TE UVS Steiermark 2007/06/12 30.16-15/2007

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Veröffentlicht am 12.06.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn A S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 16.01.2007, GZ: 15.1 9219/2006, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 30.06.2006 um 11.45 Uhr in St. J o H Nr. 31, Hhof in seiner Funktion als Unternehmer nicht dafür Sorge getragen, dass auf der jeweiligen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufe die Rückverfolgbarkeit gemäß Art. 18 der Verordnung (EG/Nr. 178/2002) in Bezug auf Lebensmittel sichergestellt war. Am 30.06.2006 um 11.45 Uhr sei eine Kontrolle durch Lebensmittelaufsichtsorgane erfolgt und konnte die Herkunft bzw. Lieferfirma der zur Probe KO 101/06 entnommenen Eier nicht rückverfolgt werden, da er keine genauen Angaben betreffend Herkunft machen konnte und auch keine Lieferscheine im Betrieb auflagen. Wegen Verletzung des § 22 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF iVm Art. 18d VO EG 178/2002 Abs 2 wurde über ihn daher gemäß § 90 Abs 4 Z 2 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von ? 365,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen verhängt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der unter Hinweis auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Rechtfertigung, welche wiederholt wurde, ausgeführt wird, dass sehr wohl eine richtige Auskunft gegeben worden sei. Die schriftlichen Unterlagen konnten deshalb nicht vorgelegt werden, da sich diese beim Steuerberater befunden hätten. Es werde daher nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Einstellung des Verfahrens beantragt. Zufolge dieses Vorbringens fand am 12.03.2007 (Fortsetzung am 21.05.2007) eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, bei der neben dem Berufungswerber als Partei auch die Zeugen S K und A M gehört wurden. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz, insbesondere jedoch des Ergebnisses der beiden Berufungsverhandlungen werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Am 30.06.2006 wurde im Gastgewerbebetrieb des Berufungswerbers durch die Zeugen K und M eine lebensmittelpolizeiliche Kontrolle durchgeführt. Im Rahmen dieser Kontrolle fand auch eine Probeziehung von zehn Stück Eiern statt und wurde der Berufungswerber diesbezüglich nach dem Lieferanten gefragt. Während der Berufungswerber behauptet, auf Befragen der Kontrollorgane geantwortet zu haben, dass es sich beim Eierlieferanten um die Firma T handelt, welche in L etabliert ist, womit der politische Bezirk gemeint war, blieb vor allem der Zeuge K dabei, dass der Berufungswerber auf die Frage nach dem Eierproduzenten E, L angegeben habe und nähere Angaben im Zuge der Kontrolle nicht verifiziert werden konnten. Der Zeuge M schloss einen Hörfehler nicht aus, der Zeuge K stellte einen solchen dezidiert in Abrede. Der Versuch des Berufungswerbers, weitere Angaben zur Herkunft der Eier durch entsprechende Unterlagen hinsichtlich der Eierlieferungen (Rechnungen, Lieferscheine etc.) noch im Rahmen der Kontrolle am 30.06.2006 beizuschaffen, scheiterte daran, dass sich die gesamte Buchhaltung für den Gastgewerbebetrieb des Berufungswerbers an diesem Tag beim Wirtschaftstreuhänder (Steuerberater) Dr. K S befanden, was von diesem auch am 09.08.2006 ausdrücklich bestätigt wurde. Während der Berufungswerber behauptet sich im Rahmen der Kontrolle angeboten zu haben, die Buchhaltungsunterlagen, in welchen sich, wie bereits ausgeführt, sämtliche Rechnungen und Lieferscheine der in seinem Betrieb verarbeiteten Eier befinden, von dem nur unweit des kontrollierten Betriebes etablierten Steuerberater holen zu wollen, stellte wiederum der Zeuge K ein solches Angebot in Abrede, während der Zeuge M nicht mit Bestimmtheit anzugeben vermochte, ob der Berufungswerber tatsächlich einen derartige Vorschlag gemacht hat. Ein Versuch, allenfalls telefonisch weitere Angaben beizuschaffen ist offensichtlich unterblieben, wie auch eine entsprechende Aufforderung an den Berufungswerber, die gewünschten Daten ehest möglich nachzuliefern bzw. bekannt zu geben. Der Berufungswerber hat ferner behauptet, dass ihm seitens eines Kontrollorganes auf die bekundete Absicht, die Unterlagen holen zu wollen, sinngemäß bedeutet worden sei, dass dies nicht nötig wäre, da man den Eierlieferanten auch so finden würde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben in der Strafanzeige vom 27.07.2006 der Eierlieferant anhand der auf den als Probe gezogenen Eiern aufgedruckten Nummer des Legebetriebes erhoben werden konnte. Nicht nachvollziehbar ist für die erkennende Behörde, weshalb hiefür, wie vom Zeugen K behauptet, 27 Tage (!) benötigt wurden. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 22 Z 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl. Nr. 136/2006 idgF (LMSVG) haben Unternehmer auf der jeweiligen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufe die Rückverfolgbarkeit gemäß Art. 18 der VO (EG) Nr. 178/2002 in Bezug auf Lebensmittel sicherzustellen. Gemäß Art. 18 Abs 2 der zitierten Verordnung müssen die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel, Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet werden kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet wird, erhalten haben. Sie richten hierzu System und Verfahren ein, mit denen diese Informationen den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden können. Gemäß § 90 Abs 4 Z 2 LMSVG begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu ? 20.000,00, im Wiederholungsfall bis zu ?

40.000,00, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den Verpflichtungen der §§ 21, 22, 36 Abs 7, 38, 47 Abs 1 oder 52 zuwiderhandelt. Ungeachtet der Tatsache, dass die erkennende Behörde in freier Beweiswürdigung davon ausgeht, dass der Berufungswerber den erhebenden Kontrollbeamten zumindest den richtigen Lieferantennamen genannt hat (T) und es sich beim protokollierten Namen E offensichtlich um einen Hörfehler gehandelt haben muss - dafür spricht insbesonders der Umstand, dass der Berufungswerber glaubhaft dargelegt hat, weit über zehn Jahre ausschließlich vom Lieferanten T die Eier für seinen Gastgewerbebetrieb zu beziehen, der genannte Lieferant ist ihm zufolge seiner Musikalität auch als Harmonika-Peppi bekannt (der Vorname des verfahrensrelevanten Lieferanten ist tatsächlich Josef!) - ist vom Vorliegen eines entsprechenden Verfahrens bzw. Systems hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln (hier: von Eiern) im Sinne der zitierten Verordnung im Betrieb des Berufungswerbers im Ergebnis durchaus auszugehen. Der Berufungswerber hat unzweifelhaft dokumentiert, dass anhand der Rechnungs- und Lieferscheine grundsätzlich eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Eier gegeben ist. Wenngleich auch die entsprechenden Unterlagen am Kontrolltag nicht im Betrieb des Berufungswerbers auflagen, sondern sich bestätigterweise bei seinem Steuerberater befunden haben, ändert dies nichts daran, dass in diese Unterlagen dort Einsicht genommen werden hätte können, dies auch ohne verfahrensrelevanten Zeitverzug, ja die gewünschten - ergänzenden - Daten durchaus auch auf telefonischem Wege erfragt werden hätten können, woran offenbar seitens des Berufungswerbers ebenso wenig gedacht wurde, wie auch seitens der erhebenden Kontrollorgane. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das dem Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Nichtaufliegen von Lieferscheinen im Sinne der verletzten Verwaltungsvorschrift nicht pönalisiert ist und aus der zitierten Rechtsvorschrift auch nicht das Verlangen nach einer sofortigen Auskunftserteilung zu entnehmen ist, wie im Übrigen aber auch keine Verpflichtung, die für eine Rückverfolgbarkeit erforderlichen Unterlagen jedenfalls bzw. ununterbrochen im Betrieb aufzubewahren. Grundvoraussetzung für die Einhaltung der verfahrensgegenständlichen Vorschrift ist die Möglichkeit der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, welche im Anlassfall durch das Vorhandensein bzw. die Anlage umfangreicher Unterlagen (Rechnungen, Lieferscheine etc.) durchaus bestanden hat. Die Einrichtung eines darüber hinausgehenden Systems würde den vom LSVG bzw. der erwähnten Verordnung gezogenen bzw. vorgegebenen Rahmen im Interesse des damit zu verfolgenden Schutzzwecks mit Sicherheit übersteigen. Abschließend ist aber auch nochmals darauf hinzuweisen, wenngleich in diesem Umstand auch kein vom Lebensmittelunternehmen (hier auf der Verarbeitungsstufe) eingerichtetes System im Sinne des Art. 18 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu erblicken ist, dass im Anlassfall - auch - aufgrund der aufgedruckten Betriebsnummer (registrierte Nummer des Legebetriebes) der als Probe gezogenen Eier, die im Zuge der Kontrolle vom 30.06.2006 nicht sofort feststellbaren Daten des Eierlieferanten (Adresse, Vorname etc.) ermittelt werden hätten können, letztlich, wie der diesbezüglichen Strafanzeige zu entnehmen ist, ja gerade auf diesem Wege festgestellt wurden. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Da aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber grundsätzlich ein die Rückverfolgbarkeit der von ihm verarbeiteten Eier im Hinblick auf deren Herkunft gewährleistendes System eingerichtet hatte, hat er keinen Verstoß gegen § 22 Z 1 LMSVG zu verantworten. Der Berufung war daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren auf Grundlage der obzitierten Rechtsvorschrift einzustellen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Lebensmittelkontrolle Rückverfolgbarkeit Eier Nummer Legebetrieb System Datenbeschaffung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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