Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Klaus Dollenz über die Berufung des Herrn D. R., vertreten durch RA Mag. L. S., XY-Platz 2, I.,
gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-4661/03 (uvs-2006/14/1827),
gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-5146/03 (uvs-2006/14/1828),
gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-5899/03 (uvs-2006/14/1829),
gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-8666/03 (uvs-2006/14/1831),
gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-12.172/02 (uvs-2006/14/1832) sowie gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.06.2006, Zl: S-12.175/02 (uvs-2006/14/1833), wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 01.04.2003 wurde der Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 3 lit b StVO, begangen am 14.01.2003 zu einer Geldstrafe von Euro 35,00 (Ersatzarrest 12 Stunden) verpflichtet.
Die Strafverfügung wurde am 09.04.2003 zugestellt. Die entsprechenden Rückscheine liegen nicht im Akt.
Am 03.05.2004 wurde ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit, ein Antrag auf neuerliche Zustellung des Bescheides und ein Antrag auf Hemmung des Strafvollzuges gestellt, mit der Begründung, dass der Beschuldigte in den Jahren 2003 bis 2004 längere Zeit in Jugoslawien und Rumänien gewesen sei.
Am 06.10.2005 wurde ein Devolutionsantrag gestellt und erging in weiterer Folge der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 02.11.2006, GZ: 2005/25/2806, mit dem die Anträge als unbegründet abgewiesen wurden.
Am 25.11.2005 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Anregung der amtswegigen Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens und auf Feststellung der Haftunfähigkeit des Beschuldigten gestellt, der wie folgt ausgeführt worden ist:
1.) In oben bezeichneter Angelegenheit wird das Psychiatrische Gutachten des Dr. med K. Z. vorgelegt aus dem hervorgeht, dass der Beschuldigte unter einer paranoiden halluzinatorischen Psychose leidet, verbunden mit Halluzinationen. (ICD 10 F 20.5). Dies ist eine schwere Krankheit aus dem schizophrenen Formenkreis.
Dies ist auch der Grund weshalb er als arbeitsunfähig eingestuft wird und eine Berufsunfähigkeitspension erhält.
Der bevollmächtigte Vertreter des Beschuldigten erhielt die beigelegte Diagnose erst am 24.11.2005 von der nunmehr behandelnden Ärztin Dr. S., die sie ihrerseits von Dr. Z. erhielt.
Der Beschuldigte ist aufgrund dieses Krankheitsbildes selbst offenbar gar nicht in der Lage zu erkennen, dass bei ihm eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorliegt die geeignet ist, seine Zurechnungsfähigkeit auszuschließen und hat bisher nur angegeben dass er immer wieder in psychiatrischer Behandlung war. Er war somit durch seine Krankheit auch gehindert, das Beweismittel, nämlich die Diagnose seiner Krankheit die geeignet ist, zu beweisen, dass die Taten im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wurden, dahingehend wirksam einzusetzen, dass er seinen bevollmächtigten Vertreter über das Krankheitsbild informiert, damit dieser ein entsprechendes Vorbringen zur mangelnden Schuldfähigkeit vorbringen kann. Die Krankheit schließt somit auch das Verschulden am verspäteten Vorbringen aus.
Nachdem nun der bevollmächtigte Vertreter des Beschuldigten das Beweismittel am 24.11.2005 erhalten hat und von dieser Tatsache in Kenntnis gesetzt wurde und in der Lage ist, dieses zu benützen, wird dies hiemit unverzüglich nachgeholt.
Die Diagnose einer Schizophrenie lässt auch deliktische Verhalten das den zahllosen Bestrafungen des Beschuldigten zugrunde liegt in einem gänzlich anderen Licht erscheinen nämlich nicht als dauernder ziviler Ungehorsam gegen das Kraftfahrgesetz, sondern als von einer psychischen Krankheit gesteuertes krankhaftes und absurdes Verhalten.
2.) Es wird deshalb gestellt der Antrag
die gegen den Beschuldigten geführten rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren wiederaufzunehmen und wegen Deliktsunfähigkeit des Beschuldigten einzustellen.
Für den Fall dass die Behörde zum Schluss kommt, dass die Voraussetzungen für eine ordentliche Wiederaufnahme nicht vorliegen, wird angeregt, die Bescheide von Amts wegen abzuändern und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
2.) Die Geldstrafen die über den Beschuldigten verhängt wurden sind uneinbringlich. Aufgrund der von Dr. Z. erstatten Diagnose ist der Beschuldigte haftunfähig, der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafen am psychischen Kranken Beschuldigten würde eine ernste Gefahr für ihn mit sich bringen.
Deshalb wird beantragt, festzustellen, dass der Beschuldigte haftunfähig ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.06.2005 wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 21.03.2003, GZ: S-5146/03 wurde dem Berufungswerber Übertretung nach den §§ 43 Abs 4 lit d KFG, 44 Abs 4 KFG sowie 102 Abs 1 iVm § 36 lit d KFG zur Last gelegt und dafür Geldstrafen in der Höhe von Euro 150,00, Euro 150,00 und Euro 50,00 verhängt. Als Tatzeiten wurden 03.02.2003, 04.02.2003 und 13.03.2003 angeführt.
Die Strafverfügung wurde nach einem ersten Zustellversuch am 27.03. und einem zweiten Zustellversuch am 30.03.2003 beim Postamt 6033 hinterlegt, wobei die Strafverfügung selbst nicht behoben und an die Erstbehörde retourniert wurde.
Am 03.05.2004 wurde vom Rechtsvertreter ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit und Antrag auf neuerliche Zustellung der Bescheide und Antrag auf Hemmung des Strafvollzuges gestellt, mit der Begründung, dass der Beschuldigte in den Jahren 2003 bis 2004 längere Zeit in Jugoslawien und Rumänien gewesen sei.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 02.11.2005, Zl: 2005/25/2806 wurde unter anderem der gestellte Devolutionsantrag sowie die Anträge auf neuerliche Zustellung des Bescheides zu Handen des Vertreters und Hemmung des Vollzuges als unbegründet abgewiesen.
Am 25.11.2005 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Anregung der amtswegigen Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens und auf Feststellung der Haftunfähigkeit des Beschuldigten gestellt, der inhaltsgleich ist, wie zum Verfahren S-4661/03.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 05.05.2003, GZ: S-5899/03 wurde dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG vorgeworfen, begangen im April 2003.
Nach einem ersten Zustellversuch am 14.05.2003 und einem zweiten am 15.05.2003 wurde die Strafverfügung beim Postamt 6033 hinterlegt und als nicht behoben an die Erstbehörde retourniert.
Am 03.05.2004 wurde vom Berufungswerber durch seinen Vertreter ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit und Antrag auf neuerliche Zustellung der Bescheide und Antrag auf Hemmung des Strafvollzuges gestellt, mit der Behauptung, dass der Berufungswerber in den Jahren 2003 bis 2004 längere Zeit in Jugoslawien und Rumänien aufhältig war.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 02.11.2005, Zl: 2005/25/2806 ua wurde der gestellte Devolutionsantrag sowie die Anträge auf neuerliche Zustellung des Bescheides zu Handen des Vertreters und Hemmung des Vollzuges als unbegründet abgewiesen.
Am 25.11.2005 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens in eventu auf Anregung der amtswegigen Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens und auf Feststellung der Haftunfähigkeit des Beschuldigten gestellt, in dem ausgeführt worden ist, wie zu Zahl: S-4661/03.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 16.06.2003, GZ: S-8666/03 wurde dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG, begangen im Mai 2003, vorgeworfen.
Die Strafverfügung wurde nach einem Zustellversuch am 27.06. und einem zweiten Zustellversuch am 30.06. beim Postamt 6033 hinterlegt und in weiterer Folge als nicht behoben an die Bundespolizeidirektion Innsbruck retourniert.
Mit 03.05.2004 wurde ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit und Antrag auf neuerliche Zustellung des Bescheide und Antrag auf Hemmung des Strafvollzuges gestellt, mit der Begründung, dass der Berufungswerber längere Zeit in Jugoslawien und Rumänien war.
Es wurde auch ein Devolutionsantrag gestellt und wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 02.11.2005, Zl:
2005/25/2806 der gestellte Devolutionsantrag sowie die Anträge auf neuerliche Zustellung der Bescheide zu Handen des Vertreters und Hemmung des Vollzuges als unbegründet abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Mit Strafverfügung vom 12.07.2002, Zl: S-12.172/02 wurde dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 44 Abs 4 KFG, begangen am 03.06.2002 bis 01.07.2002, angelastet, und eine Geldstrafe von Euro 300,00 (Ersatzarrest 6 Tage) verhängt.
Es wurde versucht die Strafverfügung am 18.07.2002 sowie 19.07. zuzustellen. Da dies nicht möglich war, wurde sie beim Postamt 6033 hinterlegt. Die Strafverfügung wurde als nicht behoben an die Erstbehörde retourniert.
Am 25.11.2005 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens, auf Anregung der amtswegigen Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens und Antrag auf Feststellung der Haftunfähigkeit des Beschuldigten gestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 12.07.2002, GZ: S-12.175/02 wurde dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 44 Abs 4 KFG, begangen am 06.03.2002 bis 01.07.2002, vorgeworfen und über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von Euro 300,00 (Ersatzarrest 6 Tage) verhängt.
Die Strafverfügung wurde nach einem ersten Zustellversuch am 18.07. und einem zweiten Zustellversuch am 19.07.2002 beim Postamt 6033 hinterlegt, wobei die Strafverfügung nicht behoben wurde.
Am 25.11.2005 wurde vom Berufungswerber ein Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens und auf Feststellung der Haftunfähigkeit des Beschuldigten gestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gestellten Anträge auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens sowie Feststellung der Haftunfähigkeit als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wurde die nachstehende Berufung erhoben:
Die Behörde hat den Sachverhalt unrichtig beurteilt, ein Fristablauf liegt nicht vor und die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme ist jedenfalls gegeben.
Sobald sich der Verdacht der Haftunfähigkeit ergeben hat, und der bevollmächtigte Vertreter in Besitz der Atteste gelangte wurde der Antrag eingebracht. Außerdem hat sich der erste Verdacht einer Unzurechnungsfähigkeit gerade in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ergeben und es wurde daraufhin der Sache nachgegangen. Wesen der Unzurechnungsfähigkeit ist ja auch dass es der Partei selbst krankheitsbedingt gar nicht möglich ist, die Unzurechnungsfähigkeit zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Von Verfristung kann daher keine Rede sein.
Die Behörde hat von Amts wegen zu erforschen ob Haftunfähigkeit vorliegt. Wenn einer Ladung nicht Folge geleistet wird, so hat sie auf andere Weise dafür zu sorgen, dass das Sachverständigengutachten eingeholt werden kann. Außerdem wurde am 31.03.2006 das Attest Dr. H. R. sowohl der Behörde erster Instanz als auch dem UVS übersendet, aus dem sich die Haftunfähigkeit ergibt. Damit hat sich die Behörde nicht auseinandergesetzt.
Bei rechtmäßiger Durchführung des Verfahrens und bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre daher den Anträgen der Partei Folge gegeben worden.
Es wird daher gestellt der Antrag
In Stattgebung der Berufung den gestellten Anträge der Partei Folge
zu geben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat im Verfahren 2006/K16/1849-6, 1851-6 und 1853-6, ein Gutachten von Frau Dr. C. H. eingeholt, welches lautet wie folgt:
Fachärztliches Gutachten
Betrifft: Herrn D. R., geb. XY
whft: XY-Weg 2, I. /A.
vertreten durch RA Mag. L. S., XY-Platz 2, I.
Im Auftrag des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Dr. A. H., wird ein fachärztliches Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitraum 03.06.2002 - 07.02.2006 erstattet.
Das Gutachten stützt sich auf:
Fachärztliche Untersuchung des oben Genannten am 18.09.2006 Aktenstudium inkl der im Akt vorliegenden Gutachten bzw ärztlichen Befundberichte
Zur Aktenlage und Vorgeschichte:
Gegen Herrn R. D. sind 3 Strafverfahren wegen Übertretung nach dem KFG im Berufungsstadium anhängig. Es wird ihm vorgeworfen, er habe nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Bescheids über die Aufhebung der Zulassung mit 03.06.2002 den Zulassungsschein und die Kennzeichentafel bis zum 05.12.2005 nicht bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck abgeliefert.
Weiters wird dem Beschuldigten angelastet, er habe nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Bescheides über die Aufhebung der Zulassung mit 07.12.2004 den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln bis zum 05.12.2005 nicht bei der Bundespolizeidirektion abgeliefert. Schließlich wird dem Beschuldigten vorgeworfen
1. als Zulassungsbesitzer zumindest bis 29.12.2005 unterlassen zu haben, das Fahrzeug abzumelden und
2. wiederum den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln bis zum 07.02.2006 nicht bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck abgeliefert zu haben.
Über den Beschuldigten wurden jeweils Geldstrafen in der Höhe von Euro 5.000,00 verhängt.
In der Berufung gegen diese Straferkenntnisse wurde vorgebracht, dass der Beschuldigte zu den Tatzeiten nicht zurechnungsfähig gewesen sei, weil er an einer chronischen paranoiden halluzinatorischen Psychose leide und es ihm deshalb unmöglich sei, das Unrecht einer Tat zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Dabei wurde ein ärztliches Gutachten des Dr. K. Z. den Berufungen beigelegt. Seitens des Sachverständigen wurden Gutachten zur Frage der Arbeitsfähigkeit des Beschuldigten erstattet.
Aus den psychiatrischen Gutachten:
Psychiatrisches Gutachten von Dr. K. Z. vom 11.03.2004 betreffend die Arbeitsfähigkeit von Herrn R. D., geb XY:
Zusammenfassender Befund und Diagnose:
Beim Untersuchten handelt es sich um einen 28 jährigen Mann, der seit einigen Jahren an einer paranoid halluzinatorischen Psychose leidet.
Zum Untersuchungszeitpunkt steht eine Negativsymptomatik mit Antriebsdefizit, reduzierter Belastbarkeit und Affektstörung im Vordergrund. Gleichzeitig berichtet er von paranoider Erlebnisweise und akustischen Halluzinationen.
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit:
Beim Untersuchten besteht eine chronifizierte paranoid halluzinatorische Psychose mit Negativsymptomen und einer produktiv psychotischen Symptomatik in Form akustischer Halluzinationen und paranoider Erlebnisweise. Auch die berichteten Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen gehen auf die psychiatrische Erkrankung zurück.
Trotz regelmäßiger psychiatrischer Therapie kam es in den letzten Jahren zu keiner psychopathologischen Stabilisierung. Aufgrund des chronisch produktiven Verlaufs der Erkrankung ist Arbeitsfähigkeit am AAM nicht gegeben.
Neben der Psychopharmakatherapie sind für berufliche Reintegration langfristige rehabilitative Schritte wie Integration in einem Tageszentrum, Beschäftigungsinitiative, Berufstraining etc notwendig.
Psychiatrisches Gutachten von Dr. K. Z. vom 10.04.2002 betreffend die Arbeitsfähigkeit von Herrn R. D., geb XY:
Psychopatholoqischer Status:
Bewusstseinsklar, allseits orientiert, kognitive Funktionen im Bereich der Konzentration und Merkfähigkeit subjektiv beeinträchtigt. Indifferente Stimmungslage, Antriebsdefizit, eingeschränkte Affizierbarkeit, reduzierte Belastbarkeit, keine paranoide Erlebnisweise, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, keine Depersonalisations- und Derealisationsphänomene. Es besteht keine produktiv psychotische Symptomatik.
Zusammenfassender Befund und Diagnose:
Bei Herrn R. D. handelt es sich um einen 27-jährigen Mann, der in den letzten 2-3 Jahren psychiatrisch erkrankte. Aus der Anamnese ergeben sich eindeutige Hinweise auf eine paranoid halluzinatorische Psychose, die psychiatrischerseits erfolgreich behandelt werden konnte.
Zum Untersuchungszeitpunkt steht eine Negativsymptomatik mit Antriebsdefizit, Affektstörung und reduzierter Belastbarkeit im Vordergrund. Produktiv psychotische Symptome sind nicht mehr fassbar.
Diagnose:
Residualsyndrom bei paranoid halluzinatorischer Psychose (ICD 10 F 20.5)
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit:
Beim Untersuchten besteht aufgrund der psychiatrischen Erkrankung nur beschränkte Arbeitsfähigkeit bei krankheitsbedingter reduzierter Belastbarkeit, weshalb das Risiko, dass der Untersuchte unter den Belastungsbedingungen des freien Arbeitsmarkt psychotisch exazerbiert, relativ groß ist. Am zielführendsten erscheint mir die Integration zwecks Berufstraining im Rahmen der Artis Betriebe. Aufgrund der Vorerfahrungen des Ref bietet sich der Bereich Tischlerei an. Auch dem Untersuchten erscheint ein Berufstraining mit nachfolgender beruflicher Reintegration am geeignetsten.
Befundaufnahme am 18.09.2006:
Herr R. D. erscheint zum zweitvereinbarten Termin in der Praxis, den erstvereinbarten Termin am 25.08.2006 hat er unentschuldigt nicht wahrgenommen. Der zweite Termin konnte mit Hilfe seines Anwaltes, Herrn Dr. S., festgelegt werden. Herr R. wird von seiner Tante und seiner Tochter zur Untersuchung begleitet, diese sind während des Gesprächs nicht anwesend.
Der Beschuldigte wird darüber aufgeklärt, dass im Falle der Gutachtenserhebung die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dem Auftraggeber nicht besteht.
Herr R. macht folgende Anqaben:
Befragt zu seiner Lebensgeschichte:
Er sei in Jugoslawien, in Serbien, geboren, lebe aber seit seinem 2. Lebensjahr in Österreich. Er habe eine jüngere Schwester, geb XY, diese habe bereits 3 Kinder. Seine Mutter sei XY geboren, als Reinigungsfrau in einer Apotheke tätig, der Vater sei 5 Jahre älter, von Beruf Tischler.
Er habe in Pradl die Volksschule und Hauptschule absolviert, 1 Jahr Polytechnikum. Danach sei er 5 Jahre als Hilfsarbeiter in einer Tischlerei tätig gewesen. Die Schulzeit habe er in guter Erinnerung, er sei auch ein guter Schüler gewesen. Nach Entlassung aus der Tischlerei (Rationalisierung) sei er zunächst nach Serbien zurückgekehrt, habe den Militärdienst aber nicht absolviert. Daraufhin sei er wieder nach Österreich gekommen, habe in diversen Jobs gearbeitet. Vor ca 10 Jahren hätte dann die psychische Erkrankung begonnen.
Er habe eine 10-jährige Tochter, welche mit ihm und seinen Eltern im gleichen Haushalt lebe, ebenfalls im gleichen Haushalt lebe seine Tante. Die Mutter seiner Tochter sei in einer Nervenheilanstalt in Jugoslawien aufhältig. Seine Mutter habe das Sorgerecht für die Tochter.
Früher habe er mehrere Beziehungen gehabt, dann allerdings habe ihn eine nette Freundin verlassen und er sei krank geworden. Nun habe er außer der Familie keine sozialen Kontakte.
Zu seiner Krankengeschichte:
Es sei ihm früher sehr sehr schlecht gegangen. Auch derzeit gehe es ihm nicht gut. Er leide unter Schlafstörungen, vor allem könne er nicht durchschlafen. Tagsüber sei er gerne alleine, er gehe spazieren oder sitze im Garten. Er habe viele Gedanken im Kopf. Vor allem in der Nacht leide er unter Ängsten und könne deshalb nicht schlafen. Er glaube an Gott. Nachts komme ein schwarzer Mann und mache ihm Angst. Früher habe dieser zu ihm auch gesagt, dass er sich umbringen solle, da er dies sonst für ihn machen werde. Jetzt komme der Mann noch ab und zu, aber nicht mehr so oft wie früher. Deshalb habe er nachts oft so geschrien. Dieser Mann habe hinten einen Schwanz und sei 2 Meter groß. Deshalb lebe nun die Tante (Cousine der Mutter) bei ihnen, damit er auch tagsüber nicht alleine sei. Man lasse ihn nicht mehr alleine. Er sei einmal weggegangen und einen Tag nicht mehr gekommen. Seine Mutter habe sich daraufhin große Sorgen gemacht. Am liebsten lese er in der Bibel. Er gehe auch gerne in die Kirche. Fernsehen möge er nicht, das störe ihn. Er nehme täglich Medikamente ein.
Er habe derzeit keine fachärztliche Betreuung, da Frau Dr. S. nicht mehr ordiniere.
Er gehe zum Hausarzt Dr. H., wenn er Medikamente brauche. Welche Medikamente er derzeit einnehmen müsse, könne er nicht angeben.
Nach telefonischer Rücksprache mit Dr. H.:
Deanxit Drg. 1-0-0-0 (Kombipräparat Antidepressivum Neuroleptikum) Zyprexa 10 mg 0-0-0-1 )Neuroleptikum)
Halcion 0,25 0-0-1-1/2 (Schlafmittel)
Xanor bei Bed. 0-0-0-1 (Beruhigungsmittel)
Befragt zu stationären Aufenthalten:
Er sei an der Klinik Innsbruck vor vielen Jahren stationär gewesen (eine Nachfrage an der Psychiatrie Innsbruck verlief negativ, laut Computer war der Pat nie stationär). Im Sommer 2005 sei er in einem Krankenhaus in Jugoslawien stationär behandelt worden, fast 1 Monat lang, da es ihm psychisch sehr schlecht gegangen sei (diesbezüglich kein Befund vorliegend).
Seit 2 Jahren sei er nun pensioniert, er bekomme ca Euro 630,00 an Pension, er komme aus mit dem Geld. Er habe Schulden, vor allem wegen Polizeistrafen.
Somatische Anamnese:
Vor 7 oder 8 Jahren habe er einen Herzinfarkt erlitten. Eine Operation sei ihm nicht erinnerlich. Er habe erhöhte Blutfette. Aufgrund einer Verletzung im linken Ohr (mit einer Luftpistole) habe er eine Nervenentzündung im Gesicht erlitten, doch dies liege auch schon längere Zeit zurück.
Angesprochen auf die 3 Strafverfahren bezüglich Zulassungsschein und Kennzeichentafeln:
Er habe darauf vergessen, diese zurückzugeben bzw habe sich um Autos gehandelt, die entweder sehr alt und kaputt waren oder auch ausgebrannt seien. Die Autos seien zum Teil in Jugoslawien verblieben und er habe nicht gewusst, dass er die Nummerntafeln wieder nach Österreich zurückbringen sollte. Er sei immer sehr vergesslich und könne sich zu nichts aufraffen. Er habe sich keine Gedanken wegen der Kennzeichen gemacht. In Jugoslawien werde auch viel gestohlen. Das letzte Kennzeichen sei allerdings von der Polizei schon abgenommen worden, er selber habe es jedenfalls nicht abgenommen.
Befragt zu Toxika:
Er rauche sehr viel, er würde 3 Schachteln Zigaretten täglich
konsumieren, doch er bekomme nur eine Schachtel.
Alkoholkonsum wird negiert.
Drogenkonsum wird negiert.
Familienanamnese:
Seinem Großvater gehe es noch schlechter als ihm und zwar schon seit 20 Jahren. Dieser kenne sich überhaupt nicht mehr aus. Die Großmutter müsse ihn anziehen, baden etc. Dieser sei sehr nervös und rede nur Unfug. Er lebe in Jugoslawien.
Herr R. gibt dann an, dass es ihm früher auch so schlecht gegangen sei, er habe sogar ins Bett gemacht. Er müsse deshalb die Tabletten täglich nehmen, da er sich sonst auch nicht mehr auskenne. Er ergänzt noch, dass er mit 14 Jahren im Garten gespielt habe und ihm ein Stein auf den Kopf gefallen sei. Er habe damals eine Gehirnerschütterung erlitten, jedenfalls auch einen Gedächtnisverlust.
Außenanamnese:
Es wird dann noch versucht mit der Tante des Beschuldigten ein Gespräch zu führen, dies ist allerdings aufgrund der sprachlichen Barriere nicht möglich.
Die Tochter des Beschuldigten spricht sehr gut Deutsch und gibt folgendes an:
Der Zustand ihres Vaters sei schon lange so. Er sei vergesslich, schlafe den ganzen Tag, wolle nur alleine sein, werde schnell böse. Er nehme viele Tabletten. Derzeit habe er keinen Psychiater, der ihn behandle. Sie selbst lebe bei der Oma seit sie klein ist. Alle wohnen zusammen in einem Haus. Ihr Vater habe Angst vor der Polizei, da er vor 2 Jahren ein schlechtes Erlebnis gehabt habe.
Telefonische Rücksprache mit dem Hausarzt Dr. H.:
Herr R. ist psychisch schwer krank, zudem besteht offensichtlich ein metastasierendes Neoplasma in der Lunge, diesbezüglich sei seinerseits noch eine weitere Abklärung erforderlich. Er habe Herrn R. nun zum Facharzt für Psychiatrie, Dr. P., in H. zugewiesen.
Psychopathologischer Status zum Zeitpunkt der Befundaufnahme:
Bewusstsein: wach, klar
Orientierung: zeitlich orientiert
örtlich: orientiert
persönlich: orientiert
situativ: orientiert
Konzentration: beeinträchtigt
Aufmerksamkeit: beeinträchtigt
Auffassung: beeinträchtigt
Merkfähigkeit: beeinträchtigt
Gedankengang: kohärent
inhaltliche Denkstörungen: paranoides Erleben
Sinnestäuschungen: akustische Halluzinationen
Stimmungslage: indifferent
Affekt: flach
Antrieb: reduziert
Vegetativum: oB
Biorhythmus: Durchschlafstörungen, erhöhte Tagesmüdigkeit
Psychomotorik: ruhig
Verhalten in der Untersuchunq:
Freundlich, angepasst, beklagt Ängste, Verfolgungsideen, sozialen Rückzug, Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen.
Neurologischer Status zum Zeitpunkt der Befundaufnahme:
Kopf/Hirnnerven: Kopfbeweglichkeit nicht eingeschränkt, kein Meningismus, unauffällige Pupillo- und Optomotorik, kein Hinweis für Facialisdefizit, Zunge kommt gerade, Gebiss lückenhaft
Extremitäten: Muskeltonus, Muskelkraft, Trophik seitengleich intakt, AVHV kein Pronieren, kein Absinken, FNV bds zielgerecht, Sensibilität grob intakt, Feinmotorik unauffällig, Frontalhirnzeichen pos (PMR rechts pos), Pyramidenbahnzeichen neg, cerebelläre Zeichen neg
Gang und Stand: unauffälliges Gangbild, Strichgang leicht unsicher
Körpergröße: wird mit 180 cm angegeben
Körpergewicht: wird mit 105(?) kg angegeben
Normaler AZ, PZ, Visus und Gehör subjektiv oB, Rechtshänder, PKW-Führerschein (fahre nun aber seit längerem nicht mehr laut Angabe).
Zusammenfassende fachärztliche Beurteilung und gutachterliche Stellungnahme
Herr R. D., geb am XY, wurde am 18.09.2006 im Hinblick auf die Fragestellung fachärztlich untersucht.
Der Beschuldigte ist in Serbien geboren, lebt anamnestisch seit seinem 2. Lebensjahr in Österreich, absolvierte hier auch die Schulen, war nach Abschluss der Pflichtschulen 5 Jahre als Tischlergehilfe tätig. Daraufhin kehrte er nach Serbien zurück, um den Militärdienst zu absolvieren, wurde allerdings beim Militär nicht genommen. Er kam wiederum nach Österreich und war in diversen Jobs tätig. Er habe dann zunehmend psychische Probleme entwickelt, wodurch er zuletzt auch nicht mehr arbeitsfähig war und seit 2 Jahren eine Frühpension erhalte. Der Beschuldigte lebt bei den Eltern, hat eine 10-jährige Tochter, außer der Familie kaum soziale Kontakte.
Das geschilderte Beschwerdebild, der aktuelle psychopathologische Status und die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z. (psychiatrische Gutachten im Akt) bestätigen insgesamt das Bild der psychischen Erkrankung eines schizophrenen Residuums (ICD 10 F 20.5) bei dem Beschuldigten.
Diese ist laut ICD 10 klassifiziert als eine chronische schizophrene Erkrankung, welche vor allem durch sog negative Symptome charakterisiert ist. Negative Symptome sind psychomotorische Verlangsamung, verminderte Aktivität, Affektverflachung, Passivität und Initiativemangel, Verarmung hinsichtlich Menge und Inhalt des Gesprochenen, geringe Nonverbale-Kommunikation durch Gesichtsausdruck, Blickkontakt, Modulation der Stimme und Körperhaltung, Vernachlässigung der Körperpflege und sozialen Leistungsfähigkeit.
Die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie müssen erfüllt sein und zwar durch früheres Vorhandensein von wenigsten einer eindeutigen psychotischen Episode. Bei dem Beschuldigten ist oben genannte Symptomatik in Form von Antriebslosigkeit, paranoidem Erleben, Verfolgungsideen und Ängsten, Zurückgezogenheit und reduzierter Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit seit mindestens dem Jahr 2002 vorliegend. Unter Psychopharmakatherapie konnte anamnestisch phasenweise eine Besserung des Zustandsbildes im Sinne Verminderung der produktiv psychotischen Symptome erwirkt werden, eine psychische Stabilisierung mit wesentlicher Beeinflussung der Negativ-Symtpome war aber bei chronischem Krankheitsverlauf bislang nicht möglich.
Herr R. D. ist aus fachärztlicher Sicht aufgrund vorliegender Geisteskrankheit glaubhaft unfähig, das Unrecht seiner Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, dh es ist sowohl von Diskretions- als auch Dispositionsunfähigkeit des Beschuldigten im gefragten Tatzeitraum auszugehen.
Dr. C. H.
FÄ f. Psychiatrie und Neurologie
In Folge des § 24 VStG kommt § 69 AVG zur Anwendung.
§ 69 Abs 1 AVG normiert, dass dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben ist, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde. Nach Abs 2 ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Unter den Voraussetzungen des Abs 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlass des Bescheides kann Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus Gründen des Abs 1 Z 1 stattfinden. Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein Unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesen.
§ 24 VStG verweist auf § 9 AVG, der normiert, dass von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen ist.
Vom Berufungswerber bzw dem Vertreter wurden die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Berufungswerbers bestritten. Aus den sechs vorgelegten Akten lässt sich entnehmen, dass der Berufungswerber auf das Zustellen der Strafverfügungen nicht reagiert hat. In Anbetracht des im Verfahren 2006/K16/1849-6, 1852-6 und 1853-6 eingeholten Gutachtens, ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Zustellungen der Strafverfügungen nicht dispositionsfähig war. Dies hat die Konsequenz, dass die Strafverfügungen nicht rechtwirksam zugestellt werden konnten, was bedeutet, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig ist. Eine solche ist nur zulässig, wenn ein Verfahren durch einen Bescheid formal rechtskräftig abgeschlossen wurde. Dies ist nicht der Fall, sodass von der Erstbehörde im Ergebnis zutreffend der Wiedereinsetzung des Antrages nicht stattgegeben worden ist. Dies bedeutet auch letztlich, dass ein Vollzug der Freiheitsstrafe nicht möglich ist und war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen würde, wäre zu bemerken, dass sowohl Strafbarkeitsverjährung als auch Strafvollzugsverjährung vorliegt, sodass spruchgemäß zu entscheiden wäre.