Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Herrn Dr. H-J S, P, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. M G, H 21/1, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 22.02.2007, GZ.: 15.1 4805/2005, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt: Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 22.02.2007 war über Herrn Dr. H-J S wegen Übertretung des Artikel IX Abs 1 Z 1 EGVG 1991 eine Geldstrafe von ? 218,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, verhängt worden, da er zumindest mit Schreiben vom 11.05.2005 als Parteienvertreter gewerbsmäßig schriftliche Anbringen verfasst und Forderungen eingetrieben hätte, ohne zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt gewesen zu sein, da er gemäß § 136 Abs 3 GewO 1994 als Unternehmensberater nur berechtigt wäre, Auftraggeber vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts zu vertreten. Dieses Straferkenntnis wird im Wesentlichen damit begründet, aus einem von Rechtsanwalt Mag. P F vorgelegten Schreiben des Dr. H-J S vom 11.05.2005 ergebe sich, er habe eine Firma aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben bzw. offene Rechnungen zu bezahlen, womit er den Tatbestand der Winkelschreiberei erfüllte hätte. Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr Dr. H-J S durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, der herangezogene Tatbestand des EGVG sei unrichtig, im Übrigen hätte er den Berechtigungsumfang des § 136 Abs 3 GewO 1994 nicht überschritten, weshalb beantragt würde, in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 zweiter Fall VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht erforderlich. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich. Gemäß Artikel IX Abs 1 EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 218,-- zu bestrafen ist, wer Z 1 in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig, für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (Gerichten oder Verwaltungsbehörden) schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Behörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei); diese Bestimmung ist gemäß Artikel 9 Abs 3 EGVG nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen. Gemäß § 8 Abs 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO) ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung den Rechtsanwälten vorbehalten, gemäß § 57 Abs 2 RAO ist mit Geldstrafe bis zu ? 6.100,-- zu bestrafen, wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt; diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden. Gemäß der Ausnahmebestimmung des § 136 Abs 3 GewO 1994 sind Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zur Vertretung des Auftraggebers vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechtes berechtigt. Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen zunächst, dass die gewerbliche Tätigkeit eines Unternehmensberaters - der Berufungswerber ist Inhaber einer solchen Gewerbeberechtigung - ihrem Wesen nach nur in einem Tätigwerden im Innenverhältnis zum Auftraggeber besteht. Der Unternehmensberater erhält von seinem Auftraggeber typischerweise weder Entscheidungsbefugnisse noch die Ermächtigung, beschlossene Problemlösungen nach außen durchzusetzen und für den Auftraggeber zu realisieren. Außenkontakte des Unternehmensberaters namens seines Auftraggebers überschreiten demnach den Rahmen seiner Gewerbeberechtigung dann nicht, wenn sie zur Erfüllung der vom Unternehmensberater berufstypisch zu erbringenden Leistungen (Erarbeitung von Konzepten und Problemlösungen) erforderlich sind (vgl OGH 24.06.2003, 4Ob 26/03/g bzw. VwGH 30.05.2006, 2005/06/0292). Ein Schreiben an einen Abnehmer des Auftraggebers wie jenes vom 11.05.2005, wonach ein größerer Geldbetrag für eine Lieferung noch ausständig sei und bei nicht fristgerechter Nachzahlung gerichtliche Schritte eingeleitet würden, übersteigt die berufstypischen Leistungen eines Unternehmensberaters im Sinne des § 136 Abs 3 GewO 1994, solche Leistungen wären beispielsweise die Schaffung eines effizienten Mahnwesens durch den Entwurf eines nur intern vollständigen Mahnformulars. Ein Unternehmensberater darf daher Aufträge dieser Art nicht erfüllen. Dem nunmehrigen Berufungswerber wurde jedoch im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorgehalten, eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt zu haben, die von ihm gesetzten Aktivitäten wären solche, die den Rechtsanwälten als berufliche Parteienvertreter vorbehalten wären. Es hätte dem nunmehrigen Berufungswerber daher eine Übertretung gemäß § 8 in Verbindung mit § 57 Abs 2 RAO vorgeworfen werden sollen, die herangezogene Bestimmung des Artikel IX Abs 1 Z 1 EGVG stellt nur eine subsidiäre Vorschrift dar und ist nicht anzuwenden, sofern - wie im konkreten Fall - besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen (vgl. VwGH 27.06.2002, 99/10/0124). Eine diesbezügliche Spruchkorrektur durch die Berufungsbehörde in Vollziehung der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG wäre eine unzulässige Auswechslung der Tat (vgl. VwGH 15.03.1979, 3055/78) und ist unzulässig, da dem Berufungswerber bisher das Tatbestandsmerkmal, eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt zu haben, nicht vorgeworfen worden ist. Da es somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zu keiner, diese unterbrechende Verfolgungshandlung gekommen ist (vgl. VwGH 25.02.1992, 91/04/0277), war im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.