Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Ing. H B, vertreten durch Univ. Doz. Dr. W L, Rechtsanwalt, W, gegen das Straferkenntnis (dessen Spruch I) des Bezirkshauptmannes von Mürzzuschlag vom 10.05.2007, GZ: 15.1 3015/2005, betreffend eine Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 und 3 VStG eingestellt.
Laut Spruch I des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Beschuldigte folgende Tat zu verantworten:
Tatort: Firma B Edelstahl AG, Geschäftsanschrift: B 22, M 1. Übertretung
Sie sind als Vorstandsmitglied der Firma B Edelstahl AG, B 22, M verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass für den Betrieb der Firma B Edelstahl AG, Stahlwerk, B 22, M von zumindest 26.11.2001 bis zumindest 18.5.2005 die Präventionszeiten der Sicherheitsfachkraft, Herr Ing. C H und des Arbeitsmediziners, Herr Dr. H N nicht festgelegt wurden, sodass diese nicht in dem im § 82a Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 ASchG festgelegten Ausmaß beschäftigt wurden. Dadurch seien folgende Rechtsvorschriften verletzt worden: § 82a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 iVm § 130 Abs. 1 Z 27c ArbeitnehmerInnenschutzgesetz BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 159/2001 Nach § 130 Abs 1 Z 28c ASchG verhängte die erste Instanz eine Geldstrafe. Sie schilderte in der Begründung den Verfahrensgang und die Aussagen der vernommenen Personen, gab § 82a Abs 1, 2, 3 und 5 ASchG und § 130 Abs 1 Z 27c ASchG wieder und sah den objektiven Tatbestand, nämlich dass die Präventionszeiten für den Arbeitsmediziner und die Sicherheitsfachkraft nicht festgelegt worden seien, aus folgenden Gründen als erfüllt an: Erst im April 2006 habe das Vorstandsmitglied Dr. J zwei Zettel vorgelegt betreffend die Berechnung der Präventionszeiten, von denen die Behörde annehme, dass sie höchstwahrscheinlich erst nachträglich als Beweismittel angefertigt wurden. Aus den Aussagen der vernommenen Personen ergebe sich, dass offenbar das Ausmaß der Ordinationszeiten des Arbeitsmediziners Dr. N festgelegt worden sei, es sei aber nicht nachgewiesen worden, aufgrund welcher Überlegungen bzw. Berechnungen diese Zeiten festgelegt wurden. Darüber hinaus sei die Festlegung der Ordinationszeiten des Arbeitsmediziners im Sinne des § 82 Z 5 ASchG nicht mit der Festlegung der Präventionszeiten gleichzusetzen. Weitere Ausführungen betreffen das Verschulden, die Strafbemessung und den Spruchteil II, der nicht Gegenstand dieses Bescheides ist. Der Beschuldigte berief und focht das Straferkenntnis seinem ganzen Inhalt nach an, weshalb sich die Berufung auf den Spruch I, nicht aber auf den Spruch II bezieht, der eine Verfahrenseinstellung in weiteren Punkten betrifft. Unter Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machte der Berufungswerber geltend, die Funktion als Vorstand mache ihn noch nicht für die Verwaltungsstrafe haftbar. Der Zuständigkeitsbereich sei mit der Meldung, die am 11.01.2002 an das Arbeitsinspektorat Leoben ergangen sei, an DI G K übertragen worden. Die Zuständigkeit habe sich nach der Meldung nicht mehr verändert. Die Behörde hätte sich ausreichend mit der Vernehmung des Zeugen Dr. H N auseinandersetzen müssen. Sie hätte dabei feststellen können, dass Dr. N seit 35 Jahren bei der Firma B Edelstahl AG als Arbeitsmediziner tätig sei. Der Vorwurf im Straferkenntnis, dass die notwendigen Bereitschaftszeiten des Betriebsarztes nicht errechnet und nicht eingehalten worden seien, sei haltlos. Die Präventionszeiten für die Sicherheitsfachkraft und den Arbeitsmediziner seien entgegen der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 13.06.2005 dem Belegschaftsstand entsprechend festgelegt worden. Die Berechnungen seien der Bezirkshauptmannschaft im Verfahren vorgelegt worden. Das Arbeitsinspektorat habe gewusst, welche zeitlichen Intervalle für den Betriebsarzt schlagend wurden, da sie an der Tür zur Ordination ausgewiesen gewesen seien. Die Behörde hätte die Zeiten, die korrekt berechnet worden seien, wahrnehmen müssen und hätte erkennen müssen, dass nicht der Berufungswerber, sondern Dr. R J als Vorstand für personelle Angelegenheiten zuständig sei. Weitere Ausführungen unter Rechtswidrigkeit des Inhalts betreffen die Strafbemessung. Der Antrag lautet auf Abänderung des Straferkenntnisses dahin, es aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu die Strafe in eine mildere umwandeln oder ganz nachsehen. Über Aufforderung legte der Berufungswerber dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein Organigramm der B Edelstahl AG vor und teilte über weitere Aufforderung, sich zur hierarchischen Gliederung zwischen den Prokuristen Ing. L und DI K zu äußern, mit dem Schreiben vom 01.08.2007 Folgendes mit: DI K sei direkt dem Vorstand Ing. B unterstellt gewesen. Die Abgrenzung zu den Aufgaben des Prokuristen L habe darin bestanden, dass dieser neben seinen Aufgaben als Geschäftsführer der Schmiedetechnik GmbH auch für Neuinvestitionen (Großinvestitionen), nicht aber für Ersatzinvestitionen im Stahlwerk zuständig sei. Er mitfertige aufgrund des im Unternehmen festgelegten Vier-Augen-Prinzips die Arbeitsanweisungen des Stahlwerks. Für die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften sei ausschließlich DI K zuständig und diesbezüglich von jeder Weisung freigestellt. Die erforderlichen Anweisungen würden einzig und allein von DI K an alle im Betrieb Beschäftigten erteilt, wobei diesbezüglich dem Vorstand keine Eingriffsmöglichkeiten zukämen. Das Arbeitsinspektorat Leoben - Ärztlicher Dienst nahm im Schreiben vom 18.07.2007 wie folgt Stellung: Zum Inhalt der Berufung sei zu sagen, dass die Bezugnahme auf den verantwortlichen Beauftragten DI K schon im Strafantrag als nicht rechtswirksam angesehen worden sei, da der verantwortliche Beauftragte hinsichtlich der Belange des Arbeitsmediziners keine maßgeblichen Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen bekommen habe. Das Straferkenntnis sei gegen den richtigen Personenkreis ergangen. Hinsichtlich der arbeitsmedizinischen Tätigkeit des Dr. N sei bereits seit Jahren eine Kontrolltätigkeit durch die Arbeitsinspektion notwendig und es seien entsprechende Aufforderungen ergangen. Der Inhalt des Strafantrags bleibe nach wie vor aufrecht. Aufgrund der sehr komplexen und seit Jahren sich hinziehenden Causa werde beantragt, eine Berufungsverhandlung durchzuführen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt aufgrund der Aktenlage zu folgender Beurteilung: 1. Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung: § 9 VStG (Besondere Fälle der Verantwortlichkeit) lautet auszugsweise: (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. (2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen. (4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. ... § 23 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG - (Bestellung von verantwortlichen Beauftragten) lautet: (1) Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangung der Behörde gemäß § 9 Abs 2 VStG. (2) Arbeitnehmer/innen können für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes zu verantwortlichen Beauftragten gemäß, § 9 Abs 2 und 3 VStG rechtswirksam nur bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind. (3) Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin hat den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs 1 dem zuständigen Arbeitsinspektorat unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die zu beurteilende Urkunde vom 11.01.2002, beim Arbeitsinspektorat Leoben eingelangt am 21.01.2002, lautet wie folgt: Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 Abs.1 ArbIG 1. Arbeitgeber B Edelstahl AG M, B 22 2. Verantwortlicher Beauftragter geb. am; wohnhaft in Dipl. Ing. G K; ; L D 17 Dienstort: M 3. Der verantwortlich Beauftragte ist leitender Angestellter (Arbeitnehmer) und aufgrund seiner Eingliederung in die betriebliche Organisationsstruktur als Betriebsleiter für den sachlich abgegrenzten Bereich des Stahlwerkes verantwortlich. 4. Die Bestellung erfolgte am 11.1.2002 durch den Vorstand. 5. Bisher hat es keine Bestellungen von verantwortlichen Beauftragten gegeben. 6. Zustimmungserklärung des verantwortlich Beauftragten:
Ich stimme der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für den oben angeführten Bereich zu. Dipl. Ing. G K; M, am 14.1.2002
7. Die Meldung erfolgt durch Dr. R J; M, am 14.1.2002 Vorsitzender des Vorstandes Da diese Urkunde keine ausdrückliche Zuweisung einer Anordnungsbefugnis an DI K enthält, ist diesbezüglich Folgendes auszuführen: Es muss zwar nicht jede einzelne Anordnungsbefugnis angeführt ein (VwGH 21.03.1995, Zl. 94/09/0184), eine entsprechende Anordnungsbefugnis ist aber ebenfalls nachzuweisen, wobei der Nachweis aus der Zeit vor Tatbegehung stammen muss (VwGH 14.12.1995, Zl. 95/07/0095). Der Umfang der Anordnungsbefugnis richtet sich nach der Bestellungsurkunde (VwGH 17.12.1992, Zl. 92/18/0393). Wird jemandem die Leitung einer Filiale übertragen und ist damit die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften verbunden, ist damit der Nachweis der entsprechenden Anordnungsbefugnis erbracht (VwGH 22.10.1990, Zl. 90/19/0323). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Abgrenzung des räumlichen oder sachlichen Bereichs, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, so klar sein muss, dass die Verwaltungsstrafbehörde nicht die Bestellung aufgrund der Ergebnisse von hiezu erforderlichen Ermittlungen einer Interpretation unterziehen muss (E 1995/04/07 94/02/0470). Im vorliegenden Fall heißt es in Punkt 3. der Urkunde: Der verantwortlich Beauftragte ist leitender Angestellter (Arbeitnehmer) und aufgrund seiner Eingliederung in die betriebliche Organisationsstruktur als Betriebsleiter für den sachlich abgegrenzten Bereich des Stahlwerkes verantwortlich. Aus dem Organigramm der B Edelstahl AG ergibt sich, dass die Betriebsleitung DI G. K nicht direkt dem Vorstand untersteht, sondern dem Stahlwerk Prok. Ing. H. L. Es zeigt sich somit, dass die in der Urkunde vom 11.01.2002 angeführte Eingliederung in die betriebliche Organisationsstruktur als Betriebsleiter des DI K sich im Sinne des Organigramms als Beschränkung von dessen Position darstellt. Da der Vorstand in der Urkunde vom 11.01.2002 DI K nicht ausdrücklich eine Anordnungsbefugnis eingeräumt hat und diese somit nur aus seiner Position als Betriebsleiter ableitbar ist, ist diesbezüglich weiter von Bedeutung, dass DI K aufgrund des Vier-Augen-Prinzips nicht befugt ist, Arbeitsanweisungen im Stahlwerk selbstständig zu erteilen, da die Mitfertigung des Prokuristen L notwendig ist. Da sich die Anordnungsbefugnis somit nicht expressis verbis aus der Urkunde vom 11.01.2002 ergibt und aufgrund der betrieblichen Organisationsstruktur auch nicht uneingeschränkt aus der Position des DI K als Betriebsleiter ableiten lässt, ist die erste Instanz - stillschweigend - zu Recht davon ausgegangen, dass keine rechtswirksame Bestellung des DI K zum verantwortlichen Beauftragten des Vorstandes der B Edelstahl AG erfolgt ist. 2. Zum objektiven Tatbestand: § 82a ASchG ist überschrieben mit Präventionszeit, sein erster, zweiter, dritter und fünfter Absatz lauten: (1) Sofern § 77a nicht anderes bestimmt, sind Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner mindestens im Ausmaß der im Folgenden für sie festgelegten Präventionszeit zu beschäftigen. (2) Die Präventionszeit pro Kalenderjahr beträgt 1. für Arbeitnehmer an Büroarbeitsplätzen sowie an Arbeitsplätzen mit Büroarbeitsplätzen vergleichbaren Gefährdungen und Belastungen (geringe körperliche Belastung): 1,2 Stunden pro Arbeitnehmer, 2. für Arbeitnehmer an sonstigen Arbeitsplätzen: 1,5 Stunden pro Arbeitnehmer. Bei der Berechnung der jährlichen Präventionszeit für die jeweilige Arbeitsstätte sind Teile von Stunden unterhalb von 0,5 auf ganze Stunden abzurunden und ab 0,5 auf ganze Stunden aufzurunden. Eine Neuberechnung der jährlichen Präventionszeit im laufenden Kalenderjahr hat erst bei Änderungen der der Berechnung zu Grunde gelegten Arbeitnehmerzahl um mehr als 5 vH zu erfolgen. (3) Für jeden Arbeitnehmer, der mindestens 50-mal im Kalenderjahr Nachtarbeit im Sinne des Art. VII Abs 1 des Nachtschwerarbeitsgesetzes, BGBl. I Nr. 354/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 181/1999 leistet, erhöht sich die jährliche Präventionszeit um je 0,5 Stunden pro Kalenderjahr. (5)
Der Arbeitgeber hat pro Kalenderjahr die Sicherheitsfachkräfte im Ausmaß von mindestens 40 vH und die Arbeitsmediziner im Ausmaß von mindestens 35 vH der gemäß Abs 2 und 3 ermittelten Präventionszeit zu beschäftigen. Zumindest im Ausmaß der restlichen 25 vH der jährlichen Präventionszeit hat der Arbeitgeber je nach der in der Arbeitsstätte gegebenen Gefährdungs- und Belastungssituation gemäß § 76 Abs 3 bzw. § 81 Abs 3 beizuziehende sonstige geeignete Fachleute, wie Chemiker, Toxikologen, Ergonomen, insbesondere jedoch Arbeitspsychologen oder die Sicherheitsfachkräfte und/oder die Arbeitsmediziner zu beschäftigen. Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnis die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dazu sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Tatort, Tatzeit und alle rechtserheblichen Merkmale des Tatgeschehens so anzuführen, dass die Subsumtion ermöglich wird. Bei Unterlassungsdelikten ist die individualisierte Beschreibung jener Handlungen erforderlich, die der Täter hätte setzen müssen und nach der Ansicht der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt hat (VwGH 27.02.1979, 2099/78). Aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 13.06.2005 ergibt sich, dass im Stahlwerk der B Edelstahl AG 131 Arbeiter (davon 79 in der Nachtschicht) und 48 Angestellte beschäftigt wurden und demnach die jährliche Präventionszeit 294 Stunden betrug. Daraus ergibt sich weiter das Mindestausmaß für die Beschäftigung der Sicherheitsfachkraft und des Arbeitsmediziners im Sinne des § 28a Abs 5 AschG mit 40 Prozent bzw. 35 Prozent. Die Sachverhaltsumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses beschränkt sich im Wesentlichen auf die Ausführung, dass die Präventionszeiten der Sicherheitsfachkraft und des Arbeitsmediziners nicht festgelegt wurden, sodass diese nicht in dem in § 82a Abs 2, Abs 3 und Abs 5 ASchG festgelegten Ausmaß beschäftigt wurden. Anders als die erste Instanz damit zum Ausdruck brachte ist eine nicht dem gesetzlich festgelegten (Mindest-)Ausmaß entsprechende Beschäftigung der Sicherheitsfachkraft und des Arbeitsmediziners nicht die Folge davon, dass das Ausmaß der Präventionszeit vom Arbeitgeber nicht festgelegt wurde. Vielmehr lässt sich diese Aussage erst dann treffen, wenn das gesetzlich festgelegte Ausmaß der Beschäftigung der tatsächlich erfolgten Beschäftigung gegenübergestellt wird. Nach Lage des Falles war es nicht so, dass überhaupt keine Sicherheitsfachkraft und kein Arbeitsmediziner beschäftigt worden wäre. Es bestanden lediglich Zweifel bzw. war nicht überprüfbar, dass sie im gesetzlich festgelegten Ausmaß eingesetzt wurden. Im Spruch, der sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes beschränkt, kommt das Ausmaß der gesetzlich festgelegten jährlichen Präventionszeit bzw. der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nicht vor, ebenso wenig wie das Ausmaß der Präventionszeiten, in denen Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmediziner tatsächlich beschäftigt wurden. Somit fehlen zwei wesentliche Sachverhaltselemente, aus deren Gegenüberstellung sich erst die Übertretung ergeben könnte. Da die Tatzeit mit 18.05.2005 endet und weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.08.2005 noch die weiteren Verfolgungshandlungen bis 18.11.2005 die erforderlichen Angaben enthalten, liegt keine rechtzeitige Verfolgungshandlung vor, die mit dem Spruch korrespondieren würde. Wenn die erwähnten Themen anlässlich der Vernehmung des Beschuldigten laut Niederschrift vom 12.04.2006 zur Sprache kamen, ändert dies nichts an den vorhergehenden Ausführungen, weil diese Angaben bzw. die vom Vorstand vorgelegten Aufzeichnungen nicht in den Spruch des Straferkenntnisses Eingang gefunden haben und die Niederschrift erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist aufgenommen wurde. Daher ist der Berufung Folge zu geben, die Bestrafung aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Diese Entscheidung konnte im Grunde des § 51e Abs 2 Z 1 VStG ohne die vom Arbeitsinspektorat beantragte Berufungsverhandlung getroffen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.