Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied MMag. Dr. Tessar aufgrund der Weiterleitung der Berufungen von Frau Sandra S. gegen die Vollstreckungsverfügungen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006, Kundendaten:
717437841099, 707170041099, 706429941099, 703226241099, 701982841099, durch die Wiener Landesregierung (für diese handelnd: Magistratsabteilung 65) an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gemäß § 6 Abs 1 AVG wie folgt entschieden:
Gemäß § 6 Abs 1 AVG wird festgestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht zur Entscheidung über die Berufungen von Frau Sandra S. gegen die Vollstreckungsverfügungen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006, Kundendaten: 717437841099, 707170041099, 706429941099, 703226241099, 701982841099 zuständig ist.
Mit Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006 wurde über die Berufungswerberin, Kundendaten: 717437841099, gemäß § 3 und § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zwangsvollstreckung über den Gesamtbetrag von EUR 166,-- verfügt, da die rechtskräftige Strafe zur GZ.: MA 67 - PA 647704/6/1 vom 16.8.2006 wegen Übertretung des § 4 Abs 1 Parkometergesetz (KFZ: W-72, am 29.5.2006, in Wien, A-gasse) nicht bezahlt wurde; mit Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006 wurde über die Berufungswerberin, Kundendaten: 707170041099, gemäß § 3 und § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zwangsvollstreckung über den Gesamtbetrag von EUR 117,-- verfügt, da die rechtskräftige Strafe zur GZ.: MA 67 - PA 637952/6/7 vom 8.8.2006 wegen Übertretung des § 4 Abs 1 Parkometergesetz (KFZ: W-72, am 11.5.2006, in Wien, S-gasse) nicht bezahlt wurde; mit Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006 wurde über die Berufungswerberin, Kundendaten: 706429941099, gemäß § 3 und § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zwangsvollstreckung über den Gesamtbetrag von EUR 117,-- verfügt, da die rechtskräftige Strafe zur GZ.: MA 67 - PA 637220/6/9 vom 8.8.2006 wegen Übertretung des § 4 Abs 1 Parkometergesetz (KFZ: W-72, am 10.5.2006, in Wien, S-gasse) nicht bezahlt wurde; mit Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006 wurde über die Berufungswerberin, Kundendaten: 703226241099, gemäß § 3 und § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zwangsvollstreckung über den Gesamtbetrag von EUR 117,-- verfügt, da die rechtskräftige Strafe zur GZ.: MA 67 - PA 634340/6/4 vom 1.8.2006 wegen Übertretung des § 4 Abs 1 Parkometergesetz (KFZ: W-72, am 8.5.2006, in Wien, S-gasse) nicht bezahlt wurde und mit Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, vom 29.9.2006 wurde über die Berufungswerberin, Kundendaten: 701982841099, gemäß § 3 und § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zwangsvollstreckung über den Gesamtbetrag von EUR 117,-- verfügt, da die rechtskräftige Strafe zur GZ.: MA 67 - PA 633105/6/9 vom 1.8.2006 wegen Übertretung des § 4 Abs 1 Parkometergesetz (KFZ: W-72, am 5.5.2006, in Wien, S-gasse) nicht bezahlt wurde. Dagegen richtet sich die eingebrachte Berufung, in welcher die Berufungswerberin im Wesentlichen vorbringt, dass sie die zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe. Ihr Bruder habe das Fahrzeug zu den Tatzeitpunkten gelenkt und ersuche sie, die gegenständlichen Vollstreckungsverfügungen auf ihren Bruder auszustellen.
Diese Berufung wurde in weiterer Folge der Magistratsabteilung 65 in ihrer Eigenschaft als zur Entscheidung über Berufungen gegen Vollstreckungsverfügungen auf Grund des VVG in Verwaltungsstrafsachen befugte Einheit des Magistrats der Stadt Wien vorgelegt. Diese leitete die Berufung mit am 11.6.2007 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangtem Schriftsatz unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.2.2007, Zl. 2006/17/0053, zuständigkeitshalber weiter.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (in Hinkunft: VVG) kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn
1.
die Vollstreckung unzulässig ist oder
2.
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen. Gemäß § 10 Abs 3 VVG hat die Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung. Sie geht an den Landeshauptmann, sofern es sich aber um eine Angelegenheit im selbständigen Wirkungsbereich des Landes handelt, an die Landesregierung. Die demnach zuständige Behörde entscheidet endgültig. Zusätzlich zu den in § 10 Abs 3 VVG bezeichneten Berufungsbehörden kommt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bei verfassungskonformer Interpretation des § 10 Abs 3 VVG aufgrund der Verfassungsbestimmungen der Artt. 78a bis 78d B-VG u.U. auch der Sicherheitsdirektion die Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung zu (vgl. VwGH 18.5.2001, 97/02/0351; vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 10 VVG Pkt. 7 und Art. II EGVG Pkt. 2 und 9).
Im Gegensatz zur Zuständigkeitsregelung bei Berufungen gegen einen Bescheid über Einwendungen gegen eine Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 3 Abs 1 VVG i.V.m. § 13 AbgEG oder Einwendungen gemäß § 3 Abs 2 VVG i.V.m. § 35 EO ist gemäß § 10 Abs 3 VVG zur Entscheidung über Berufungen gegen eine Vollstreckungsverfügung i.S.d. § 10 Abs 2 VVG nicht die im Instanzenzug der Behörde, welche den Exekutionstitel erlassen hat, übergeordnete Behörde, sondern entweder der Landeshauptmann oder die Landesregierung oder die Sicherheitsdirektion zuständig, wobei diese Zuständigkeitsregelung nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur auch in den Fällen, in welchen der Exekutionstitel ein Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenats ist, zu beachten ist (vgl. VwSlg 757 A/1949; 1554 A/1950; 4248/1962; 12.942 A/1989-verst. Senat;
VwGH 27.1.1976, 2331/75; 23.2.2000, 99/03/0307;
30. 6.1999, 99/03/0042; 29.1.2003, 2001/03/0196; 6.7.2004, 2001/11/0084; 15.6.2004, 2003/05/0211; vgl. auch Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht2 (2002) 576 f; Walter/Thienel, VerwaltungsverfahrensG II, 2. Auflage S 1338ff unter E 127ff). Aufgrund dieser eindeutigen einfachgesetzlichen Bestimmung des § 10 Abs 3 VVG und der bisherigen ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien zu verneinen. Da die jüngsten entgegen gesetzten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 21.2.2007, 2006/17/0053;
30.1.2007, 2005/17/0273) trotz Nichtnovellierung des § 10 VVG seit dem BGBl. Nr. 53/1991 nicht in einem verstärkten Senat ergangen sind, muss davon ausgegangen werden, dass durch diese Entscheidungen nicht eine Abkehr von der ständigen, und zudem auf einen verstärkten Senat gestützten verwaltungsgerichtlichen Judikatur erfolgen sollte. Für dieses Ergebnis spricht auch den Umständen, 1) dass sich diese Entscheidungen bei der Begründung des aus dem Gesetz erschlossenen Instanzenzugs auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22.11.1996, Zl. 94/17/0168, welches zu § 3 Abs 1 VVG i.V.m. § 13 AbgEO und nicht zu § 10 Abs 3 VVG ergangen ist, berufen, und 2) dass in diesen Entscheidungen keine Auseinandersetzung mit der Rechtslage zu § 10 Abs 3 VVG und der dazu ergangenen Judikatur erfolgt ist.
Durch § 1 Z 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 10.7.2000, LGBl. 35/2000, i.d.g.F. LGBl. 19/2005, mit der einige Geschäfte dem Amt der Wiener Landesregierung überlassen werden, wurde u.a. das der Landesregierung zukommende Geschäft der Erledigung von Angelegenheiten in ihrer Eigenschaft als Berufungsbehörde dem Amt der Wiener Landesregierung übertragen. Durch die Geschäftseinteilung des Magistrats werden
die vom Magistrat in seiner Eigenschaft als Gemeindeorgan und
die vom Magistrat in seiner Eigenschaft als Amt der Wiener Landerregierung zu vollziehenden Agenden bestimmten Organisationseinheiten des Magistrats zugewiesen. Der Magistratsabteilung 65 wurde durch die Geschäftseinteilung des Magistrats insbesondere die Entscheidung über Berufungen gegen Vollstreckungsverfügungen auf Grund des VVG in Verwaltungsstrafsachen übertragen. Demgegenüber ist der Magistratsabteilung 6 u.a. die Vorschreibung und Einbringung der von den anordnungsbefugten Dienststellen festgestellten Forderungen, einschließlich der der städtischen Unternehmungen sowie der Landes- und Gemeindeabgaben, Nebengebühren und Strafen zugeordnet worden.
Da die gegenständlichen Berufungen durch die Magistratsabteilung 65 und nicht durch die Magistratsabteilung 6 vorgelegt worden sind, ist daher davon auszugehen, dass die Aktenweiterleitung durch die Magistratsabteilung 65 im Namen der Wiener Landesregierung erfolgt ist. Folglich wurde durch diese Weiterleitung die Entscheidungspflicht des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien begründet (vgl. VwGH 11.11.1993, 93/18/0457; 28.1.2003, 2000/18/0031).
Gemäß der verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist es der Berufungsbehörde grundsätzlich untersagt, eine Berufung infolge des Umstandes, dass diese eine andere Behörde als funktional zuständige Berufungsbehörde erachtet, zurückzuweisen (vgl. VwGH 30.5.1996, 94/05/0370 - verstärkter Senat; 19.9.1996, 96/07/0040). Zu einer Zurückweisungsentscheidung ist in diesem Fall eine Berufungsbehörde nur dann befugt, wenn die antragstellende Partei auf der Zuständigkeit dieser Berufungsbehörde beharrt und damit die Verpflichtung zu einer Zuständigkeitsentscheidung auslöst (vgl. VwGH 15.2.1984, 83/01/0399; 28.1.2003, 2000/18/0031; 3.4.1989, 89/10/0085; 18.3.1993, 93/09/0042). Eine Zurückweisungsberechtigung besteht zudem in den Fällen, in welchen die Behörde annimmt, dass überhaupt keine Behörde entscheidungsbefugt ist und daher auch eine Weiterleitung i.S.d. § 6 Abs 1 AVG nicht möglich ist (vgl. VwGH 21.12.1978, 2551/76; 6.2.1989, 87/12/0112; 27.2.1991, 90/01/0005).
Wenn daher eine Berufungsbehörde eine Berufung gemäß § 6 Abs 1 AVG von einer anderen Behörde in deren Eigenschaft als Berufungsbehörde weitergeleitet erhält, hat die Behörde, an welche weitergeleitet worden ist, abgesehen vom Fall des Beharrens des Antragstellers auf deren Zuständigkeit, aufgrund der erfolgten Weiterleitung dann bescheidmäßig ihre Unzuständigkeit festzustellen, wenn sie von der Zuständigkeit der weiterleitenden Behörde ausgeht; im Übrigen ist die Berufung gemeinsam mit diesem Feststellungsbescheid wieder gemäß § 6 AVG rückzumitteln (VwGH 30.5.1996, 94/05/0370 - verstärkter Senat; vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 6 E 61, im Ergebnis: VwGH 19.5.2000, 96/21/0670).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Rückübermittlung zu veranlassen.