TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/6 98/18/0293

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Veröffentlicht am 06.11.2001
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §39 Abs1;
FrG 1997 §48 Abs1;
StGB §201;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des P C S in W, geboren am, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20/1/6b, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. August 1998, Zl. SD 187/98, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 12. August 1998 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 48 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot unter Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes für die Dauer eines Monats.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die ihrer Ansicht nach maßgebenden Gründe des erstinstanzlichen Bescheides und führte weiter aus, dass der Beschwerdeführer am 17. Oktober 1991 illegal in das Bundesgebiet gelangt sei. Mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 29. August 1996 sei er wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 und 2 StGB schuldig gesprochen worden. Der dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde habe der Oberste Gerichtshof teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Vergewaltigung sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, welches den Beschwerdeführer mit Urteil vom 16. April 1997 neuerlich des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und ihn zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt habe. Dieses Urteil sei rechtskräftig. Der Verurteilung liege zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 27. Juli 1995 einem Mann durch Versetzen von Kopfstössen einen Nasenbeinbruch und eine Rissquetschwunde im Bereich der Stirn zugefügt und am 10. Februar 1996 seine Freundin dadurch verletzt habe, dass er einen Sessel gegen sie geschleudert habe. Am 24. Februar 1996 habe er schließlich seine Freundin, mit der er ein außereheliches Kind habe, mit Gewalt an der Flucht aus ihrer Wohnung gehindert, in das Schlafzimmer gezerrt, zu Boden gerissen und zur Duldung des Beischlafes genötigt.

Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer am 8. Juli 1993 wegen Übertretung der §§ 64 Abs. 1, 50 Abs. 1 und 14 Abs. 6 KFG und im selben Jahr abermals wegen Übertretung der §§ 64 Abs. 1 und 102 Abs. 2 KFG verwaltungsbehördlich bestraft worden. Hierauf habe er eine Verwarnung, dass bei einer neuerlichen Bestrafung mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu rechnen sei, erhalten. "Nicht ganz unerwähnt" solle auch bleiben, dass das Bezirksgericht St. Pölten am 19. Juli 1993 ein Verfahren wegen des Verdachtes des Vergehens nach § 16 Suchtgiftgesetz gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. vorläufig eingestellt habe und der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. September 1994 vom Vorwurf nach den §§ 12, 16 Abs. 2 Suchtgiftgesetz freigesprochen worden sei.

Es bestehe kein Zweifel, dass der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht nur zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, sondern auch zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie im Interesse der öffentlichen Sicherheit, somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten und daher im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei. Zur Frage der Interessenabwägung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG werde darauf hingewiesen, dass die Dauer der rechtmäßigen Niederlassung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet keineswegs so lange sei, dass sie der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinn der §§ 38 Abs. 1 Z. 2 iVm 35 Abs. 2 FrG entgegenstünde, und dass die mit der Dauer des Aufenthaltes verbundene Integration in sozialer Hinsicht mehr als deutlich beeinträchtigt sei. Dem Einwand des Beschwerdeführers, bei einer Rückkehr nach Nigeria mit der Verfolgung und mit dem Tod rechnen zu müssen und nicht mehr mit seiner österreichischen Ehegattin zusammenleben zu können, werde entgegen gehalten, dass zum einen mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen werde, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen hätte, und zum anderen in der Berufung nicht dargelegt worden sei, dass ihn seine Gattin im Ausland nicht besuchen oder ihn dorthin begleiten könne. Allfälligen Sorgepflichten könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers liege der Verurteilung nicht nur eine einmalige Verfehlung zugrunde, vielmehr habe der Beschwerdeführer mehrere gleichartige, gegen die körperliche Sicherheit gerichtete Straftaten gesetzt. Die bedingte Strafnachsicht durch das Gericht vermöge nichts daran zu ändern, dass die belangte Behörde den Fall eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdengesetzes und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen betreffend die Strafzumessung zu beurteilen hätte. Mit dem Hinweis auf den Fall Moustaquim sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil in diesem Fall die privaten und familiären Interessen des von der Ausweisung betroffenen Fremden ungleich stärker ausgeprägt gewesen seien als im vorliegenden Fall. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum gegen mehrere Rechtsgüter verstoßen habe und eine Eskalation der Straftaten festzustellen sei, sei die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

3. Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, und legt die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern iSd § 47 Abs. 3 leg. cit., die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes. Im vorliegenden Fall findet daher auf den Beschwerdeführer, der - ausgehend von den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde - Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin ist, die Bestimmung des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG Anwendung, derzufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn aufgrund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.

2.1. Die Bestimmungen des § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG sind bei der Frage, ob gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, insofern von Bedeutung, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der im § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 99/18/0155). Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes zutreffend unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 FrG beurteilte, bewirkte es keine Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers, wenn sie diese Maßnahme auch auf den - wie gesagt als Orientierungsmaßstab heranzuziehenden - Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG stützte.

Der Beschwerdeführer bestreitet die im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen über seine gerichtlich und verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen nicht. Er führt jedoch für sich ins Treffen, dass bei der Gefährlichkeitsprognose zu berücksichtigen sei, dass er sich von seiner damaligen Lebensgefährtin - wegen deren Vergewaltigung er verurteilt worden sei - mittlerweile völlig getrennt habe. Im Hinblick auf seine seit September 1993 durchgehende Beschäftigung könne ihm keine kriminelle Neigung unterstellt werden, die eine Gefährlichkeitsprognose rechtfertige.

2.2. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände vermögen allerdings die durch die festgestellten strafbaren Handlungen begründete Annahme iSd § 48 Abs. 1 FrG schon deshalb nicht zu entkräften, weil der Beschwerdeführer die Straftaten gegen seine (ehemalige) Lebensgefährtin zu Zeitpunkten setzte, als er von dieser schon getrennt lebte, sodass aus dem Umstand der Trennung nicht auf eine Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr geschlossen werden kann. Ebenso wenig, wie das Beschäftigungsverhältnis seinerzeit ausreichende Sicherheit dafür bot, den Beschwerdeführer von der Begehung der Gewalttaten abzuhalten, reicht es jetzt hin, die Annahme iSd § 48 Abs. 1 FrG zu entkräften. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Gewalttaten ist die in § 48 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Der Umstand, dass das Strafgericht die Freiheitsstrafe von 15 Monaten bedingt nachgesehen hat, ist nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, weil die belangte Behörde ihre Beurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdengesetzes vorzunehmen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 2000/18/0008).

3.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 Abs. 1 FrG für rechtswidrig und macht dazu geltend, dass sich der Beschwerdeführer seit 1991 in Österreich aufhalte, seit April 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, mit dieser auch zusammenlebe und sie ihm seine außereheliche Beziehung und seine strafbare Handlung verziehen habe. Seit 1. September 1993 sei er durchgehend bei demselben Unternehmen beschäftigt. Die Straftaten wären alle im Zusammenhang mit der Beziehung zur Mutter seines außerehelichen Kindes begangen worden; und es seien seither mehr als zweieinhalb Jahre vergangen. Auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die strafbare Handlung aus der privaten Situation einer außerehelichen Beziehung, die zur Geburt seines Kindes geführt habe, begangen habe, die Lebensräume der Mutter des unehelichen Kindes und des Beschwerdeführers jedoch völlig getrennt seien, sei anzunehmen, dass das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen nicht dringend geboten sei.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die belangte Behörde billigte dem Beschwerdeführer, der seit Oktober 1991 in Österreich lebe, hier arbeite, mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und für ein uneheliches Kind sorgepflichtig sei, zu, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein schwerer Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sei; sie erachtete jedoch das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele für dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG für zulässig.

Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid verübte der Beschwerdeführer das Vergehen der (vorsätzlichen) Körperverletzung dadurch, dass er einem anderen durch das Versetzen von Kopfstössen einen Nasenbeinbruch und eine Rissquetschwunde an der Stirn zufügte und seine Freundin verletzte, indem er einen Sessel gegen sie schleuderte, sowie das Verbrechen der Vergewaltigung dadurch, dass er seine damalige Freundin - mit der er ein außereheliches Kind hat - mit Gewalt an der Flucht aus ihrer Wohnung hinderte, sie in das Schlafzimmer zerrte, zu Boden riss und sie zur Duldung des Beischlafes nötigte. In diesem Fehlverhalten des Beschwerdeführers tritt eine massive Gewaltbereitschaft und die Einstellung, sich in Konfliktsituationen durch Einsatz völlig unangemessener Gewalt gegenüber anderen durchzusetzen, zu Tage. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände seiner Ehe und seines Beschäftigungsverhältnisses erscheinen in Anbetracht der vom Beschwerdeführer - trotz dieser Umstände - verübten Straftaten nicht ausreichend, ihn von strafbaren Handlungen abzuhalten und die von ihm ausgehende Gefahr zu verringern; auch erscheint der seit der Begehung der strafbaren Handlungen verstrichene Zeitraum von zweieinhalb Jahren zu kurz, um aus diesem Umstand auf einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gewaltbereitschaft schließen zu können.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen begegnet die Annahme der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot nicht nur zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, sondern auch zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten sei, keinen Bedenken.

4. Aber auch das Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG dahingehend, dass die belangte Behörde die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und die seiner Familie als nicht schwerer wiegend veranschlagte als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, begegnet keinen Bedenken. Die für eine Integration wesentliche soziale Komponente - gekennzeichnet durch die Ehe, die (außereheliche) Vaterschaft und das Beschäftigungsverhältnis - ist durch das Gewicht der gerichtlich strafbaren Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, erheblich beeinträchtigt worden, handelt es sich doch beim Verbrechen der Vergewaltigung um eine schwere und besonders verwerfliche strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 98/18/0338). Das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich überwiegt daher die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen.

Der Einwand des Beschwerdeführers, er müsse im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit Verfolgung und Tötung rechnen, berührt nicht die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes, weil mit dieser Maßnahme nicht ausgesprochen wird, dass er in ein bestimmtes Land (etwa nach Nigeria) auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2001, Zl. 2001/18/0072).

5. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen entbehrt auch die Verfahrensrüge der rechtlichen Relevanz. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die Straftaten aus einer unglücklichen Beziehung zur Mutter des Kindes und aus der Sorge um das Wohl seines Kind begangen habe, würde zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Auch legt der Beschwerdeführer nicht dar, zu welch anderen, für ihn vorteilhaften Sachverhaltsannahmen die belangte Behörde durch die von ihm beantragte Einvernahme der Ehegattin hätte gelangen können.

Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, mittlerweile im Besitz eines Führerscheins zu sein, sodass aus der zweimaligen Übertretung des § 64 KFG keine Gefährdung mehr abgeleitet werden könne, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Überdies käme diesem Umstand im Hinblick auf das große Gewicht der gerichtlich strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers bloß untergeordnete Bedeutung zu.

6.1. Weiters rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde das ihr durch § 36 Abs. 1 FrG eingeräumte Ermessen im Hinblick auf das hohe Maß seiner Integration überschritten habe.

6.2. Dem ist zu entgegnen, dass sich weder aus dem angefochtenen Bescheid und dem sonstigen Akteninhalt noch aus der Beschwerde besondere Umstände ergeben, die die Behörde dazu hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen, von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen. Dies gilt auch für den vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Umstand seines siebenjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und einer daraus abzuleitenden Integration.

7.1. Letztlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes: Gemäß § 39 Abs. 1 FrG könne ein Aufenthaltsverbot nur in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 leg. cit. auf unbefristete Dauer erlassen werden. § 48 FrG nenne überhaupt keine bestimmten Tatsachen, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig machten. Es sei unzulässig, ein Aufenthaltsverbot gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen auch auf § 36 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. zu stützen; es könne daher auch nicht auf unbefristete Dauer erlassen werden. Im Hinblick darauf, dass die außereheliche Beziehung, in deren Zusammenhang die strafbaren Handlungen begangen worden seien, längst beendet worden sei, sei der Zweck des Aufenthaltsverbotes nach wesentlich kürzerer Zeit erreicht.

7.2. Dem § 39 Abs. 1 FrG liegt die Wertung zu Grunde, dass die im Verhältnis zur Verhängung eines befristeten Aufenthaltsverbotes einen schwerer wiegenden Eingriff in die persönliche Interessenlage des Fremden darstellende Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nur in den typischerweise besonders gravierenden Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 FrG zulässig sein soll. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er eine derartige Abstufung der höchstzulässigen Dauer entsprechend der Schwere des typischerweise zu Grunde liegenden Fehlverhaltens bei einem auf § 48 Abs. 1 FrG gestützten Aufenthaltsverbot nicht treffen wollte, ist doch auch in diesem Fall die Frage, wann der Grund für die Verhängung der Maßnahme wegfallen wird, insbesondere von der Schwere des für das Aufenthaltsverbot maßgebenden Fehlverhaltens abhängig. Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, die die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigende Gefahr werde bei einem EWR-Bürger oder einem begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht zum selben Zeitpunkt wegfallen wie bei einem anderen Fremden. Die Übertragung der aus § 39 Abs. 1 FrG ableitbaren Wertung führt - ebenso wie dies bei unmittelbarer Anwendung dieser Bestimmung der Fall wäre - zu dem Ergebnis, dass die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes auch gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen zulässig ist. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. November 2000, Zl. 2000/18/0096.)

7.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts der Steigerung der Schwere der strafbaren Handlungen nicht zu erkennen vermochte, wann der Beschwerdeführer sich zur Beachtung der österreichischen Rechtsordnung durchringen werde. Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe vor, die gemäß § 39 Abs. 2 FrG eine Befristung des Aufenthaltsverbotes als ausreichend erscheinen ließen. Der vorgebrachte Umstand, dass seine außereheliche Beziehung bereits beendet sei, stellt keinen solchen Grund dar, zumal diese Beziehung schon zum Zeitpunkt der (gerichtlich) strafbaren Handlungen beendet war.

8. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 6. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180293.X00

Im RIS seit

17.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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