TE UVS Wien 2007/09/13 FRG/46/7035/2007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2007
beobachten
merken
Betreff

Antrag auf Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, Abweisung, organisierter Ladendiebstahl mit verteilten Rollen

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung der Frau Lavinia H., vertreten durch RA, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 10.7.2007, Zl. III- 1.127.978/FrB/07, mit welchem der Antrag gemäß § 65 Abs 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, vom 16.5.2007 auf Aufhebung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, Zl. III-1127978/FrB/03 vom 18.6.2003, mit welchem gegen Frau Lavinia H. ein Aufenthaltsverbot, gültig bis 18.6.2013, erlassen worden war, abgewiesen wurde, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Text

Am 18.5.2007 langte bei der Bundespolizeidirektion Wien ein von der rumänischen Staatsangehörigen Frau Lavinia H., geb. am 25.5.1976, durch ihren anwaltlichen Vertreter gestellter Antrag auf Aufhebung des über Frau H. mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 18.6.2003 verhängten, auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbots ein. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, seit der Verhängung des Aufenthaltsverbots seien bereits vier Jahre vergangen und sei Rumänien mittlerweile Mitglied der EU. Die Berufungswerberin dürfe somit grundsätzlich jederzeit einreisen und auch in Österreich arbeiten. Zudem könne sie bei ihrem Lebensgefährten Mladen D. in Österreich den Wohnsitz nehmen. Sie stelle jedenfalls keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, da sie in Österreich und in Rumänien strafrechtlich unbescholten sei. In der Folge wurde der anwaltliche Vertreter von der Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass über Frau H. in Österreich sehr wohl eine strafgerichtliche Verurteilung vorliege, die auch ausschlaggebend für die Verhängung des Aufenthaltsverbots gewesen sei.

In der dazu erstatteten Stellungnahme vom 6.6.2007 führte der anwaltliche Vertreter aus, es handle sich dabei um eine einmalige Straftat und bestehe kein Grund zur Annahme, dass Frau H. neuerlich straffällig werden würde. Gerade durch das Nachsehen eines Teils der Strafe als bedingt habe das Gericht Frau H. die Gelegenheit einräumen wollen, sich zu bewähren. Das Festhalten am Aufenthaltsverbot würde einen vehementen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Berufungswerberin bedeuten.

Mit Bescheid vom 10.7.2007 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag von Frau H. auf Aufhebung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes ab und führte begründend im Wesentlichen aus, dass die Berufungswerberin in Österreich nur einen Lebensgefährten, jedoch keine Familienangehörigen habe und somit bei einer Interessenabwägung die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots die Interessen der Berufungswerberin an dessen Aufhebung überwiegen würden. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung werden die bereits in den vorangegangenen Schriftsätzen vorgebrachten Argumente für eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wiederholt und wird der Behörde antizipierende Beweiswürdigung unterstellt. Die Berufungswerberin sei mittlerweile geläutert und bestehe kein Grund zu der Annahme, dass sie in Zukunft wieder straffällig werden würde. Sämtliche Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots im Jahr 2003 geführt hätten, seien somit weggefallen. Als Beweise wurden die zeugenschaftliche Einvernahme von Mladen D. sowie allenfalls die Einvernahme der Berufungswerberin vor den zuständigen rumänischen Behörden im Wege der Amtshilfe beantragt. Konkrete Beweisthemen wurden nicht genannt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Sachverhaltsfeststellungen:

Die Berufungswerberin ist laut ihren eigenen, unwidersprochen gebliebenen Angaben in der mit ihr am 13.5.2003 aufgenommenen polizeilichen Niederschrift bei der Staatsanwaltschaft Wien am 30.4.2003 nach Österreich eingereist. Zu Österreich bestanden damals weder familiäre noch berufliche Bindungen noch war die Berufungswerberin in Österreich gemeldet.

Schon am 3.5.2003 wurde sie in Filialen der Firma S. und der Firma K. beim gewerbsmäßigen Ladendiebstahl betreten. Die Berufungswerberin ist damals im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Straftäterinnen vorgegangen. Die Frauen haben in jeweils verschiedenen Täterkombinationen Waren aus den Kaufhausregalen entnommen und in präparierte Taschen gesteckt, während die Mittäterinnen Aufpasser- und Abdeckerdienste leisteten.

Deswegen wurde die Berufungswerberin mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 11.6.2003 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sieben Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Laut Strafregisterauszug vom 7.8.2007 ist die Strafe noch nicht getilgt. Weitere strafgerichtliche Verurteilungen liegen nicht vor.

Mit Bescheid vom 18.6.2003 wurde über die Berufungswerberin gemäß § 36 Abs 1 und 2 Fremdengesetz ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 45 Abs 4 leg. cit. ausgeschlossen, sodass das Aufenthaltsverbot mit der Zustellung an die damals inhaftierte Berufungswerberin am 1.7.2003 durchsetzbar wurde. Eine gegen dieses Aufenthaltsverbot eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 19.7.2004 abgewiesen. Das Aufenthaltsverbot ist seit der Zustellung der Berufungsentscheidung an die damalige anwaltliche Vertretung der Berufungswerberin am 20.7.2004 rechtskräftig.

Am 20.8.2004 wurde die Berufungswerberin bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle im ?Cafe A.? in Wien 3. festgenommen und wurde am folgenden Tag über sie die Schubhaft verhängt. Niederschriftlich gab sie an diesem Tag gegenüber der Fremdenpolizei zu Protokoll, sie wohne bei einer Freundin in Wien, G-gasse, und wisse, dass gegen sie ein Aufenthaltsverbot bestehe. Im Zuge einer weiteren mit ihr während der Schubhaft aufgenommenen Niederschrift vom 24.8.2004 gab die Berufungswerberin zu Protokoll, sie sei in Rumänien in einem Kinderheim aufgewachsen, habe keinen Kontakt zu ihren Eltern, habe aber auch keine Angehörigen in Österreich. Zuletzt sei sie trotz bestehenden Aufenthaltsverbots am 20.2.2004 von Deutschland kommend nach Österreich eingereist, um Freunde zu besuchen. Die Berufungswerberin hat sich somit ihren eigenen Angaben zufolge trotz Kenntnis des über sie verhängten Aufenthaltsverbots vom 20.2.2004 bis zum 20.8.2004 illegal in Österreich aufgehalten. Die im Fremdenakt einliegenden Meldeauskünfte belegen, dass die Berufungswerberin im Zeitraum vom 20.2.2004 bis zu ihrer Festnahme am 20.8.2004 in Österreich polizeilich nicht gemeldet war. Mit Bescheid vom 24.8.2004 wurde die Berufungswerberin wegen Übertretung des § 41 Abs 1 in Verbindung mit § 107 Abs 1 Z 2 Fremdengesetz mit einer Geldstrafe von 218,-- Euro bestraft, weil sie am 20.2.2004 einem gegen sie bestehenden Aufenthaltsverbot zuwider unerlaubt nach Österreich zurückgekehrt sei. Am 2.9.2004 wurde die Berufungswerberin über den Grenzübergang Nickelsdorf nach C. in Rumänien abgeschoben.

Am 25.3.2007 wurde die Berufungswerberin trotz aufrechten Aufenthaltsverbots und vorangegagnegener Abschiebung in Wien 12 im Zuge einer Verkehrskontrolle neuerlich angetroffen und festgenommen. Sie war damals Beifahrerin in dem vom österreichischen Staatsangehörigen Mladen D. gelenkten Fahrzeug. Gegenüber der Polizei gab sie an, von einem Aufenthaltsverbot nichts gewusst zu haben. Noch am selben Tag wurde sie aus der Haft entlassen, von ihrem Freund abgeholt und von ihm, der auch als Dolmetscher fungierte, davon in Kenntnis gesetzt, dass sie selbständig aus dem Bundesgebiet ausreisen müsse.

Wie aus der im Akte einliegenden, neuerlich eingeholten Meldeauskunft hervorgeht, war die Berufungswerberin vom 21.3.2007 bis 25.3.2007 bei Herrn D. als Unterkunftgeber in Wien, Z-hof, polizeilich gemeldet. Die Berufungswerberin hat sich somit neuerlich, zumindest vom 21.3.2007 bis zum 30.3.2007 trotz bestehendem Aufenthaltsverbot illegal in Österreich aufgehalten. Am 18.5.2007 brachte der anwaltliche Vertreter der Berufungswerberin in ihrem Namen einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes ein, der mit dem gegenständlich in Berufung gezogenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10.7.2007 abgewiesen wurde.

Die Berufungswerberin ist, wie sich aus dem Vorbringen ihres anwaltlichen Vertreters ergibt, mit Herrn Mladen D. eine Lebensgemeinschaft eingegangen und könnte bei ihm im Fall der Aufhebung des Aufenthaltsverbots jederzeit Unterkunft nehmen. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die insoweit unbestritten gebliebene Aktenlage sowie auf die Ausführungen der Berufungswerberin in den im gegenständlichen Verfahren von ihrem anwaltlichen Vertreter eingebrachten eingebrachten Schriftsätzen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt. Aufgrund des Umstandes, dass der sich aus der Aktenlage ergebende Sachverhalt im gegenständlichen Aufhebungsverfahren nicht bestritten wurde und den Angaben der Berufungswerberin hinsichtlich des Bestehens einer Lebensgemeinschaft mit Herrrn D. sowie hinsichtlich der bei ihm für die Berufungswerberin bestehenden Wohnmöglichkeit gefolgt wurde, erweist sich die Aufnahme der beantragten Beweise (zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn D. und Einvernahme der Berufungswerberin im Ausland im Wege der Rechtshilfe) bzw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach im fremdenrechtlichen Administrativverfahren kein Recht auf eine Berufungsverhandlung besteht und auch kein Recht darauf, von der Behörde mündlich gehört zu werden (siehe VwGH vom 27.3.2007, Zl. 2006/21/0334).

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 des am 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes - FPG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 157/2005, sind zur Entscheidung über Berufungen von EWR-Bürgern, Schweizer-Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zuständig. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zur Absprache über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, mit welchem der Antrag von Frau Lavinia H. auf Aufhebung des über sie verhängten Aufenthaltsverbots abgewiesen wurde, ergibt sich aus der Stellung der Berufungswerberin als Staatsangehörige Rumäniens und somit als Bürgerin eines Mitgliedstaates der Europäischen Union. Gemäß § 60 Abs 1 FPG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I Nr. 99/2006 kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Gemäß § 60 Abs 2 Z 1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der gemäß § 60 Abs 6 FPG 2005 auch im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes anzuwendende § 66 leg. cit. lautet wie folgt:

?§ 66 (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1, 3 und 4 darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.?

Gemäß § 86 Abs 1 FPG ist gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Vor der Begehung der als Begründung für das Aufenthaltsverbot herangezogenen Straftat befand sich die Berufungswerberin erst sehr kurz, nämlich bloß drei Tage im Bundesgebiet, sodass der Verdacht des sog. Kriminaltourismus durchaus naheliegt. Im Zusammenhang mit § 86 Abs 1 FPG bedeutet das, dass keine Aufenthaltsverfestigung im Sinne des § 86 Abs 1 fünfter Satz vorliegt.

Gemäß § 65 Abs 1 FPG ist das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Bei der Beurteilung der Frage der Aufhebung eines über eine nunmehrige EU-Bürgerin verhängten Aufenthaltsverbots ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grunde des § 86 Abs 1 FPG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots erforderlich ist, um eine von der Fremden ausgehende tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, abzuwenden. Gleichzeitig ist festzustellen, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots unter dem Aspekt des Privat- und Familienlebens zulässig ist.

Zum erstgenannten Aspekt ist zunächst auszuführen, dass die Berufungswerberin seit 1.1.2007 EU-Bürgerin ist und sich ein Aufenthaltsverbot daher nur mehr unter den im § 86 FPG normierten strengeren Voraussetzungen als zulässig erweist. Bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbots gemäß der oben zitierten Bestimmung des § 86 Abs 1 FPG ist nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung der Katalog des § 60 Abs 2 FPG, in dem exemplarisch die Tatsachen aufgezählt sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, als Orientierungsmaßstab heranzuziehen (vgl. dazu VwGH 30.1.2007, 2006/18/0432 und 2006/18/0440). In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Berufungswerberin mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11.6.2003 zu einer unbedingten zweimonatigen sowie zu einer bedingten siebenmonatigen Freiheitsstrafe, insgesamt also zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde und somit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 60 Abs 2 Z 1 FPG vorliegt, welche die Annahme rechtfertigt, dass der (weitere) Aufenthalt der Berufungswerberin die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Das den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegende persönliche Verhalten der Berufungswerberin, die sich nur wenige Tage nach ihrer Einreise nach Österreich bereits im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Straftäterinnen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls schuldig gemacht hatte, indem die Frauen in jeweils verschiedenen Täterkombinationen Waren aus Kaufhausregalen entnommen und in präparierte Taschen gesteckt hatten, während andere Mittäterinnen Aufpasser- und Abdeckerdienste geleistet hatten, stellt nicht nur nach § 60 Abs 1 und 2 FPG, sondern auch nach § 86 Abs 1 FPG einen tragfähigen Grund zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots dar. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass die Tat nicht offenkundig im Zuge einer ?Kurzschlusshandlung? aufgrund einer sich plötzlich bietenden Gelegenheit ausgeführt wurde, sondern dass sie mit der für das Zusammenspiel mehrerer Mittäterinnen, die beim gewerbsmäßigen Diebstahl verschiedenen Rollen eingenommen haben, erforderlichen kriminellen Energie geplant und organisiert worden war. Unter diesen Voraussetzungen wäre ein Aufenthaltsverbot auch unter den in § 86 Abs 1 FPG normierten Voraussetzungen zulässig und stellt das angeführte persönliche Verhalten der Berufungswerberin nach wie vor eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an der Unversehrtheit privaten Eigentums berührt.

Dass die Berufungswerberin im Laufe der seither verstrichenen Zeit durch ihr Verhalten gezeigt hätte, dass von ihr nun keine Gefahr mehr ausgeht, kann in Anbetracht folgender Umstände nicht angenommen werden:

Die Berufungswerberin ist am 20.2.2004 trotz des bestehenden, seit 1.7.2003 durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes von Deutschland kommend nach Österreich eingereist ist und hat sich hier bis zu ihrer Festnahme am 20.8.2004 illegal aufgehalten. Sie hat das Bundesgebiet erst nach ihrer Inschubhaftnahme im Wege der Abschiebung am 2.9.2004 verlassen. Am 25.3.2007 wurde die Berufungswerberin neuerlich im Bundesgebiet aufgegriffen, in das sie abermals entgegen dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot, also unter grober Missachtung der fremdenrechtlichen Rechtsvorschriften eingereist war. Die Berufungswerberin war somit seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes zumindest zeitweilig illegal im Bundesgebiet aufhältig. Ihre Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes und die folgende Abschiebung im August/September 2004 haben sie nicht davon abgehalten, im Jahr 2007 nochmals unrechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen.

Mit dem geschilderten Verhalten hat die Berufungswerberin eine besondere Ignoranz gegenüber den von ihr zu beachtenden fremdenrechtlichen Vorschriften an den Tag gelegt. Dazu kommt, dass sie während ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes im Jahr 2004 die Meldevorschriften nicht eingehalten hat, sodass von einem langjährigen Wohlverhalten, das die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes allenfalls hätte rechtfertigen können, keine Rede sein kann. Schon der einmalige unrechtmäßige Aufenthalt einer Fremden im Bundesgebiet trotz rechtskräftiger Verhängung eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes ist als erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden erlassenen Normen anzusehen. Es ist somit davon auszugehen, dass das von der Berufungswerberin seit Eintritt der Durchsetzbarkeit des gegen sie erlassenen Aufenthaltsverbots gezeigte persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die insofern Grundinteressen der Gesellschaft berührt, als das eminent hohe öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dadurch massiv beeinträchtigt wird. Was das Privat- und Familienleben der Berufungswerberin betrifft, ist festzuhalten, dass durch das gegenständliche Aufenthaltsverbot zum Zeitpunkt seiner Verhängung (noch) kein Eingriff in selbiges erfolgt ist, war die Berufungswerberin doch erst wenige Tage vor der Begehung der für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Straftat in das Bundesgebiet eingereist und hat sie hier keine Verwandten oder sonstige Ankerpersonen gehabt. Dass die Berufungswerberin im Zuge ihrer weiteren (illegalen) Aufenthalte in Österreich nach Eintritt der Durchsetzbarkeit des über sie verhängten Aufenthaltsverbots den österreichischen Staatsangehörigen Mladen D. kennen gelernt und als Lebensgefährten gewonnen hat, sodass sich nunmehr das Aufenthaltsverbot sehr wohl nachteilig auf ihr Privat- und Familienleben auswirkt, vermag die Aufhebung des Aufenthaltsverbots jedoch nicht zu rechtfertigen, zumal sowohl der Berufungswerberin als auch ihrem Partner von Anfang an bewusst gewesen sein musste, dass sie in Österreich, wo für die Berufungswerberin ein durchsetzbares, behördliches Aufenthaltsverbot bestand, vor Ablauf des Aufenthaltsverbots keine Grundlage für ein gemeinsames Zusammenleben besteht. Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots, insbesondere das öffentliche Interesse an der Sicherheit und an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden erlassenen Normen, deutlich die Interessen der Berufungswerberin an ihrem Privatleben, insbesondere am Zusammenleben mit ihrem Lebensgefährten, Mladen D. in Österreich.

Die vom anwaltlichen Vertreter beantragte zeugenschaftliche Befragung des Herrn Mladen D. konnte entfallen, zumal der erkennende Senat ohnedies als erwiesen festgestellt hat, dass selbiger eine Lebensgemeinschaft mit der Berufungswerberin eingegangen ist und sie bei ihm jederzeit Unterkunft nehmen könnte.

Abgesehen von der seit Erlassung des Aufenthaltsverbots erfolgten Aufnahme von Rumänien in die EU und der mit Herrn D. eingegangenen Lebensgemeinschaft hat die Berufungswerberin nichts ins Treffen geführt, was zur Aufhebung des über sie rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbots führen könnte.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten