Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Rudolf Rieser über die Berufung von Frau E. N., I-N., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. H., XY-Straße 3, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 06.08.2007, Zl KS-4568-2007, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin Folgendes angelastet:
?Tatzeit: 29.03.2007, 14.28 Uhr
Tatort: A 12 Inntalautobahn, km 28,310, Gde Radfeld, FR Osten
Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug XY, Anhänger XY
Sie haben als Verantwortliche der Firma T. S. in I-N., Via XY 13, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von S. V. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass am betroffenen Fahrzeug die größte zulässige Höhe von 4 Meter um 15 cm überschritten wurde.?
Der Berufungswerberin wurde vorgeworfen, eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 6 Z 1 KFG begangen zu haben und wurde über die Berufungswerberin gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden zuzüglich 10 Prozent Verfahrenskosten verhängt.
In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde die angelastete Verwaltungsübertretung bestritten und ausgeführt, dass die Überschreitung der zulässigen Höhe von 4 Meter laut Anzeige ausschließlich den Sattelanhänger betreffe und dieses Fahrzeug jedenfalls nicht auf die Firma T. S. zugelassen sei. Die Pflicht zur Einhaltung der Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes orientiere sich laut Ausführung in der Berufung im Falle des § 103 Abs 1 Z 1 KFG an den Zulassungsbesitzer und somit am Recht der Zulassung selbst. Eine Übergangspflicht könne ohne Übertragung des Zulassungsrechts, zB durch Mietvertrag oder ähnliches, nicht stattfinden. Weiters wurde ausgeführt, dass es auch keinen Hinweis gebe, dass eine Vermietung im Sinne des KFG vorliege, sodass das Kraftfahrgesetz jedenfalls keinen Übergang der Pflichten eines Zulassungsbesitzers zulasse.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:
Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und weiters wurde in die beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol anhängig gewesenen Strafakten gegen die Berufungswerberin mit den Zahlen uvs-2007/16/2525 und uvs-2006/28/2817 Einsicht genommen und aus den diesbezüglichen Akten die Berufungserkenntnisse in Kopie zum gegenständlichen Berufungsakt genommen.
Im anhängigen Verfahren wurde vom Rechtsvertreter der Firma T. S. mitgeteilt, dass diese eine Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG bestellt habe, die im Unternehmen für die Einhaltung von kraftfahrrechtlichen Vorschriften die Verantwortung innehabe und dieser Bestellung ausdrücklich und schriftlich zugestimmt habe. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass in einem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18.04.2007, Zl uvs-2006/19/2355-5, die Berufung der Beschwerdeführerin als Verantwortliche der Firma T. S. gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein als unbegründet abgewiesen wurde. Daraus wurde in der Stellungnahme geschlossen, dass die Bestellung von Frau E. N. als Beauftragte im Sinne des VStG für rechtsgültig anzusehen sei, widrigenfalls der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einstellen hätte müssen.
Der von der Provinz Bozen namhaft gemachte alleinige Vertreter und Dienstleister U. S. mit Wohnsitz in I. werde regelmäßig vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin vertreten, wobei Herr S. sich auf die Bestellung eines Beauftragten im Sinne des § 9 VStG berufen würde.
In der Stellungnahme vom 29.05.2007 wurde vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin ausdrücklich beantragt, die Berufungswerberin als Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG festzustellen und sodann das Verfahren fortzusetzen.
Ein Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien über die Zustellung und vollständige Vollstreckung von Verkehrsstrafen besteht auch trotz der Rechtswirksamkeit des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13.06.2006, ABl L 159M, weiterhin nicht. Daraus ergibt sich in weiterer Folge, dass keine rechtswirksame Bestellung der Berufungswerberin als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG für die T. S. vorliegt. Mangels einer Verantwortlichkeit der Berufungswerberin war daher der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren gegen die Berufungswerberin einzustellen.
Die gegenständliche Entscheidung deckt sich auch mit der an den österreichischen Autobahnkontrollstellen geübten Verwaltungspraxis, dass nämlich, wie auch im gegenständlichen Falle, bei italienischen Zulassungsbesitzern und Lenkern nach wie vor Sicherheitsleistungen nach dem VStG eingehoben werden. Wären das Verwaltungsstrafverfahren und in weiterer Folge auch die Vollstreckung gegenüber Italien bereits rechtlich und tatsächlich gesichert, wäre die Einhebung einer Sicherheitsleistung nach dem VStG, wie im Falle der Bundesrepublik Deutschland, nicht mehr notwendig und rechtlich auch nicht mehr geboten. Da dem nicht so ist, werden wohl jedenfalls bis zum Inkrafttreten des EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes, EU-VStVG mit 1.3.2008 weiterhin Sicherheits-leistungen gegenüber Zulassungsbesitzern und Lenkern mit Sitz bzw Wohnsitz in Italien eingehoben werden.