Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. L.,XY 33, R., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. K. R., XY-Straße 13, I., vom 15.06.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 31.05.2007, Zl SB-93-2006, betreffend Übertretung nach der Gewerbeordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die Spruchpunkte 1. bis 7. zu einem fortgesetzten Delikt zusammengefasst werden und dafür gemäß dem Einleitungssatz des § 366 Abs.1 GewO 1994 eine Gesamtstrafe in der Höhe von Euro 420,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 84 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wird.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 84,00, zu bezahlen.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurden Herrn L. folgende Sachverhalte zur Last gelegt und wurde er dafür bestraft:
Sie haben als verantwortlicher Betreiber der Firma Bäckerei H.,XY 33, R. zu verantworten, dass an folgenden Tagen auf dem Standort XY 33, R. die Betriebsanlage Bäckerei H. betrieben wurde, obwohl an dieser genehmigungspflichtige Änderungen, ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung vorgenommen worden waren:
1.
am 15.11.2006 um 7.20 Uhr,
2.
am 16.11.2006 um 4.21 Uhr,
3.
am 16.11.2006 um 23.45 Uhr,
4.
am 18.11.2006 um 8.00 Uhr,
5.
am 19.11.2006 um 21.50 Uhr,
6.
am 20.11.2006 um 23.50 Uhr,
7.
am 20.11.2006 um 23.50 Uhr
Die Änderungen bestanden darin, dass ein Zubau im Südwesten der Betriebsanlage erfolgte, wobei im südlichen Bereich Kühlzellen mit dazugehörigen Kompressoren mit Ventilatoren eingebaut wurden. Die Genehmigungspflicht ist gegeben, da der Betrieb der geänderten Betriebanlage geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen.
Dadurch haben Sie jeweils zu 1. bis 7. eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 81 Abs 1 und § 74 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 in der geltenden Fassung begangen.
Gemäß dem Einleitungssatz des § 366 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von
Zu 1.) 60,00
Zu 2.) 60,00
Zu 3.) 60,00
Zu 4.) 60,00
Zu 5.) 60,00
Zu 6.) 60,00
Zu 7.) 60,00
verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
Zu 1.) 12 Stunden
Zu 2.) 12 Stunden
Zu 3.) 12 Stunden
Zu 4.) 12 Stunden
Zu 5.) 12 Stunden
Zu 6.) 12 Stunden
Zu 7.) 12 Stunden
ein.
Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) zu 1. bis 7. jeweils Euro 6,00 zu zahlen, das sind 10 Prozent der Gesamtstrafe als Beitrag für die Kosten des Strafverfahrens.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens) beträgt daher:
Euro 462,00.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr Ladner durch seinen Rechtsvertreter vorbringt, dass er subjektiv unschuldig sei. Er sei Pächter der Bäckerei H. und der Ansicht gewesen, eine gültige Betriebsanlagengenehmigung zu besitzen. Die verhängte Strafe sei weit überhöht. Es werde der Antrag gestellt, das Strafverfahren einzustellen, hilfsweise die Strafe herabzusetzen sowie eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.
Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.07.2007 durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Der Berufungswerber hat die Betriebsanlage der Bäckerei in R., XY 33, von Thomas H. gepachtet. Mit Wirkung vom 03.11.2006 hat er das Gewerbe des Bäckers an diesem Standort angemeldet. Er wurde seitens der Verpächters informiert, dass für die Änderungen der Betriebsanlage, nämlich den Zubau im Südwesten des Gebäudes und den Einbau der Kühlzellen mit dazu gehörenden Kompressoren und Ventilatoren noch keine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung vorliegt.
Zu den im Spruch angeführten Zeiten war die Betriebsanlage in ihrer damals bestehenden und gegenüber dem Bewilligungsbescheid vom 26.08.1988, Zl 3-13.241/2-A, geänderten Form in Betrieb.
Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides bewilligt wurde (VwGH 27.03.1990, Zl 89/04/0223). Davon erfasst ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Betriebsinhabers, durch die sich in § 74 Abs 2 Z 1 bis 5 bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen ergeben können (VwGH 20.09.1994, Zl 93/04/0081). Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO und daher Tatbestandselement der angelasteten Tat ist die nach § 74 Abs 2 mit der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen. Um dies zu beurteilen, genügt es, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 11.11.1998, Zl 97/04/0161). Nach diesem ist es unzweifelhaft, dass der Betrieb von Kompressoren und Ventilatoren für Kühlzellen im Nahbereich von Wohnhäusern geeignet ist, die geschützten Nachbarinteressen zu beeinträchtigen. Damit ist eine Bewilligungspflicht für diese Änderung gegeben und stellt eine Inbetriebnahme ohne diesbezügliche Genehmigung eine Übertretung des § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Fall iVm § 81 GewO dar. Die Änderung einer Betriebsanlage und der Betrieb einer geänderten Betriebsanlage ist dem Inhaber des Betriebsstandortes zuzurechnen, unabhängig davon, wer Eigentümer der Betriebsanlage und wer Adressat des Genehmigungsbescheides ist. Liegt ein Bestandvertrag vor, so ist der Bestandnehmer und nicht der Bestandgeber (Eigentümer des Betriebsgrundstücks) nach Abs 1 Z 3 als unmittelbarer Täter zu bestrafen (UVS Burgenland, 09.03.1994, Zl 15/02/94005).
Obwohl der Beschuldigte vom Verpächter auf die fehlende Genehmigung der Betriebsanlagenänderung hingewiesen wurde, hat er die Betriebsanlage in der damals bestehenden Form in Betrieb genommen. Eine Einsicht in die Bewilligungsunterlagen hätte ihm Klarheit darüber verschafft, dass gegenständliche Änderungen der Anlage nicht bewilligt waren. Vom Inhaber einer Gewerbeberechtigung muss in jedem Fall verlangt werden können, dass er sich bei der Bestandnahme einer Anlage alle Bewilligungsunterlagen vorlegen lässt und diese selbst oder durch einen entsprechend Rechtskundigen prüft, ob sämtliche Betriebsvoraussetzungen gegeben sind. Wenn sich ein Pächter bloß auf mündliche Zusicherungen verlässt, hat er der ihn treffenden Sorgfaltspflicht nicht entsprochen und muss sich diesen Umstand im Beanstandungsfall als Verschulden anrechnen lassen. Wenn der Berufungswerber, wie im Gegenstandsfall, darüber hinaus noch in Kenntnis der fehlenden Änderungsgenehmigung die Anlage in Betrieb genommen hat, ist ihm Vorsatz anzulasten.
Die unter den Spruchpunkten 1. bis 7. angelasteten Taten stellen eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen dar, die Vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Es liegt deshalb ein fortgesetztes Delikt vor, weshalb die sieben Spruchpunkte zusammenzufassen waren und dafür eine Gesamtstrafe verhängt zu werden hatte.
Der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung ist erheblich, weil das Bewilligungserfordernis derartiger Änderungen der Wahrung der in § 74 Abs 2 GewO umschriebenen Interessen dient. Aus zumindest einer konkreten erfolgten Nachbarschaftsbeschwerde ergibt sich, dass es durch die geänderte Betriebsanlage auch tatsächlich zu einer Lärmbelästigung von Nachbarn gekommen ist.
Der gesetzliche Strafrahmen wurde im Gegenstandsfall zu 11,67 Prozent ausgeschöpft. Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber auf eine möglichst schnelle Inbetriebnahme der Anlage bedacht war und die fehlende Änderungsbewilligung diesem Interesse hintangestellt hat, ist trotz bisheriger Unbescholtenheit die ausgesprochene Strafhöhe erforderlich, um eine spezialpräventive Wirkung erwarten zu können.