TE UVS Steiermark 2007/07/11 30.17-13/2007

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Veröffentlicht am 11.07.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn H G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 05.01.2007, GZ: 014419/2006, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 1.) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 2.) und 3.) abgewiesen. Die von der Erstbehörde zu den in den Spruchpunkten 1.) und 3.) angeführten Übertretungen gemeinsam verhängte Strafe wird nunmehr gesplittet und sohin für die in Spruchpunkt 3.) angeführte Übertretung eine Geldstrafe in der Höhe von ? 25,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von insgesamt ?

15,00 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe im Bereich des Grazer Hauptbahnhofes 1.) am 06.05.2006 um 04.50 Uhr im Bereich der Shopping-Mall auf der Sitzbank vor dem Frisör Bahnkunden belästigt und daher das Tatbild des störenden Verhaltens innerhalb einer Eisenbahnanlage verwirklicht und 2.) den Aufforderungen des Bahn-Service-Security-Mitarbeiters, den Bahnhof zu verlassen, nicht Folge geleistet sowie 3.) am 14.07.2006 um 18.00 Uhr im Bereich der Gastro-Mall vor der Tür zum Behinderten-WC uriniert und daher das Tatbild des störenden Verhaltens innerhalb einer Eisenbahnanlage verwirklicht. Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 124 Abs 1 iVm § 47b Abs 1 Eisenbahngesetz 1957 zu Spruchpunkt 2.) wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von ? 50,00 (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 124 Abs 1 iVm § 46 Eisenbahngesetz 1957 zu den Spruchpunkten

1.) und 3.) eine gemeinsame Geldstrafe in der Höhe von ? 50,00 (6 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im Wesentlichen vorgebracht, dass er am 06.05.2006 keine Bahnkunden belästigt sondern nur auf das Aufsperren des Cafe

L gewartet habe. Der Aufforderung des Bahn-Service-Security-Mitarbeiters habe er keine Folge geleistet, da er nur in das öffentliche Lokal zu dem jeder Zutritt habe, gehen wollte. Er sehe nicht ein warum er nicht fünf Minuten vorher in die Bahnhofshalle gehen dürfe. Am 14.07.2006 habe er von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr Nachmittagsdienst im VT in G versehen und könne daher keine Übertretung im Bereich des Grazer Hauptbahnhofes begangen haben. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens insbesondere der fortgesetzten Berufungsverhandlung vom 17.04.2007 und 30.05.2007, anlässlich der der Berufungswerber sowie drei Zeugen einvernommen wurden, wird nachstehender Sachverhalt festgestellt: Am 06.05.2006 gegen 04.50 Uhr setzte sich der Berufungswerber in der Halle des Grazer Hauptbahnhofes im Bereich der Shopping-Mall auf eine Bank vor dem Frisör zu zwei 16- bis 17-jährigen Mädchen, rückte nahe an diese heran und redete wiederholt auf sie ein. Hiebei wurde er vom Meldungsleger, einem Eisenbahnaufsichtsorgan der Österreichischen Bundesbahnen, beobachtet. Als sich die beiden Mädchen Hilfe suchend an den Meldungsleger wandten und dieser auch Worte wie Lulu-Schauen verstand, forderte er den Berufungswerber, der einen stark alkoholisierten Eindruck erweckte, auf, den Bahnhof zu verlassen. Der Berufungswerber weigerte sich dieser Aufforderung Folge zu leisten und gab an, er warte nur auf das Aufsperren des Cafe L. Der Meldungsleger forderte daraufhin polizeiliche Unterstützung an und verließ der Berufungswerber erst nach Aufforderung durch zwei Polizeiorgane die Bahnhofshalle. Am 14.07.2006 hatte der Berufungswerber als ehrenamtlicher Mitarbeiter des VT in G, L 20a Nachmittagsdienst. Dennoch hielt er sich gegen 18.00 Uhr in der Halle des Grazer Hauptbahnhofes im Bereich der Gastro-Mall auf und urinierte vor der Tür zum Behinderten-WC auf den Boden. Als er vom Zeugen T H darauf hingewiesen wurde, dass er das nicht machen dürfe, beschimpfte er den Zeugen und ging in die nahe gelegene Pizzeria, wo er sich an die Theke setzte. Beweiswürdigung Dass der Berufungswerber am 06.05.2006 gegen 04.50 Uhr der Aufforderung eines Eisenbahnaufsichtsorgans, den Bahnhof zu verlassen, nicht Folge leistete, steht unbestritten fest. Die Feststellung, dass sich der Berufungswerber am 14.07.2006 gegen 18.00 Uhr trotz seines offiziellen Nachmittagsdienstes im VT im Bereich der Bahnhofshalle aufgehalten hat, erfolgte aufgrund der überzeugenden und gut nachvollziehbaren Aussagen der beiden Zeugen H K und T H. Diese beiden Zeugen erweckten anlässlich ihrer Einvernahme im Rahmen der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und schlossen dezidiert jegliche Verwechslung aus. Der Zeuge T H, ein beeideter Mitarbeiter der G, der am 14.07.2006 nur zur Unterstützung der Eisenbahnaufsichtsorgane der ÖBB dienstzugeteilt war, schilderte eindrucksvoll das tatbildliche Verhalten des Berufungswerbers und erkannte diesen auch am Tag der Verhandlung eindeutig wieder. Auch der Zeuge H K, ein beeidetes Eisenbahnaufsichtsorgan der ÖBB, dem der Berufungswerber bereits dienstlich bekannt war, identifizierte den Berufungswerber unmittelbar nach der Tathandlung in der Pizzeria in der Bahnhofshalle. Aufgrund des erfolgten Wortwechsels und der Beleuchtung in der Bahnhofshalle sieht die erkennende Behörde keinen Anlass an den Angaben der beiden Zeugen zu zweifeln. Das Vorbringen des Berufungswerbers, er habe am 14.07.2006 von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr seinen Nachmittagsdienst im VT versehen und er könne daher nicht um 18.00 Uhr im Bereich des Grazer Hauptbahnhofes gesehen worden sein, beinhaltet zwar eine innere Logik, vermag aber trotz der schriftlichen Bestätigung des VT nicht zu überzeugen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Berufungswerber während seines Nachmittagsdienstes von seiner Dienststelle entfernt und den nahe gelegenen Hauptbahnhof aufgesucht hat. Der Berufungswerber konnte auch keinen Zeugen namhaft machen, der seine Anwesenheit um 18.00 Uhr im VT hätte bestätigen können. Auch die vorliegenden Auszüge aus dem Dienstbuch, welches von den Mitarbeitern des VT während ihrer Dienstzeit geführt wird, sind nicht geeignet einen unwiderlegbaren Beweis für die Anwesenheit des Berufungswerbers um 18.00 Uhr im VT zu bilden. So ist diesem Dienstbuch zwar zu entnehmen, dass am 13.07.2006 um 19.00 Uhr T, am 14.07.2006 um 07.00 Uhr M und Mt und an diesem Tag um 19.00 Uhr Mt den Dienst übernommen haben. Ein entsprechender Hinweis betreffend den Berufungswerber findet sich jedoch nicht. Für den Zeitraum 14.07.2006, 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr finden sich zwar mehrere Eintragungen mit augenscheinlich verschiedener Handschrift doch fehlen bei diesen Eintragungen im Unterschied zu den Eintragungen vor und nach der offiziellen Dienstzeit des Berufungswerbers Zeitangaben. Bei den Eintragungen am 13.07.2006 ab 19.00 Uhr und am 14.07.2006 ab 19.00 Uhr lassen die jeweiligen Zeitangaben Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der jeweils vermerkten Erledigungen zu; hinsichtlich der vom Berufungswerber getätigten Einträge kann aber mangels Zeitangabe nicht ausgeschlossen werden, dass diese vor oder auch nach der Tatzeit erfolgten. Beweiswürdigend ist sohin festzuhalten, dass die entscheidende Behörde bei Abwägung der im Verfahren hervorgekommenen widersprüchlichen Angaben im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Darstellung der beiden Zeugen mehr Glauben schenkt als den Angaben des Berufungswerbers, zumal diese aufgrund ihres Diensteides und ihrer verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegen und bei deren Verletzung mit strafgerichtlichen Sanktionen rechnen müssen. Den an einem für ihn positiven Ausgang des Verfahrens interessierten Berufungswerber in seiner Funktion als Beschuldigter treffen hingegen keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen und kann auch keine Veranlassung gesehen werden, dass die beiden Zeugen den Berufungswerber wahrheitswidrig belasten wollten. Rechtliche Beurteilung Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 125/2006 (im Folgenden EisbG) lauten: § 124. (1) Wer den Bestimmungen der §§ 42, 43, 46 bis 47b oder den aufgrund der §§ 47c und 49 durch Verordnung erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, begeht, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro zu bestrafen. § 46. Innerhalb der Eisenbahnanlagen ist ein den Betrieb einer Eisenbahn, den Betrieb von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn und den Verkehr auf einer Eisenbahn störendes Verhalten verboten. Insbesondere ist es verboten, Eisenbahnanlagen, eisenbahntechnische Einrichtungen und Schienenfahrzeuge zu beschädigen, zu besteigen oder zu verunreinigen, unbefugt Gegenstände auf die Fahrbahn zu legen, sonstige Fahrthindernisse anzubringen, Weichen umzustellen, Fahrleitungsschalter zu betätigen, Alarm zu erregen oder Signale zu geben. § 47b. (1) Bahnbenützende haben den dienstlichen Anordnungen der Eisenbahnaufsichtsorgane (§ 30) Folge zu leisten und sich bei der Benützung der Eisenbahnanlagen und der Schienenfahrzeuge so zu verhalten, wie es die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn, des Verkehrs auf der Eisenbahn sowie die Rücksicht auf andere gebieten. § 30. (1) Eisenbahnunternehmen haben Eisenbahnbedienstete zur Überwachung des Verhaltens von Personen gegenüber Eisenbahnanlagen einer öffentlichen Eisenbahn, in auf öffentlichen Eisenbahnen betriebenen Schienenfahrzeugen und im Verkehr auf einer öffentlichen Eisenbahn zu bestimmen (Eisenbahnaufsichtsorgane). Die Überwachung schließt die der Ordnung auf den Bahnhofvorplätzen mit ein, sofern nicht die sonst zuständigen Organe zur Stelle sind. ... § 10. Eisenbahnanlagen sind Bauten, ortsfeste eisenbahnsicherungstechnische Einrichtungen und Grundstücke, die ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder des Verkehrs auf einer Eisenbahn dienen. Ein räumlicher Zusammenhang mit der Schieneninfrastruktur ist nicht erforderlich. Wie der Verwaltungsgerichtshof in wiederholter Rechtsprechung festgestellt hat, handelt es sich bei Eisenbahnanlagen um Einrichtungen, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, dass ohne sie ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich ist. Nach dem Gesetz reicht ein mittelbarer Zusammenhang, das heißt, es ist nicht erforderlich, dass die Anlage ausschließlich Eisenbahnzwecken im Sinne des § 10 EisbG dient, vielmehr sind gemäß dieser Norm Bauten auch dann Eisenbahnanlagen, wenn sie bloß teilweise Eisenbahnzwecken dienen. Daraus folgt, dass Räumlichkeiten, die für sich gesehen nicht unverzichtbar für den Eisenbahnbetrieb bzw. -verkehr sind, dann als (Teil einer) Eisenbahnanlage gelten, wenn sie mit Gebäudeteilen, die nach ihrer Zweckwidmung für den Eisenbahnbetrieb bzw. -verkehr notwendig sind, in bautechnischem Zusammenhang stehen und nach der Verkehrsauffassung eine bauliche Einheit bilden (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 22.11.2005, 2002/03/0185 oder vom 28.02.1996, 94/03/0314). Ein Bahnhofsgebäude, das Nebenbetriebe enthält, die für Reisende bestimmt sind, ist eine Eisenbahnanlage (VwGH 28.10.1963, 1830/60). Da selbst Lagerräume in einem Kellergeschoss, Stiegenaufgänge, Parkdecks, Personentunnel und dergleichen ausdrücklich als Teil einer Eisenbahnanlage angesehen werden, handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Shopping-Mall und auch der Gastro-Mall im Bereich des Gebäudes des Grazer Hauptbahnhofes jedenfalls um eine Eisenbahnanlage im Sinne des § 10 EisbG, da sie in einem engen inneren Zusammenhang mit der Beförderung durch die Eisenbahn, also dem Eisenbahnbetrieb stehen. Für das Verhalten im Bereich der beiden Tatorte finden daher die Bestimmungen der §§ 46 und 47b EisbG Anwendung. Zu Spruchpunkt 1.): Wie bereits ausgeführt wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 06.05.2006 um 04.50 Uhr im Bereich der Shopping-Mall auf der Sitzbank vor dem Frisör Bahnkunden belästigt und daher das Tatbild des störenden Verhaltens innerhalb einer Eisenbahnanlage verwirklicht. Dieser Tatvorwurf entspricht nicht den Anforderungen des § 44a VStG. Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fordert in diesem Zusammenhang, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen wenn a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b.) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe hiezu Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren5, Seite 969 ff). Der Tatvorwurf Bahnkunden belästigt (zu haben) entspricht nicht diesen Anforderungen, da nicht erkennbar ist, durch welches Verhalten bzw. durch welche konkrete Tathandlung der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen haben soll. Die alleinige Wiedergabe des Gesetzeswortlautes reicht hiezu nicht aus. Da die mangelhafte Tatbildumschreibung im Zusammenhang mit dem erhobenen Tatvorwurf nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen entspricht und dem Berufungswerber mit keiner tauglichen Verfolgungshandlung eine konkrete Tathandlung zur Last gelegt wurde, war es der Berufungsbehörde aufgrund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht möglich im Stadium dieses Verfahrens den Mangel zu sanieren. Es war daher der Berufung hinsichtlich dieses Tatvorwurfes Folge zu geben, das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Zu Spruchpunkt 2.): Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, hat der Berufungswerber am 06.05.2006 gegen 04.50 Uhr der Aufforderung eines Eisenbahnaufsichtsorgans, den Bahnhof zu verlassen, unbestritten keine Folge geleistet. Da diese Aufforderung von einem Eisenbahnaufsichtsorgan im Bereich einer Eisenbahnanlage erfolgte und der Berufungswerber sie auch als solche verstanden hat, wäre er verpflichtet gewesen ihr Folge zu leisten. Darauf, dass er wenig später in ein öffentliches Lokal gehen wollte, kommt es im Anlassfall nicht an, da er unmittelbar vor der Aufforderung eben nicht Kunden in diesem öffentlichen Lokal sondern Bahnkunden im Bereich einer Eisenbahnanlage belästigt hatte. Der Berufungswerber hat daher die ihm mit Spruchpunkt 2.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung subjektiv und objektiv zu verantworten. Zu Spruchpunkt 3.): Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, hat der Berufungswerber am 14.07.2006 um 18.00 Uhr in der Gastro-Mall des Grazer Hauptbahnhofes vor der Tür zum Behinderten-WC auf den Boden uriniert. Dass es sich hiebei um eine Verunreinigung einer Eisenbahnanlage handelt, die gemäß § 46 EisbG ausdrücklich verboten ist, bedarf wohl keiner näheren Erörterung. Der Berufungswerber hat daher auch die ihm mit Spruchpunkt 3.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung subjektiv und objektiv zu verantworten. Strafbemessung Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die im Anlassfall verletzten gesetzlichen Bestimmungen dienen der Sicherheit und der Ordnung des Betriebes einer Eisenbahn. Durch das festgestellte Verhalten hat der Berufungswerber in beiden Fällen gegen den Schutzzweck der obzitierten gesetzlichen Bestimmungen verstoßen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe liegen keine vor; als mildernd war die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten. Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Dem Berufungswerber ist es mit seinem Vorbringen nicht gelungen, mangelndes Verschulden an der Begehung der hier in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen darzulegen. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Taten sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien erscheinen die von der Erstbehörde verhängten Strafen tat- und schuldangemessen und sogar unterdurchschnittlichen persönlichen Verhältnissen angepasst. Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 Prozent der verhängten Strafe festzusetzen ist. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Belästigung Konkretisierung Tatbestandsmerkmal
Zuletzt aktualisiert am
21.08.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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