Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufungen des A. C., I., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H. B., Dr. P. W., Dr. R. B., M. S. 1, I., gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 13.09.2007, zu Zahl 12070891 bis 12071042, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird den Berufungen Folge gegeben und werden die erstinstanzlichen Straferkenntnisse behoben sowie die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 13.09.2007, zu Zahl 12070891, wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt angelastet:
?Sie haben am 08.08.2005 von 11.06 Uhr bis 11.21 Uhr in Innsbruck, Schneeburggasse gegenüber 45, das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke Mercedes mit dem behördlichen Kennzeichen XY in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne vorschriftsgemäße Entrichtung der Parkabgabe geparkt, weil der Parkschein fehlte.?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs 1 lit a des Tiroler Parkabgabegesetzes 2006, LGBl Nr 9/2006, idgF in Verbindung mit den §§ 1 und 4 der Innsbrucker Parkabgabeverordnung 2006 (Gemeinderatsbeschluss vom 26.01.2006 idgF) zur Last gelegt. Über den Beschuldigten wurde eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt.
Mit 151 weiteren Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck zu den Zahlen 12070892 bis 120701042 wurde dem Beschuldigten jeweils eine gleichartige Übertretung nach § 14 Abs 1 lit a des Tiroler Parkabgabegesetzes iVm den §§ 1 und 4 der Innsbrucker Parkabgabeverordnung 2006 zur Last gelegt. Auch hier wurde über den Beschuldigten jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils einem Tag, verhängt. In diesen weiteren Straferkenntnissen ist jeweils das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY gegenständlich, wobei jeweils Tatorte in Innsbruck, Schneeburggasse (an teilweise unterschiedlichen Anschriften) zur Last gelegt worden sind.
Diese 152 Straferkenntnisse weisen eine gemeinsame Begründung auf. Dabei wurde insbesondere ausgeführt, dass den gegenständlichen 152 Verwaltungsstrafverfahren jeweils eine Anzeige eines Organs der öffentlichen Sicherheit zugrunde liegen würde.
Zur sich nicht aus den Anzeigen ergebenden Lenkereigenschaft des Beschuldigten wurde ausgeführt, dass in insgesamt 152 Fällen das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke Mercedes mit dem italienischen Kennzeichen XY in Innsbruck in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt worden sei und hiebei die erforderliche Parkabgabe nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Übertretungen seien im Bereich der Schneeburggasse begangen worden. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 01.06.2006 an das Kraftfahrzeugamt der Autonomen Provinz Bozen sei um Bekanntgabe des Namens und der Anschrift des Fahrzeughalters ersucht worden. Im Antwortschreiben dieser Behörde vom 14.07.2006 sei O. C., geb am XY, wohnhaft in I-B., 29 XY, als Fahrzeughalter namhaft gemacht worden. Eine daraufhin erfolgende Überprüfung im zentralen Melderegister habe ergeben, dass O. C. in Innsbruck bzw in Österreich keinen Wohnsitz habe. Im Zuge dieser Überprüfung sei jedoch erhoben worden, dass der Beschuldigte, A. C., geb am XY, seit 2003 einen Wohnsitz in Innsbruck, seit 01.06.2006 seinen Hauptwohnsitz in der XY-Gasse, habe.
Dementsprechend sei nach Ansicht der Erstbehörde ein begründeter Verdacht gegeben, dass A. C. im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Übertretungen nach dem Tiroler Parkabgabegesetz stehe. In den in den Verwaltungsstrafverfahren folgenden Rechtfertigungen des Beschuldigten bestreite dieser jeglichen Zusammenhang mit den zur Last gelegten Übertretungen. Diese Rechtfertigungen hätten die Erstbehörde veranlasst, die Verbindung zwischen dem Beschuldigten, den begangenen Übertretungen und dem Fahrzeughalter, O. C., zu rekonstruieren.
Dazu sei mit der Gemeinde Brixen schriftlich Kontakt aufgenommen worden und sei zum Zweck der Beweisführung um Übermittlung von Geburtsbuchauszügen und Meldeauskünften, betreffend O. und A. C., ersucht worden. Nach Einlangen dieser Urkunden sei festgestellt worden, dass es sich beim Fahrzeughalter, O. C., um den Vater des A. C. handle und beide an der gleichen Wohnanschrift in Brixen gemeldet seien.
Dieses Verfahrensergebnis sei dem Beschuldigten zur Kenntnis gebracht worden, wobei der Beschuldigte jedoch lediglich auf seine früheren Angaben verwiesen und keine weiteren Angaben gemacht habe. Gemäß der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 25 VStG befreie der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, wobei die Erklärung des Beschuldigten im Strafverfahren, er habe die Übertretungen nicht begangen, nicht ausreiche, wenn nicht ebenso konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten würden. Es wäre daher am Beschuldigten gelegen gewesen, dezidiert zu behaupten, dass er in allen 152 Fällen nicht der verantwortliche Lenker gewesen sei und hätte er diesbezüglich eindeutige Beweise anbieten müssen. Da dies der Beschuldigte unterlassen habe und auf Grund des Umstandes, dass 152 Verwaltungsübertretungen in unmittelbarer Nähe zum Wohnsitz des Beschuldigten mit dem Fahrzeug seines Vaters begangen worden seien, gehe die Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon aus, dass der Beschuldigte in diesen 152 Fällen der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen sei.
Gegen diese Straferkenntnisse wurden 152 gesonderte Berufungen erhoben.
Stellvertretend für diese Berufungen wird die Berufung gegen das erstangeführte Straferkenntnis mit der Zahl 12070891 wiedergegeben. In dieser Berufung heißt es wie folgt:
?Begründend wird dazu ausgeführt wie folgt:
Herrn A. C. wird, wie in 151 anderen Fällen, vorgeworfen, er habe an dem im Straferkenntnis genannten Tag und der eben dort genannten Uhrzeit in Innsbruck in und in der Umgebung der Schneeburggasse das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke Mercedes mit dem behördlichen Kennzeichen XY in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne vorschriftsgemäßer Entrichtung der Parkabgabe geparkt, weil der Parkschein fehlte. Dies erweist sich allerdings aus nachfolgenden Überlegungen als unrichtig und daher nicht berechtigt:
1.
Zunächst wird vorgebracht, dass die Formerfordernisse eines Bescheides bei gegenständlichem Straferkenntnis nicht gegeben sind, da die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung fehlen. Das Straferkenntnis gegenständlicher Aktenzahl/Zahl setzt sich aus dem Spruch und der Nennung der Zahlungsfrist und Modalitäten zusammen. Die essentiellen Bestandteile einer Rechtsmittelbelehrung und vor allem auch der Begründung fehlen vollends.
Unter dem Aspekt einer Verletzung des Gleichheitssatzes wird nunmehr dargetan, dass durch die entscheidende Behörde eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit vorliegt, da der Bescheid unbegründet erlassen wurde. Es wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen (vgl etwa Verfassungssammlung 9293/1981, 10057/1984, 10997/1986, 11851/1988, 12476/1990 und auch VfGH am 27.11.2000 zu B 1019/98 und VfGH am 26.11.2001 zu B 1444/00), in dem eine Mangelhaftigkeit des erlassenen Bescheides insoferne schon vorliegt, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen kein Begründungswert zukommt bzw sich nur formelhafter Begründungen bedient. Insoweit deutet das Verhalten der bescheiderlassenden Behörde auf Willkür hin, da jegliche Begründung für die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Rechtsfolgen fehlt.
A minori ad maior muss wohl, wenn der Verfassungsgerichtshof schon die alleinige Verweisung auf eine vorherige Berufungsentscheidung als mangelhafte Bescheidbegründung sieht, das gänzliche Fehlen einer Begründung und Rechtsmittelbelehrung eine Gleichheitswidrigkeit darstellen.
Der angefochtene Bescheid ist daher schon wegen des in Art 7 Abs 1 B-VG gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufzuheben.
Gemäß § 58 AVG hat ein Bescheid gewisse Formerfordernisse zu erfüllen. Hiezu zählt insbesondere nach § 60 AVG die Pflicht zur Begründung und ebenso gemäß § 61 AVG eine Rechtsmittelbelehrung. Im gegenständlichen Fall hat die Behörde nur einmal eine Art ?Sammelbegründung? den Bescheidausfertigungen beigeschlossen und ist eben dadurch ihrer Pflicht zur Begründung nicht nachgekommen. Korrespondierend mit der fehlenden Rechtsmittelbelehrung macht dies im Gesamten die gegenständliche Bescheidausfertigung nichtig.
2.
Vorsorglich wird vorgebracht, dass hinsichtlich des im Spruch genannten Tatbestandes zudem Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Verwaltungsstrafgesetz eingetreten ist. Die erste Verfolgungshandlung durch die Behörde wurde am 16. August 2006 durch eine Niederschrift gesetzt. Da es sich beim ?Falschparken? um kein Dauer-, sondern ein Erfolgsdelikt handelt und vorher keine Verfolgungshandlungen gesetzt wurden, ist Verfolgungsverjährung eingetreten.
3.
Aus anwaltlicher Vorsicht wird inhaltlich ausgeführt:
In der Sammelbegründung wird dem Beschuldigten, Herrn A. C., insbesondere vorgeworfen, er hätte sich gegenüber dem Vorwurf, in insgesamt 152 Fällen während des jeweils im Spruch genannten Zeitraumes ein dem Kennzeichen nach bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt und hier die erforderliche Parkabgabe nicht ordnungsgemäß entrichtet zu haben, im Wesentlichen dahingehend verantwortet, dass er das in Rede stehende Kraftfahrzeug nie falsch geparkt habe. Die Lenkereigenschaft des Beschuldigten wird von der ermessensübenden Behörde aber deshalb als gegeben erachtet, da erhoben wurde, dass das Fahrzeug dem Vater des Beschuldigten, Herrn O. C., gehöre und da der Beschuldigte einen zuerst Neben-, dann Haupt-, inzwischen gar keinen Wohnsitz in Innsbruck gehabt habe und er der Sohn des Zulassungsbesitzers ist, der begründete Verdacht bestehe, dass Herr A. C. die verfahrensgegenständlichen Übertretungen begangen habe.
Richtig ist, dass der Beschuldigte der Sohn des Zulassungsbesitzers, Herrn O. C., ist und dass er in Innsbruck einen Nebenwohnsitz, sodann einen Hauptwohnsitz gehabt hat und nunmehr nach Italien verzogen ist. Richtig ist auch weiters, dass die Behörde beim Kraftfahrzeugamt der autonomen Provinz Bozen den Fahrzeughalter des gegenständlichen Fahrzeuges ausforschte und dass sie in der Gemeinde Brixen schriftlich um Geburtenbuchauszüge und Meldeauskünfte anfragte.
Insoweit ist es unverständlich, weswegen ein Strafverfahren gegen Herrn A. C. eingeleitet wurde. Dies wird von der Behörde weitestgehend damit begründet, dass der Beschuldigte im Sinne der Mitwirkungspflicht dezidiert behaupten hätte müssen, nicht der verantwortliche Lenker gewesen zu sein und hätte er diesbezüglich eindeutige Beweise anbieten müssen. Sodann ging die Behörde in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Beschuldigte der Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges gewesen ist.
Völlig unnachvollziehbar ist dabei aber die Vorgangsweise in der Beweiswürdigung der Behörde, wonach der Beschuldigte in 152 Fällen beweisen hätte sollen, nicht der gegenständliche Lenker zu sein. Es ist allein der Lebenserfahrung nach nicht möglich, sich für 152 Zeitpunkte durch Beweismittel frei zu beweisen. Auch hat der Beschuldigte in seiner Einvernahme vom 16. August 2006 bekannt gegeben, das in Rede stehende Fahrzeug nie falsch geparkt zu haben. Am 7. und 20. November 2006 gab er der Behörde zudem bekannt, dass das in Rede stehende Fahrzeug ihm nicht einmal gehört. Gleichlautend verantwortete er sich am 21. März 2007. Zwar unterliegt auch der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren der Mitwirkungspflicht und er kann seine Verantwortung nicht darauf beschränken, die Beweis- und Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, aber ist er ebenso nicht angehalten, von sich aus den Beweis einer mangelnden Lenkereigenschaft anzutreten. Vor allem kann von ihm nicht unter Berufung auf die ihn im Strafverfahren treffende Mitwirkungspflicht verlangt werden anzugeben, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt sonst gelenkt habe, da nicht erwartet werden kann, dass er vom entsprechenden Sachverhalt Kenntnis habe. Die Mitwirkungspflicht kann sohin nicht die Verschiebung der Beweislast zu ungunsten der Partei bedeuten und die Behörde von ihrer Verpflichtung, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen nach dem Offizialprinzip zu erheben, entbinden. Vor allem hat der Beschuldigte gegenständlich der Behörde zur Kenntnis gebracht, dass er nicht der Zulassungsinhaber ist.
Alleinig die Tatsache, dass er der Sohn des Zulassungsinhabers ist und einen Wohnsitz in Innsbruck hatte, kann nicht ausreichen, ihm zur Last zu legen, in 152 Fällen mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug entgegen den Vorschriften des Tiroler Parkabgabegesetzes gehandelt zu haben. Diesbezüglich wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 13.11.1996, 96/03/0237, ÖAMTC-LSK 1997/39 sowie Verwaltungsgerichtshof vom 20.9.1999 zu 98/21 /0137 verwiesen.
Eben deshalb kann unter dem ?Deckmantel? der Mitwirkungspflicht die Behörde nicht von ihrer amtswegigen Ermittlungstätigkeit entbunden werden und deshalb aufgrund eines begründeten Verdachtes dem Sohn des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges, nur weil dieser in Innsbruck wohnhaft war, die Begehung von 152 Verstößen gegen das Tiroler Parkabgabegesetz zur Last legen, vor allem weil dieser schon bei seinen Einvernahmen bekannt gab, weder gefahren noch der Zulassungsbesitzer zu sein.
Zutreffenderweise ist der Halter und Zulassungsinhaber eines Kraftfahrzeuges gemäß der im Verfassungsrang stehenden Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG verpflichtet, eine Lenkerauskunft zu erteilen. Vor allem, da im Sinne der Rechtsprechung ein beschuldigter Zulassungsinhaber sich nicht mit Erfolg auf ihm nach anderen Rechtsvorschriften zukommenden Rechte berufen kann (ordre puplic eines anderen Staates) und die Behörde bereits den gegenständlichen Zulassungsinhaber ausgemittelt hatte, stellt sich erneut die Frage, warum Herr A. C. als Beschuldiger zu sehen ist. Aus dem Erkenntnis des UVS Vorarlberg vom 10.6.2005 zu UVS/1 /774/2004 ist es einem Zulassungsbesitzer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kfz nicht möglich, sich auf anders lautende Rechtsvorschriften im Sinne des ordre puplic eines anderen Staates zu berufen. Dies insofern, weil der Tatort in Österreich gelegen ist und deshalb österreichische Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen. Eine Verfolgung der Behörde nach Italien wäre somit möglich gewesen.
Mit Schreiben vom 14.7.2006 des Kraftfahrzeugamtes der autonomen Provinz Bozen wurde der Behörde der Fahrzeughalter bekannt gegeben. Bei diesem allerdings wurde nie um eine Lenkerauskunft angesucht. Weiters wurde sogar mit der Gemeinde Brixen in Kontakt getreten, um Meldeauskünfte bezüglich O. und A. C. zu erhalten. Weshalb und warum nunmehr Herr A. C. in seinen Einvernahmen bezüglich einer Auskunft über den Lenker, über den er keine Kenntnis hatte, befragt wurde und ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Vorgehen der Behörde bezüglich einer Auskunft nicht getätigt wurde, entzieht sich der Nachvollziehbarkeit. Naheliegenderweise drängt sich auf, dass bezüglich des Halters inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ersatzweise der Sohn in Anspruch genommen wird.
Nach dem von der Behörde abgeführten Beweisverfahren ist der Beschuldigte eben nicht Halter des gegenständlichen Fahrzeuges. Wenn von der Behörde im Sinne der Mitwirkungspflicht verlangt wird, der Beschuldigte habe an der Aufklärung mitzuwirken, stellt sich die Frage, wie er dieser Pflicht nachkommen hätte sollen. Vor allem unter dem Aspekt, dass er einerseits als Beschuldigter sich nicht selbst belasten muss und andererseits ihn als Lenker auch nicht die Pflicht zur Auskunft treffen kann. Zudem hatte die Behörde den Fahrzeughalter ermittelt und trifft den Beschuldigten mit Sicherheit nicht die Pflicht, den Halter des gegenständlichen Fahrzeuges oder auch dessen Lenker zu kennen. Der Beschuldigte ist somit allen ihn im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Pflichten nachgekommen und hat sich ebenso entsprechend verantwortet. Die ihn treffende Strafe ist somit ungerechtfertigt.
Es werden somit gestellt die ANTRÄGE
der gegenständlichen Berufung gegen diesen Bescheid Folge zu geben, als ebenso den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.”
Den erhobenen Berufungen kam aus nachstehenden Gründen Berechtigung zu:
Wie schon in der Begründung der Erstbehörde ausgeführt, liegen den gegenständlichen Straferkenntnissen jeweils entsprechende Anzeigen zugrunde, in denen das verfahrensgegenständliche Fahrzeug, der Tatort, die Tatzeit sowie der Umstand, dass die Parkabgabe nicht entrichtet worden ist, angeführt sind. Die Lenkereigenschaft wurde naturgemäß in den Anzeigen nicht angeführt, zumal die Wahrnehmungen der Kontrollorgane nicht im Beisein des Lenkers gemacht worden sind.
Somit war auf Grund der Anzeige nicht geklärt, wer der Lenker des Fahrzeuges gewesen ist.
Den erstinstanzlichen Akten ist zu entnehmen dass die Erstbehörde die Autonome Provinz Bozen-Südtirol mit Schreiben vom 01.06.2006 um Bekanntgabe des Halters des gegenständlichen Personenkraftwagen der Marke Mercedes mit dem Kennzeichen XY ersucht hat. Mit Schreiben vom 14.07.2006 wurde der Erstbehörde mitgeteilt, dass Halter (Zulassungsbesitzer) dieses Fahrzeuges O. C. mit Wohnsitz in B., 29 XY, ist.
Gemäß § 4 Abs 1 des Tiroler Parkabgabegesetzes 2006 ist zur Entrichtung der Parkabgabe der Lenker des Fahrzeuges verpflichtet.
Nach § 4 Abs 2 leg cit kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Bestehen des Verdachtes der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs 1 lit a oder c Auskunft darüber verlangen, wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Die Auskunft, die den Namen und die Adresse der entsprechenden Person enthalten muss, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann der Zulassungsbesitzer diese Auskunft nicht erteilen, so hat er den Namen und die Adresse jener Person anzugeben, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft sodann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist nach der angeführten Bestimmung unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung innerhalb von zwei Wochen nach deren Zustellung zu erteilen. Kann die Auskunft ohne Führung von Aufzeichnungen nicht gegeben werden, so sind entsprechende Aufzeichnungen zu führen.
Den erstinstanzlichen Akten ist zu entnehmen, dass der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges lediglich hinsichtlich dem 08.08.2005 (11.06 Uhr bis 11.21 Uhr in Innsbruck, Schneeburggasse gegenüber Nr 45) mit Schreiben vom 16.08.2006 aufgefordert worden ist, bekannt zu geben, wer das bezeichnete Kraftfahrzeug zuletzt vor diesem Zeitpunkt am genannten Ort abgestellt hat. Diese Aufforderung ist O. C. laut internationalem Rückschein am 22.08.2006 zugestellt worden. Eine entsprechende Auskunftserteilung seitens des Zulassungsbesitzers erfolgte jedoch nicht. Hinsichtlich der anderen verfahrensgegenständlichen Tatzeiten bzw Tatorten erfolgte keine Anfrage seitens der Erstbehörde.
Sodann ergingen gegen den Beschuldigten 152 Strafverfügungen, wobei der Beschuldigte jeweils Einsprüche dagegen erhoben hat.
Inhaltlich führte der Beschuldigte aus, dass er mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug nie falsch geparkt habe. Deshalb verstehe er nicht, warum er bestraft worden sei und die Strafen bezahlen solle. Das Fahrzeug würde nicht ihm gehören. Hinsichtlich des Fahrzeughalters würde er sich der Aussage enthalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen ausgeführt, dass aus dem Umstand, dass jemand Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges ist, mit dem eine Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auf die Lenkereigenschaft des Zulassungsbesitzers im Rahmen der freien Beweiswürdigung geschlossen werden kann, wenn dieser nicht zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beiträgt. Dazu gehört, dass der Zulassungsbesitzer belegt, dass eine andere Person Lenker des Fahrzeuges gewesen ist bzw er als Lenker nicht in Betracht kommt, zumal er sich zur Tatzeit nicht am Tatort aufgehalten hat.
Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt aber jeweils auf den Zulassungsbesitzer selbst ab. Im gegenständlichen Fall ist der Zulassungsbesitzer jedoch der Vater des Beschuldigten. Zudem ergibt sich kein gesicherter Hinweis dafür, dass der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges dieses dem Beschuldigten jeweils überlassen hat, zumal eine Kontaktaufnahme mit dem Zulassungsbesitzer nie gelungen ist. Dabei ist insbesondere auch auf die in den Berufungen angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.11.1996, Zahl 96/03/0237, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Inhaltlich wurde ausgesprochen, dass dann, wenn der Beschuldigte nicht Zulassungsbesitzer des bei der Begehung der Verwaltungsübertretung verwendeten Kraftfahrzeuges ist, von ihm, sofern nicht etwa andere Umstände hinzutreten (wie etwa, wenn ihm der Zulassungsbesitzer das Fahrzeug zur Verwendung überlassen hat), nicht unter Berufung auf die ihn im Strafverfahren treffende Mitwirkungspflicht verlangt werden kann, konkrete Angaben darüber zu machen, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat. Nach dieser Entscheidung ist der Beschuldigte in einem derartigen Fall auch nicht gehalten, von sich aus den Beweis seiner mangelnden Lenkereigenschaft anzutreten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es zwar, seine Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und entsprechende Beweise anzubieten. Die Mitwirkungspflicht bedeutet jedoch keine Verschiebung der Beweislast zum Nachteil der Partei. Die Behörde wird nicht von der Verpflichtung enthoben, entsprechend dem Offizialprinzip den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben.
Hinzu kommt, dass die Argumentation der Erstbehörde zum Wohnsitz des Beschuldigten in I., insbesondere seinem Wohnsitz in der XY-Gasse 47a seit 01.06.2006, nicht vollständig zu überzeugen vermag, zumal sich auf Grund einer Meldeanfrage ergeben hat, dass der Beschuldigte dort lediglich vom 01.06.2006 (bis 16.03.2007, Aufgabe des Wohnsitzes in Österreich) seinen Hauptwohnsitz gehabt hat, zuvor jedoch vom 06.10.2003 bis 31.05.2006 mit Nebenwohnsitz in I., XY-Straße 3/2, gemeldet gewesen ist. Dieser Nebenwohnsitz ist weit von den zur Last gelegten Tatorten entfernt, wobei der weitaus größte Teil der Tatzeiten vor der Begründung des Hauptwohnsitzes in I., XY-Gasse 47a datiert.
Auf Grund der aufgezeigten Umstände kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte zu den angelasteten Tatzeiten auch tatsächlich jene Person gewesen ist, die das gegenständliche Kraftfahrzeug am jeweils vorgeworfenen Tatort abgestellt hat.