TE UVS Tirol 2007/05/29 2007/20/0757-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Beschwerde des Herrn G. T., M., vertreten durch die Rechtsanwälte W. und Partner, Z. a. S., wegen einer Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung, wie folgt:

 

Gemäß §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Abs 1 und 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Antrag des Beschwerdeführers, der Unabhängige Verwaltungssenates möge feststellen, dass der Beschwerdeführer am 07.02.2007 auf dem N. -Parkplatz in St. Johann/Tirol, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden sei, als sich die Polizeibeamten der Polizeiinspektion St. Johann/Tirol geweigert hätten, dem R. O. die Fahrzeugschlüssel für den Pkw XY des Beschwerdeführers auszuhändigen und diese auf den Posten St. Johann hinterlegt hätten sowie diesen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, als unbegründet abgewiesen.

 

Ein Kostenzuspruch zu Gunsten der obsiegenden belangten Behörde findet mangels eines entsprechenden Antrages nicht statt.

Text

Mit einem Schriftsatz vom 19.03.2007 erhob Herr G. T. beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt. Der Beschwerdeführer begehrte die Feststellung, dass er am 07.02.2007 auf dem N. -Parkplatz in St. Johann/Tirol durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden sei, als sich die Polizeibeamten der Polizeiinspektion St. Johann/Tirol geweigert hätten, dem R. O. die Fahrzeugschlüssel für den Pkw mit dem Kennzeichen XY des Beschwerdeführers auszuhändigen und diesen auf dem Posten in St. Johann hinterlegt hätten, wodurch dieser Verwaltungsakt rechtswidrig sei. Auch wurde beantragt, die belangte Behörde zu verpflichten, die Kosten der Beschwerde gemäß UVS-Aufwandsersatzverordnung zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu ersetzen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

 

In der Sachverhaltsdarstellung dieser Beschwerde wurde zunächst darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer am 07.02.2007 seinen Pkw der Marke Fiat Brava mit dem Kennzeichen XY um ca. 22.30 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf dem N. -Parkplatz in St. Johann/Tirol gelenkt habe (0,65 mg/l). Er sei von Beamten der Polizeiinspektion St. Johann/Tirol angehalten und überprüft worden. Wegen dieses Deliktes sei der Beschwerdeführer zwischenzeitlich mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 26.02.2007, Zahl VA-59-2007, zu einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 880,00 rechtskräftig verurteilt worden.

 

Im Zuge der Amtshandlung seien dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Alkoholisierung die Fahrzeugschlüssel abgenommen worden. Daraufhin habe er seinen Dienstgeber, Herrn R. O., angerufen und ihn gebeten, das Fahrzeug abzuholen, zumal es sich bei dem Parkplatz um eine Kurzparkzone gehandelt habe. R. O. sei sogleich vor Ort erschienen und habe um die Übergabe der Schlüssel ersucht. Dies habe jedoch der einschreitende Polizeibeamte abgelehnt und erklärt, dass der Schlüssel am nächsten Morgen ab 08.00 Uhr in der Früh beim Polizeiposten St. Johann abgeholt werden könnte.

 

Als R. O. am nächsten Tag in der Früh zum Parkplatz gekommen sei, hätte er feststellen müssen, dass in der Nacht in das Fahrzeug eingebrochen worden sei und bei diesem Einbruch eine Digitalkamera Canon und ein i-Pod gestohlen worden sei. Die Weigerung der einschreitenden Polizeibeamten, dem Dienstgeber des Beschwerdeführers den Schlüssel zum Auto auszuhändigen, sei rechtswidrig gewesen und im Hinblick auf den nächtlichen Einbruch auch mit einem hohen Schaden für den Beschwerdeführer verbunden gewesen.

 

Der Beschwerdeführer sei auch in seinem Recht, sein Fahrzeug als Eigentümer nutzen zu dürfen, sei es auch durch einen Mittelsmann, insbesondere sein Eigentum zu schützen, verletzt worden. Die Weigerung, die Schlüssel auszuhändigen, stelle daher einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Im gegenständlichen Fall hätten die einschreitenden Polizeibeamten im Rahmen der Sicherheitsverwaltung gehandelt. Die Beschwerde sei fristgerecht, da sich der gegenständliche Vorfall am 07.02.2007 ereignet hätte.

 

In Bezug auf die maßgebliche Rechtslage wurde auf § 5b Abs 1 StVO verwiesen. Demnach seien Organe der Straßenaufsicht berechtigt, alkoholisierte Personen an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Zu diesem Zweck seien, falls erforderlich, Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme des Fahrzeugsschlüssels, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges, anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen seien unverzüglich aufzuheben, wenn die Person nicht mehr alkoholbeeinträchtigt sei, oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben seien, beabsichtige, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen oder zu lenken. Gegen diese Gesetzesbestimmung sei im gegenständlichen Fall eindeutig verstoßen worden. Insbesondere wegen des eingetretenen Schadens, der bei einem rechtmäßigen Verhalten vermieden worden wäre, sehe sich der Beschwerdeführer zur Erhebung dieser Beschwerde genötigt. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sei belangte Behörde, weil ihr die Tätigkeit der Organe der Straßenaufsicht gemäß § 94 StVO zuzurechnen sei. Diese Organe seien Hilfsorgane der zuständigen Bezirkshauptmannschaft.

 

Mit Schreiben vom 27.03.2007 wurde die belangte Behörde unter Verweis auf die eingebrachte Beschwerde gebeten, die bezughabenden Akten der Polizeiinspektion St. Johann vorzulegen und wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme (Gegenschrift) anher zu übermitteln.

 

Mit einem Schreiben vom 12.04.2007 legte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Verwaltungsstrafakt betreffend den Beschwerdeführer vor. Weiters wurde darauf verwiesen, dass einer der damals einschreitenden Polizeibeamten (Insp. R. W.) nach Aufforderung der belangten Behörde in einer Stellungnahme vom 05.04.2007 ausgeführt habe, dass sich Herr O. geweigert hätte, die Fahrzeugschlüssel entgegen zu nehmen. Aus diesem Grunde sei der Pkw vom Beschwerdeführer selbst versperrt worden und habe er den Fahrzeugschlüssel an Insp. W. übergeben. Auch diese Stellungnahme des Insp. W. wurde an die entscheidende Behörde übermittelt.

 

In weiterer Folge wurde seitens der entscheidenden Behörde für den 09.05.2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Dabei sind der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter erschienen. Seitens der belangten Behörde ist niemand erschienen.

 

Beweis aufgenommen wurde durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen R. O., Insp. R. W. und Insp. A. S., weiters durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel betreffend den Beschwerdeführer, Aktenzahl VA-59-2007, sowie in die Stellungnahme des Insp. W. vom 05.04.2007.

 

Auf Sachverhaltsebene ist Folgendes festzuhalten:

Am 07.02.2007 um ca 22.28 Uhr lenkte der Beschwerdeführer den Pkw mit dem Kennzeichen XY in St. Johann auf den sogenannten N.-Parkplatz. Von der Polizeistreife "Johann 1" (Insp. W. und Insp. S.) wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Fahrzeug rückwärts ausparkte und vorwärts in Richtung Kaiserstraße fuhr. Der Beschwerdeführer wurde nach Zurücklegung einer Strecke von ca 40 m zur Anhaltung gebracht und wurde eine Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durchgeführt. Aufgrund der Feststellung von Alkoholisierungssymptome wurde der Beschwerdeführer von Insp. W. zur Durchführung eines Alkomates aufgefordert. Zur Durchführung dieses Tests wurde eine weitere Streife angefordert, dies deshalb, da der in diesem Streifenwagen befindliche Alkomat bereits einsatzbereit war.

 

Nach Aufforderung zur Durchführung des Alkotests nahm der Beschwerdeführer telefonisch Kontakt mit seinem Dienstgeber R. O. auf, und erklärte diesem, dass er in ein Problem mit der Polizei verwickelt sei. Wenige Minuten später und noch vor Absolvierung des Alkotests durch den Beschwerdeführer erschien R. O. am Anhalteort. Um 22.48 Uhr bzw um 22.50 Uhr wurden zwei (gültige) Messversuche am Alkomaten durchgeführt, wobei sich Messwerte von 0,65 bzw 0,67 mg/l ergaben.

 

Nachdem die Durchführung des Alkomattests eine Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers ergab, klärte Insp. R. W. den Beschwerdeführer über die weitere Vorgangsweise auf, nämlich dass er den Führerschein vorläufig abnehmen und Zwangsmaßnahmen in Form der Abnahme des Fahrzeugsschlüssels setzen werde. Insp. W. erklärte auch, dass eine Abnahme nicht zwingend erforderlich sei, falls der Beschwerdeführer eine Person namhaft machen könne, bei der keine Hinderungsgründe in Bezug auf die Inbetriebnahme des Pkws vorliegen würden. Dazu wurde jedoch zu diesem Zeitpunkt weder vom Beschwerdeführer noch von R. O. eine Erklärung abgegeben.

 

Der Beschwerdeführer wurde von Insp. W. darauf hingewiesen, dass für das abgestellte Fahrzeug keine Haftung übernommen werde.

 

Schließlich wurde das Auto des Beschwerdeführers von R. O. versperrt. Im unmittelbaren Anschluss daran äußerte er zumindest gegenüber Insp. S., ob er den Schlüssel behalten dürfe. Für Insp. S. war in diesem Zusammenhang wesentlich, dass eine allfällige Aushändigung des Schlüssels an O. auch mit Einverständnis des Beschwerdeführers erfolgt. Nachdem der Beschwerdeführer sich diesbezüglich nicht näher äußerte, weil er vor allem durch die Abnahme des Führerscheins und dem drohenden Entzug der Lenkberechtigung "geschockt" war, wurde von den Polizisten der Vorschlag gemacht, dass der Schlüssel auf der Polizeiinspektion verwahrt werden könne. Dies wurde letztlich vom Beschwerdeführer und O. akzeptiert. Eine Äußerung dahingehend, dass Rudolf O. die Überlassung des Schlüssels begehre, um das Fahrzeug im Hinblick auf das Bestehen einer Kurzparkzone mit Geltungsdauer ab 08.00 Uhr des nächstfolgenden Tages verstellen zu können, erfolgte weder vom Beschwerdeführer noch von R. O. selbst.

 

Soweit seitens des Beschwerdeführers eine Ausfolgung des Schlüssels an eine Person, hinsichtlich der keine Hinderungsgründe bezüglich des Lenkens vorgelegen werden, wäre dies während der gesamten Nacht auf der Polizeiinspektion St. Johann möglich gewesen.

 

Vor dem Verlassen des Ortes der Amtshandlung brachte R. O. gegenüber dem Polizisten zum Ausdruck, dass er gemeinsam mit dem Beschwerdeführer noch ein Gastlokal in St. Johann aufsuchen würde und ihm der Schlüssel auch nichts nützen würde.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass der Geschehnisablauf von den einvernommenen Personen durchaus unterschiedlich dargestellt wurde. Dies betrifft insbesondere das in der Beschwerde näher dargestellte Verlangen von R. O., der Fahrzeugschlüssel des Fahrzeuges des Beschwerdeführers möge ihm ausgehändigt werden. Dass R. O. tatsächlich einmal die Frage äußerte, ob er den Schlüssel behalten dürfe, brachte nicht nur O. selbst, sondern der Zeuge Insp. S. zum Ausdruck. Aufgrund der Formulierung dieser Fragestellung sowie der Schilderung des Geschehnisablaufes der Zeugen in diesem Zusammenhang ist nahe liegend, dass O. die Frage nach dem Behalten des Schlüssels stellte, nachdem er das Fahrzeug des Beschwerdeführers abgesperrt hat.

 

Insp. W. stellte eine derartige Frage von R. O. in Abrede. Er erklärte, dass seiner Erinnerung nach O. nicht geäußert hätte, dass er den Schlüssel behalten wolle. In seiner Stellungnahme vom 05.04.2007 an die belangte Behörde führte Insp. W. aus, dass O. gegenüber Insp. S., Rev. Insp. J. und ihm angegeben habe, dass er den Fahrzeugschlüssel nicht entgegen nehmen werde. In der Verhandlung relativierte der Zeuge Insp. W. diese Aussagen dahingehend, dass O. geäußert hätte, dass ihm der Schlüssel auch nichts nützen würde, weil er und der Beschwerdeführer noch gemeinsam etwas Trinken gehen würden. Wenngleich der Zeugeneinvernahme des Insp. S. eine derartige Äußerung O. nicht zu entnehmen ist, kommt doch aus den Schilderungen der beiden Polizisten hervor, dass O. nach der von Insp. S. wahrgenommenen und wiedergegebenen Äußerung, ob er den Schlüssel behalten könne, die Herausgabe des Schlüssels nicht weiter forderte und der Beschwerdeführer selbst diesbezüglich keine näheren Angaben machte. Beide Polizisten erklärten, dass es keine Diskussion bezüglich der Ausfolgung des Schlüssels an O. gegeben hätte, was im Zusammenhang so zu verstehen ist, dass nach der bereits erwähnten Fragestellung von O. ein Verlangen auf Ausfolgung des Schlüssels an O. weder von diesem noch vom Beschwerdeführer gestellt wurde. Zwar erklärte der Beschwerdeführer selbst am Beginn seiner Einvernahme, dass er die Polizisten gebeten hätte, dass O. seinen Autoschlüssel bekomme. Dies wird durch die Angaben der beiden Polizisten widerlegt und findet darüber hinaus auch nicht in den Ausführungen des Zeugen O. einen Rückhalt. Später erklärte der Beschwerdeführer, dass er nicht genau wisse, wie dies mit dem Schlüssel gelaufen sei, da er alkoholisiert gewesen sei. Auch sei seine größte Sorge der Verlust des Führerscheins gewesen. An anderer Stelle erklärte er, dass O. das Ganze (gemeint die Angelegenheit im Zusammenhang mit Ausfolgung des Schlüssels) hauptsächlich geregelt habe. Ihm sei es vor allem darum gegangen, dass er keinen Führerschein mehr hätte un

d sei dies für ihn ein kleiner Schock gewesen. Angesichts dessen erscheinen die ursprünglich gemachten Angaben des Beschwerdeführers, was das Verlangen der Ausfolgung des Schlüssels an O. betrifft, wenig überzeugend.

 

Dass Insp. W. nichts von der Fragestellung O., ob er den Schlüssel behalten könne, anzugeben wusste, bedeutet nicht notwendigerweise, dass dieser Zeuge diesbezüglich einen Irrtum unterlegen oder gar die Unwahrheit gesagt hätte. Vielmehr ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Insp. S., dass dieser den Schlüssel erhalten hat, nach dem O. das Fahrzeug des Beschwerdeführers versperrt hat. Insofern erscheint es durchaus möglich, dass Insp. W. die erwähnte Fragestellung Obermosers deshalb nicht wahrgenommen hat, weil sie an Insp. S. gerichtet war und sie Insp. W. nicht hörte. Insp. S. lieferte in seiner Einvernahme auch eine Begründung dafür, weshalb der Fragestellung O., ob er den Schlüssel haben könne, nicht ohne weiters nahe getreten wurde und ihm der Schlüssel belassen wurde. Durchaus nachvollziehbar erklärte er nämlich, dass das ursprünglich vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug in dessen Eigentum gestanden sei und es auch darum gegangen wäre, dass der Beschwerdeführer sein Einverständnis hinsichtlich der Überlassung des Schlüssels an O. erklärt. Nachdem eine solche Äußerung  nach den glaubwürdigen Angaben von W. und S. nicht erfolgt ist und die Möglichkeit dargetan wurde, dass der Schlüssel auf der Polizeiinspektion verwahrt und dort abgeholt werden könnte, habe man sich gegenseitig geeinigt, dass der Schlüssel bei der Polizei verbleibe.

 

Es ergab sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass O. der Schlüssel nicht ausgefolgt worden wäre, wenn dies weiter verfolgt worden wäre bzw der Beschwerdeführer diesbezüglich sein Einverständnis erklärt hätte. Insp. S. gab dazu an, dass es auch während der gesamten Nacht möglich gewesen wäre, den Schlüssel auszufolgen, wenngleich es schwierig gewesen wäre, weil die Polizeiinspektion nur mit einer Person besetzt gewesen wäre.

 

Im Zuge ihrer Einvernahme vermittelten die beiden Polizisten keineswegs den Eindruck, dass sie den Fahrzeugschlüssel aus Schikane oder einem Justament-Standpunkt heraus nicht an O. ausgehändigt hätten. Vielmehr kam in deren Aussagen zum Ausdruck, dass sie nach der ursprünglichen Fragestellung O., den Schlüssel behalten zu dürfen, den Beschwerdeführer in Bezug auf die Frage, wie mit dem Schlüssel weiter vorzugehen sei, einbezogen wurde. Aus den Aussagen beider Polizisten ergibt sich, dass die Aushändigung des Schlüssels an O. nicht weiter begehrt wurde sondern der Schlüssel letztlich im Einverständnis mit dem Beschwerdeführer und O. der Schlüssel in den Händen der Polizisten verblieb. Beide Polizisten erklärten, dass es diesbezüglich keine Diskussion gegeben hätte. Insp. S. sprach in diesem Zusammenhang durchaus überzeugend von einer Einigung.

 

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurde R. O. vom Beschwerdeführer nicht deshalb per Telefon verständigt, dass er das ursprünglich vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug abholen möge. Vielmehr wurde er vom Beschwerdeführer quasi als Vertrauensperson beigezogen und traf noch vor der Absolvierung des Alkotests am Ort der Amtshandlung ein. Die Frage über die weitere Vorgangsweise bezüglich des Schlüssels stellte sich erst zu einem späteren Zeitpunkt. Dazu erklärte der Beschwerdeführer ua, dass er es nicht 100prozentig sagen könne, ob Herr O. zur Entgegennahme des Schlüsses bereit gewesen wäre.

 

Die entscheidende Behörde verfolgt daher im Bezug auf die entscheidungsrelevanten Feststellungen (Fragestellung von R. O. bezüglich des Schlüssels und das nachfolgende Behalten der Schlüssel durch die Polizisten im Einverständnis mit O. und dem Beschwerdeführer) insbesondere den Angaben der Zeugen Insp. W. und Insp. S. Die vom Zeugen O. gemachten Angaben lassen sich mit den Aussagen der Polizisten durchaus in Einklang bringen, zumal etwa der der Zeuge S. die Frage nach dem Behalten-Können des Fahrzeugschlüssels bestätigte. O. räumte in diesem Zusammenhang selbst ein, dass er seine Absicht, das Fahrzeug am Betriebsgelände in Going abzustellen, nicht kund tat. Dies spricht durchaus für die Darstellung der Polizisten, wonach es keine Diskussion darüber gegeben hätte, ob der Schlüssel nun auszufolgen sei oder nicht. Dass seitens der Polizisten, wie von O. behauptet, dezitiert ausgesprochen wurde, dass der Pkw (von niemandem) mehr in Betrieb genommen werden darf, lässt sich mit den Aussagen der Polizisten nicht in Einklang zu bringen. Naheliegend ist in diesem Zusammenhang, dass geäußert wurde, dass das Fahrzeug jedenfalls vom Beschwerdeführer nicht mehr in Betrieb genommen werden darf. Dass O. das Kraftfahrzeug in Betrieb nehmen wollte, wurde, wie bereits erwähnt, von ihm gar nicht geäußert.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Im gegenständlichen Fall geht es um die Aufrechterhaltung einer Zwangsmaßnahme im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Beschwerdeführer sieht die Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise der Polizeibeamten der Polizeiinspektion St. Johann in Tirol nicht in der Setzung der Zwangsmaßnahme selbst, nämlich in der Abnahme der Fahrzeugschlüssel, vielmehr in der Aufrechterhaltung dieser Zwangsmaßnahme gelegen. Die Polizeibeamten hätten sich zu Unrecht geweigert, Herrn R. O. die Fahrzeugschlüssel für den zuvor vom Beschwerdeführer gelenkten Pkw auszuhändigen.

 

§ 5b Abs 1 StVO hat folgenden Wortlaut:

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, die sich offenbar in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden (§ 5 Abs 1), oder bei denen der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 g/l (0,5 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr beträgt, an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Zu diesem Zweck sind, falls erforderlich, je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges, Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellung des Fahrzeuges, Anlegen von technischen Sperren und dergleichen, anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn bei der Person, gegen die sie angewendet worden sind, der durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigte Zustand nicht mehr gegeben und ihr auch nicht ein zum Lenken des betreffenden Fahrzeuges allenfalls nötiger Führerschein nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften abgenommen ist oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, beabsichtigt, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken.

 

Die Vorgangsweise der Polizeibeamten ist anhand der zitierten Gesetzesstelle zu beurteilen. Demnach erfolgte die Vorgangsweise der Polizeibeamten nicht, wie in der Beschwerde behauptet, im Rahmen der Sicherheitswaltung sondern vielmehr im Rahmen der Straßenpolizei. Dessen ungeachtet stellt sich die Abnahme eines Fahrzeugschlüssels als Zwangsmaßnahme dar, die unter den im Gesetz näher angeführten Voraussetzungen aufzuheben ist. Die Setzung, aber auch die Aufrechterhaltung einer solchen Zwangsmaßnahme ist mittels Maßnahmenbeschwerde gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG beim Unabhängigen Verwaltungssenat anfechtbar. Im gegenständlichen Fall sieht sich der Beschwerdeführer durch die seiner Ansicht nach unzulässige Nichtausfolgung des Fahrzeugsschlüssels an R. O. in seinen Rechten beeinträchtigt.

 

Vor dem Hintergrund der im gegenständlichen Fall getroffenen Feststellungen ist zunächst festzuhalten, dass Herr R. O., nachdem er das zuvor vom Beschwerdeführer gelenkte Auto versperrt hat, an einen Polizeibeamten (Insp. S.) die Frage richtete, ob er den Fahrzeugschlüssel behalten dürfe. Eine Erklärung, dass er beabsichtige, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen oder zu lenken, erfolgte nicht. Diese Absicht, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken, ist jedoch nach dem Wortlaut des § 5b Abs 1 letzter Satz StVO eine Voraussetzung dafür, dass der Fahrzeugschlüssel im Falle einer Zwangsabnahme an eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, ausgefolgt werden kann.

 

Die von R. O. gestellte Frage nach Ausfolgung des Schlüssels führte zu einem Gespräch zwischen den Polizeibeamten einerseits und den Beschwerdeführer und R. O. andererseits, wobei sowohl von Obermoser als auch den Beschwerdeführer ein Einverständnis gegenüber der Absicht der Polizei, den Schlüssel weiterhin zu verwahren, erklärt wurde. Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Zuge dieses Gesprächs keine Äußerung dahingehend gemacht hat, dass der Fahrzeugschlüssel an R. O. auszuhändigen sei, sondern vielmehr sein Einverständnis mit der von der Polizei beabsichtigten Vorgangsweise erklärte.

 

Darin, dass die Polizeibeamten den Fahrzeugschlüssel an R. O. nach dessen Fragestellung, ob er den Schlüssel behalten dürfe, nicht sofort aushändigten, kann keine rechtswidrige Vorgangsweise gesehen werden, zumal einerseits die ex lege geforderte Absicht, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und lenken, nicht geäußert wurde und andererseits es, so wie vom Polizeibeamten S. dargestellt, eine durchaus vertretbare Vorgangsweise war, den Beschwerdeführer hinsichtlich der Frage mit einzubeziehen, wie mit dem Fahrzeugschlüssel weiter vorzugehen sei, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer der Verfügungsberechtigte über das verfahrensgegenständliche Fahrzeug war. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu bedenken, dass die Aushändigung eines Fahrzugsschlüssels letztlich die Verschaffung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über ein nicht nur geringwertiges Vermögensgut bedeutet und es dem ursprünglich Verfügungsberechtigten, auch im Hinblick auf etwaige Haftungsfolgen, offen stehen muss, sich gegen die Aushändigung des Fahrzeugsschlüssels an einen Dritten auszusprechen.

 

Für den gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht die Ausfolgung des Fahrzeugsschlüssels an R. O. verlangte, sondern vielmehr mit dessen Verwahrung durch die Polizei einverstanden war. Damit kann von einem freiwilligen Dulden der Aufrechterhaltung der gesetzten Zwangsmaßnahme (der Schlüsselabnahme) ausgegangen werden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Fahrzeugschlüssel unter keinen Umständen an Herrn O. ausgefolgt worden wäre und der Beschwerdeführer keine faktische Wahlmöglichkeit gehabt hätte. Durch die Zustimmung des Beschwerdeführers (und R. O.) zur Vorgangsweise der Polizeibeamten erweist sich das Behalten des Fahrzeugschlüssels nicht als rechtswidrig und kann insbesondere kein Verstoß gegen § 5b Abs 1 letzter Satz StVO festgestellt werden.

 

In Bezug auf die Kosten sei festgehalten, dass zwar § 79a Abs 1 AVG grundsätzlich vorsieht, dass die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen hat. Der Aufwandsersatz ist allerdings nur auf Antrag der obsiegenden Partei zu leisten. Ein derartiger Antrag wurde von der belangten Behörde jedoch nicht gestellt, weshalb kein Kostenersatz zuzusprechen war.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Für, den, gegenständlichen, Fall, ist, festzuhalten, dass, der, Beschwerdeführer, nicht, die, Ausfolgung, des, Fahrzeugschlüssels, an, R.O., verlangte, sondern, vielmehr, mit, dessen, Verwahrung, durch, die, Polizei, einverstanden, war
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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