TE UVS Tirol 2007/11/06 2007/22/2937-1

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Veröffentlicht am 06.11.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn Mag. M. L., geb XY, XY-Weg 13, T., vd RAe W./B./W., XY-Straße 8, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.09.2007, Zahl LM-94-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten folgendes zur Last gelegt:

 

?Sie haben es als gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ der Firma XY Warenvertriebs GmbH mit Sitz in V., XY-Straße 16 für den Einkauf Obst/Gemüse, zu verantworten, dass, wie aufgrund einer am 26.06.2007 um 10:12 Uhr im Betrieb XY Warenvertriebs GmbH in V., XY-Straße 16, durch ein Organ des Amtes der Tiroler Landesregierung durchgeführten Qualitätskontrolle und anschließender Untersuchung der Probe durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in L., Zahl XY festgestellt wurde, bei der vorliegenden Probe mit der Bezeichnung ?Speisekartoffeln, Sorte Nicola? ein Verstoß gegen das Qualitätsklassengesetz BGBl Nr 161/1967 idgF vorliegt.

 

Unter 6 untersuchten Knollen wurden 3 Knollen einer Fremdsorte festgestellt. Der Anteil an Knollen fremder Sorten in der Probe übersteigt somit die Toleranz von 2 Prozent (§ 5 Qualitätsklassenverordnung für Speisekartoffeln). Die Probe ist somit gemäß § 6 Abs 1 der Verordnung über Qualitätsklassen für Speisekartoffeln BGBl Nr 76/1994 idgF unrichtig bezeichnet. Es liegt daher eine Übertretung gemäß § 26 Abs 1 des Qualitätsklassengesetzes vor.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Qualitätsklassenverordnung für Speisekartoffeln iVm § 6 Abs 1 legcit iVm § 26 Abs 1 Qualitätsklassengesetz begangen.

 

Über den Beschuldigten wurde nach § 26 Abs 1 Qualitätsklassengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 250,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz wurde gemäß § 64 VStG mit Euro 25,00 bestimmt.

 

Weiters habe der Beschuldigte unter Bezugnahme auf die Gebührennote der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in L., Zahl XY, gemäß § 71 Abs 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz BGBl Nr 13/2006 die Kosten der Untersuchung in der Höhe von Euro 111,73 zu ersetzen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammenfassend vorgebracht, der Beschuldigte sei seiner Kontrollpflicht nachgekommen und sei daher ein Verschulden ausgeschlossen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

Einleitend ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren ungeachtet des in der Zwischenzeit in Kraft getretenen Vermarktungsnormengesetzes, BGBl I 2007/68, das Qualitätsklassengesetz, BGBl 1967/161 idF BGBl I 2003/78, Anwendung findet, zumal dieses Gesetz erst mit In-Kraft-Treten des Vermarktungsnormengesetzes, das war am 01.10.2007, außer Kraft getreten ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung des Qualitätsklassengesetz, BGBl 1967/161 idF BGBl I 2007 idF BGBl I 2003/78 maßgeblich:

 

?§ 26

(1) Wer Waren entgegen

1. §§ 2 bis 8 und der auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt,

?

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro

21.800 zu bestrafen.

?

 

Weiters sind folgende Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über Qualitätsklassen für Speisekartoffeln, BGBl 1994/76 idF BGBl I 2007/68, beachtlich:

 

?§ 5.

Toleranzen, hinsichtlich Z 1 und 3 jeweils gemessen nach Gewicht, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zugelassen:

?

  2. Sortentoleranzen:

     Der Anteil an Knollen fremder Sorten darf 2 Prozent nicht übersteigen.

?

 

§ 6.

(1) Der Inhalt jedes Packstückes muss gleichmäßig sein und muss, unbeschadet der Toleranzen, Kartoffeln derselben Herkunft, Sorte und Qualität umfassen. Soweit Kartoffeln nach der Größe sortiert sind, muss jedes Packstück Knollen derselben Größe enthalten. Innerhalb der Verpackungseinheit muss die obere Schicht der Packung hinsichtlich Größe und Qualität der durchschnittlichen Zusammensetzung entsprechen.

??

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich nun Folgendes:

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber, nachdem das Ergebnis der Beprobung angeführt wird, vorgeworfen, ?die Probe sei nach § 6 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über Qualitätsklassen für Speisekartoffeln unrichtig bezeichnet und liege daher eine Übertretung nach § 26 Abs 1 Qualitätsklassengesetz vor?.

 

Damit verkennt die Behörde I. Instanz aber, dass es nicht um die Bezeichnung einer Probe geht, sondern nach dem eindeutigen Wortlaut der Strafbestimmung des § 26 Abs 1 Z 1 Qualitätsklassengesetz vielmehr das ?In Verkehr bringen von Waren? verwaltungsstrafrechtlich pönalisiert ist. Nach der Anzeige des Landeshauptmannes von Tirol vom 03.08.2007 und dem entsprechenden Prüfbericht der AGES vom 09.07.2007 steht zweifellos fest (und wird im übrigen auch vom Berufungswerber nicht bestritten), dass (jedenfalls) am Tage der Kontrolle bei der Firma XY am 26.06.2007 Waren entgegen der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über Qualitätsklassen für Speisekartoffeln in Verkehr gebracht wurden, zumal bei einer Beprobung festgestellt werden musste, dass bereits bei sechs überprüften Knollen drei Knollen einer Fremdsorte vorlagen und sohin dem Gebot des § 6 Abs 1 der zitierten Verordnung, wonach der Inhalt eines Packstückes, unbeschadet der Toleranzen, Kartoffeln ua derselben Sorte umfassen muss, nicht Rechnung getragen wurde.

 

Mit dem seitens der Behörde I. Instanz gewählten Tatvorwurf wurde das wesentliche Tatbestandsmerkmal des ?In Verkehrbringens von Waren? nicht vorgeworfen. Hier kann sich die Berufungsbehörde nicht des Eindruckes erwecken, dass die Behörde I. Instanz fälschlich beim Qualitätsklassengesetz als einer lebensmittelrechtlichen Norm ausgegangen ist. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Norm des Wettbewerbsrechts, indem das Qualitätsklassengesetz Vorschriften zum Schutz eines ?lauteren Wettbewerbes? mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen normiert. So ist auch zu erklären, dass die Behörde I. Instanz die Vorschreibung der Gebühren der AGES rechtsirrig auf § 71 Abs 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz stützte.

 

Wenngleich die Berufungsbehörde grundsätzlich innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist die Tat noch um Sachverhaltselemente ergänzen kann, welche die Tat im erforderlichen Ausmaße konkretisieren, ist dabei jedoch zu beachten, dass die Berufungsbehörde nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa VwGH 22.02.1996, 95/06/0031) trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt. Sache des Berufungsverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Die Berufungsbehörde ist daher nur im Rahmen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus oder ergänzt sie die Tat um eine weitere, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl VwGH 22.01.2002, 99/09/0050).

 

Die Tat wurde dem Berufungswerber gegenständlich in derart unbestimmter Art und Weise vorgeworfen, dass eine Ergänzung bzw Konkretisierung durch die Berufungsbehörde jedenfalls einer (unzulässigen) Auswechslung der Tat gleichkäme. Folgerichtig war daher der Berufung wegen Verstoßes gegen § 44a Z 1 VStG Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Von der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war aber abzusehen, weil die 6-monatige Verfolgungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist und es der Erstinstanz damit offen stünde, einen neuen, der vorzitierten Norm entsprechenden Tatvorwurf zu erheben. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Im, Spruch, des, angefochtenen, Straferkenntnisses, wird, dem, Berufungswerber, nachdem, das, Ergebnis, der, Beprobung, angeführt, wird, die, Probe, sei, nach, § 6 Abs 1, der, Verordnung, des, Bundesministers, für, Land- und Forstwirtschaft, über, Qualitätsklassen, für, Speisekartoffeln, unrichtig, bezeichnet, und, liege, daher, eine, Übertretung, nach, § 26 Abs 1, Qualitätsklassengesetz, vor. Damit, verkennt, die, Behörde, I., Instanz, aber, dass, es, nicht, um, die, Bezeichnung, der, Probe, geht, sondern, nach, dem, eindeutigen, Wortlaut, der, Strafbestimmung, des, § 26 Abs 1 Z 1, Qualitätsklassengesetz, vielmehr, das, ?in, Verkehr, bringen, von, Waren?, verwaltungsstrafrechtlich, pönalisiert, ist. Nach, der, Anzeige, des, Landeshauptmannes, von, Tirol, vom, 03.08.2007, und, dem, enrsprechenden, Prüfbericht, der, AGES, vom, 09.07.2007, steht, zweifellos, fest, dass, jedenfalls, am, Tag, der, Kontrolle, bei, der, Firma, am, 26.06.2007, Waren, entgegen, der, Verordnung, des, Bundesministers, in, Verkehr, gebracht, wurden.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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