Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn Mag. H
A. S, vertreten durch Mag. S E, Rechtsanwältin in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 25.01.2006, Zl. III/S-16.414/05, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich Spruchpunkt
1.) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG, hinsichtlich der Spruchpunkte 2.) und 3.) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde dem Berufungswerber als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen unter Punkt 1.) zur Last gelegt, er sei am 04.05.2005, um 17.37 Uhr in G, F vor der Kreuzung mit der S an Fahrzeugen, welche gemäß § 18 Abs 3 StVO angehalten hätten, vorbeigefahren, obwohl nicht wenigstens zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung vorhanden gewesen seien. Durch das Vorbeifahren an anderen Kraftfahrzeugen habe er entgegenkommende Straßenbenützer gefährdet oder behindert (Punkt 2.)). Letztendlich habe er auf der Eisenbahnkreuzung F-O andere Kraftfahrzeuge überholt (Punkt 3.)). Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften der §§ 17 Abs 4 StVO (Punkt 1.), 16 Abs 1 StVO (Punkt 2.) und 16 Abs 2 lit. a Eisenbahnkreuzungsverordnung (Punkt 3.) verhängte die belangte Behörde unter Verweis auf die einschlägigen Strafbestimmungen zu Punkt 1.) eine Geldstrafe von ?
95,00 (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), zu Punkt 2.) eine Geldstrafe von ? 150,00 (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und zu Punkt 3.) eine Geldstrafe von ? 80,00 (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Berufungswerber der Betrag von insgesamt ? 32,50 vorgeschrieben. Die belangte Behörde stützte das Straferkenntnis auf die Anzeige des Herrn H P sowie auf das Ergebnis des von ihr geführten Ermittlungsverfahrens. Der Anzeigenerstatter H P habe bei seiner Einvernahme als Zeuge im Verwaltungsstrafverfahren angegeben, er sei am 04.05.2005 als fünftes oder sechstes Fahrzeug vor dem geschlossenen Bahnübergang in der G F beim S gestanden und habe dabei mehrere Fahrzeuge beobachten können, wie sie an der gesamten stehenden Kolonne vorbeigefahren und dann nach rechts in die S (eine Vorrangstraße) eingebogen seien, um in der Folge beim Öffnen des Bahnschranken schneller über den Bahnübergang fahren zu können. Das Fahrzeug des Berufungswerbers sei ihm deshalb besonders aufgefallen, da dieser von ganz weit hinten an der stehenden Kolonne in der F vorbeigefahren sei. Kurz vor dem beabsichtigten Einbiegen in die S habe sich der Bahnschranken geöffnet. Der Beschuldigte habe sein Fahrzeug beschleunigt, um sogar vor den auf der bevorrangten S losfahrenden Fahrzeugen den Eisenbahnübergang zu überqueren. Dabei habe er nicht nur diese, sondern auch entgegenkommende Fahrzeuglenker behindert. Der Berufungswerber habe sich - konfrontiert mit der Aussage des Zeugen H P -im Verfahren damit verantwortet, er sei (deshalb) an einer stehenden Kolonne von Fahrzeugen vor der Eisenbahnkreuzung links vorbeigefahren, da auf der entgegenkommenden Fahrtrichtung aufgrund des geschlossenes Schrankens kein Fahrzeug (im Gegenverkehr) gekommen sei und dort auch auf der linken Seite der Straße kein Fahrzeug geparkt habe. Dann habe er in die im rechten Winkel dazu stoßende S einbiegen wollen, um von dort aufgrund des Vorranges schneller die Eisenbahnkreuzung überqueren zu können. Bevor er jedoch in die S einbiegen habe können, habe sich der Schranken geöffnet und er habe sich in die Reihe der sich unterschiedlich schnell in Bewegung setzenden Fahrzeugen (Lücke) eingereiht und seine Fahrt gleich in die beabsichtigte Fahrtrichtung fortsetzen können. Das sei Gewohnheitsrecht. Sein Überholen habe Mag. H S damit gerechtfertigt, dass sich nach der Eisenbahnkreuzung ein Rückstau gebildet habe. Er habe Angst gehabt, dass er aufgrund dieses Rückstaus auf den Gleisen der Eisenbahnkreuzung zum Stehen kommen könne und habe er daher Fahrzeuge überholt. Begründend führte die belangte Behörde aus, ein Gewohnheitsrecht sei dem öffentlichen Recht fremd und könne daher ein solches auch nicht als Rechtfertigung gewertet werden. Dem Vorwurf, entgegenkommende Fahrzeuge behindert zu haben, entgegnete der Berufungswerber nur damit, er könne sich an solche Fahrzeuge nicht mehr erinnern. Aufgrund der langen Schließungszeit der Schrankenanlage erscheine es unglaubwürdig, dass sich in der Gegenrichtung kein Fahrzeug befunden habe. Ein Übersetzen der Eisenbahnkreuzung sein nur zulässig, wenn der Fahrzeuglenker erkennen könne, dass dies möglich sei. Andernfalls habe er vor der Eisenbahnkreuzung anzuhalten. Damit sei keinesfalls gerechtfertigt, in die Kreuzung einzufahren und dann - wegen eines sich abzeichnenden Rückstaus - Fahrzeuge auf der Eisenbahnkreuzung zu überholen. Mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung bekämpfte Mag. H A. S das Straferkenntnis wegen formeller und rechtlicher Mängel in allen drei Punkten. Er begründet seine Berufung wie folgt: Festzuhalten ist, dass die Behörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses in keinster Weise ins Kalkül gezogen hat, dass es sich bei der gegenständlichen Anzeige um jene einer Privatperson handelt. Konkret wurde die Anzeige mit Schreiben vom 6.5.2005 erstattet, wobei der Zeuge in diesem Schreiben auch sein Motiv für die Anzeige darlegte, nämlich dass der dazu beitragen wolle, dass sich Fahrzeuglenker in Zukunft ebenfalls an die StVO halten. Ein derartiges Motiv, dass offensichtlich ein erhebliches Maß an Verärgerung zeigt, lässt darauf schließen, dass sich der Zeuge zur Herstellung der öffentlichen Ordnung berufen fühle, was wiederum darauf schließen lässt, dass ihm das Maß an Objektivität und Sachlichkeit fehlt, dass eine, zum Behufe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ausgebildeten und berufenen Person, etwa einem Polizisten, zu eigen ist. Der Umstand, dass es dem Zeugen an Objektivität fehlt, geht auch daraus hervor, dass die Aussagen des Zeugen P in der Anzeige und im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der BH Graz-Umgebung differieren. Festzuhalten ist, dass zunächst überhaupt zu überprüfen gewesen wäre, inwiefern der geschilderte Sachverhalt durch den Zeugen, der seine Standposition als fünftes oder sechstes Fahrzeug vor dem ÖBB Bahnübergang in der G F beschreibt, überhaupt einsehbar gewesen sein kann. Geht man nämlich von einer durchschnittlichen Fahrzeuglänge von rund vier Metern und einem jeweiligen Tiefenabstand von zwei Metern zwischen den Fahrzeugen aus, muss sich der Zeuge 36 Meter hinter der Haltelinie der F befunden haben, wobei die vor ihm stehenden Fahrzeuge doch eine erhebliche Sichtbeschränkung auf die Kreuzung F/S darstellen. Festzuhalten ist ebenfalls, dass aus dieser Sitzposition die aus der S kommenden Fahrzeuge wegen der sichtbehindernden Friedhofsmauern gar nicht und die aus der F entgegenkommenden (also Stadtauswärts fahrenden) Fahrzeuge überhaupt nicht zu überblicken sind, da die F hinter den Bahnübergang in Richtung Stadteinwärts abfällt. Wie der Zeuge also eine Behinderung des Gegenverkehrs durch den Beschuldigten beobachtet haben will, ist völlig unerfindlich und wäre nur durch einen Ortsaugenschein zu klären gewesen. Die Behörde wäre im Verfahren in 1. Instanz in Folge ihrer Verpflichtung zu amtswegigen Wahrheitsfindung verpflichtet gewesen, diesen Ortsaugenschein durchzuführen um die Angaben eines offensichtlich emotional engagierten Zeugen entsprechend zu überprüfen und zu widerlegen. Der Behörde hätte weiterhin auffallen müssen, dass sich der Zeuge selbst widerspricht. Insbesondere spricht der Zeuge einerseits von einem Einbiegemanöver des Berufungswerbers, dann aber wieder davon, dass der Berufungswerber den Bahnübergang geradeaus übersetzt habe. Während in der Anzeige noch die Rede ist, dass der Berufungswerber mit hoher Geschwindigkeit den Gegenverkehr behindert habe und am Bahnübergang noch ein rechts aus der S kommendes Fahrzeug überholt habe, ist im Rahmen der Einvernahme davon die Rede, dass der Berufungswerber Sowohl Fahrzeuge, welche von der S kamen, behinderte, als auch Fahrzeuge, welche ihm entgegen gekommen sind. Von einem Überholmanöver des Berufungswerbers ist im Rahmen der späteren Einvernahme nicht mehr die Rede. Auch diese Differenzen in der Schilderung des Sachverhaltes lassen darauf schließen, dass der Zeuge die Situation wohl nur ungenügend wahrnehmen konnte und nun offensichtlich Behauptungen aufstellt. Festzuhalten ist, dass diese Widersprüche selbstverständlich auch im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beachten gewesen wären, wobei die Behauptung, der Beschuldigte habe den geschilderten Sachverhalt zugegeben, im Hinblick auf die vorliegenden Diskrepanzen nicht richtig sein kann und daher im Rahmen der amtswegigen Wahrheitsfindung ebenfalls zu hinterfragen gewesen wäre. Das Ermittlungsverfahren leidet daher unter formellen Mängeln. Darüber hinaus ist der bekämpfte Bescheid aus rechtlicher Sicht unhaltbar. Einzeln wird zu den dem Berufungswerber vorgeworfenen Tatbeständen folgendes ausgeführt:
Zum Vorwurf des § 17 Abs. 4 StVO: Grundsätzlich hält die Judikatur zur Bestimmung des § 17 Abs. 4 StVO fest dass ein Vorbeifahren an einer stehenden Fahrzeugkolonne nicht grundsätzlich verboten ist. Die Judikatur hält vielmehr fest, dass das Vorbeifahren im Interesse der Flüssigkeit des Verkehrs und einer besseren Ausnützung der vorhandenen Verkehrsflächen erlaubt ist, wenn mehr als ein Fahrstreifen in der betreffenden Fahrtrichtung vorhanden ist. Das generelle Verbot war für Fahrbahnen mit zwei oder mehr Fahrstreifen in einer Fahrtrichtung unbefriedigend.
Dementsprechend lässt sich wie folgt festhalten: Ein allgemeines Verbot des Vorbeifahrens an Fahrzeugen, die vor einem geschlossenen Bahnschranken anhalten, kann der Bestimmung des § 17 Abs. 4 nicht entnommen werden (Verwaltungsgerichtshof 26.6.1967, 1032/66, ZVR 1968 74). Ein Verstoß gegen das Vorbeifahrverbotes des § 17 Abs. 4 StVO bzw. das Anhaltegebot des § 18 Abs. 3 StVO liegt nicht vor, wenn sowohl vor als auch nach der Kreuzung die Weiterfahrt möglich ist (OGH 28.2.1990, 2 OB 5/90 ZVR 1990 128). Dem Wortlaut der Bestimmung des § 17 Abs. 4 StVO ist nur zu entnehmen, dass die Fahrstreifen vorhanden sein müssen, was in der gegenständlichen Situation der Fall ist. Der Berufungswerber hat stets ausgeführt, dass er niemanden gefährdet oder behindert hat und sein Vorbeifahrmanöver im Übrigen gefahrlos möglich war. Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 ist daher bereits mangels Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht verletzt; festzuhalten ist, dass die allgemeinen Anschuldigungen einer Privatperson, die offensichtlich der Judikatur hinsichtlich des § 17 Abs. 4 StVO selbst nicht mächtig ist, vermögen diesbezüglich nicht zu überzeugen. Zum Vorwurf des § 16 Abs. 1 StVO: Der dem Berufungswerber gemachte Vorwurf lautet, er habe durch das Vorbeifahren an anderen Kraftfahrzeugen entgegenkomme Straßenbenützer gefährdet oder behindert. Dazu ist auszuführen, dass die ständige Judikatur zu § 16 StVO ausführt, dass es für jeden Einzelfall der Konkretisierung im Sinne des § 44 lit. a VStG bedarf. Es sind daher nicht nur nach Tatzeit und Tatort, sondern darüber hinaus auch noch durch besondere Charakterisierung des Sachverhaltes Merkmale aufzuzeigen, die den Tatbestand beschreiben, um den Anforderungen der hinreichenden Konkretisierung zu genügen. Im Übrigen stellt die Bestimmung des § 16 Abs. 1 StVO auf Überholverbote ab, während der dem Berufungswerber gemachte Vorwurf auf das Vorbeifahren an anderen (stehenden) Kraftfahrzeugen lautet. Sofern also das Vorbeifahren an anderen Kraftfahrzeugen sowie die Gefährdung und Behinderung entgegenkommender Straßenbenützer pönalisiert werden sollte, wäre die Bestimmung des § 17 Abs. 1 StVO und nicht jene des § 16 Abs. 1 StVO heranzuziehen gewesen. Im Hinblick auf die Heranziehung der falschen Bestimmung ist das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten sohin bereits aus diesem Grunde einzustellen. Zu § 16 Abs. 2 lit a EBKV: Festzuhalten ist, dass wohl davon auszugehen ist, dass es sich bei dem gegenständlichen Vorwurf um einen nach der Eisenbahnkreuzungsverordnung handelt, also der Verordnung des Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 21.12.1960 über die Sicherung und Benützung schienengleicher Eisenbahnübergänge. Die korrekte und in sämtlichen Kommentaren zur Straßenverkehrsordnung geführte Abkürzung lautet EisbKrV, sodass im Hinblick auf die falsche Zitierung der Verordnung bereits unter diesem Aspekt die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Beschuldigten beantragt wird. Der gemachte Vorwurf ist jedoch auch inhaltlich verfehlt, zumal der Vorwurf lautet, der Beschuldigte habe auf der Eisenbahnkreuzung F/S andere Kraftfahrzeuge überholt. Dieser Vorwurf ist unhaltbar und auch gar nicht möglich, zumal sich ein derartiger Vorwurf selbst aus den Aussagen des Zeugen - egal nach welcher Variante - nicht ableiten lässt. Nochmals anzumerken ist, dass der Zeuge überhaupt keine Sicht auf die Eisenbahnkreuzung haben konnte und nur von entgegenkommenden bzw. auf der S von rechts kommenden Fahrzeugen spricht. Es kann daher im Verhältnis zu den aus der S kommenden Fahrzeugen maximal eine Vorrangverletzung vorliegen, die im gegenständlichen Fall nicht angezogen wurde. Festzuhalten ist, dass es bei einem Überholvorgang per definitionem gem. § 2 Abs. 1 Ziffer 29 StVO um ein Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf der selben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug handelt. Ein Überholvorgang ist im gegenständlichen Sachverhalt daher beim besten Willen nicht zu entnehmen. Es wurde der Antrag auf ersatzlose Behebung des bekämpften Straferkenntnisses und auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt. Der Berufung angeschlossen war ein Schreiben des Berufungswerbers, indem er - soweit hier maßgeblich - zum Sachverhalt noch einwendete, dass die F nicht nur zur Gleisanlage, sondern auch zu einer weiterführenden Straße vor dem Bahnübergang führe (S). Was er umgangssprachlich als Gewohnheitsrecht bezeichnet habe sei das von vielen Fahrern praktizierte Vorbeifahren an einer stehenden Fahrzeugkolonne vor dem geschlossen Bahnschranken, um anschließend in die S nach rechts einzubiegen. Ein solches Vorbeifahren mit vorsichtiger Geschwindigkeit dauere nur ein paar Sekunden. Selbst wenn zur gleichen Zeit ein Verkehrsteilnehmer aus der S an der dort sich gebildeten Kolonne vorbeifahre, um anschließend über die F in Richtung A P auszuweichen, könne aufgrund der Straßenbreite - die linke Fahrspur, gemessen von der Mittellinie betrage bis zum Bankett 5 Meter, bis zum befahrbaren Straßenrand 6,1 Meter - ergebe sich im Gegenverkehr keine Behinderung. Der Vorwurf, er habe sein Fahrzeug beschleunigt, um den Bahnübergang noch vor den PKWs auf der S überqueren zu können, treffe nicht zu. Er sei beim Abbiegen langsam gefahren. Mit den ihm nach dem Öffnen der Schranken gemächlich entgegen kommenden Fahrzeuglenkern aus der S habe er Blickkontakt aufgenommen. Bei dem Einreihen in die Fahrzeugkolonne - eine Lücke sei dadurch entstanden, weil der Motor eines Pkw nicht gleich angesprungen sei - habe er niemanden gefährdet oder behindert. Er habe den Bahnübergang ordnungsgemäß überfahren. Am Ende des Bahnüberganges sei er an den drei vor ihm gefahrenen und nun auf Grund eines Hindernisses am rechten Fahrstreifen der (nach dem Bahnübergang weiterführenden) F stehen gebliebenen Fahrzeuge bei voller Sicht bis zur Ampel (an der Kreuzung mit dem E G) vorbeigefahren. Dies habe er deshalb getan, weil er Angst davor gehabt habe, dass sich der von ihm noch nicht passierte Bahnschranken wieder - wie dies schon des öfteren vorgekommen sei, schließen könnte. Von einem Überholen könne jedenfalls nicht die Rede sein. Am 19.03.2007 fand vor Ort eine mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des Rechtsvertreters des Berufungswerbers statt, in der H P als Zeuge zur Sache befragt worden ist. Der Berufungswerber ist zur Verhandlung nicht erschienen. Der Rechtsvertreter legte ein Schreiben des Berufungswerbers an seine Rechtsvertreterin, Mag. S E, vor, indem er die Rechtsvertreterin ersucht, den Inhalt des Schreiben in der Verhandlung protokollieren zu lassen. Der Berufungswerber wiederholte in diesem Schreiben im Wesentlichen seinen schon referierten Standpunkt. Beim Augenschein war festzustellen, dass sich seit dem Tatzeitpunkt die örtlichen Verhältnisse geändert haben. Der Bahnübergang ist nicht mehr für Fahrzeuge passierbar. Die Fahrbahn der F endet beim Gleiskörper. Die ursprüngliche Gegenfahrbahn wurde baulich in eine Fußgängerunterführung umgestaltet. Der Gehsteig entlang der Friedhofsmauer - er bildet den rechten Fahrbahnrand der F in Richtung Gleiskörper - wurde im letzten Drittel der Friedhofsmauer um etwa eineinhalb Meter verbreitet. Die Haltelinie an der F vor dem Bahnübergang ist in Resten vorhanden. Die S, die auf Höhe des Bahnüberganges in die F mündet, wurde mittlerweile von einer zweispurigen auf eine einspurige Fahrbahn zurückgebaut. Die diesbezüglichen Angaben des ortskundigen Zeugen H P - er arbeitete zwölf Jahre lang in unmittelbarer Nähe zur Eisenbahnkreuzung - anhand der sich gegenüber der alten Baumasse abhebenden Neuerungen gut nachvollzogen werden. Gleich geblieben ist die sich auf einer Kuppe befindliche Gleiskörperanlage. Zur Sache selbst gab H P an, er sei am 04.05.2005 mit meinem Audi A6 in einer stehenden Fahrzeugkolonne vor dem geschlossenen Bahnübergang auf der F etwa auf Höhe des Haupteinganges zum Friedhof längere Zeit gestanden. Aus dieser Position - er sei ganz am rechten Fahrbahnrand gestanden, die Fahrzeuge vor ihm seien nicht sichtbehindernd gewesen, möglicherweise habe er durch die Scheiben der anderen geschaut - habe er das Fahrverhalten des Berufungswerbers beobachten können, welches der Zeuge folgendermaßen beschrieb: Als er gerade dabei war, an den abgestellten Fahrzeugen der Kolonne auf der linken Seite (Gegenfahrbahn) vorbeizufahren, ging der Bahnschranken auf. Diese Gelegenheit benützte der Lenker, um den Bahnkörper zu queren, ohne zuvor einen Einbiegevorgang in die S zu machen. Die Querung erfolgte in einer quasi S-Linien - förmigen Fahrbewegung. Er lenkte sein Fahrzeug auf Höhe der S leicht nach rechts, um dem Gegenverkehr auszuweichen. Er hat deshalb auch leicht beschleunigt. Gleichzeitig ist der erste Fahrzeuglenker von der S schon dabei gewesen, den Gleiskörper zu queren. Dieses Fahrzeug hat er noch überholt. Dieser Lenker von der S war schon ein fahrendes Fahrzeug, dass der Berufungswerber im Bereich des Gleiskörpers überholt hat. Auf Nachfrage, wo sich der Überholvorgang genau abgespielt hat: Der Überholvorgang fand jedenfalls schon nach dem ersten Schranken in meine Ankommrichtung statt. Das Fahrzeug von der S war zum Zeitpunkt des Überholvorganges noch nicht am Gleiskörper. Es war gerade dabei, dort hinzufahren. Der Lenker von der S war im Anfahren und wurde er in dieser Situation vom Anderen (Berufungswerber) überholt. Ob er durch das Fahrmanöver des Berufungswerbers bremsen musste oder nicht, dass kann ich nicht sagen. Der Berufungswerber hatte nun die erste Fahrposition und hinter ihm war der Einbiegende aus der S...Was dann im Anschluss geschehen ist, nach diesem Überholvorgang, kann ich nicht mehr sagen. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ist unter Einbezug der Aktenlage in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Sicht folgendes auszuführen:
Die F vor der Kreuzung mit der S in G, war zum Tatzeitpunkt 04.05.2005, eine Straße mit Gegenverkehr (ein Fahrstreifen pro Fahrtrichtung). Bei geschlossenen Bahnschranken hatten Fahrzeuglenker auf der F in Fahrtrichtung der Eisenbahnkreuzung F-O, die Kraftfahrzeuge hintereinander - beginnend an der Haltelinie vor dem Bahnübergang - anzuhalten. Gleiches galt sinngemäß für jene Fahrzeuglenker, die die parallel zum Gleiskörper angelegte S befuhren, die unmittelbar vor dem Bahnübergang etwa im rechten Winkel auf die F stieß. Nach dem Öffnen der Schranken hatten die Fahrzeuglenker auf der S den Vorrang gegenüber jenen auf der F. Zu Punkt 1.) Übertretung nach § 17 Abs 4 StVO: Der Berufungswerber befuhr am 04.05.2005, gegen
17.37 Uhr mit dem PKW, Kennzeichen die F in Fahrtrichtung Eisenbahnkreuzung F-O. Vor dem geschlossenen Bahnübergang hatte sich eine Fahrzeugkolonne gebildet; die Reihe der angehaltenen Fahrzeuge reichte nicht bis zu einer Querstraße, einem Schutzweg oder einer die Fahrbahn querenden Gleisanlage zurück. Der Berufungswerber fuhr am linken Fahrstreifen an den am rechten Fahrstreifen stehenden Fahrzeugen vorbei. § 17 Abs 4 StVO bestimmt, dass an Fahrzeugen, die gemäß § 18 Abs 3 anhalten, nur vorbeigefahren werden darf, wenn wenigstens zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung vorhanden sind, auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr die Fahrbahnbreite oder eine zur Trennung der Fahrtrichtungen angebrachte Sperrlinie nicht überfahren wird und für den weiteren Fahrstreifen nicht auch schon die Voraussetzungen des § 18 Abs 3 gegeben sind. Die Bestimmung des § 18 Abs 3 StVO, auf welche im § 17 Abs 3 leg. cit. ausdrücklich verwiesen wird, hat nachstehenden Wortlaut: Müssen die Lenker hintereinanderfahrender Fahrzeuge anhalten und reicht die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße, einem Schutzweg, einer Radfahrerüberfahrt oder einer die Fahrbahn querenden Gleisanlage zurück, so haben die Lenker weiterer auf demselben Fahrstreifen herannahender Fahrzeuge so anzuhalten, dass der Verkehr auf der Querstraße, dem Schutzweg, der Radfahrerüberfahrt oder Gleisanlage nicht behindert wird. Voraussetzung für ein Tatbild nach § 17 Abs 4 StVO ist daher, dass die Lenker hintereinander fahrender Fahrzeuge anhalten müssen und dass die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge bis zu einer Querstraße, einem Schutzweg, einer Radfahrüberfahrt oder einer die Fahrbahn querende Gleisanlage zurückreicht. Erst die Lenker weiterer herannahender Fahrzeuge haben die Verpflichtung, so anzuhalten, dass der Querverkehr nicht behindert wird. Ein dem widersprechendes Verhalten erfüllt das Tatbild des § 17 Abs 4 StVO. Ein derartiger Sachverhalt ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge nicht bis zu einer die Fahrbahn querenden Gleisanlage zurückreichte und der Berufungswerber demnach auch nicht an vor einer solchen Gleisanlage anhaltenden Fahrzeugen vorbeifahren konnte. Die geschlossene Gleisanlage war nur Grund für das Anhalten der Fahrzeuglenker und der Kolonnenbildung. Ein allgemeines Verbot des Vorbeifahrens an Fahrzeugen, die vor einem geschlossen Bahnschranken anhalten, ist aus der Bestimmung des § 17 Abs 4 StVO - und hier ist den Berufungsausführungen im Ergebnis zuzustimmen - nicht abzuleiten. Der Berufungswerber hat durch das unter Punkt
1.) umschriebene Verhalten keine Übertretung nach § 17 Abs 4 StVO begangen. Zu Punkt 2.) Übertretung nach § 16 Abs 1 StVO (gemeint: 17 Abs 1 erster Satz StVO): Nach § 17 Abs 1 StVO ist das Vorbeifahren nur gestattet, wenn dadurch andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, weder gefährdet noch behindert werden. Für die Anzeige des Vorbeifahrens, die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes und das Vorbeifahren an Schienenfahrzeugen gelten die beim Überholen zu beachtenden Vorschriften (§ 15). An einem entsprechend eingeordneten Fahrzeug, dessen Lenker die Absicht nach links einzubiegen anzeigt (§ 13 Abs 2) ist rechts vorbeizufahren. Dass dem Berufungswerber zum Zeitpunkt des Vorbeifahrens an der in der F stehenden Fahrzeugkolonne andere Fahrzeuge entgegengekommen sind, die durch sein Fahrverhalten gefährdet oder behindert worden sind, war nicht festzustellen. Ein derartiger Sachverhalt ist weder den Aussagen des H P im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren zu entnehmen, noch kann ein solcher aus der Verantwortung des Berufungswerbers (als Geständnis) abgeleitet werden, der angegeben hat, ihm sei kein Fahrzeug entgegengekommen. In der Anzeige vom 6.5.2005 ist nur unspezifisch, weil örtlich nicht zuordenbar - von einem Gegenverkehr die Rede (...er hat beschleunigt, hat mit hoher Geschwindigkeit den Gegenverkehr behindert,..) Bei seiner Einvernahme am 9.11.2005 gab der Zeuge an, ein roter Kleinwagen sei ihm besonders aufgefallen, da dieser von ganz weit hinten die Kolonne in der F überholt hat und sich kurz vor dem Einbiegemanöver des Lenkers (in der S) der Bahnschranken geöffnet hat. Der Lenker hat dann sein Fahrzeug beschleunigt, um den Bahnübergang noch vor den vorrangberechtigten Fahrzeugen ...überqueren zu können. Dabei konnte ich sehen, dass der Lenker dieses Fahrzeuges sowohl Fahrzeuge, welche von der S kamen, behinderte, als auch Fahrzeuge, welche ihm entgegengekommen sind... Aus dieser Aussage geht nicht hervor, dass der Berufungswerber, wie ihm unter Punkt 2.) vorgeworfen wird, in G, F, vor der Kreuzung mit der S durch das Vorbeifahren an anderen Fahrzeugen entgegenkommende Straßenbenützer gefährdet oder behindert hat. Gleiches gilt sinngemäß für die Aussagen des H P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (Er lenkte sein Fahrzeug auf Höhe der S leicht nach rechts, um den Gegenverkehr auszuweichen...). Allein die Annahme der belangen Behörde, es habe aufgrund der langen Schließdauer der Bahnschranken einen Gegenverkehr gegeben, kann im Hinblick auf die Komplexität der sich gleichzeitig ereignenden Verkehrsabläufe einen Tatvorwurf nach § 17 Abs 1 StVO nicht stützen. Damit ist eine Übertretung dieser Norm zumindest nicht erwiesen. Zu Punkt 3.) Übertretung nach § 16 Abs 2 lit a EisbKrV Nach § 16 Abs 2 lit. a der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 ist das Überholen auf einer Eisenbahnkreuzung verboten. Auch dieser Tatvorwurf ist nicht haltbar. Es fehlen schon die bei einem strittigen Sachverhalt erforderlichen Zeugenaussagen, die - entgegen der Verantwortung des Berufungswerbers - glaubwürdig belegen, dass der Berufungswerber auf der Eisenbahnkreuzung F-O einen Überholvorgang gesetzt hat. Der Zeuge H P hat - auch wenn man die für solche Beobachtungen notwendigen, nicht mehr eindeutig zu überprüfenden Sichtverhältnisse als gegeben annimmt - lediglich eine Interaktion zwischen dem Berufungswerber und dem Lenker des ersten Fahrzeuges der in der S stehenden Kolonne vor dem Überfahren der Eisenbahnkreuzung beobachtet, die er als ein Überholen bezeichnet hat. Was anschließend auf der Eisenbahnkreuzung geschehen ist, hat
H P auf Grund seines Standortes und der örtlichen Gegebenheiten (Kuppe) nicht weiter verfolgen können. Aus den Schilderungen des Berufungswerbers geht nur hervor, dass er nach der Eisenbahnkreuzung an stehen gebliebenen Fahrzeugen vorbeigefahren wäre. Der Nachweis einer Übertretung nach § 16 Abs 2 lit a EisbKrV wurde nicht erbracht. Es war der Berufung Folge zu geben, der Strafbescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in allen drei Punkten zu Einstellung zu bringen.