TE UVS Burgenland 2007/06/28 020/11/06002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Latzenhofer über die Berufung vom 29.03.2006 des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch die *** GmbH in ***, gegen Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 14.03.2006, Zl. 300-857-2005, wegen Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) 2002 wie folgt zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG, § 51 Abs. 1 VStG, § 79 Abs. 2 Z. 19 AWG 2002 wird der Berufung stattgegeben, der Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses aufgehoben und das Strafverfahren wegen dieser Anlastung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem an Herrn *** (in der Folge Berufungswerber) zu Handen seiner rechtsfreundlichen Vertretung am 16.03.2006 zugestellten, nunmehr in Berufung gezogenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung wurde wie folgt ausgesprochen:

?Sie haben es als Gewerbeinhaber der Bauschutt-Recyclinganlage (***) am Standort ***, Grdst. Nr. *** (= Tatort), zu verantworten, dass von dieser in der Zeit vom 12.8.2004, 16.44 Uhr, bis 13.8.2004, 15.03 Uhr, mit dem Sattelzug *** (D)

I.

eine Verbringung von Abfällen von der Bauschutt-Recyclinganlage nach Deutschland zur ***, vorgenommen wurde, die dem Notifizierungsbegleitschreiben nicht entsprach.

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 9.6.2004, Zl. BMLFUW-UW.2.1.1/0346-Ul/1/2004-Ga, und des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 9.7.2004 erhielt die ** die Zustimmung zur Verbringung von 5000000 kg Abfällen der Schlüsselnummer 91105 Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, mechanisch-biologisch vorbehandelt und 91103 Rückstände aus der mechanischen Abfallaufbereitung der ÖNORM 52100 nach Deutschland zur Verwertung bei der *** in D-*** bis 10.4.2005 über den Grenzübergang Suben im Rahmen der Notifizierung Nr. AT005948. Bei der gegenständlichen Verbringung befand sich im Abfall auch solcher wie Teerpappe und Styropor, dessen Verbringung im Rahmen der genannten Notifizierung nicht zulässig war (dies wurde im Zuge einer Kontrolle durch die Verkehrspolizeiinspektion Hof, BAB, A93, Fahrtrichtung Norden, Km 54,736, am 13.8.2004, 15.03 Uhr, festgestellt);

II.

Eine Rückverbringung von notifizierungspflichtigen Abfällen von Deutschland nach Österreich zur *** ohne erneute Notifizierung vorgenommen wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

 

zu I.: § 79 Abs. 2 Z. 19 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 i. V. m. Art. 26 Abs. 1 lit. d der EG-Verbringungsverordnung, Nr. 295/93

 

zu II.: § 79 Abs. 2 Z. 19 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 i. V. m. Art. 26 Abs. 2 der EG-Verbringungsverordnung, Nr. 295/93

 

Gemäß §§ 79 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 wird hiefür eine Geldstrafe zu I. von 1800,-- Euro und zu II. von 1800,-- Euro verhängt. Falls die Geldstrafen uneinbringlich sind, treten an deren Stelle Ersatzfreiheitsstrafen von zu I. und zu II. von je 10 Tagen, somit insgesamt 20Tage.

 

Gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz haben sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v. H. der verhängten Geldstrafe, das sind 360,-- Euro zu bezahlen, somit haben Sie einen Betrag von insgesamt 3960,-- Euro zu bezahlen.?

 

In der dagegen am 30.03.2006 eingebrachten Berufung beantragte der Berufungswerber zunächst hinsichtlich beider angelasteten Fakten das Strafverfahren einzustellen. In der Verhandlung vom 21.05.2007 zog der Berufungswerber die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt I. zurück. Hinsichtlich Spruchpunkt II. führte der Berufungswerber im Wesentlichen aus, dass er bei der Rückverbringung ohne Notifizierung keine Bewilligungspflicht verletzt habe, weil eine solche für den hier gegenständlichen Fall der obligatorischen Rückverbringung nach einer illegalen - entgegen dem Begleitschein erfolgten - Verbringung nicht bestehe. Zudem sei nicht er sondern das Transportunternehmen für das Unterlassen der erneuten Notifizierung verantwortlich.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Für die Entscheidung waren folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

 

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), Stammfassung: BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, Verwaltungsstrafgesetz (VStG), Stammfassung: BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), BGBl. I 2002/102 idF BGBl. I 2004/43,

Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. L 30 vom 06.02.1993, Seite 1 idF der Verordnung (EG) Nr. 2557/2001 der Kommission vom 28.12.2001, ABl. L 349 vom 31.12.2001, Seite 1

 

(alle im Folgenden wiedergegebenen Rechtstexte werden in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung angegeben)

 

Im Einzelnen (neben den lediglich die Zuständigkeit des UVS als Berufungsbehörde begründenden § 66 Abs. 4 AVG und § 51 Abs. 1 VStG):

 

§ 69 Abs. 1, § 71 Abs. 1, 3, § 79 Abs. 2 Z. 18 und 19 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sowie Art. 25 und Art. 26 der EG-Verbringungsverordnung Nr. 259/93, Celex Nr. 31993R0259 (zur Tatzeit am 13.08.2004):

 

§ 69 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Bewilligungspflicht der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr

 

§ 69. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

 

§ 71 Abs. 1 und 3 AWG 2002:

 

Wiedereinfuhrpflicht

 

§ 71. (1) Soweit eine Wiedereinfuhrpflicht von Abfällen nach Österreich gemäß der EG-VerbringungsV besteht, trifft diese Pflicht denjenigen, der die Verbringung notifiziert oder eine illegale Verbringung im Sinne des Art. 26 EG-VerbringungsV veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder darin in sonstiger Weise beteiligt war, und den Erzeuger der verbrachten Abfälle, es sei denn, er weist nach, dass er bei der Übergabe der Abfälle ordnungsgemäß gehandelt hat. Die Verpflichteten haften solidarisch.

...

(3) Besteht eine Wiedereinfuhrpflicht von Abfällen, entfällt die Bewilligungspflicht gemäß § 69 Abs. 1.

 

§ 79 AWG:

?(1) [?].

(2) Wer

1.

[?].

18.

entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder entgegen Art. 25 Abs. 2 der EG-VerbringungsV verbringt oder Auflagen in Bescheiden gemäß § 69 nicht einhält,

 19. eine Verbringung von Abfällen, die dem Notifizierungsbegleitschein oder der Bewilligung gemäß § 69 nicht entspricht, vornimmt,

 20. [?].

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7270 ? zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1800 ? bedroht.?

 

Art. 25 und Art. 26 der EG-Verbringungsverordnung Nr. 259/93, Celex

Nr. 61993R0259:

 

Artikel 25:

(1) Kann eine Abfallverbringung, der die betroffenen zuständigen Behörden zugestimmt haben, nicht rechtzeitig gemäß den Bestimmungen des in den Artikeln 3 und 6 genannten Begleitscheins bzw. Vertrages durchgeführt werden, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort innerhalb von 90 Tagen, nachdem sie verständigt wurde, dafür, dass die notifizierende Person die Abfälle in ihren Zuständigkeitsbereich oder an einen anderen Ort im Versandstaat zurücksendet, es sei denn, es ist hinreichend sichergestellt, dass die Beseitigung oder Verwertung auf eine andere umweltverträgliche Weise erfolgen kann.

(2) In den in Absatz 1 genannten Fällen ist eine erneute Notifizierung notwendig. Der Versandmitgliedstaat und alle Transitmitgliedstaaten erheben keine Einwände gegen die Rückführung dieser Abfälle, wenn die zuständige Behörde am Bestimmungsort einen ordnungsgemäß begründeten Antrag mit Erläuterung des Grundes für die Rückführung stellt.

(3) Die Verpflichtung der notifizierenden Person und die ergänzende Verpflichtung des Versandstaats zur Rücknahme der Abfälle enden, wenn der Empfänger die in den Artikeln 5 und 8 genannte Bescheinigung ausgestellt hat.

 

Artikel 26:

(1) Als illegale Verbringung gilt:

a) eine Verbringung ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung,

b) eine Verbringung ohne Zustimmung der betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung,

c) eine Verbringung mit einer durch Fälschung, falsche Angaben oder Betrug erlangten Zustimmung der betroffenen zuständigen Behörden,

d) eine Verbringung, die dem Begleitschein sachlich nicht entspricht,

e) eine Verbringung, die eine Beseitigung oder Verwertung unter Verletzung gemeinschaftlicher oder internationaler Bestimmungen bewirkt,

f) eine Verbringung, die nicht im Einklang mit den Artikeln 14, 16, 19 und 21 steht.

(2) Hat die notifizierende Person die illegale Verbringung zu verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort dafür, dass die betreffenden Abfälle

a) von der notifizierenden Person- oder erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde selbst wieder in den Versandstaat verbracht werden oder, sofern dies nicht möglich ist,

b) anderweitig auf eine umweltverträgliche Weise beseitigt oder verwertet werden;

dies hat innerhalb von 30 Tagen, nachdem die zuständige Behörde von der illegalen Verbringung in Kenntnis gesetzt wurde, oder innerhalb einer anderen mit den betroffenen zuständigen Behörden vereinbarten Frist zu geschehen.

In diesem Fall ist eine erneute Notifizierung notwendig. Der Versandmitgliedstaat und alle Transitmitgliedstaaten erheben keine Einwände gegen die Rückführung dieser Abfälle, wenn die zuständige Behörde am Bestimmungsort einen ordnungsgemäß begründeten Antrag mit Erläuterung des Grundes für die Rückführung stellt.

(3) Hat der Empfänger der Abfälle die illegale Verbringung zuverantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Bestimmungsort dafür, dass die betreffenden Abfälle vom Empfänger oder, sofern dies nicht möglich ist, von ihr selbst innerhalb von 30 Tagen, nachdem sie von der illegalen Verbringung in Kenntnis gesetzt wurde, oder innerhalb einer anderen mit den betroffenen zuständigen Behörden vereinbarten Frist auf umweltverträgliche Weise beseitigt werden. Diese Behörden arbeiten dabei in dem Bemühen um die Beseitigung oder Verwertung der Abfälle auf umweltverträgliche Weise je nach den Erfordernissen zusammen.

(4) Kann weder die notifizierende Person noch der Empfänger für die illegale Verbringung verantwortlich gemacht werden, so arbeiten die zuständigen Behörden gemeinsam darauf hin, dass die betreffenden Abfälle auf umweltverträgliche Weise beseitigt oder verwertet werden. Leitlinien für eine derartige Zusammenarbeit werden nach dem Verfahren des Artikels 18 der Richtlinie 75/442/EWG festgelegt.

(5) Die Mitgliedstaaten verbieten und ahnden die illegale Verbringung durch geeignete rechtliche Maßnahmen.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 2. Fall VStG ist das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, wenn die zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Die Verwaltungsstrafbehörde hat dem Berufungswerber die entgegen Art. 26 Abs. 2 Verordnung 259/93 durchgeführte Rückverbringung von Abfall ohne (erneute) Notifizierung nach einer illegalen Abfallverbringung (nicht dem Begleitschein entsprechender Abfall, Art. 26 Abs. 1 lit. d VO 259/93) angelastet. Die vom Berufungswerber gesetzte Handlung widerspricht zwar dem Art. 26 Abs. 2 VO 259/93. Sie bildet jedoch nicht den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung.

 

Der von der Verwaltungsstrafbehörde herangezogene Straftatbestand des § 79 Abs. 2 Z. 19 AWG 2002 betrifft die (ursprüngliche) illegale (entgegen dem Begleitschein erfolgende) Verbringung von Abfall, für die der Berufungswerber zu Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses ohnehin zu Recht bestraft wurde. Dieser Tatbestand kann infolge des Verbots der Doppelbestrafung nicht nochmals für die Rückverbringung des gleichen Abfalls herangezogen werden.

 

Für die von der Verwaltungsstrafbehörde offenbar beabsichtigte Sanktionierung des Gebots, bei der Rückverbringung von Abfall nach Art. 26 Abs. 2 VO 259/93 erneut zu notifizieren (das im Übrigen nach den Vorschlägen der Kommission in Zukunft entfallen soll), findet sich kein Verwaltungsstraftatbestand. Der ansonsten für illegale Verbringungen in Betracht kommende § 79 Abs. 2 Z. 18 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 setzt (soweit hier einschlägig) entweder eine Bewilligungspflicht für die Verbringung nach § 69 Abs. 1 AWG 2002 oder eine Verletzung der Notifizierungspflicht bei einer Rückverbringung nach Art. 25 Abs. 2 VO 259/93 voraus. Bei einer Rückverbringung nach Art. 26 Abs. 2 VO 259/93 entfällt jedoch ? wie der Berufungswerber zu Recht aufzeigt - zufolge § 71 Abs. 3 AWG 2002 die Bewilligungspflicht, weil hier nach Art. 26 Abs. 2 lit. a VO 259/93 Wiedereinfuhrpflicht besteht. Der Tatbestand der Verbringung entgegen Art. 25 Abs. 2 VO 259/93 betrifft wiederum andere Rückverbringungen als jene, die wie hier, in Folge einer illegalen Verbringung nach Art. 26 Abs. 1 VO 259/93 erfolgen.

 

Auch sonst gibt es keinen österreichischen Verwaltungsstraftatbestand, unter den sich die hier vorliegende Verletzung des Art. 26 Abs. 2 VO 259/93 subsumieren ließe. Der Strafausspruch war daher zu beheben und das Strafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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