Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn Otto Hugo Wizigmann, Deutschland, vertreten durch RA Dr. Christian Pichler, Untermarkt 16, 6600 Reutte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 02.05.2006, Zl. VK-37535-2005, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs.4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind zu Punkt 1. Euro 16,--, zu Punkt 2. und zu Punkt 3. jeweils Euro 10,--, zu bezahlen.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 30.12.2004, um 19.05 Uhr
Tatort: Pians, auf der Arlbergersatzstraße B-316, bei km 0,6
Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY
Der Beschuldigte, W. O. H., geb XY, wohnhaft in W., Postfach XY, hat
als Lenker eines Fahrzeuges auf einer unübersichtlichen Straßensteile (Kurve) verbotenerweise überholt.
als Lenker eines Fahrzeuges den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.
als Lenker eines Fahrzeuges, ohne dass es die Verkehrssicherheit erforderte, sein Fahrzeug jäh und für den Lenker eines nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst, so dass andere Straßenbenützer dadurch gefährdet und behindert wurden.?
Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1. eine Übertretung nach § 16 Abs 2 lit b und § 99 Abs 3 lit a StVO 1960, zu Punkt 2. nach § 11 Abs 1 und § 99 Abs 3 lit.a StVO 1960 und zu Punkt 3. nach § 21 Abs 1 und § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 99 Abs 3 lit.a StVO 1960 zu Punkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 80,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden), zu Punkt 2. und zu Punkt 3. jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beschuldigte könne nicht mehr sagen wo genau er ein Überholmanöver durchgeführt habe. Es werde jedoch trotzdem ausgeführt, dass dem Beschuldigten bei der Durchführung des Überholmanövers eine ausreichende, mehr als 500 m lange Gerade verlaufende Fahrbahn, zur Verfügung stand. Das Beschuldigtenfahrzeug ein Mercedes E 320 CDI weise hervorragende Beschleunigungsfähigkeiten auf, weswegen aufgrund dieser vorhandenen geraden Wegstrecke ein Überholmanöver gefahrlos möglich gewesen wäre. Zu jenem Zeitpunkt, als der Beschuldigte in etwa mit dem Fahrzeug auf derselben Höhe mit dem überholten Fahrzeug gewesen war, habe dieses völlig unverständlicherweise und ebenfalls stark beschleunigt, sodass für den Beschuldigten eine ordnungsgemäße Wiedereinordnung nicht möglich gewesen sei. Da das überholende Fahrzeug mehr beschleunigt habe, sei schließlich eine gefährlich scharfe Linkskurve herangenaht. Es sei für den Beschuldigten unbedingt notwendig gewesen, noch vor dieser Kurve wieder auf die eigene Fahrbahn zurückzufahren und die Fahrgeschwindigkeit auch entsprechend zu mindern. Aufgrund der Fahrzeugpositionen war ein Wiedereinordnen hinter dem zu überholenden Fahrzeug nicht mehr möglich.
Es sei dann dem Beschuldigten gelungen, knapp vor der angeführten Kurve sein Fahrzeug auf die eigene Fahrspur vor dem überholten Fahrzeug einzuordnen, wobei nunmehr der Beschuldigte aufgrund der starken Linkskurve sein Fahrzeug stark abbremsen habe müssen. Nicht der Beschuldigte, sondern der Lenker des überholten Fahrzeuges habe sich durch ein verkehrswidriges Verhalten strafbar gemacht. Es habe aufgrund des Verhaltens des Lenkers zur Vermeidung einer Gefahr für Leib und Leben von sich und anderen Personen nur mehr die Möglichkeit bestanden, im letzten Moment sich vor dem überholten Fahrzeug und vor Erreichen der Kurve einzuordnen und die Fahrgeschwindigkeit drastisch zu verringern.
Der Anzeiger habe ausgeführt, er habe den Tempomat bei 100 km/h eingeschalten gehabt. Diese Äußerung des Anzeigers überführe denselben der falschen Aussage. Es sei wohl als behördenbekannt vorauszusetzen, dass auf der Straße von Strengen nach Pians die Einhaltung einer konstanten Geschwindigkeit von 100 km/h aufgrund der absoluten Kurvenreichheit der Strecke als unmöglich zu bezeichnen sei. Es würden sich sohin erhebliche Zweifel an den Ausführungen des Anzeigers in seiner Gesamtheit ergeben.
Der Anzeiger habe in den zwei angeführten Scheinwerfen (Standlicht) Nebelscheinwerfer erkannt, ein weiteres stichhaltiges Indiz dafür, dass der Anzeiger wohl, gelinde gesagt, gewisse Wahrnehmungsschwächen aufweise.
Es werde beantragt das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung bei der die Einvernahme des Anzeigers E. P. S. durchgeführt werden konnte. Der Berufungswerber selbst ist nicht erschienen. Er hat sich somit der Möglichkeit der eigenen Verteidigung freiwillig begeben.
Außerdem wurde Einsicht genommen in drei Online-Ausdrucke des Tiris, welche die Strecke von km 159,6 bis 158,6 darstellen.
Festgehalten wird, dass das Straferkenntnis aufgrund der Erstattung einer Privatanzeige erfolgt ist. In dieser Privatanzeige hat der Zeuge E. S. Nachstehendes ausgeführt:
?Er habe am 30.12.2004 gegen 19.05 Uhr seinen PKW der Marke Volvo mit dem amtlichen Kennzeichen XY (D) von St. Anton kommend auf der Bundesstraße in Richtung Landeck gelenkt. Kurz vor der Einmündung der Bundesstraße in die Schnellstraße bei Pians sei er vor einer Linkskurve vom Lenker des PKWs, Marke Mercedes, mit dem amtlichen Kennzeichen XY (D) mit eingeschalteten Nebelleuchten überholt und danach geschnitten worden, sodass er hätte bremsen müssen.
Auf der Gegenspur sei ein Sattelkraftfahrzeug entgegengekommen. Seine (eigene) Geschwindigkeit habe ca 100 km/h betragen. Er sei mit Tempomat gefahren. Nachdem der Berufungswerber ihn überholt und geschnitten habe und er selbst schon habe bremsen müssen, habe der Berufungswerber sein Fahrzeug plötzlich und unerwartet fast bis zum Stillstand abgebremst, sodass ihm das Heck ausgebrochen sei. Danach habe er nochmals gebremst, diesmal jedoch wirklich bis zum Stillstand. Er selbst habe eine Vollbremsung machen müssen, ansonsten wäre er fast auf den Mercedes aufgefahren. Er sei ca einen halben Meter hinter dem Heck des Mercedes stehen geblieben. Schon im Bereich Strengen sei ihm das Fahrzeug aufgefallen, da der Lenker des Mercedes dort sehr knapp auf sein Fahrzeug aufgefahren sei und zwar immer mit eingeschalteten Nebelscheinwerfern. Er selbst habe sein Fahrzeug bis zum beschriebenen Vorfall immer vor dem Mercedes gelenkt und habe ihm keinen Anlass zu einem derartigen Verhalten gegeben. Nachdem der Lenker ihn dann überholt hatte, habe er ihn mit der Lichthupe angeblendet.?
Anlässlich der Einvernahme vor dem Berufungssenat hat der Privatanzeiger die Angaben in der Anzeige im Wesentlichen bestätigt und noch ausgeführt, dass er bereits seit über 30 Jahren die Strecke von St. Anton Richtung Landeck fahre, zum Teil zweimal wöchentlich, weil er in Innsbruck beruflich zu tun habe. Er wüsste daher ganz genau, wo er überholen könnte und wo Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgestellt seien. Am 30.12.2004 sei er dann in eine Geschwindigkeitsbegrenzungszone von 70 km/h gekommen. Hinter ihm sei ein LKW gefahren. Dann sei die 70 km/h-Zone wieder aufgehoben worden und es sei eine Strecke gekommen, wo man überholen dürfe. Dort habe er dann überholt. In dem Moment als er zum Überholen angesetzt habe, habe auch der Berufungswerber der hinter ihm gefahren sei, überholt. Er habe sich dann wieder eingeordnet und der Berufungswerber habe sich hinter ihm immer in einem Abstand von 2,3 bis 5 m aufgehalten. Er sei immer wieder bedrängt worden vom Berufungswerber, weil dieser sehr knapp aufgefahren sei. Er habe nicht mehr überholen können, weil Gegenverkehr vorhanden gewesen sei. Es komme zuerst eine lange Gerade und dann zwei drei Kurven, wo man nicht mehr überholen könne. Der Berufungswerber habe dann vor einer Linkskurve bei Gegenverkehr überholt. Er hat den Gegenverkehr erst gesehen, als er ungefähr auf der Höhe des Privatanzeigers gewesen sei, denn aus der Linkskurve sei ein Auto herausgekommen. Der Berufungswerber sei dann mit hoher Geschwindigkeit am Zeugen vorbeigefahren und habe dann ganz knapp vor ihm hereingeschnitten und fast bis zum Stillstand abgebremst. Der Zeuge hatte das Gefühl, dass der Berufungswerber einen Unfall bzw einen Auffahrunfall durch den Zeugen provozieren wollte, da ihm dass beim ersten Mal nicht gelungen sei, habe er dann nochmals abrupt abgebremst bis zum Stillstand und wiederum habe der Zeuge ganz knapp hinter ihm abbremsen können. Der Mann sei ?ausgerastet?. Er sei wütend gewesen, weil es ihm nicht möglich gewesen sei ihn früher zu überholen. Wenn der Zeuge nicht so viel Er fahrung gehabt hätte, wäre er rechts über den Abhang hinuntergefahren. Er sei vollkommen erschrocken und habe ihn dann angeblinkt. Darauf hin sei der Berufungswerber wieder stehen geblieben und sei dann provozierend langsam vor ihm hergefahren. Er habe ihn auch nicht mehr überholen können. Er habe ihn jedoch fotografiert, da er mitten auf der Straße ca 20 Sekunden stehen geblieben sei. So habe er dann die Autonummer gehabt. Das Foto sei nötig gewesen, weil er zu aufgeregt gewesen sei um sich irgendetwas aufzuschreiben. In der Folge sei der Berufungswerber dann normal weitergefahren und habe Gas gegeben und sei weg gewesen. Er selbst sei dann in Imst zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet. Das Foto habe er nicht mehr. Der Berufungswerber habe in den letzten Metern der Geraden begonnen zu überholen, dies kurz unmittelbar vor einer Linkskurve. Er könne nicht mehr genau sagen, ob er sich dann am Anfang der Linkskurve oder in der Mitte der Linkskurve wieder eingeordnet habe, auf jeden Fall seien die Fahrzeuge in der Linkskurve zum Stillstand gebracht worden. Er habe die gleiche Geschwindigkeit beibehalten, als ihn der Berufungswerber überholt habe, da er die Strecke mit Tempomat gefahren sei. Man könne bei einer kurvenreichen Strecke den Tempomat dann nicht mehr halten. Der Lenker gehe dann auf die Bremse und der Tempomat springe raus, er drücke dann auf einen Knopf und dann gehe er wieder hinein. Diese entsprechende Linkskurve könne er mit 100 km/h fahren, denn es sei eine lang gezogene Linkskurve. Die Linkskurve sei aber nicht einsehbar, weil durch die Hänge die Sicht blockiert gewesen sei. In der Linkskurve sei der Überholvorgang durch den Berufungswerber abgeschlossen worden.
Der Zeuge machte einen absolut glaubwürdigen Eindruck vor der Berufungsbehörde. Während der Vernehmung war ihm die Empörung über das gefährdende Verhalten des Berufungswerbers ins Gesicht geschrieben. Er hat auf alle Fragen durch das Senatsmitglied und durch die Rechtsvertreterin immer logische Antworten und Erklärungen geben können. Es bestand für die Berufungsbehörde kein Grund den Angaben nicht zu glauben.
Eine Anfrage des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol bei der Polizeiinspektion Landeck dahingehend, ob es sich bei km 0,6 auf der B-316 tatsächlich um ein unübersichtliches Straßenstück kurz vor einer Kurve handelt und es daher aufgrund der Situation der Gegebenheiten der Straßen verboten sei, hier ein Fahrzeug zu überholen, hat Insp. S. Nachstehendes geantwortet:
?Es gab für den Bereich zur Zeit der Übertretung aufgrund der Baustelle Strenger Tunnel bezüglich Kilometrierung B 316 zwei Zählweisen.
Beginn der B 316 bei der Abzweigung der B 188 auf der Pianner Höhe (GH Silvretta). In diesem Fall wäre der km 0,6 der B 316 im Bereich der Baustelle gewesen. Für diesen Bereich galt zur fraglichen Zeit (30.12.2004) eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h und ein kleines Teilstück 40 km/h, gesamter Bereich beschildertes Überholverbot und Sperrlinie.
Beginn der B 316 im Bereich des nunmehrigen Kreisverkehrs (Auffahrt S 16 Pians) so liegt km 0,6 der ehemaligen B 316 beim jetzigen km 159,2 der B 171 in einem absoluten und unübersichtlichen Kurvenbereich. Dies kann auch aus dem Tiris (Straßenkilometer 159,2 der B 171) einwandfrei gesehen werden.
PI Landeck
S.?
Betrachtet man nunmehr die Online-Ausdrucke des Tiris, so kann man die betreffende Linkskurve, die sich zwischen dem km 159,4 bis 159,0 befindet, gut einsehen. Es handelt sich hierbei um eine lang gezogene Linkskurve und ist ohne dass man hierzu einen Ortsaugenschein durchführen müsste, mit freiem Auge erkennbar, dass man in die lang gezogene Linkskurve zum großen Teil nicht einsehen kann, dies vor allem deswegen, weil sich am linken Rand der Straße Berghänge befinden.
Aus der Zusammenschau der vorliegenden Beweismittel, nämlich des Online-Ausdruck des Tiris, der Auskunft des Polizeiinspektor S. sowie der Zeugenaussage ist somit hervorgekommen, dass der Berufungswerber in einem absolut unübersichtlichen Kurvenbereich einen Überholvorgang gesetzt hat. Dass er dadurch andere Straßenbenützer gefährdet hat, ergibt sich einwandfrei aus der klaren und nachvollziehbaren Zeugenaussage des Privatanzeigers. Zum einen musste der Lenker sein Fahrzeug abrupt wieder auf die Rechte Seite ziehen, sodass er den nachfolgenden Fahrzeuglenker geschnitten hat, zum anderen hat er wie in Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses festgehalten, sein Fahrzeug dann bis zum Stillstand abgebremst, sodass sogar das Fahrzeugheck ausbrach. Außerdem hat er neben dem Zeugen S. auch ein auf der Gegenspur entgegenkommendes Sattelkraftfahrzeug durch seinen riskanten Überholvorgang gefährdet.
In der Berufung führt der Beschuldigte aus, dass er nicht mehr sagen könne, wo genau er ein Überholmanöver durchgeführt hat. Die Behauptungen, dass der Privatanzeiger stark beschleunigt hat, sind nicht bewiesen und für die Berufungsbehörde dadurch, dass sie sich ein Bild vom Privatanzeiger machen konnte, auch nicht glaubwürdig. Der Berufungswerber hätte ja auch die Möglichkeit gehabt, bei Herannahen der Kurve sich hinter dem Privatanzeiger einzuordnen. Dies ist jedoch angeblich nicht mehr möglich gewesen, weshalb, bleibt dahingestellt. Der Grund des abrupten Abbremsens sei die starke Linkskurve gewesen, die nunmehr folgte. Dazu ist festzuhalten, dass sich aus den Luftbildaufnahmen des Tiris ergibt, dass die Linkskurve keinesfalls so stark gewesen ist, dass man sein Fahrzeug zum Stillstand abbremsen muss und es dann 20 Sekunden lang nicht mehr weiter bewegen muss. Wenn der Berufungswerber das Vorliegen einer Notstandssituation geltend macht, so ist davon auszugehen, dass er diese Situation selbst herbeigeführt hat, da er ein Fahrzeug in gefährdender Art und Weise überholt hat.
Diesbezüglich ist auch wiederum auf die Auskunft der Polizeiinspektion Imst zu verweisen, wonach zum Zeitpunkt 30.12.2004 bei diesem Teilstück der B 316 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h, ein kleines Teilstück von 40 km/h gewesen ist und im gesamten Bereich ein beschildertes Überholverbot und eine Sperrlinie vorhanden war. Es stellt sich hier die Frage, weshalb der Berufungswerber dann überhaupt zum Überholen angesetzt hat und die wie er schreibt für sich prekäre Notstandssituation durch diesen gesetzwidrigen Überholvorgang herauf beschworen hat.
Dass der Anzeiger einen Tempomat verwendet hat, der wie er selber angegeben hat, bei einer Bremsung dann herausspringt, ist nachvollziehbar, ist doch die Strecke bevor die drei hintereinander folgenden Kurven beginnen eine gleich bleibende und mit einem Tempomat von km 100 zu fahrende. Es ist selbstverständlich auch der Anzeiger in diesem Teilstück eindeutig zu schnell unterwegs gewesen, hat doch wie zuvor erwähnt, eine Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund der Baustelle geherrscht.
Ob das Fahrzeug Nebelscheinwerfer gehabt hat oder nicht, ist im gegenständlichen Fall unerheblich, hat der Anzeiger ja zugestanden, dass extrem aufgeregt war, über das Fahrverhalten des Berufungswerbers und deshalb ein digitales Foto anfertigen musste um überhaupt zum Kennzeichen des Fahrzeuges des Beschuldigten zu gelangen. Hier von Wahrnehmungsschwächen des Anzeigers zu sprechen ist provokant.
Der Beschuldigte hat sich einer Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol nicht gestellt. Er hat seine Argumente schriftlich vorgebracht und diese sind für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar und glaubwürdig. Es handelt sich hierbei nach Meinung der Berufungsbehörde um absolute Schutzbehauptungen.
Rechtlich folgt daraus Nachstehendes:
§ 16 Abs 2 lit b StVO normiert, dass außer in den im Abs 1 angeführten Fällen der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen darf:
...
b) bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, zB vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs 2) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird,
...
§ 11 Abs 1 StVO normiert, dass der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln darf, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.
§ 21 Abs 1 StVO legt fest, dass der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen darf, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.
Hinsichtlich § 16 Abs 2 lit b StVO ist für die Berufungsbehörde zweifelsfrei hervorgekommen, dass der Berufungswerber vor einer unübersichtlichen Straßenstelle verbotenerweise überholt hat. Abgesehen davon, dass aufgrund des Beweisverfahrens hervorgekommen ist, dass an diesem Straßenstück ohnedies ein Überholverbot gewesen ist, steht auch fest, dass der Berufungswerber vor einer Kurve überholt hat und hat er dies ja auch selbst zugegeben.
Hinsichtlich der Übertretung nach § 11 Abs 1 StVO ist festzuhalten, dass der Lenker im gegenständlichen Fall nicht nur den Fahrsteifen gewechselt hat und dadurch ein Sattelkraftfahrzeug das entgegengekommen ist, gefährdet hat sondern auch beim Rückwechseln auf die rechte Fahrspur durch das Einschneiden den nach ihm kommenden Anzeiger gefährdet und behindert hat.
Hinsichtlich § 21 Abs 1 StVO muss darauf verwiesen werden, dass der Berufungswerber durch das überraschende Abbremsen und Stehen bleiben seines Fahrzeuges den nach ihm kommenden Anzeiger extrem gefährdet und auch behindert hat.
Der Berufungswerber hat die ihm zur Last gelegten Taten in objektiver und auch subjektiver Hinsicht gesetzt. § 99 Abs 3 lit a StVO normiert Geldstrafen bis zu Euro 726,00. Angesichts der Schwere der Taten und der ihnen immanenten möglichen Gefährdung der anderen Straßenverkehrsteilnehmer, sind die über den Berufungswerber verhängten Geldstrafen hinsichtlich Punkt 1. in der Höhe von Euro 80,00, zu Punkt 2. in der Höhe von Euro 50,00 und zu Punkt 3. ebenfalls in der Höhe von Euro 50,00 als äußerst milde zu betrachten und auch bei unterdurchschnittlichen finanziellen Gegebenheiten wie sie im gegenständlichen Fall vorliegen, als unbedingt nötig um den Berufungswerber in Hinkunft zu einem moderaten rücksichtsvollen und gesetzeskonformen Verhalten im Straßenverkehr anzuspornen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.