TE UVS Steiermark 2007/04/11 30.9-52/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn B Z, vertreten durch Frau Mag. E B, L 82, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 29.03.2006, GZ.: 15.1 5707/2005, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit angefochtenem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29.03.2006, GZ.: 15.1 5707/2005, wurde dem Berufungswerber als Obmann des Motorsportclubs Z mit Sitz in Z, welcher Betreiber der Motocross-Trainingsstrecke im S ist, zu insgesamt 12 näher angeführten Tatzeitpunkten angelastet, er habe es zu verantworten, dass durch Befahren der Motocross-Trainingsstrecke im S, Ort W, Gemeinde Z, von namentlich nicht bekannten Mitgliedern seines Vereines mit Motocross-Maschinen in ungebührlicher Weise störender Lärm (Motorlärm) erregt worden sei, welcher vermeidbar gewesen sei und störend gewirkt habe. Die umliegenden Nachbarn seien durch diesen beschriebenen störenden Lärm ungebührlich belästigt worden. Es wurde zu den einzeln angeführten Delikten jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von ? 80,00 (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Dagegen hat der Berufungswerber durch seine ausgewiesene Vertreterin rechtzeitig Berufung erhoben und darin im Wesentlichen angeführt, dass der Strafbescheid nicht nachvollziehbar sei und die Einwendungen von Beschuldigtenseite nicht entsprechend gewürdigt worden seien. Auch werde gegen die Höhe der Strafe berufen. Im konkreten Fall gehe es um die Frage, ob der Lärm, das störende Geräusch, zumutbar sei oder ob die Gesundheit eines durchschnittlichen, normal empfindlichen Menschen erheblich beeinträchtigt werden könne. In diesem Zusammenhang würden VwGH-Entscheidungen zitiert, wonach der Lärm dann ungebührlich erregt werde, wenn das Verhalten, das zur Erregung des Lärms führe, jene Rücksicht vermissen lasse, die im Zusammenleben verlangt werden könne. Im Übrigen würden sich die einvernommenen Zeugen mit jenen Personen decken, die Anzeige erstattet hätten. Die erkennende Behörde hätte zu ermitteln gehabt, worin objektiver Weise die Ungebührlichkeit, also das rücksichtslose Tun oder Unterlassen einer Handlung konkret bestanden hätte. Zu Beurteilen sei der Grad der Beeinträchtigung, somit die Erheblichkeit der Auswirkungen. In diesem Zusammenhang würden einige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (betreffend grundloses Schreien in der Öffentlichkeit, Klavierspielen, Hundegebell) zitiert. Die erkennende Behörde habe das Tatbestandsmerkmal ungebührlich nicht richtig behandelt. Aus der Tatsache, dass Schallimmissionen vorkommen, diese als störend empfunden würden und man sich in seinem Wohlbefinden beeinträchtigt fühle, könne noch nicht auf die Ungebührlichkeit des Schall erzeugenden Verhaltens geschlossen werden. Es könne somit von einem objektiven, eindeutigen Nachweis nicht gesprochen werden. Es werde somit ersucht, den Sachverhalt neu zu beurteilen bzw nach Dafürhalten des Berufungswerbers den Strafbescheid zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Unter Ladung der Verfahrensparteien und Zeugen der einzelnen dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen wurde eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt. Anlässlich dieser führte der Berufungswerber, wie auch im Wesentlichen dem vorgelegten Verfahrensakt zu entnehmen war, an, dass als aktueller Verfahrensstand eine naturschutzrechtliche Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 03.03.2005 zu GZ: 6.0 N46-2004 vorliege. Weiters werde auch darauf verwiesen, dass laut einem Schreiben (gemeint Bescheid) der Bezirkshauptmannschaft Feldbach für die Errichtung einer permanenten Trainingsstrecke für Motocross weder nach dem Steiermärkischen Geländefahrzeuggesetz noch nach dem Veranstaltungsgesetz eine Bewilligung erforderlich sei. Insgesamt konnte weiters eruiert werden, dass die Trainingsstrecke mit Zwei- bzw Viertaktmotorrädern befahren werde, dies an drei Tagen der Woche (Dienstag, Donnerstag und Samstag bis spätestens 12.00 Uhr, jeweils begrenzt auf maximal drei Stunden). Auch dürften lediglich maximal fünf Fahrer gleichzeitig die Trainingsstrecke benützen. Auch sei auf ein in Auftrag gegebenes schalltechnisches Gutachten hinzuweisen, wonach sich aus der darin näher enthaltenen zusammenfassenden Beurteilung zumindest in schalltechnischer Hinsicht bei Einhaltung der Vorgaben einem permanenten Trainingsbetrieb auf dem gegenständlichen Gelände zugestimmt werden könne. In diesem Zusammenhang ergebe sich eben der Betrieb an drei Wochentagen, bei einer maximalen Dauer des Trainingsbetriebes von jeweils drei Stunden unter Einsetzung von gleichzeitig maximal fünf Motocrossmotorrädern. Wie den einzelnen Zeugenaussagen zu entnehmen ist, wohnen diese in unterschiedlichen Entfernungen von der Trainingsstrecke und waren deren Angaben im Hinblick auf die Anzahl der benutzten Motorräder zu den einzeln angeführten Tatzeitpunkten lediglich Vermutungen. Aus dem Betriebstagebuch des Motorsportclubs waren aus selbst angefertigten Aufzeichnungen die näheren Uhrzeiten bzw auch die Anzahl der Teilnehmer, die die Trainingsstrecke zu den einzeln angeführten Zeitpunkten benutzten, zu entnehmen. Der vom Berufungswerber beauftragte schalltechnische Sachverständige verwies im Wesentlichen auf sein im Verfahrensakt befindliches Gutachten, wonach sich beim Fahrbetrieb Schallpegelspitzen von etwa 30 dB bis 35 dB über dem Grundgeräuschpegel ergaben und daraus, aus seiner Ansicht unter Einhaltung eines solchen vorgeschriebenen Grenzwertes in schalltechnischer Hinsicht, keine Belästigung ableitbar wäre. Weitere Schallmessberichte der Fachabteilung 17C des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung mit im Wesentlichen ähnlichen Messergebnissen, wie aus dem bereits erwähnten schalltechnischen Gutachten, wurden der erkennenden Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt. Die erkennende Behörde hat in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert bzw. welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde. Weiters muss der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Gemäß § 1 Abs 1 Stmk. Landessicherheitsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Der Judikatur zur Thematik Lärm bzw Ungebührlichkeit von Lärmerregung ist seit jeher schon entnehmen, dass eine derartige ungebührliche störende Lärmerregung dann vorliegt, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss, das heißt, es muss jene Rücksichten vermissen lassen, die die Umwelt verlangen kann, wobei zur Strafbarkeit genügt, dass die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von nicht beteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Demnach wird nicht nur die Lautstärke der Beeinträchtigung, sondern auch zu beachten zu sein, ob diese Beeinträchtigung oft und lang andauernd erfolgt. Im Besonderen ist auch im Hinblick auf die Beurteilung, ob im konkret vorliegenden Fall eine Lärmquelle als störend im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren ist, es keiner Lärmmessung bedarf. Zur Feststellung, ob Lärm objektiv geeignet ist, von unbeteiligten Personen als ungebührlich oder störend empfunden zu werden, genügen die Erfahrungen des täglichen Lebens (VwGH 29.03.1993, 90/10/0153 ua). Entscheidend ist, dass die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von unbeteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Der objektive Maßstab ist unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach Ö-Normen und Flächenwidmungen zu finden. Aus diesem Grund konnten auch die vorgelegten schalltechnischen Beweismittel nicht Aufnahme in die vorliegende Entscheidung finden. A priori kann nicht schon davon ausgegangen werden, dass jede Motocross-Trainingsstrecke, die über eine naturschutzrechtliche Genehmigung verfügt und nach Ansicht der belangten Behörde keiner Bewilligung nach dem Geländefahrzeuggesetz bedarf, als ungebührlich störende Lärmquelle anzusehen ist. Aus der vorliegenden Spruchfassung geht ohne nähere Begründung hervor, dass umliegende Nachbarn durch den Betrieb der vorliegenden Motocross-Trainingsstrecke ungebührlich belästigt worden seien. Nach dem Nachbarn häufig selbst durch genehmigte bzw genehmigungsfähige Betriebe sich lärmmäßig gestört erachten, stellt die vorliegende Tatanlastung keine ausreichende Konkretisierung dahingehend dar, warum dieser Lärm auch allfällig ungebührlich gewesen sein kann. Dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal der Ungebührlichkeit muss nach ständiger Rechtsprechung im Spruch näher begründet sein, wie des Näheren bereits ausgeführt wurde. Für die erkennende Behörde ergab sich insgesamt, dass aus den einzelnen zu beurteilenden Tatbeständen diverse Unkonkretheiten vorlagen, wie beispielsweise, dass sämtlichen Tatanlastungen einheitlich zu entnehmen ist, dass die betreffende Motocross-Trainingsstrecke von einer nicht bekannten Anzahl von Mitgliedern des Vereines benutzt wurde; durch die angeführten Lärmquellen seien die umliegenden Nachbarn ungebührlich belästigt worden. Insbesondere auf Grund der unterschiedlichen Lage der Wohnobjekte der einzelnen Nachbarn zur benutzten Trainingsstrecke, der unterschiedlichen Entfernung, aber auch der nicht festgestellten Anzahl der benutzten Fahrzeuge, wie weiters auch der unterschiedlich angenommenen Trainingsdauer mit Zeitangaben, wie beispielsweise ab 09.00 Uhr ..., einer halben Stunde oder ca drei Stunden, hätte somit für eine abschließende Beurteilung, ob tatsächlich im Einzelfall von einer ungebührlich störenden Lärmquelle auszugehen ist, eine diesbezügliche, nähere Umschreibung erfolgen müssen. Im Hinblick auf diese Kriterien hätte es weitergehenderer (rechtzeitiger) Feststellungen als der vorliegenden bedurft, und war auch mangels Vorliegens von geeigneten Verfolgungshandlungen eine Konkretisierung durch die Berufungsbehörde nicht möglich, weswegen aus den angeführten Erwägungen, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden war.

Schlagworte
Lärmerregung Motocross Trainingsstrecke Ungebührlichkeit Tatbestandsmerkmal Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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