TE UVS Burgenland 2007/11/28 B02/11/07001

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Veröffentlicht am 28.11.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland entscheidet durch sein Mitglied Mag. Latzenhofer über die Berufung vom 28.12.2006 der Frau ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 18.12.2006, Zl. MA-BA-106-439/1-7, betreffend gewerberechtliche Genehmigung der Betriebsanlage (Friseursalon) der Frau ***am Standort ***, Grundstück Nr. ***, KG *** wie folgt zu Recht:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), § 74 Abs. 2, § 77, § 359b Gewerbeordnung (GewO) 1994 wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass folgende Korrekturen im Spruch des angefochtenen Bescheides erfolgen:

 

1.) Auftrag 1. hat zu lauten wie folgt:

An gut sicht- und erreichbarer Stelle ist ein entsprechend gekennzeichneter Erste-Hilfekasten mit Ausstattung gemäß ÖNORM Z 1020 anzubringen, dessen Ausstattung in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten ist.

 

2.) Auftrag 3. hat zu lauten wie folgt:

Gegen gefährliche Berührungsspannungen ist als Schutzmaßnahme die Nullung und als Zusatzschutz die Fehlerstromschutzschaltung auszuführen.

 

3.) In Auftrag 9. ist nach der Wortfolge mindestens ein Mal jährlich das Wort nachweislich einzufügen.

Text

Mit Ansuchen vom 20.11.2006 beantragte Frau *** (in der Folge Berufungswerberin) die gewerberechtliche Genehmigung für einen Friseursalon mit dem Standort ***, Grundstück Nr. ***, KG ***. Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung am 13.12.2006 am Ort der Betriebanlage erließ die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg den nunmehr angefochtenen Bescheid, in dem gemäß § 359b GewO 1994 festgestellt wurde, dass die Betriebsanlage (im Ausmaß von 50 m²) derart beschaffen sei, dass sie dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen gewesen sei und ordnete zum Schutz der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen (entsprechend den nicht näher begründeten Vorschlägen der Amtssachverständigen in der Verhandlung) 10 von der Berufungswerberin zu erfüllende Aufträge an.

 

 

In Auftrag 1. des angefochtenen Bescheides wurde wie folgt ausgesprochen:

An gut sicht- und erreichbarer Stelle ist ein entsprechend gekennzeichneter Erste-Hilfekasten gemäß ÖNORM Z 1020 anzubringen, welcher mit Mitteln zur Erste-Hilfeleistung in ausreichender Menge auszustatten ist, die in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten sind.

 

In Auftrag 3. des angefochtenen Bescheides wurde wie folgt ausgesprochen:

Gegen gefährliche Berührungsspannungen ist eine gemäß ÖVE/ÖNORM E 8001 zugelassene Schutzmaßnahme anzuwenden. Als Schutzmaßnahme ist nach Rücksprache mit dem EVU im TT-Netz als Fehler- und Zusatzschutz die Fehlerstromschutzschaltung (FI-Schutzschaltung), im TN-Netz als Fehlerschutz die Nullung und als Zusatzschutz die Fehlerstromschutzschaltung auszuführen.

 

In Auftrag 7. des nunmehr angefochtenen Bescheides wurde wie folgt angeordnet:

Das Objekt ist mit einer Blitzschutzanlage gemäß ÖVE/ÖNORM E 8049 Klasse III zu versehen (Sicherheitsprotokoll).

 

In Auftrag 10. des nunmehr angefochtenen Bescheides wurde wie folgt ausgesprochen:

Folgende Nachweise sind im Betrieb zur behördlichen Einsichtnahme bereit zu halten:

a) Bestätigung eines befugten Fachmannes über den ordnungsgemäßen Zustand der Elektroinstallation. (Sicherheitsprotokoll inkl. Beilagen)

b) Bestätigung eines befugten Fachmannes über die Wirksamkeit der Blitzschutzanlage

c)

Nachweis über die Ausführung als Sicherheitsglas

d)

Nachweis über die periodische Überprüfung der tragbaren Feuerlöscher (z.B.: Prüfplakette)

 

Dieser Bescheid wurde der Berufungswerberin am 21.12.2006 zugestellt.

 

Mit am 03.01.2007 eingebrachter Eingabe erhob die Berufungswerberin gegen Punkt 7. und Punkt 10. b) der Aufträge im Bescheid Berufung, mit welcher sie die Streichung dieser Punkte beantragte. Begründend führte die Berufungswerberin aus, dass das Gebäude, in dem sich die Betriebsanlage befinden werde, nicht mit einer Blitzschutzanlage ausgestattet sei. Seitens der Baubehörde bestehe auch diesbezüglich keine Auflage. Die vorgeschriebene Errichtung einer Blitzschutzanlage stehe in keinem Verhältnis zu dem Ausmaß des angemieteten Geschäftslokales (50 m²). Dieser Auftrag sei inhaltlich nicht konform mit den angeführten Rechtsgrundlagen. In dem im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholten gewerbetechnischen Gutachten des Amtssachverständigen vom 22.02.2007 wurde ausgeführt, dass Blitzschutzanlagen Teile von elektrischen Anlagen seien, die unter Anderem bei Betriebsanlagen und Veranstaltungsstätten generell zu fordern seien. Diese Forderung ergebe sich aus den SNT-Vorschriften (Vorschriften über Sicherheiten, Normalisierung und Typisierung), die mit den aufgrund des Elektrotechnikgesetzes erlassenen Verordnungen für verbindlich erklärt worden seien. Durch die ETV 2002 (BGBl. II 222/2002) sei als anzuwendende Norm die ÖVE/ÖNORM E 8049-1 angeordnet worden. In dieser Norm seien Blitzschutzklassen von IV - I vorgesehen, wobei der Verordnungsgeber festgelegt habe, dass in Österreich Blitzschutzanlagen mindestens der Klasse III zu entsprechen haben. Die Norm sehe für die Ermittlung der Blitzschutzklassen und somit die Erforderlichkeit der Blitzschutzanlagen ein umfangreiches Berechnungsmodell vor. Dieses Modell gehe von der Blitzeinschlagshäufigkeit vom Objekt selbst sowie vom Inhalt des Objektes aus. Nach der in der Norm vorgesehenen Formel für die Errechnung des Koeffizienten ?E? für die Erforderlichkeit von Blitzschutzanlagen (E = 1 - akzeptierte Einschlagshäufigkeit:

jährliche Anzahl der Einschläge) ergebe sich für das Objekt, in dem sich die Anlage der Berufungswerberin befinde, ein Wert von E=0,9046. Gemäß der Schutzklassentabelle in der Norm ergebe sich daraus die Notwendigkeit für Blitzschutzanlagen gemäß Schutzklasse II für das gegenständliche Objekt, in dem sich die Betriebsanlage befinde. Die von der Behörde angeordnete (weniger aufwendige) Blitzschutzanlage der Schutzklasse III sei jedoch als ausreichend zu erachten, da der Unterschied zwischen den beiden Blitzschutzklassen marginal sei und auch mit der Blitzschutzklasse III das Auslangen gefunden werden könne, zumal aufgrund der Gebäudegeometrie die geschützte Dachfläche einen ausreichenden Schutz sicherstelle.

 

In der im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme der Berufungswerberin vom 28.03.2007 zum Gutachten des Amtssachverständigen führte die Berufungswerberin aus, dass Blitzschutzanlagen dem Brandschutz dienten und Brandschutz primär in die Zuständigkeit der Baubehörde falle. Für gewerbliche Betriebsanlagen seien Brandschutzauflagen nur dann aufzuerlegen, wenn wegen ihrer Größe oder der in der Anlage ausgeübten Tätigkeit besondere Brandgefahr gegeben sein könne. Letzteres sei beim gegenständlichen Friseursalon nicht der Fall. Die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht als Gutachten anzusehen, da sie lediglich eine Auflistung elektrotechnischer Vorschriften enthielten. Der Friseursalon sei mit 50 m² (im Erdgeschoß gelegen) bloß ein kleiner Teil des einstöckigen Gebäudes. Mit einer Blitzschutzanlage sei allenfalls das Gebäude, welches jedoch nicht im Eigentum der Berufungswerberin stehe, auszustatten, nicht jedoch der im Erdgeschoß gelegene Friseursalon. Der Gewerbebehörde könne keine Zuständigkeit zur Auferlegung einer Auflage zukommen, welche das Gebäude insgesamt und nicht allein einen kleinen gewerblich genutzten Teil desselben betreffe. Die Gewerbebehörde dürfe nicht Auflagen für das gesamte Gebäude aussprechen, weil dieses zum überwiegenden Teil privat und nicht gewerblich genutzt werde.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland am 27.07.2007 führte die Berufungswerberin ferner aus, dass nicht nachvollziehbar sei, warum für den Betrieb der Berufungswerberin nunmehr Auflagen erteilt würden, während für den an gleicher Stelle vor 10 Jahren betriebenen Friseurbetrieb keine solchen Auflagen erteilt worden seien. Im Hinblick auf den Umstand, dass das Geschäftslokal der Berufungswerberin bloß einen geringen Anteil an der Gesamtfläche des Gebäudes einnehme (50 m² von insgesamt 450 m²) sei die Vorschreibung der Auflagen nicht gerechtfertigt. Auch betreffe die Auflage das Gesamtgebäude und nicht spezifisch den Betrieb der Berufungswerberin. Für das Gebäude selbst bestehe eine Benützungsbewilligung der Baubehörde, in der sich keine entsprechende Vorschreibung finde. Zudem sei  darauf hinzuweisen, dass sich in derselben Straße viele Betriebe befänden, die ebenfalls über keine Blitzschutzanlage verfügen. In der mündlichen Verhandlung führte der Amtssachverständige zum Thema ?Erforderlichkeit von Blitzschutzanlagen? aus, dass diese nicht bloß dem Brandschutz dienten. Falls Blitze nicht geordnet abgeleitet würden, bestehe die Gefahr von Teilentladungen und Potentialsdifferenzen. Dies könne zu elektrischen Schlägen für Personen führen, soweit sie sich in der Nähe von metallstatischen oder von anderen elektrisch leitenden Gegenständen aufhalten. Insgesamt ergebe sich durch die Anwendung der ÖNORM E 8049-1, dass bei jedem Gebäude, die in der Norm vorgesehene Schutzklassenberechnung durchzuführen sei. Denn die Gefährdung durch Blitze bestehe an sich unabhängig von Größe und Ausstattung in jedem einzelnen Fall. Daher sei bei jedem Betrieb eine Blitzschutzanlage notwendig, soweit der sich nach der Schutzklassenberechnung ergebende E-Wert größer als 0,8 sei. Es gebe demnach nur genehmigungsfreie Betriebsanlagen, wenn dieser Wert nicht überschritten werde.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Für die Entscheidung waren folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

 

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), Stammfassung: BGBl. Nr.  51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.  I  Nr. 10/2004, Gewerbeordnung 1994 BGBl. Nr. 314/1994 idF BGBl. I Nr. 84/2006

 

Im Einzelnen (neben den lediglich die Zuständigkeit des UVS als Berufungsbehörde begründenden § 66 Abs. 4 AVG):

 

§ 74 Abs. 2 GewO:

?Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.?

 

§ 77 GewO:

?(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

 

§ 359b GewO:

?(1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), daß

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt, die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden,

so hat die Behörde das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekanntzugeben, daß die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und daß die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung. In der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

 

Nach dem von der Behörde herangezogenen § 359b GewO 1994 sind auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren - dessen Anwendungsvoraussetzungen im vorliegenden Fall aufgrund der Größe der Anlage und elektrischen Anschlussleistung zu bejahen sind - Aufträge zum ausreichenden Schutz der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen anzuordnen. Zu diesen Interessen gehört nach § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 auch der Schutz vor Gefährdungen für das menschliche Leben und die menschliche Gesundheit. Wie der Amtssachverständige schlüssig ausgeführt hat, ist bei Einschlag von Blitzen in das Objekt, in dem sich die Betriebsanlage befindet, auch mit Gefährdungen von Menschen zu rechnen, die sich in der Anlage selbst aufhalten, soweit sich diese in der Nähe von metallischen und anderen elektrisch leitenden Gegenständen befinden (solche sind in der Betriebsanlage ?Friseurbetrieb? anzunehmen) und keine Blitzschutzanlage errichtet ist. Demnach besteht durch die Möglichkeit von Blitzeinschlägen eine nicht auszuschließende Gefährdung von Personen (etwa Kunden, der Anlageninhaberin), die sich beim Betrieb der Anlage in dieser aufhalten. Der Schutz vor den durch Blitzeinschlag verursachten Gefahren ist daher gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 bzw. gemäß § 77 GewO 1994 jedenfalls - entgegen den Ausführungen der Berufungswerberin - auch in gewerblichen Betriebsanlagenverfahren und nicht bloß im Bauverfahren sicherzustellen. Zumal die hierfür notwendigen Vorkehrungen eben nicht bloß dem Brandschutz, sondern auch dem (sonstigen) Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen dienen (vgl. im übrigen VwGH 18.6.1996, Zl. 96/04/005 zur Zulässigkeit der Berücksichtigung des Brandschutzes im Rahmen des betriebsanlagenrechtlichen Gefahrenschutzes).

 

Welche konkrete Maßnahme zum Schutz vor Gefährdungen iS des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 erforderlich ist, ist nach § 77 Abs 1 GewO 1994 und daher auch im Zusammenhang des § 359b Abs. 1 GewO 1994 nach dem Stand der Technik zu beurteilen. Diesbezüglich hat der Amtssachverständige vollständig und auch sonst schlüssig dargelegt, dass sich bei Anwendung der den Stand der Technik repräsentierenden Normen bzw. Vorschriften die Errichtung der von der Behörde vorgeschriebenen Blitzschutzanlage der Klasse III als notwendig erweist. Dem ist die Berufungswerberin nicht auf der gleichen fachlichen Ebene entgegengetreten. Demnach ist die von der Behörde vorgeschriebene Blitzschutzanlage als erforderlich zum Schutz der Interessen des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 anzusehen und war daher im Verfahren nach § 359b GewO 1994 als Auftrag vorzuschreiben.

 

Das Argument der Berufungswerberin, Auflagen, die das gesamte Gebäude und nicht bloß die lediglich einen Teil des Gebäudes ausmachende Betriebsanlage betreffen, dürften im Betriebsanlagenverfahren nicht vorgeschrieben werden, findet weder im Wortlaut noch in den Zielsetzungen des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes, nämlich insbesondere in den §§ 74 Abs. 2 und 77 GewO 1994 Deckung. Denn nach diesen Bestimmungen kommt es allein auf die in bzw. aufgrund des Betriebs der Anlage möglicherweise auftretenden Gefahren an. Ob die zu deren Abwehr erforderlichen Vorschreibungen auch Gebäudeteile betreffen, die nicht Teil der gewerblichen Betriebsanlage sind, ist daher nicht maßgeblich. Dass aber die Gefahren durch Blitzschlag in der Anlage auftreten können, hat der Amtssachverständige, wie erwähnt, dargelegt.

 

Aus den gleichen Gründen spielen daher die Größenverhältnisse der Betriebsanlage der Berufungswerberin bzw. die Anteile am Gesamtgebäude keine Rolle. Diese Größenverhältnisse sind vielmehr nur insoferne maßgeblich, als sie in die Berechnung auf Basis der ÖNORM 8049 einfließen. Gegen die Art der Berechnung gemäß der ÖNORM hat die Berufungswerberin sich aber nicht ausgesprochen und gibt es auch keinen Grund für das erkennende Mitglied hier Zweifel an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens zu hegen.

 

Soweit die Berufungswerberin einerseits rügt, dass ein früher am gleichen Standort errichteter Betrieb keine entsprechenden Auflagen erfüllen musste und anderen Betrieben in der gleichen Straße ebenso wenig Blitzschutzanlagen vorgeschrieben würden, verkennt sie, dass es im konkreten Verfahren allein um die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Berufungswerberin angeordneten Aufträge geht. Die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit anderer behördlicher Handlungen oder Unterlassungen ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Denn nach dem Gesetzestext kommt es eben allein auf die Erforderlichkeit zur Abwendung der Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen an und nicht darauf, welche Maßnahmen die Behörde gegenüber anderen Anlageninhabern setzt oder nicht setzt.

 

Soweit die Berufungswerberin die Unverhältnismäßigkeit der Vorschreibung einer Blitzschutzanlage rügt, ist sie darauf zu verweisen, dass Auflagen bzw. Aufträge zum Schutz von Leben und Gesundheit nie als unverhältnismäßig anzusehen sind (vgl. VwGH 19.12.1995, 95/04/0120, VwGH 18.6.1996, Zl. 96/04/005) .

 

Soweit die Berufungswerberin gerügt hat, dass das Gutachten des Amtssachverständigen aus der bloßen Auflistung elektrotechnischer Vorschriften besteht, verkennt sie, dass der Amtssachverständige auch - durchaus ausreichende - inhaltliche Ausführungen im Gutachten, wie auch später in der Verhandlung, erstattet hat.

 

Zu den sonstigen Änderungen im Spruch des Genehmigungsbescheides ist zunächst festzuhalten, dass im Falle der Berufung der Konsenswerberin stets der gesamte Genehmigungsbescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, da die einzelnen Aufträge in untrennbaren Zusammenhang mit der erteilten Genehmigung stehen. Demnach war der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde sowohl berechtigt wie auch verpflichtet, auch in jenen Auflagenpunkten Änderungen zu verfügen, die von der Berufungswerberin nicht angesprochen wurden. Die in dieser Hinsicht angeordneten Änderungen der Formulierung der Auflagen waren zur Sicherstellung der Vollstreckbarkeit bzw. der Überprüfbarkeit (ausreichende Bestimmtheit) notwendig bzw. waren nicht erforderliche Textteile zu streichen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Reichweite der im Betriebsanlagenrecht wahrzunehmenden Interessen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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