Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn R.Ü., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B.H., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 13.03.2007, Zl VK-30381-2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall Euro 43,60, zu bezahlen.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit präzisiert, als nach der Wortfolge Sie haben das KFZ die Wortfolge, das ein höchstes zulässige Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen aufweist, eingefügt wird.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes vorgeworfen:
Tatzeit 08.12.2006 um 19.12 Uhr
Tatort Kundl auf der A 12, bei km 24,300 Kontrollstelle Kundl in Richtung Innsbruck
Fahrzeug Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger, XY
Sie haben das KFZ später als 2 Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbtfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 218,-- unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe sowie eines Verfahrenskostenbeitrages verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Zur Sache wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber am 08.12.2006 in Deutschland unterwegs gewesen sei, wo dieser Tag nicht als gesetzlicher Feiertag gelte. Nach Erledigung der Lieferaufträge in Deutschland sei er auf dem Nachhauseweg nach Telfs gewesen und sei sich des Umstandes eines gesetzlichen Feiertages in Tirol nicht bewusst gewesen. Der Berufungswerber gehöre der muslimischen Glaubensgemeinschaft an, sodass ihm ein katholisch motivierter Feiertag wie der 08. Dezember nicht zwangsläufig allgegenwärtig sein müsse. Dieses Versehen sei umso verständlicher, als der Betroffene an diesem 08. Dezember in Deutschland ganz normal seinen beruflichen Tätigkeiten nachgehen hätte können.
Im gegenständlichen Fall lägen die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG vor und wäre von einer Geldstrafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen gewesen.
Die Erstbehörde habe die Einwendungen des Berufungswerbers hinsichtlich des mangelnden Schuldbewusstseins aufgrund seiner Glaubenszugehörigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Unter Verweis auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem zur Begründungspflicht wurde beantragt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einzustellen, in eventu gemäß § 21 Abs 1 VStG die Geldstrafe in eine Ermahnung umzuwandeln.
Unbestritten geblieben ist, dass der Berufungswerber am 08.12.2006 um 19.12 Uhr das im Spruch angeführte Fahrzeug, welches ein höchstzulässiges Gesamtgewichtes von mehr als 7,5 Tonnen aufgewiesen hat, gelenkt hat. Ebenfalls ist unbestritten, dass es sich beim 08.12.2006 um einen gesetzlichen Feiertag handelt.
Gemäß § 42 Abs 2 StVO ist unter anderem an gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen verboten.
Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Berufungswerber jedenfalls in objektiver Hinsicht gegen diese Bestimmung verstoßen hat.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes, als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt, tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Die Rechtfertigung des Berufungswerbers geht ausschließlich dahin, dass dem Berufungswerber als Angehörigen der muslimischen Glaubensgemeinschaft ein katholisch motivierter Feiertag wie der 08. Dezember nicht zwangsläufig allgegenwärtig sein müsse.
Eine Unkenntnis oder eine Auslegung von Bestimmungen der StVO kann bei Kraftfahrzeuglenkern nicht als unverschuldet angesehen werden (VwGH vom 11.08.2005, 2003/02/0170).
Die Unkenntnis eines Gesetzes bzw. deren falsche Auslegung kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist; selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen.
Dies bedeutet, dass sich ein Berufskraftfahrer und insbesondere ein LKW-Fahrer näher damit auseinander zu setzen hat, an welchen Tagen ein LKW-Fahrverbot gilt, dies unabhängig davon, inwieweit etwaige Feiertage religiösen Ursprungs sind oder nicht, wobei als bekannt vorauszusetzen ist, dass in Europa keine einheitliche Feiertagsregelung gilt. Diese Erkundigungspflicht gilt nach der Rechtsprechung auch für ausländische Kraftfahrzeuglenker (vgl VwGH vom 03.05.2000, 990/03/0473). Umso mehr traf den Berufungswerber, der laut Stellungnahme vom 08.03.2007 selbstverständlich schon längerfristig in Österreich aufhältig und inzwischen auch österreichischer Staatsbürger ist, die Verpflichtung, sich diesbezüglich genauer zu informieren.
Aus dem Umstand, dass der Berufungswerber an diesem 08. Dezember in Deutschland ganz normal seine beruflichen Tätigkeiten nachgehen konnte, ist nichts zu gewinnen, zumal einerseits in den einzelnen Länder unterschiedliche Beschränkungen bezüglich des LKW-Verkehrs gelten und andererseits, wie bereits erwähnt, unterschiedliche Feiertagsregelungen bestehen.
Dem Berufungswerber ist daher nicht die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens gelungen. Er hat daher auch in subjektiver Hinsicht gegen § 42 Abs 2 StVO verstoßen.
In Bezug auf die Strafhöhe ist auszuführen, dass gemäß § 99 Abs 2a StVO bei einem Verstoß gegen ein Fahrverbot des § 42 StVO mit einer Geldstrafe von Euro 218,-- bis Euro 2.180,--, im Uneinbringlichkeitsfalle Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen, vorzugehen ist. Die Erstbehörde hat die Mindeststrafe verhängt.
Die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Im gegenständlichen Fall kann das Verschulden des Berufungswerbers keinesfalls als geringfügig angesehen werden. Dazu kommt, dass der Berufungswerber in gerade zu typischer Weise gegen das in Rede stehende LKW-Fahrverbot verstoßen hat, sodass auch nicht von unbedeutenden Folgen auszugehen ist.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.