke von einem Trupp (3 Mann) für die Bedienung des betriebseigenen Tanklöschfahrzeuges bereit zu stellen. Die Umsetzung der Maßnahme 1. ist der Behörde (FA 13A) unaufgefordert mitzuteilen. Spruch II Gemäß § 64 Abs 4 AVG 1991 wird der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. März 2007, GZ: FA 13A-38.10 39-07/361, wurde die Fa. Z Umweltservice GmbH, P, verpflichtet, insgesamt 5 Maßnahmen und Aufträge zu erfüllen. Gestützt wurden die Maßnahmen auf § 26 Abs 2a (Maßnahme 1.) bzw. § 62 Abs. 2b AWG 2002 (Maßnahmen 2. - 4.). Auftrag 5. beinhaltet lediglich die Nachweispflicht für die Umsetzung der Maßnahmen 2. und 3. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung der Firma Z Umweltservice GmbH, in welcher sie im Wesentlichen vorbringt, dass die aufgetragenen Maßnahmen durch die angeführten gesetzlichen Bestimmungen nicht gedeckt seien. Gleichzeitig legte sie ein Gutachten von Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. R über die Selbsterwärmung und Selbstentzündungsgefahr des Zwischenlagers der Fa. Z vor. Sie beantragte die Behebung des Bescheides, in eventu verschiedene Abänderung desselben. Gleichzeitig wurde beantragt, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hierzu fest: Da weder der Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hat noch der erkennende Senat eine solche für notwendig erachtet, war im Sinne des § 67d Abs. 1 eine Verhandlung nicht durchzuführen. Sachverhalt: In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 2007 ereignete sich auf dem Firmengelände der Berufungswerberin in P ein Brand, der offensichtlich vom Lager der so genannten Zöpfe, das sind Abfälle, die bei der Altpapieraufbereitung anfallen, ausgegangen ist. Bei der Brandbekämpfung ist es auch zu gesundheitlichen Schädigungen von Menschen gekommen. Die belangte Behörde hat unverzüglich ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Ursachen des Brandes eingeleitet und sich zunächst telefonisch, am 27. Februar 2007 auch niederschriftlich vom brandschutztechnischen Sachverständigen der Brandverhütungsstelle Steiermark über das Ereignis informieren lassen. Der SV für Brandverhüttung, von der belangte Behörde befragt, äußerte gutachtlich, dass keine bescheidmäßige Lagerung der Abfälle, sondern eine Überlagerung gegeben sei und dass diese die Selbstentzündung ausgelöst habe. Auf Grund der Schilderungen und der gutachtlichen Äußerungen des SV für Brandverhütung sowie nach Durchführung eines Ortsaugenscheines haben die ASV für Chemie, Bau- und Wasserbautechnik, Abfall- und Stoffflusswirtschaft sowie Medizin die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Maßnahmen zur Vorschreibung vorgeschlagen. In der Folge erging der angefochtene Bescheid. Rechtliche Erwägungen: § 62 AWG 2002 behandelt die Überwachung von Abfallbehandlungsanlagen und sieht dafür ein Instrumentarium vor, welches sowohl hinsichtlich der Offenkundigkeit des konsenslosen Betriebes als auch seiner Gefahren verschieden ist. § 62 AWG 2002, soweit für diesen Fall relevant, lautet: § 62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen. (2) Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen. (2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Berechtigung gemäß § 25 zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen. (2b) Wird durch den Betrieb einer Behandlungsanlage die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten gefährdet, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die erforderlichen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, bescheidmäßig zu verfügen. (2c) Die Bescheide gemäß Abs. 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen. (3) Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44 oder 52, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs. (4) Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die geeigneten Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Inhaber der Behandlungsanlage nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. § 62 Abs. 2 AWG 2002 ist somit anzuwenden, wenn der Verdacht besteht, dass der Betrieb einer Behandlungsanlage konsenswidrig ausgeübt wird. Die Behörde hat daher zu ermitteln, ob dieser Verdacht zu Recht besteht und sodann jene Maßnahmen festzulegen, die für die Wiederherstellung des konsensgemäßen Betriebs erforderlich sind. § 62 Abs. 2a AWG 2002 ist demgegenüber, auch wenn der Wortlaut der Bestimmung unglücklich gewählt worden ist, dann anzuwenden, wenn auch ohne jegliches Ermittlungsverfahren feststeht, dass der Betrieb entweder überhaupt nicht genehmigt ist oder aber konsenswidrig betrieben wird. Dem Gesetzgeber kam es bei dieser Bestimmung darauf an, bei einer offenkundigen Konsenswidrigkeit des Betriebs der Behörde ein Instrument in die Hand zu geben, rasch und ohne jegliche Verzögerung, die ein Ermittlungsverfahren zwangsläufig mit sich bringt, Missstände abzustellen und den konsensgemäßen Zustand herzustellen. Das bedeutet somit, dass nicht nur die Untersagung des gesamten Betriebes angeordnet werden kann, sondern auch die Beseitigung konsenswidriger Teile. § 62 Abs. 2a AWG 2002 war daher im Gegenstand anzuwenden. Dem Akt der belangten Behörde kann zwar nicht entnommen werden, inwieweit eine Fachkundigkeit des SV für Brandschutz auch für Angelegenheiten der Abfalltechnik gegeben ist. Da aber auch einem Laien zugemutet werden kann zu beurteilen, ob ein Abfallhaufen 4 m oder mehr als doppelt so hoch ist und dass die zusammenhängenden Lagerflächen das zehnfache des konsentierten Ausmaßes annehmen, kann, da dies im Übrigen auch von der Berufungswerberin selbst nicht bestritten wird, davon ausgegangen werden, dass die Lagerungen offenkundig nicht konsensgemäß erfolgt sind. Maßnahme 1. des angefochtenen Bescheides war daher, sieht man vom Verbot weiterer Abfallzufuhr ab, wofür § 62 Abs. 2a AWG 2002 bei aufrechter Genehmigung keine rechtliche Grundlage bietet, nachvollziehbar und durch das Gesetz gedeckt. Die erkennende Behörde hat jedoch zur Klarheit diese Anordnung mit der Maßnahme 2. verbunden. Mit dieser Maßnahme wird, gestützt auf § 62 Abs 2b AWG 2002, die vollständige Entfernung aller Abfälle vorgeschrieben. Diese Anordnung ist sachlich als Sofortmaßnahme durchaus gerechtfertigt, da auch das von der Berufungswerberin vorgelegte Gutachten nicht hinreichend auszuschließen vermag, dass nicht nur im Bereich der Zöpfe, sondern auch in anderen Teilen des Abfalllagers die Gefahr einer Selbstentzündung gegeben ist. Dem ärztlichen ASV ist zu folgen, wenn er feststellt, dass im Falle eines Brandes der Abfälle eine Gefahr für Gesundheit und Leben nicht nur durch das Feuer selbst, sondern auch durch Emissionen, die im Brandfall entstehen, gegeben ist. Das Erfordernis einer gänzlichen Entfernung aller Abfälle in diesem Bereich ist daher geboten. Der Berufungswerberin bleibt es natürlich unbenommen, nach Verringerung der Schütthöhen auf das konsentierte Maß und Herstellen der Lagerabschnitte, wie sie im Genehmigungsbescheid vorgesehen sind, gutachtlich belegt bei der belangten Behörde im Sinne des § 62 Abs 2c AWG 2002 den Widerruf der Anordnung zu beantragen. Die Anordnung einer Brandwache war grundsätzlich richtig. Selbst nach dem von der Berufungswerberin vorgelegten Gutachten ist nicht auszuschließen, dass nach wie vor die Gefahr einer Selbstentzündung gegeben ist. Es wird nicht verkannt, dass die größte Gefahr einer Selbstentzündung im Bereich der Lagerstätte der Zöpfe gegeben ist. Da jedoch diese Lagerung mit Lagerstätten anderer Abfälle unmittelbar zusammen hängt, kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass ein erhöhtes Gefahrenpotenzial auch bei diesen Ablagerungen vorliegt. Verfehlt ist Maßnahme 4. zwar nicht fachlich, wohl aber hinsichtlich ihrer rechtlichen Zuordnung, da das Löschwasser nicht beim Betrieb der Behandlungsanlage, sondern bei einem Schadensfall angefallen ist.
§ 62 Abs 2b AWG 2002 ist daher nicht anwendbar und, wie der erkennenden Behörde bekannt ist, bereits erfüllt. Sie war daher ersatzlos zu beheben. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die vorgesehenen Maßnahmen unbedingt erforderlich sind, um einerseits den konsensgemäßen Zustand bei der Abfallbehandlungsanlage der Berufungswerberin ehestens herzustellen, anderseits eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner von P und D sowie der Betriebsangehörigen hintan zu halten. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung war als unzulässig zurückzuweisen, da die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung in ihrem Bescheid gar nicht aberkannt hat. Dass die aufgetragenen Maßnahmen sofort zu erfüllen sind und daher auch sofort vollstreckbar wären, gibt das Gesetz vor. Einen Aufschub sieht weder § 62 AWG 2002 noch eine andere Bestimmung dieses Gesetzes vor. Der Gesetzgeber ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei einem offenkundigen Verstoß gegen den Konsens oder bei Gefahr für Leben und Gesundheit eine sofortige Beseitigung des Missstandes geboten ist. Die Frist konnte geringfügig verlängert werden, da durch die Feuerwache sicher gestellt ist, dass etwaig entstehende Selbstentzündungen sofort gelöscht werden können.