TE UVS Tirol 2007/10/29 2007/20/2767-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung der Frau A. R., D-L., XY-Straße 40, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 24.08.2007, Zahl VK-8241-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 700,00 auf Euro 350,00, bei Uneinbringlichkeit 3 Tage 12 Stungen Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 35,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin

Folgendes vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 09.04.2007 um 11.18 Uhr

Tatort: Münster, A 12 Inntalautobahn, km 36.796 in Richtung Osten

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY (D)

 

Sie haben als Lenkerin des angeführten Kraftfahrzeuges die gem § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 86/2006, im Sanierungsgebiet auf der A-12 Inntalautobahn erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 69 km/h überschritten. Die Fahrt bzw das Fahrzeug fiel nicht unter die im § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 86/2006, angeführten Ausnahmen. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft iVm der zitierten Verordnung?

 

Auf Grund dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Berufungswerberin gemäß § 30 Abs 1 Z 4 IG-Luft eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 700,00 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist eine lediglich gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung erhoben. In der Begründung ihrer Berufung führte die Berufungswerberin Folgendes aus:

 

?Seit dem 25.10.2006 befinde ich mich im Krankenstand und erhalte pro Tag 80,00 Euro Krankentagegeld. Von diesem Geld muss ich monatlich meine Miete ohne Nebenkosten in Höhe von 1000 Euro, meine Krankenversicherung in Höhe von 992 Euro, Heizung 170 Euro, sonstige Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, Unfall, Rente) ca 100 Euro. Strom 40 Euro sowie Mietnebenkosten (Grundsteuer, Versicherung, Müll), Therapiekosten etc zahlen. Schon jetzt reicht mein derzeitiges Einkommen nicht, um meinen 15-jährigen Sohn und mich zu ernähren. Meine Krankheit wird vermutlich noch mehrere Monate andauern. Zudem bin ich von meinem Arbeitgeber zum 30.11.2007 gekündigt. Der von mir zur Tatzeit gefahrene PKW ist zwar auf mich zugelassen, aber nicht mein Eigentum. Ich bin deshalb weder jetzt, noch in absehbarer Zeit in der Lage, die von Ihnen geforderten 770 Euro zu zahlen. Außerdem möchte ich Berufung gegen die Ersatzfreiheitsstafe einlegen, da ich aus gesundheitlich Gründen nicht haftfähig bin.

Monatliches Nettoeinkommen: ca. 2400,00 Euro

Unterhaltspflichtige Personen: 1 Sohn geb. 06.12.1991 Vermögen (Haus, PKW, Kapital etc.) Kein Vermögen vorhanden.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

Im Hinblick darauf, dass lediglich die Strafhöhe bekämpft ist, ist der Schuldspruch bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die missachtete Bestimmung verfolgt das Ziel, den dauerhaften Schutz vor schädlichen und unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen sowie die vorsorgliche Verringerung der Immission von Luftschadstoffen zu gewährleisten, dies vor dem Hintergrund, dass der Schadstoffausstoß bei einer Geschwindigkeit von über 100 km/h deutlich zunimmt.

 

Es wurde festgestellt, dass die Immissionen eines Kraftfahrzeuges mit zunehmender Geschwindigkeit steigen und liegen diese etwa im Schnitt bei 130 km/h um 46 Prozent höher als bei 100 km/h. Bei 160 km/h werden mehr als doppelt so viele Schadstoffe emmitiert, als bei 100 km/h. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um die Belastung durch Feinstaub. Dies ist ein komplexes Gemisch von festen und flüssigen Partikeln unterschiedlicher Größe und chemischer Zusammensetzung. Diese Partikel, die auf Grund ihrer Kleinheit in die Lungenbläschen und in das Blutgefäßsystem gelangen können, bedeuten ein massiv erhöhtes Gesundheitsrisiko und sind etwa für Atemwegserkrankungen verantwortlich.

 

Diesen von der verletzten Gesetzesnorm verfolgten Interessen hat die Berufungswerberin in einem erheblichen Ausmaß zuwidergehandelt, zumal bei der von ihr gefahrenen Geschwindigkeit mehr als doppelt so viel Schadstoffe emmitiert wurden, als bei Einhaltung des 100 km/h-Limits.

 

In subjektiver Hinsicht ist von vorsätzlicher Begehungsweise auszugehen. Die Berufungswerberin musste wissen, dass sie sich durch die Wahl der Fahrgeschwindigkeit über eine Rechtsvorschrift hinwegsetzen würde. Selbst wenn der Berufungswerberin die 100 km/h-Beschränkung nicht aufgefallen wäre, was sie nicht geltend macht, hätte sie sich über das allgemein bekannte in Österreich geltende Tempolimit von 130 km/h hinweggesetzt.

 

Der Berufungswerberin ist mildernd ihre Unbescholtenheit zu Gute zu halten. Erschwerend ist nichts.

 

Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind zumindest als durchschnittlich zu bezeichnen.

 

Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangende Strafbestimmung (§ 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft) sieht eine Bestrafung bis zu Euro 2.180,00 vor. Jene Strafnorm, welche im Falle der Überschreitung eines Geschwindigkeitslimits der StVO zum Tragen käme, stellt sich insofern als strenger dar, als diese (§ 99 Abs 2c) bei gleicher Obergrenze eine Mindeststrafe von Euro 72,00 vorsieht.

 

Unter Bedachtnahme auf die dargelegten Strafzumessungskriterien sieht die Berufungsbehörde die nunmehr verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen an.

 

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nach § 16 Abs 1 VStG im Falle der Verhängung einer Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Auf die Frage einer etwaige Haftunfähigkeit kommt es bei der Festsetzung nicht an. Auch sei erwähnt, dass nach Artikel 9 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31.05.1988 ein Freiheitsentzug als Strafmittel ausgeschlossen ist und somit die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe, die in einem österreichischen Verwaltungsstraferkenntnis festgesetzt wurde, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Betracht kommt.

 

Es war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Es, wurde, festgestellt, dass, die, Immissionen, eines, Kraftfahrzeuges, mit, zunehmender, Geschwindigkeit, steigen, und, liegen, diese, im, Schnitt, bei, 130 km/h, um, 46 Prozent, höher, als, bei, 10 km/h. In, diesem, Zusammenhang, geht, es, insbesondere, um, die, Belastung, durch, Feinstaub. Dies, ist, ein, komplexes, Gemisch, von, festen, und, flüssigen, Partikeln, unterschiedlicher, Größe, und, chemischer, Zusammensetzung. Diese, Partikel, die, aufgrund, ihrer, Kleinheit, in, die, Lungenbläschen, und, in, das, Blutgefäß, gelangen, können, bedeuten, ein, massiv, erhöhtes, Gesundheitsrisiko, und, sind, etwa, für, Atemwegserkrankungen, verantwortlich. Diesen, von, der, verletzten, Gesetzesnorm, verfolgten, Interessen, hat, die, Berufungswerberin, in, einem, erheblichen, Ausmaß, zuwidergehandelt,zumal, bei, der, von, ihr, gefahrenen, Geschwindigkeit, mehr, als, doppelt, so, viel, Schadstoffe, emitiert, wurden, als, bei, Einhaltung, des, 100 km/h, Limits.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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