Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn U. L., XY 3a, D-T., vom 14.12.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19.06.2006, Zl SG-11-2006, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:
I.
Gemäß § 66 Ab .4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird hinsichtlich der Übertretung zu Spruchpunkt 1. der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 eingestellt.
II.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird hinsichtlich der Übertretung zu Spruchpunkt 2. die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 100,00, zu bezahlen.
Spruchberichtigung in der dritten Zeile:
Verkauft wurden nicht Magnetmatten sondern Magnetkissen.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurden Herrn L. folgende Sachverhalte zur Last gelegt und wurde er dafür bestraft:
Sie haben am 29.04.2006 von 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr im Standort D. Nr 8, Gasthof "T. im Rahmen einer Werbeveranstaltung mit Gewinnversprechen, Haushaltsartikel, wie Geschirr, Bettwäsche und Magnetmatten zum Verkauf angeboten und Magnetmatten verkauft,
1. obwohl die Entgegennahme von Bestellungen auf Waren von Privatpersonen an anderen Orten als in jenen in § 59 Abs 1 Z 1 bis 4 Gewerbeordnung 1994 aufgezählten unzulässig ist und ist weiters
2. das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen außerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört den Gewerbetreibenden, die zum Verkauf dieser Waren berechtigt sind, und ihren Bevollmächtigten nur in einzelnen Fällen auf ausdrückliche, schriftliche, auf bestimmte Waren lautende, an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet. Es ist dem Gewerbetreibenden nicht gestattet, die Aufforderung durch Versendung vorgedruckter Aufforderungsschreiben auf andere Art als im Postweg herbeizuführen; es ist verboten, sie mit Preisausschreiben oder ähnlichen Veranstaltungen zu verbinden. Das Aufforderungsschreiben muss von der Person, die aufgesucht werden will, eigenhändig unterfertigt und dem Gewerbetreibenden im Postweg zugekommen sein. Der Gewerbetreibende oder sein Bevollmächtigter (Handlungsreisender) muss dieses Aufforderungsschreiben beim Aufsuchen von Bestellungen bei dieser Person mitführen. Die Gewerbetreibenden und die Bevollmächtigten müssen amtliche Legitimationen (§ 62) mit sich führen und diese auf Verlangen der behördlichen Organe vorweisen.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.
§ 367 Z 20 iVm § 59 GewO 1994
2.
§ 367 Z 20 iVm § 57 GewO 1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro, falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von, Freiheitsstrafe von, Gemäß 500,00, 5 Tage, -, § 367 Z 20 GewO 1994
500,00, 5 Tage, -, § 367 Z 20 GewO 1994
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
Euro 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
Euro 0,00 als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher Euro 1.100,00.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr L. vorbringt, dass er zu Unrecht beschuldigt werde, Sachen im Wert von Euro 1.500,00 verkauft zu haben. Er habe lediglich den Preis angegeben, was es auf ihren Hauspartys bzw einer Messe kosten würde. Das einzige, was er angeboten habe, seien Kleinartikel, die er laut seines Gewerbescheines veräußern dürfe und deren Wert in keinem Verhältnis zu dieser Geldstrafe stünde. Die Einladungen für die Gäste habe auch nicht er formuliert und per Post verschickt.
Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 05.07.2007 durch die Einvernahme der Zeugen A. L. und M. R., sowie durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Lienz und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.
Beide Zeugen bestätigten, dass sie am 29.04.2006 in der Zeit von 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr an gegenständlicher Werbeveranstaltung in XY Nr 8, Gasthof T., teilgenommen haben. A. L. ließ sich zur Teilnahme an dieser Veranstaltung durch die ihm per Post zugesandte Werbung dieser Firma bewegen, in der die Präsentation von Waren angekündigt und der Gewinn einer Reise in Aussicht gestellt wurde. Nach seinen Angaben wurden damals Geschirrwaren, Kochtöpfe und Ähnliches sowie Bettzeug präsentiert. Herr L. hat seine Präsentation veranstaltet und die Waren auch zum Kauf angeboten, jedoch hatte niemand von den Anwesenden bei ihm eine Bestellung abgegeben. Am Ende der Präsentation war es dann so, dass Herr L. angeboten hat, Restbestände sofort kaufen zu können. Er hat dabei bei diesem ein Magnetkissen gekauft und bar bezahlt. Es hat für die Teilnehmer auch ein Gratisessen gegeben (Bratwürstl mit Sauerkraut).
Der Zeuge M. R. gab an, dass ihn seine Mutter zur Teilnahme an dieser Veranstaltung veranlasst hatte, die körperlich behindert ist und deswegen nicht selbst kommen konnte. Die Motivation für seine Mutter war die, dass der Gewinn einer Reise den Teilnehmern an dieser Veranstaltung versprochen wurde. Seine Mutter hatte eine entsprechende Werbung per Postwurf bekommen. Bei gegenständlicher Werbeveranstaltung hat Herr L. Geschirr (Kochtöpfe uÄ) sowie Matratzen, Kissen und ähnliche Bettsachen zum Kauf angeboten. Er hat die entsprechenden Waren dort präsentiert. Der Zeuge konnte sich nicht daran erinnern, dass jemand von den Teilnehmern an dieser Veranstaltung für Geschirr oder die präsentierten Matratzen Bestellungen aufgegeben hätte. Zum Schluss der Veranstaltung hin hat Herr L. den Teilnehmern Kissen zum Kauf angeboten. Zu dieser Zeit waren noch ca sechs Leute anwesend und haben ca vier Leute ein Kissen beim Berufungswerber gekauft. Er selbst hat nichts gekauft. Die Leute, die bei Herrn L. Kissen kauften, haben diese an Ort und Stelle sofort bar bezahlt. Die Teilnehmer an dieser Veranstaltung haben Bratwurst mit einer Beilage gratis zum Essen bekommen.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Auf Grund der glaubwürdigen und übereinstimmenden Zeugenaussagen der damaligen Teilnehmer an dieser Werbeveranstaltung, M. R. und A. L., steht fest, dass der Berufungswerber bei dieser Veranstaltung Haushaltsartikel wie Geschirr, Bettzeug und Magnetfeldmatten präsentiert und zur Bestellung angeboten hat. Jedoch hat niemand von den Teilnehmern an dieser Werbeveranstaltung eine Bestellung für eines der präsentierten Produkte abgegeben. Am Ende der Präsentation hatte der Beschuldigte dann den Teilnehmern angeboten, Restbestände sofort zu kaufen. So haben ca vier Personen Magnetkissen beim Berufungswerber gekauft, übergeben bekommen und in bar bezahlt.
Herr L. ist im Besitz des Gewerbes Durchführung und Organisation von Kleinmessen und Verkauf von Haushaltsartikeln der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Wirksamkeit vom 13.01.2006 für den Standort St K. Nr 82. Gemäß § 57 Abs 3 GewO darf dieses Gewerbe jedoch nur innerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört, ausgeübt werden; dabei gibt es keine Wertgrenze. Dies trifft auf den Bezirk Lienz nicht zu.
Auf Grund des Umstandes, dass sich im Beweisverfahren ergeben hat, dass Herr L. keine Bestellung auf Waren von Privatpersonen entgegen genommen hat, hat er den ihm unter Spruchpunkt 1. zur Last gelegten Sachverhalt nicht verwirklicht. Das Tatbild des § 59 Abs 1 GewO 1994 ist erst mit der Entgegennahme von Bestellungen erfüllt. Da dies nicht der Fall war, hat Herr L. die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen. Ein allenfalls gegebener Versuch wurde nicht vorgehalten.
Spruchpunkt 2. bezieht sich auf die Bestimmung des § 57 Abs 3 GewO 1994. Nach dieser Bestimmung ist das Tatbild erfüllt mit dem Aufsuchen von Privatpersonen zum Zweck des Sammelns von Bestellungen. Herr L. hat im Gasthof T. die durch Gewinnversprechen angelockten Veranstaltungsteilnehmer aufgesucht. Bei den Veranstaltungsteilnehmern hat es sich um Privatpersonen gehandelt. Der Rechtsmittelwerber hatte jedoch mit seiner Präsentation insoferne wenig Erfolg, als keiner der Anwesenden Teilnehmer eine Bestellung für die angebotenen Kochtöpfe, Matratzen, usw abgegeben hat. Es ist offensichtlich, dass Herr L. die Personen im Gasthof T. zum Zweck des Sammelns von Bestellungen aufgesucht hat; die Präsentation der Waren erfolgte aus dem wirtschaftlichen Motiv, sie den Veranstaltungsteilnehmern anzupreisen, damit diese Bestellungen für sie aufgeben. Die Teilnehmer wurden wie dies für Werbeverkaufsveranstaltungen typisch ist mit Gewinnversprechen und einem Gratisessen angelockt.
Das Tatbild von § 57 Abs 3 GewO ist bereits mit dem Aufsuchen von Privatpersonen erfüllt, unabhängig davon, ob es tatsächlich zur Entgegennahme von Bestellungen auf Waren gekommen ist. Herr L. hat somit das Tatbild hinsichtlich Spruchpunkt 2. erfüllt. Der Umstand, ob die Einladungen vom Berufungswerber formuliert und verschickt wurden oder nicht, ist dabei rechtlich unerheblich.
Der Rechtsmittelwerber musste als Gewerbeinhaber über die Regeln zur Ausübung seiner Berechtigung Bescheid wissen. Nach § 57 Abs 3 GewO gilt seine Gewerbeberechtigung nur innerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört. Dieser Umstand musste dem Berufungswerber bekannt sein. Wenn dem nicht der Fall gewesen sein sollte, so hat er jenes Maß an Sorgfalt vermissen lassen, das von einem durchschnittlich sorgfältigen Gewerbetreibenden erwartet werden kann (grobe Fahrlässigkeit). Sollte er die Tätigkeit im Wissen der Regeln ausgeübt haben, läge sogar bedingter Vorsatz vor. Der Unrechtsgehalt dieser Übertretung ist keinesfalls unerheblich, weil gegenständliche Vorschrift zum Schutz der Konsumenten dient. Der gesetzliche Strafrahmen wurde von der Erstbehörde zu 23 Prozent ausgeschöpft. Aus generalpräventiven Gründen ist diese Strafhöhe angemessen, da derartige Veranstaltungen keine Einzelfälle darstellen und andere Veranstalter durch spürbare Strafen von solchen Übertretungen abgehalten werden müssen.