TE UVS Tirol 2007/12/04 2007/21/2744-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2007
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Volker-Georg Wurdinger über die Berufung des Herrn T. P., XY-Gasse 2, R. (im Weiteren kurz Berufungswerber genannt), vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. T. G., XY-Straße 2, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 13.09.2007, Zl VK-18453-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt Kostenspruch aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 28.05.2007 um 09.58 Uhr

Tatort: Innsbruck, auf der Brennerautobahn A13 bei km 4,735 in Fahrtrichtung Innsbruck

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 38 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu ihren Gunsten abgezogen.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 52 lit a Z 10a StVO?

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 150,00, Ersatzarrest 36 Stunden, unter gleichzeitiger Festsetzung von Verfahrenskosten verhängt.

 

Dagegen wurde rechtzeitig Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt wie folgt:

?Mit Straferkenntnis vom 13.09.2007 wurde Herr T. P. auf Grund der Verletzung der Rechtsvorschrift § 52 lit a Z 10 a StVO in Verbindung mit § 99 Abs 3 lit a StVO zur Zahlung einer Geldstrafe von Euro 150,00 zzgl Euro 15,00 an Kosten des Strafverfahrens sohin gesamt Euro 165,00 verurteilt.

 

Der Beschuldigte erhebt gegen diese Straferkenntnis binnen offener Frist das Rechtsmittel der BERUFUNG

und bringt vor wie folgt:

Laut Auskunft der Autobahnpolizeiinspektion Schönberg vom 02.08.2007 war es so, dass am 30.07.2007 sowohl das stationäre Radarmessgerät bei km 5,8 als auch die Patrouille der Autobahnpolizeiinspektion Schönberg bei km 4,735 Geschwindigkeitsmessungen auf der Brennerautobahn A13 vornahm.

 

Offensichtlich hat der Beschuldigte bei beiden Messeinrichtungen die höchstzulässige Geschwindigkeit überschritten.

Mit Anonymverfügung vom 22.06.2007 zu Zahl 9760 20 109165 wurde eine Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 verhängt. Der Beschuldigte hat diese Strafe mit beiliegendem Zahlschein binnen offener Frist berichtigt.

 

Nunmehr wurde mit gegenständlichem Straferkenntnis eine weitere Geldstrafe von Euro 150,00 ausgesprochen. Die beiden Verwaltungsübertretungen liegen in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang (1. Verwaltungsübertretung bei km 5,8 um 09:54 Uhr; 2. Verwaltungsübertretung bei km 4,735 um 09:58 Uhr).

 

Im konkreten Fall handelt es sich um ein Autobahnteilstück der Brennerautobahn in welchem durchgehend eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h verordnet wurde. Der Beschuldigte hat sohin ein ?fortgesetztes Delikt" begangen und ist daher Deliktseinheit anzunehmen (vgl VwGH 03.07.1979, 754/79, OJZ 1980, 360; VwGH 25.10.1989, 89/03/0145).

 

?Wer bei einer Strecke auf der in unmittelbarer Aufeinanderfolge Geschwindigkeitsbeschränkungen mit erlaubten Höchstgeschwindigkeiten verschiedener Höhe zu beachten sind (zB 70 und 80 km/h) mit einer gegenüber diesen verschiedenen Geschwindigkeiten überhöhten Geschwindigkeit, in einem Zug befährt, hat nur ein Delikt nach § 52 Z 10a zu verantworten (Messiner, StV09 (1995) § 20 E 385).?

 

Der Beschuldigte wurde bereits durch die Anonymverfügung von 22.06.2007 bestraft und handelt es sich beim gegenständlichen Straferkenntnis um eine Verwaltungsübertretung in Deliktseinheit.

 

Es wird sohin gestellt nachstehender

ANTRAG

das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 13.09.2007 zu GZ VK-18453-2007 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren

einzustellen;

in eventu:

die mit Anonymverfügung vom 22.06.2007 verhängte und auch bezahlte Geldstrafe von Euro 50,00 beim Ausspruch über die Strafe zu berücksichtigen.?

 

Zusammen mit der Berufung wurde eine Anonymverfügung der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 22.06.2007 mit Folgendem Inhalt vorgelegt:

 

?ANONYMVERFÜGUNG

Der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen XY hat (ist) am 28.05.2007, um 09.54 Uhr, in Innsbruck, A13 bei km 5.76 (Zenzenhof) Richtung Norden die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h im Ausmaß von 20 ? 25 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 120 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt und die Messtoleranz bereits berücksichtigt wurde.

Der Lenker hat dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 52 lit a Z 10a StVO

Für Übertretungen dieser Vorschrift wurde gem § 49a VStG mit entsprechender Verordnung der Bundespolizeidirektion Innsbruck die Zulässigkeit der Vorschreibung einer Anonymverfügung festgesetzt. Es wird daher eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 verhängt.?

 

Gleichzeitig wurde ein Einzahlungsbeleg über Euro 50,00, mit dem Strafe aus der Anonymverfügung vom 22.06.2007 bezahlt wurde, vorgelegt.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Zl VK-18453-2007, sowie in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Zl 2007/21/2744.

 

Aufgrund der aufgenommenen Beweismittel steht folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt fest:

Am 28.05.2007 lenkte der Berufungswerber sein Fahrzeug auf der Brennerautobahn A13 in Fahrtrichtung Innsbruck. Es ist amtsbekannt, dass die Fahrtstrecke im Tatortbereich in Fahrtrichtung des Berufungswerbers ein Gefälle aufweist. Um 09.54 Uhr hat der Berufungswerber bei km 5,76 (Zenzenhof) die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h im Ausmaß von 20 bis 25 km/h überschritten. Diesbezüglich wurde der Berufungswerber von der Bundespolizeidirektion Innsbruck mittels Anonymverfügung vom 22.06.2007 mit Euro 50,00 bestraft. Der Berufungswerber hat die Strafe bezahlt.

 

Vier Minuten später, um 09.58 Uhr, hat der Berufungswerber bei km 4,735 wiederum die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 38 km/h überschritten und wurde diesbezüglich das gegenständliche Strafverfahren von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingeleitet.

 

In der Berufung wird die gegenständliche Geschwindigkeitsübertretung um 38 km/h nicht bestritten, gleichzeitig aber ausgeführt, dass es sich bei der zeitlich unmittelbar vorangehenden Geschwindigkeitsübertretung und der gegenständlichen Geschwindigkeitsübertretung (vier Minuten Zeitunterschied) um ein sogenanntes fortgesetztes Delikt handeln würde.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt. Da sich die Klärung der gegenständlichen Angelegenheit auf die Lösung der dahinter stehenden Rechtsfrage beschränkt, ob die beiden oben aufgezeigten Geschwindigkeitsübertretungen als fortgesetztes Delikt anzusehen sind und somit von Deliktseinheit auszugehen ist, konnte auf die Aufnahme weiterer Beweismittel und auf die Abführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die zudem nicht beantragt worden ist, verzichtet werden.

 

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt zu würdigen wie folgt:

Im gegenständlichen Verfahren steht es außer Streit, dass der Berufungswerber in einem zeitlichen Abstand von vier Minuten auf der A13 im selben Geschwindigkeitsbereich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zweimal überschritten hat. Hinsichtlich der ersten Geschwindigkeitsübertretung wurde über den Berufungswerber eine Anonymverfügung  verhängt und hat der Berufungswerber die diesbezügliche Strafe bereits bezahlt.

 

Nach § 22 Abs 1 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat.

 

Nicht von § 22 VStG erfasst sind jedoch jene Fälle, in denen mehrere Tathandlungen der Selbständigkeit entbehren; dies sind sogenannte fortgesetzte Delikte (mehrere Einzelhandlungen sind von einem einheitlichen Tatvorsatz getragen). In solchen Fällen liegt keine Deliktskonkurrenz, sondern Deliktseinheit vor.

 

Unter der strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Delikts ist eine Reihe von Einzelhandlungen zu verstehen, die Vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände, verbunden mit der zeitlichen Kontinuität, zu einer Einheit zusammen treten (VwGH 20.09.1987, Zl 265/78).

 

Im Fall des fortgesetzten Delikts liegt lediglich eine selbständige strafbare Handlung vor, was die Anwendung des § 22 VStG ausschließt (VwGH 15.05.1979, Zl 1849/78).

 

Das Wesen des fortgesetzten Delikts besteht darin, dass eine Reihe von Einzelhandlungen Vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände und der zeitlichen Kontinuität eine Deliktseinheit bildet. Daraus folgt, dass bei derartigen Delikten jede einzelne Bestrafung alle bis dahin gesetzten Deliktsakte (Tathandlungen) aufzehrt (aufkonsumiert) und, da nur ein einziges Delikt vorliegt, für alle diese Teilakte jeweils nur eine einzige Strafe verhängt werden darf.

 

Es kommt wesentlich auf das Gesamtkonzept, somit auf den einheitlichen Tatvorsatz, des Täters an (VwGH 22.02.1985, Zl 85/18/0028).

 

Im Fahren mit einer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitenden Geschwindigkeit kann zu Recht nur Deliktseinheit angenommen werden und zwar im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände (VwGH 15.02.1980, ZfVB 1980/1940).

 

Wenn ein Lenker eines Kfz die Bestimmung des § 52 lit a Z 10a StVO dadurch übertritt, dass er eine Strecke, auf der in unmittelbarer, aufeinander folgender Geschwindigkeiten mit erlaubten Höchstgeschwindigkeiten verschiedener Höhe zu beachten sind, mit einer gegenüber diesen verschiedenen erlaubten Höchstgeschwindigkeiten überhöhten Geschwindigkeit in einem Zug befährt, ist davon auszugehen, dass dieser Lenker nicht verschiedene selbständige Taten im Sinne des § 22 VStG begeht, sondern im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände Deliktseinheit anzunehmen ist (VwGH 13.04.1988, ZfVB 1989/1/162).

 

Mit Erkenntnis vom 05.06.1997, Zl 30, 2-129/96, hat der Unabhängige Verwaltungssenat Steiermark bereits entschieden, dass ein fortgesetztes Delikt nach § 20 vorliegt, wenn die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mittels stationären Radargerät und bereits nach 200 m auch mittels Laserpistole festgestellt wird. In diesem Fall ist mit der rechtzeitigen Bezahlung der Anonymverfügung, die die mittels Lasermessung festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung betrifft, auch die Strafbarkeit bezüglich der Radarmessung konsumiert. In dem dem Unabhängigen Verwaltungssenat Steiermark zugrunde liegenden Verfahren lagen zwischen den beiden Geschwindigkeitsmessungen nur wenige Sekunden.

 

Im gegenständlichen Fall liegt zwischen den beiden Messungen jedoch ein Zeitraum von vier Minuten, wobei auffällt, dass zwischen beiden Tatorten in der Anonymverfügung und dem zugrunde liegenden Straferkenntnis lediglich ca 1 km liegt. Es liegt der Verdacht nahe, dass die mit den beiden Messgeräten verbundenen Zeituhren womöglich nicht die exakte Zeit angegeben haben. Tatsächlich dürfte es sich so verhalten, dass zwischen den beiden Deliktsbegehungen lediglich ein Zeitraum von weit weniger als vier Minuten liegt.

 

Aus all diesen Erwägungen war daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Wenn, ein, Lenker, eines, Kfz, die, Bestimmung, des, § 52 lit a Z 10a StVO, dadurch, übertritt, dass, er, eine, Strecke, auf, der, in, unmittelbarer, aufeinanderfolgender, Geschwindigkeiten, mit, erlaubter, Höchstgeschwindigkeiten, verschiedener, Höhe, zu, beachten, sind, mit, einer, gegenüber, diesen, verschiedenen, erlaubten, Höchstgeschwindigkeiten, überhöhten, Geschwindigkeit, in, einem, Zug, befährt, ist, davon, auszugehen, dass, dieser, Lenker, nicht, verschiedene, selbständige, Taten, im, Sinne, des, § 22 VStG, begeht, sondern, im, Hinblick, auf, den, zeitlichen, Zusammenhang, die, gleiche, Begehungsform, und, die, Ähnlichkeit, der, äußeren, Begleitumstände, Deliktseinheit, anzunehmen, ist. Im, gegenständlichen, Fall, liegt, zwischen, den, beiden, Messungen, jedoch, ein, Zeitraum, von, vier, Minuten, wobei, auffällt, dass, zwischen, beiden, Tatorten, in, der, Anonymverfügung, und, dem, zugrunde, liegende, Straferkenntnis, lediglich, 1 km, liegt. Es, liegt, der, Verdacht, nahe, dass, die, mit, den, beiden, Messgeräten, verbundenen, Zeituhren, womöglich, nicht, die, exakte, Zeit, angegeben, haben. Tatsächlich, dürfte, es, sich, so, verhalten, dass, zwischen, den, beiden, Deliktsbegehungen, lediglich, ein, Zeitraum, von, weit, weniger, als, vier, Minuten, liegt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten