Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn J S, vertreten durch R - S - D, Rechtsanwälte in G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 24.03.2006, GZ: A10/1P-075579/2004/Vig./O, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Berufungswerber als gemäß § 9 Abs 2 VStG nach außen hin verantwortlicher Beauftragter der Firma S Dienstleistungs AG, CH 162, G - diese ist Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen- zur Last gelegt, er habe es unterlassen, der schriftlichen Aufforderung der Behörde vom 20.07.2004, zugestellt am 28.07.2004, innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen ab Zustellung der Aufforderung Folge zu leisten. Er habe innerhalb dieser Frist keine Auskunft darüber erteilt, wer das oben genannte Kraftfahrzeug am 24.02.2004, um 08.41 Uhr, auf der A , im Mautabschnitt G F Flughafen-Knoten G Ost, bei StrKm in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe. Er habe auch sonst keine Person genannt, die die von ihm geforderte Auskunft erteilen hätte können. Das strafbare Verhalten habe mit Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Wochen, somit ab 12.08.2004 begonnen. Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von ? 400,00 (im Uneinbringlichkeitsfalle 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von ? 40,00 vorgeschrieben. Dem Einwand des Berufungswerbers, ihm sei die Lenkeranfrage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, hielt die belangte Behörde entgegen, dass die Lenkererhebung vom 20.07.2004 (RSb-Brief) am 28.07.2004 von einem Arbeitnehmer an einer Abgabestelle in der P 41, G, übernommen worden sei. Damit sei die Lenkererhebung in die Sphäre der Firma S Dienstleistungs AG gelangt und hätte J S in seiner Funktion als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG die Lenkeranfrage innerhalb der gesetzlichen Zwei-Wochen-Frist beantworten bzw. Mittel ergreifen müssen, damit die Lenkererhebung fristgerecht und ausgefüllt an die Behörde retourniert werde. II.) In seiner fristgerecht erhobenen Berufung knüpfte J S im Ergebnis an sein bisheriges Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren an. Richtig sei, dass er verantwortlicher Beauftragter der Firma S Dienstleistungs AG gemäß § 9 Abs 2 VStG sei. Entgegen der Ansicht der Behörde sei die Lenkeranfrage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden und sei deshalb auch niemals in seinen Verantwortungsbereich gelangt. Die Zustellung des Schreibens sei mit einem RSb-Brief (und nicht mit einem RSa-Brief) erfolgt. Die Zustellung mittels RSa-Brief wäre jedoch im folgenden Fall erforderlich gewesen, da die Zustellung nicht am Sitz der Firma S Dienstleistungs AG laut Firmenbuch erfolgt sei. Da ein Zustellmangel vorliege - er habe nie Kenntnis von der Lenkererhebung erlangt - sei die Bestrafung seiner Person unzulässig. Der Berufungswerber beantragte, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark solle seiner Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen seine Person zur Einstellung bringen; in eventu wegen Vorliegens der Voraussetzung der Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG lediglich eine Ermahnung aussprechen und von der Verhängung einer Geldstrafe absehen. In der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2007 führte J S bei seiner Parteieneinvernahme ergänzend aus, zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage sei das Fahrzeug mit dem Kennzeichen auf die Firma S Dienstleistungs AG mit der Zulassungsadresse I 16, L, zugelassen gewesen. Von der I 16 habe es einen Nachsendeauftrag in die P 41 in G gegeben. Dort sei der Hauptstandort der Firma für die Bezirke Graz-Umgebung, Voitsberg, Deutschlandsberg und Stadt Graz, an dem um die 150 Personen (inklusive Fuhrparkmitarbeiter, Fahrer und Außendienst) beschäftigt seien. Im Bürogebäude würden 30 Personen arbeiten. Auch er habe sein Büro in der P 41. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hätten nur er und die Innendienstmitarbeiter S, S, H und P RSb-Briefe übernehmen dürfen. Der Post sei bekannt gewesen, wer von den Arbeitnehmern der Firma befugt sei, RSb-Briefe zu übernehmen. Es sei betriebsintern sichergestellt, dass immer eine der berechtigten Personen in der Firma anwesend sei, um derartige Briefe zu übernehmen. Nach Empfangnahme eines RSb-Briefes durch eine der berechtigten Personen komme der Brief über sein Sekretariat zu ihm. Eine Lenkeranfrage werde so bearbeitet, dass er seiner Sekretärin den Auftrag erteile, beim Disposition-Teamleiter den Lenker zu ermitteln und die Lenkeranfrage zu beantworten. Der Disposition-Teamleiter wäre im Falle des Verdachtes einer Mautprellerei dazu nicht befugt. Nur bei Geschwindigkeitsüberschreitungen werde direkt die Disposition mit der Lenkeranfragebeantwortung befasst, weil die Lenker die Strafe selber zu zahlen hätten. Der Berufungswerber selbst sei zum Zeitpunkt der Übernahme des Schreibens nicht am Standort P 41, G gewesen. Er habe sich auf Urlaub befunden. Weshalb die gegenständliche Lenkererhebung an der nicht zum befugten Personenkreis gehörenden Frau R am 28.07.2004 übernommen worden ist, könne sich der Berufungswerber nicht erklären. Er leite den Standort P 41 seit sechs Jahren und sei dies der erste Vorfall dieser Art. Frau R sei hauptsächlich im Außendienst als Entsorgungsfachberaterin tätig und könne er sich nur vorstellen, dass der Zusteller seine Arbeit schnell erledigen habe wollen und gleich der ersten Person, die er im Bürogebäude angetroffen habe, das Schreiben übergeben habe. Die Zeugin R - sie wurde mit Zustimmung des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters per Telefon als Zeugin zur Sache befragt - gab an, sie sei seit 1997 bei der Firma S beschäftigt und seit 2002 in der P 41, G, eingesetzt. Im Jahre 2004 habe sie das in Rede stehende RSb-Schriftstück als Vertreterin des Vertriebsinnendienstes am Empfang des Bürogebäudes vom Postbeamten übernommen. Es sei dies eine übliche Angelegenheit gewesen. Die entgegengenommenr Post sei von ihr geöffnet und der jeweiligen Abteilung zugewiesen worden. Im konkreten Fall habe es sich um eine Lenkeranfrage gehandelt, die sie deshalb in die Disposition gebracht habe, weil die Disposition Auskunft über den Lenker eines bestimmten Fahrzeuges geben könne. Ihr sei nicht bekannt, dass nur ganz bestimmte wenige Personen dazu befugt seien, gegenüber der Post RSb-Briefe in Empfang zu nehmen. Sofern sie die Vertretung des Vertriebsinnendienstes gemacht habe - und dies sei bei einer Aufteilung Außendienst- Innendienst 50 Prozent zu 50 Prozent einbis zweimal in der Woche gewesen - habe sie laufend die gesamte Post, so auch die RSb-Briefe, übernommen. Zum Zeitpunkt der Übernahme des Schriftstückes sei mit aller Wahrscheinlichkeit einer der vom Berufungswerber als befugt bezeichneten Personen-Herr S sei meistens anwesend - im Bürogebäude gewesen. Die Angaben der Zeugin erklärte sich der Berufungswerber damit, dass es sein könne, dass Frau R erst später zum Standort P 41 gekommen sei, nachdem bereits die Liste der befugten Personen in der Firma kommuniziert worden sei. Er werde jedenfalls diesen Vorfall zum Anlass nehmen, die bereits schon seit Jahren bestehende Weisung betreffend die Empfangnahme von RSb-Schreiben (befugter Personenkreis) S weit zu erneuern und dafür Sorge tragen, dass alle Arbeitnehmer beim Einstieg in die Firma auch zum Thema RSb-Briefe unterwiesen werden. Mit den Urkundenvorlagen vom 01.06.2007 (Postvollmacht 1997) und 04.06.2007 (Postvollmacht 2002) erbrachte der Berufungswerber den von ihm in der mündlichen Verhandlung angekündigten Nachweis für seine Verantwortung, wonach das Zustellpostamt bereits im Juli 2004 Kenntnis davon gehabt habe, dass nur ein namentlich bestimmter Personenkreis für die Übernahme von RSb-Briefen befugt sei. In einem wiederholte J S, dass der Postzusteller das Schriftstück nicht an Frau R aushändigen hätte dürfen; die Zustellung des RSb-Briefes sei niemals wirksam zu Stande gekommen. Mit der Postvollmacht vom 12.07.2002 ermächtigte die Firma S Dienstleistungs AG, G, P 41, das Postamt G, die unter der oben angegebenen Anschrift einlangenden nicht bescheinigten Briefsendungen (einschließlich der RSa-Briefe und der RSb-Briefe der Gerichte sowie der sonstigen Behörden und der Ämter) sowie weitere Post (auch Pakete, Geldbeträge und Telegramme) bis auf Widerruf (neben den Geschäftsführern der juristischen Person) auch an Herrn J S, Herrn H S, Frau U H, Frau S P und Herrn F S mit haftungsbefreiender Wirkung für die Post abzugeben. Eine Anfrage beim Postamt G ergab, dass die Postvollmacht vom 12.07.2002 zum Zustellungszeitpunkt 28.07.2004 aufrecht war. Der RSb-Brief sei im Rahmen einer Ersatzzustellung an eine im Betrieb anwesende Arbeitnehmerin der S Dienstleistungs AG ausgehändigt worden. III.) Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen: Die ASFINAG Mautservice GmbH brachte mit Schreiben vom 09.07.2004 der belangten Behörde zur Anzeige, dass der Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen mit dem Kennzeichen am 24.02.2004, um 08.41 Uhr eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne dabei die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Als Zulassungsbesitzer des genannten Fahrzeuges wurde die Firma S Dienstleistungs AG von der Behörde ermittelt und eine entsprechende Lenkeranfrage an die genannte Firma, Zulassungsadresse I 16, L, gerichtet. Aufgrund eines Nachsendeauftrages wurde die Lenkeranfrage - als Empfänger des RSb-Schreibens wurde die Firma S Dienstleistungs AG bezeichnet - an die P 41, G, weitergeleitet. Der Postzusteller S H gab das Schriftstück an der Abgabestelle P 41, G, einer Frau R, die im Bürogebäude (am Empfang) ihren Dienst als Vertreterin des Vertriebsinnendienstes versah, ohne sich nach der Anwesenheit einer der in der Postvollmacht genannten Personen zu erkundigen. Frau R war bereit, den RSb-Brief vom Postzusteller zu übernehmen, weil sie der Auffassung war, dies gehöre zu ihren Aufgaben. Der Berufungswerber befand sich zum Zeitpunkt des Zustellvorganges (28.07.2004) auf Urlaub. Zumindest einer der sonst in der Postvollmacht genannten Personen (Herr S) befand sich zu diesem Zeitpunkt in der P 41, G im Bürogebäude. Frau R öffnete den RSb-Brief und brachte die Lenkeranfrage in die Dispositionsabteilung, weil sie der Meinung war, dass dort die Lenkeranfrage beantwortet werden könne. In der Dispositionsabteilung werden an die 100 Fahrer und entsprechend viele Fahrten abgewickelt; die Lenkeranfrage geriet in Verstoß. Sie gelangte nie in die Hände des Berufungswerbers und blieb sie deshalb auch unbeantwortet. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes: Die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG 1967 ermächtigt die Behörde, vom Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges unter anderem Auskünfte darüber zu verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat in erster Linie der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu nennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Diese Pflicht des Zulassungsbesitzers soll die Strafbehörde in die Lage versetzen, ohne Betreibung eines größeren Aufwandes den Täter einer Verwaltungsübertretung auszuforschen. Grundvoraussetzung für eine Bestrafung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft - und dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 103 Abs 2 KFG - ist eine rechtswirksame Zustellung der Lenkeranfrage an den Zulassungsbesitzer. Gemäß § 13 Abs 1 ZustellG ist eine Sendung dem Empfänger (Firma S Dienstleistungs AG) an der Abgabestelle (P 41, G) zuzustellen. Nach § 13 Abs 3 ZustellG ist die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen, wenn der Empfänger - wie hier - keine natürliche Person ist. Gemäß der Postvollmacht vom 12.07.2002 war neben den nach außen hin vertretungsbefugten Personen laut Firmenbuch (Geschäftsführer) auch die in der Postvollmacht genannten Personen, unter anderem auch der Berufungswerber, zur Annahme von RSb-Schriftstücken befugt. § 16 Abs 1 bestimmt: Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Nach Abs 2 leg. cit kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. Gemäß Abs 5 leg. cit. gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Eine Ersatzzustellung, wie sie im vorliegenden Fall vorgenommen worden ist, kommt - und dies geht zweifelsfrei aus der oben zitierten Zustellvorschrift hervor - nur dann in Betracht, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht dem Empfänger - sprich:
nicht einem zur Empfangnahme befugten Vertreter der juristischen Person - zugestellt werden kann. Diese Grundvoraussetzung war hier nicht gegeben. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird in erster Linie auf die Sachverhaltsfeststellungen verwiesen. Allein die Nichtanwesenheit eines Empfangsberechtigten im Empfangsbereich des Bürogebäudes bewirkt noch keine Unmöglichkeit der Zustellung einer Briefsendung an den Empfangsberechtigten. Zusammengefasst: Die vom Zustellorgan der Post vorgenommene Ersatzzustellung des RSb-Briefes (Lenkeranfrage vom 20.07.2004) an eine nicht zur Übernahme von (an die Firma S Dienstleistungs AG gerichteten) behördlichen RSb-Schreiben befugte Person war unzulässig, weil sich zum Zeitpunkt der Zustellung zumindest ein hiefür befugter Vertreter der Firma an der Abgabestelle P 41, G befand. Für eine wirksame Zustellung genügt es nicht - wie dies die belangte Behörde vertrat - dass die Lenkeranfrage in die Sphäre der Firma gelangt. Wollte man dieser Auffassung folgen, so könnte ein an die Firma gerichtetes Schreiben jeder Person an der Abgabestelle - hier potentiell 150 verschiedenen Personen - mit Zustellwirkung übergeben werden. Aufgrund des vorliegenden Zustellmangels hat der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.