TE UVS Steiermark 2007/11/21 30.16-125/2007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung der Frau V V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 19.09.2007, GZ: 15.1 14514/2007, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 05.06.2007 um 13.50 Uhr in der Gemeinde G, B Straße 23 - Parkplatz den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt. Nach Durchführung einer klinischen Untersuchung durch einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt habe sie sich nach Aufforderung geweigert, Blut abnehmen zu lassen, obwohl die klinische Untersuchung einen Verdacht der Suchtgiftbeeinträchtigung ergeben hat. Die Verweigerung sei am 05.06.2007 um 15.00 Uhr in G, B Straße 24, Ordination Dr. J erfolgt. Wegen Verletzung des § 99 Abs 1 lit. c iVm § 5 Abs 10 StVO wurde über sie daher gemäß § 99 Abs 1 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 1.200,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen mit dem in der Anzeige schlüssig und nachvollziehbar dargestellten Sachverhalt, der als erwiesen angesehen und der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde. Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der zunächst bestritten wird, zum Tatzeitpunkt unter Drogen gestanden bzw. beeinträchtigt gewesen zu sein. Dies habe auch der Arzt gesehen. Der Arzt habe keinerlei Aussagen in Anwesenheit der Polizisten getroffen, dass sie unter Drogen gestanden wäre. Nach Durchführung der Untersuchung habe ihr der Arzt gesagt, dass zwar der Drogentest der Polizei positiv sei, er aber aufgrund des Ergebnisses keine Beeinträchtigung feststellen habe können. Die Berufungswerberin sei in der Zeit von 01.08.2006 bis 06.04.2007 in regelmäßigen Abständen im LSF Graz gewesen und müsse aufgrund ihrer Erkrankung auch Medikamente nehmen. Vielleicht sei der Test bei der Polizei auch auf Medikamentenrückstände zurückzuführen. Einer Blutabnahme habe sie deshalb nicht zugestimmt, da sie eben in den letzten Monaten im LSF zahlreiche Abnahmen über sich ergehen habe lassen müssen. Sie wurde überdies auch nicht darauf hingewiesen, dass sie zur Blutabnahme verpflichtet sei. Ansonsten wäre sie der Blutabnahme natürlich nachgekommen, wenn sie gewusst hätte, dass das strafbar sei. Auch habe sie Dr. J gefragt, ob dies Auswirkungen hätte. Dieser antwortete ihr: Nein, dann machen Sie eben keinen Bluttest. Sie sei nach der Untersuchung bei Dr. J wieder von der Polizei auf den Parkplatz B Straße 23 zurückgebracht worden, nachdem ihr zuvor am Posten der Zulassungs- und Führerschein wieder ausgefolgt worden wäre. Die Berufungswerberin wies ferner noch darauf hin, dass sie nach wie vor Medikamente nehmen müsse, welche jedoch keine Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit hätten. Außerdem habe sie alle drei Monate einen Termin beim Psychiater, der immer wieder die Kontrollen durchführe und ihr auch einen Befund erstellt hätte, welcher der Behörde übermittelt werde. Sie könne von sich selbst behaupten, dass sie eine gute Autofahrerin sei, bisher keinen Unfall hatte und trotz der Medikamente keine Reaktionsbeeinträchtigung wahrgenommen habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hatte unter Hinweis auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz, insbesonders jedoch des Ergebnisses des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Die Berufungswerberin lenkte am 05.06.2007 um 13.50 Uhr in der Gemeinde G, B Straße 23 - Parkplatz den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen. Im Anschluss an eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurde sie vom Meldungsleger aufgefordert, einen SG-Test durchzuführen. Dieser Aufforderung kam die Berufungswerberin nach und wurde dieser auf der Polizeiinspektion G mittels DRUG-LAB Screen-Test durchgeführt, der auf THC positiv verlief. Aufgrund dieses Testergebnisses erfolgte eine Vorführung beim Distriktsarzt Dr. J zur klinischen Untersuchung. Nach Durchführung der klinischen Untersuchung weigerte sie sich nach Aufforderung des Meldungslegers Blut abnehmen zu lassen. Die Berufungswerberin konnte anschließend ihre unterbrochene Fahrt wieder fortsetzen, zumal ihr die Fahrzeugpapiere wiederum ausgefolgt wurden. Diese Feststellungen stützen sich auf die Anzeige der Polizeiinspektion G vom 06.06.2007, die Rechtfertigungsangaben der Berufungswerberin sowie das über Ersuchen der erkennenden Behörde vorgelegte Untersuchungsergebnis der klinischen Untersuchung der Berufungswerberin durch den Distriktsarzt Dr. J. In rechtlicher Hinsicht ist nunmehr auszuführen: Gemäß § 5 Abs 10 StVO 1960 (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß Abs 9 zu einem Arzt gebracht werden, nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu lassen. Gemäß § 99 Abs 1 lit. c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162,00 Euro bis 5.813,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen (Verfassungsbestimmung), wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen. Aus dem Ausschussbericht AB 02/2 des Verkehrsausschusses zu der mit Novelle BGBl. I 2002/128 neu in die StVO aufgenommenen Bestimmung des § 5 Abs 10 StVO (abgedruckt in Anm. 41 zu § 5 Abs 10 StVO, Pürstl-Somereder, Straßenverkehrsordnung, MANZ, große Gesetzesausgabe, 11. Auflage, S. 119) geht Nachstehendes hervor:

Das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ist zwar - ebenso wie das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - bereits nach geltender Rechtslage verboten. Trotzdem treten immer wieder Beweisprobleme auf. Die Praxis hat gezeigt, dass es für eine effektive Vollziehung dieses gesetzlichen Verbotes erforderlich ist, die Untersuchung durch den Arzt durch das Ergebnis einer Blutanalyse zu untermauern. Es soll daher mit einer Änderung der StVO die Verpflichtung geschaffen werden, bei sonstiger Strafbarkeit eine Blutprobe abzugeben, wenn eine Person dem Arzt vorgeführt wird, weil das Straßenaufsichtsorgan vermutet, dass der Betreffende durch Suchtgift beeinträchtig ist. Voraussetzung ist, dass der Arzt zu dem Schluss gekommen ist, dass eine Beeinträchtigung vorliegt, die auf eine Suchtgifteinnahme hindeutet. Im Anlassfall wurde die nunmehrige Berufungswerberin auf den Verdacht des Meldungslegers hin, in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben (Ergebnis des SG-Tests, positiv auf THC-Cannabis) einem im öffentlichen Sicherheitsdienst stehenden Arzt, nämlich dem Distriktsarzt Dr. J vorgeführt bzw. zu diesem gebracht. Dieser führte in der Folge eine klinische Untersuchung der Berufungswerberin durch. Aus dem der erkennenden Behörde seitens der Polizeiinspektion G im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Gutachten Dris. S. J, Arzt für Allgemeinmedizin in G, B Straße 24, vom 05.06.2007, geht in verfahrensrelevanter Hinsicht hervor: Die Fahrerin war aufgrund der von dem Exekutivbeamten beobachteten Vorkommnisse, Verhaltensweisen und Erscheinungsmerkmale und aufgrund der vom Arzt beobachteten Symptome und der Ergebnisse der psychophysischen Tests zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt und fahrfähig. Auf Grundlage dieses ärztlichen Gutachtens ist es daher nicht nachvollziehbar, weshalb in der Strafanzeige der Polizeiinspektion G vom 06.06.2007, GZ: A1/015955/01/2007 - die diesbezüglichen Angaben wurden von der belangten Behörde unkommentiert übernommen - davon die Rede ist, dass die Berufungswerberin die Aufforderung zur Blutabnahme verweigert hat obwohl die klinische Untersuchung einen Verdacht der Suchtgiftbeeinträchtigung ergeben hat. Die Berufungswerberin hat, wie von ihr im Übrigen ausdrücklich zugegeben, die Blutabnahme, zu der sie vom Meldungsleger aufgefordert wurde, zwar verweigert, doch hätte sie auf Grundlage des Ergebnisses der zitierten klinischen Untersuchung unter Strafsanktion hiezu nicht einmal aufgefordert werden dürfen. Wie bereits zuvor ausgeführt und insbesonders in der Bestimmung des § 5 Abs 10 StVO expressis verbis normiert, setzt die Aufforderung zur Blutabnahme jedenfalls voraus, dass bei Personen, die zu einem Arzt gebracht wurden eine Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, festgestellt wird. Erst in diesem Fall haben die Betroffenen die Blutabnahme vornehmen zu lassen. Der untersuchende Arzt, Dr. S. J, hat in seinem Gutachten vom 05.06.2007 einerseits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Berufungswerberin nicht beeinträchtigt und deshalb fahrfähig ist und im Übrigen unbeschadet des Ergebnisses des freiwillig von ihr durchgeführten Urintests auch keine andere Beeinträchtigung, etwa durch Alkohol, Medikamente, Krankheit oder Übermüdung, konstatiert. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Auf Grundlage obiger Feststellungen, insbesonders deren rechtlicher Beurteilung, hat die Berufungswerberin insbesonders mangels gesetzlicher Grundlage, die im Anlassfall eine Blutabnahme verpflichtend vorsehen würde, die ihr im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Der Berufung war daher Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen sie geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Blutabnahme Verweigerung Suchtgift Beeinträchtigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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