TE UVS Tirol 2007/06/26 2006/17/3415-5

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Veröffentlicht am 26.06.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn K. E., D-M., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H. K. und Dr. E. K. sowie Dr. S. T., I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 17.11.2006, Zl VK-9185-2006, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 72,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

"Tatzeit: 08.07.2006 um 21.52 Uhr

Tatort: Stans, auf der A 12 Inntalautobahn, auf Höhe Strkm 48,229

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 53 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen."

 

Dem Beschuldigten wurde eine Übertretung nach § 52 lit a Z 10a StVO zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 99 Abs 2c Z 9 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 360,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde vertrete die Ansicht, dass die Bauarbeiten betreffend die Bauphase SM IIId-1 im Bereich von Streckenkilometer 45,080 bis Streckenkilometer 49,800 vom 27.06.2006 bis 09.08.2006 durchgeführt worden seien. Die Verkehrszeichen wären zum Übertretungszeitpunkt ordnungsgemäß aufgestellt gewesen und durch Verordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 02.06.2006, Zl IIb2-2-2-1-1-2/38, kundgemacht worden. Auf das Vorbringen des Beschuldigten, dass diese Bauarbeiten bereits beendet gewesen wären und dass die Verkehrszeichen nicht ordnungsgemäß aufgestellt gewesen wären, gehe die Behörde nur unzureichend ein. Die entsprechenden Beweise für das Vorbringen des Beschuldigten wären für diesen nur sehr schwer beizubringen, da es sich hier um behördeninterne Vorgänge handle. Es wäre daher Aufgabe der Behörde gewesen, den Sachverhalt ausreichend zu klären. Die Behörde habe dies aber verabsäumt. Insbesondere sei der Beschuldigte zu den Vorwürfen nicht befragt und die entsprechenden Akten betreffen die Bauarbeiten auf der A 12 nicht eingeholt worden. Bei vollständiger Beweisaufnahme und richtiger Beweiswürdigung hätte daher festgestellt werden müssen, dass die Bauarbeiten auf der A 12 im Bereich Stans auf Höhe Strkm 48,229 zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung bereits beendet gewesen wären, dass zu diesem Zeitpunkt dort niemand gearbeitet habe, dass bereits sämtliche Baumaschinen abgezogen gewesen seien und dass ein Gegenverkehrsbereich oder eine Straßenverengung nicht mehr bestanden habe. Darüber hinaus hätte von der Behörde festgestellt werden müssen, dass die Verkehrsschilder, welche die verfügte Verkehrsbeschränkung angezeigt hätten, sowie alle Hinweistafeln, die auf eine Baustelle hingedeutet hätten, zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung bereits mit weggeräumt bzw verdeckt worden wären.

 

Gemäß § 48 StVO würden Straßenverkehrszeichen unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen seien, dass sie von den herannahenden Fahrzeugen leicht und rechtzeitig erkannt werden könnten.

 

Die gesetzmäßige Anbringung von Straßenverkehrszeichen nach den Vorschriften der §§ 48 ff gehöre zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen. Verordnungen, die nicht gehörig kundgemacht würden, hätten Gerichte einschließlich des VwGH nicht anzuwenden. Aufgrund der mangelhaften Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung sei eine Bestrafung des Beschuldigten unzulässig. Die Geschwindigkeitsbeschränkung hätte zeitgleich mit Beendigung der Bauarbeiten aufgehoben werden müssen. Durch den Wegfall der tatsächlichen Grundlagen für die Erlassung einer Geschwindigkeitsbeschränkung sei sie nicht mehr erforderlich im Sinne des § 43 StVO. Es werde die Verordnung über eine Geschwindigkeitsbeschränkung gesetzwidrig. Aus diesem Grund sei die verfügte Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A 12 Inntalautobahn im Bereich Stans zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung rechtsunwirksam gewesen und somit das Verhalten des Beschuldigten nicht strafbar.

 

Die Behörde sei davon ausgegangen, dass der Beschuldigte das Fahrzeug zur Tatzeit selbst gelenkt habe, weil er der schriftlichen Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe vom 31.08.2006 bis dato nicht entsprochen habe. Der Aufforderung sei der Beschuldigte aber insofern nachgekommen, als er mit Schreiben vom 15.09.2006 der Behörde bekannt gegeben habe, dass er das Fahrzeug nicht selber gelenkt habe sondern dieses durch ein nahes Familienmitglied gelenkt worden sei und er aus diesem Grund entsprechend der deutschen Rechtslage die Aussage verweigert habe. Der Beschuldigte habe deshalb ordnungsgemäß auf die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe reagiert. Der Beschuldigte habe sich konform mit der deutschen Rechtslage auf das ihm zustehende deutsche Zeugnisverweigerungsrecht betreffend naher Angehöriger berufen. Die Behörde habe daher nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beschuldigte das Fahrzeug zur Tatzeit selbst gelenkt habe.

 

Es werde auch die Höhe der über den Beschuldigten verhängten Geldstrafe bekämpft. Die straferkenntniserlassende Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung nicht unerheblich sei.

 

In Anbetracht der späten Tageszeit, zu welcher die Verwaltungsübertretung erfolgt sei und es deshalb nur mehr geringen Verkehrsaufkommen sei das Ausmaß, der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient, gering.

 

Es werde daher beantragt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, durch Abhaltung von zwei öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlungen, bei denen der Berufungswerber sowie seine Ehegattin einvernommen werden konnten, sowie durch Einholung des Aktes zur Geschäftszahl IIb2-2-2-1-1-2/31 betreffend die Hauptbaumaßnahmen Los H4-3/Stans  Bewilligung gemäß § 90 StVO 1960  Berichtigung des Änderungsbescheides samt einem exakten Plan betreffend die Bauphase SM IIId-1, A 12 Inntalautobahn Abschnitt km 45,800 bis km 48,500, wobei Beginn der Verkehrsbeschränkung der 27.06.2005, das tatsächliche Ende dann der 19.08.2006 gewesen ist.

 

Der Berufung kommt aus nachstehenden Gründen keine Berechtigung zu.

 

Der Anzeige der Landesverkehrsabteilung für Tirol vom 07.08.2006, Zl. 143740/2006-06198548, ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber am 08.07.2006 um 21.52 Uhr mit seinem Fahrzeug, einem VW 901, mit dem amtlichen Kennzeichen XY (D), auf der Inntalautobahn A 12 bei Strkm 48,229 die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemacht zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 53 km/h überschritten habe. Hierbei sei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Gemessen sei die Geschwindigkeitsübertretung durch eine Radarbox und zwar in Fahrtrichtung Kufstein worden.

 

Der Berufungswerber wurde dann zur Lenkerbekanntgabe aufgefordert und teilte am 15.09.2006 mit, dass er nicht selbst gefahren sei und als Lenker nicht in Betracht komme. Es gelte in Deutschland außerdem das Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht betreffend naher Angehöriger und das Verbot zur Selbstbezichtigung.

 

Anlässlich der öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Mai 2007 teilte der Berufungswerber mit, dass er mit seiner Ehegattin sehr oft die Strecke der Inntalautobahn befahre, da er ein Haus am Gardasee habe. Er könne sich nicht vorstellen, dass er 50 km/h mehr gefahren sei, als erlaubt gewesen wäre in einem Baustellenbereich. Er sei beim Ausfüllen der Lenkerhebung drauf gekommen, dass er in diesem Abschnitt nicht gefahren sei. Er könne sich nicht erinnern, wer tatsächlich damals das Fahrzeug gelenkt hätte. Seine Ehegattin und er würden sich auf dieser Strecke immer wieder abwechseln.

 

Die Ehegattin bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Berufungswerbers und teilte mit, sie würden sich ständig beim Fahren abwechseln und sie könne sich ebenfalls nicht erinnern, wer am 08.07.2006 das Fahrzeug gelenkt habe und ob es zum damaligen Zeitpunkt auf der Inntalautobahn eine Baustelle gegeben habe.

 

Der eingeholte Akt betreffend die Baustelle auf der A 12 der Inntalautobahn von km 85,800 bis 48,500 Fahrtrichtung Kufstein wurde dem Rechtsvertreter zur Einsicht vorgelegt. Aufgrund dieses Aktes und der darin enthaltenen Bescheide konnte kein vom Berufungswerber behaupteter Kundmachungsmangel festgestellt werden. Der Berufungswerber hat auch nicht konkret dargetan, worin die nicht gehörige Kundmachung der Verordnung eigentlich bestanden hätte. Feststeht, dass die Baustelle zum Tatzeitpunkt noch nicht geräumt gewesen ist. Geräumt wurde sie erst drei Monate später am 09.08.2006. Somit ist auch die in Punkt 5 der Berufung behauptete gesetzwidrige Geschwindigkeitsbeschränkung entkräftet worden, da der Wegfall der tatsächlichen Grundlage erst am 09.08.2006 um 16.30 Uhr eingetreten ist.

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Die Verpflichtung zur Auskunft ist eine eigene Rechtsfigur. Die Auskunftspflicht trifft in erster Linie den Zulassungsbesitzer. Kann er die Auskunft nicht erteilen, so hat er, entsprechend dem ersten Satz, denjenigen namhaft zu machen, der sie erteilen kann. Diesen trifft dann die Auskunftspflicht. Auch nach erteilter Auskunft bleibt die Behörde verpflichtet, erforderlichenfalls diese im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung zu überprüfen. Der § 103 KFG handelt von den Pflichten des Zulassungsbesitzers. § 103 Abs 2 KFG schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötiger Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Bei der Übertretung des Abs 2 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Mit dem Hinweis sich nicht mehr erinnern zu können, wer von den beiden namhaft gemachten Personen zum angefragten Zeitpunkt mit dem gegenständlichen KFZ gefahren sei, zeigt der Zulassungsbesitzer nicht auf, dass ihn keinerlei Verschulden im Sinn des § 5 Abs 1 VStG trifft. Hier ist darauf zu verweisen, dass der Zulassungsbesitzer zwecks Ermöglichung der Auskunftserteilung wie in Abs.2 vorgesehen, entsprechende Aufzeichnungen über die Person des Lenkers zu führen gehabt hätte (siehe dazu VwGH 26.05.2000, 2000/02/0115).

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Zulassungsbesitzer keine Person benennen, die konkret zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hatte. Er hat somit die Auskunftspflicht verletzt und wird nach dem Grunddelikt zur Verantwortung gezogen.

 

§ 52 lit´a Z 10a StVO normiert Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit):

 

Das jeweilige Zeichen zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit die als Stundenkilometerzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

§ 99 Abs 2 lit c StVO führt aus, dass eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von Euro 36,00 bis Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen ist, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen als Wartepflichtiger oder in Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern, gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

 

Die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 360,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden) ist unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Sinne der § 19 Abs 1 und 2 VStG schon deswegen nicht zu hoch angesetzt, da die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als eklatant zu werten war. Das Lenken eines Fahrzeuges im Baustellenbereich mit einer solch überhöhten Geschwindigkeit kann zu einer unter Umständen großen Schädigung und Gefährdung derjenigen Personen führen, deren Schutz die übertretende Strafdrohung gerade dienen sollte. Es wird dem Berufungswerber grob fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Die, über, den, Berufungswerber, verhängte, Geldstrafe, von, Euro 360,00, ist, unter, Berücksichtigung, seiner, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, im, Sinne, des, §19 Abs1 und 2 VStG, schon, deswegen, nicht, zu, hoch, angesetzt, da, die, Überschreitung, der, erlaubten, Höchstgeschwindigkeit, als, eklatant, zu, werten, war, Das, Lenken, eines, Fahrzeuges, im, Baustellenbereich, mit, einer, solch, überhöhten, Geschwindigkeit, kann, zu, einer, unter, Umständen, großen, Schädigung, und, Gefährdung, derjenigen, Personen, führen, deren, Schutz, die, übertretene, Strafdrohung, gerade, dienen, soll.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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