Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. F. S. über die Berufung der Frau K. W., XY, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K. H. und Dr. K. K., XY-Straße 11, K. i. T., gegen Spruchpunkt B. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 07.11.2007, Zahl SB-9-2007, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung gegen Spruchpunkt B. des angefochtenen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der zu diesem Faktum verhängten Strafe, das sind Euro 60,00, zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 07.11.2007, Zl SB-9-2007, wurde Frau K. W., B., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27.04.1998, Zahl 2-10.903/5, vom 29.06.2000, Zahl 2.1 A-460/20, und vom 28.12.2005, Zahl 2.1 A-460/33, erhielten Sie die Betriebsanlagengenehmigung bzw die Änderungsbewilligung für den Betrieb der ?Jausenstation S.? im Standort K. i.T., XY 25, Grundstücksnummer XY der KG K. i. T., wobei im Bescheid vom 29.06.2000 unter ?Betriebsablauf? folgendes festgehalten ist:
Die Betriebszeiten sind von 07.00 bis 02.00 Uhr im Ausmaß der Sperrzeitenverordnung in der jeweils geltenden Fassung vorgesehen.
A.
Sie haben es als die Gewerbeinhaberin zu verantworten, dass in dem gegenständlichen, von Ihnen betriebenen Gastgewerbebetrieb in der Nacht vom 09. auf den 10.04.2007 Gäste bis zumindest 04.43 Uhr unter Musikbeschallung bewirtet wurden, somit die mit obgenannten Bescheiden genehmigte Betriebsanlage am 10.04.2007 durch die Überschreitung der Betriebszeit geändert betrieben wurde, ohne dass die hierfür erforderliche gewerbebehördliche Änderungsgenehmigung vorgelegen ist. Diese konsenslos vorgenommene Änderung war zumindest geeignet, die Nachbarn durch Lärm (lautes Verhalten der Gäste im Lokal, beim Verlassen des Lokals, Musiklärm) zu belästigen.
B.
Weiters waren am 10.04.2007 zum Zeitpunkt der Polizeikontrolle um 01.27 Uhr die ostseitigen Fenster des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes gekippt, obwohl die Musikanlage im Gebäudeinneren in Betrieb gewesen war.
Sie haben dadurch folgenden gewerbetechnischen Auftrag nicht eingehalten:
Betriebsanlagengenehmigung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 29.06.2000, Zahl 2.1 A-460/20, Spruchpunkt II. Gewerbetechnische Aufträge: Punkt 1.
?Bei Betrieb der Musikanlage im Gebäudeinneren sind die vorhandenen Fenster geschlossen zu halten?.?
Dadurch habe die Beschuldigte gegen § 366 Abs 1 Z 3 iVm §§ 81 Abs 1 und 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 (Spruchpunkt A.) und § 367 Z 25 GewO 1994 iVm Punkt 1. der gewerbetechnischen Aufträge im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 29.06.2000, Zl 2.1-460/20 (Spruchpunkt B.), verstoßen. Über die Beschuldigte wurde daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 zu Punkt A. eine Geldstrafe von Euro 500,00, Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden, und gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 zu Punkt B. eine Geldstrafe von Euro 300,00, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, verhängt. Der von der Berufungswerberin zu leistende Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafen bestimmt.
Gegen Spruchpunkt B. dieses Strafbescheides hat Frau K. W., vertreten durch Dr. K. H. und Dr. K. K., Rechtsanwälte in K. i.T., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:
?Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 07.11.2007 zu GZ SB-9-2007 wird hinsichtlich Spruchpunkt B. angefochten, wobei als Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27.04.1998 wurde die gewerbetechnische Auflage erteilt, dass ?bei Betrieb der Musikanlage im Gebäudeinneren die vorhandenen Fenster geschlossen zu halten? sind.
Bei den erwähnten ostseitigen Fenstern, die laut Anzeige gekippt gewesen sein sollen, handelt es sich um Küchenfenster.
Im Bescheid vom 27.04.1988 wird der Musikbetrieb im Gastlokal und auf der Terrasse genehmigt. Die Küche ist ein vom Gastlokal völlig abgetrennter Bereich, der nicht beschallt wird.
Die vorerwähnte Auflage ist bereits aus dem Zusammenhang nicht anders zu verstehen, als dass bei Musikbetrieb im Gastlokal die dort befindlichen Fenster geschlossen zu halten sind. Fenster in anderen Räumlichkeiten als im Gastlokal, etwa in der Küche, im Abstellraum oder in Sanitärräumen, usw waren damit selbstverständlich nicht gemeint. Dies ergibt sich auch aus dem Regelungszweck der Auflage, der verhindern soll, dass aus dem beschallten Gastlokal Musik nach außen dringt.
Auch unter Beachtung des Grundsatzes, dass dem Betriebsinhaber nicht strengere (ihn stärker belastende) Maßnahmen vorgeschrieben werden dürfen, als dies zur Wahrung der im § 77 Abs 1 GewO angeführten Schutzzwecke notwendig ist. (VwGH 14.11.1989, 89/04/088, uva) ergibt sich, dass Auflagen einschränkend auszulegen sind. Mit der erwähnten Auflage soll verhindert werden, dass Musik aus dem Gastlokal nach außen dringt.
Diese Gefahr ist von der Küche aus jedenfalls nicht gegeben, sodass das Kippen des Küchenfensters keinen Verstoß gegen die erteilte Auflage darstellt. Die Berufungswerberin hat somit die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.
Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid im Spruchpunkt B. ersatzlos zu beheben.?
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Sachverhalt:
Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt sowie in den Betriebsanlageakt der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit der Geschäftszahl 2.1 A/460.
Sachverhaltsfeststellungen:
Frau K. W., geb am XY, wohnhaft in XY-Weg 15, B., betreibt im Standort XY 25, K. i. T., die Jausenstation ?S.?.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27.04.1998, Zl 2-10.903/5, wurde gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 festgestellt, dass diese im Befund bzw in den vorgelegten Plänen und technischen Unterlagen näher beschriebene und dargestellte Betriebsanlage (Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart ?Jausenstation?) den Bestimmungen des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 entspricht. Um einen hinreichenden Schutz der gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen zu erreichen, wurden zudem diverse Aufträge erteilt. Aufgrund der Forderung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen wurde nachfolgender Auftrag in den Bescheid aufgenommen:
?1. Bei Betrieb der Musikanlage im Gebäudeinneren sind die vorhandenen Fenster geschlossen zu halten.?
Mit weiteren Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 29.06.2000, Zl 2.1 A-460/20, wurde im Zusammenhang mit diversen Änderungen dieser Betriebsanlage, nämlich der Errichtung und dem Betrieb eines Parkplatzes für 16 PKW, der Ausdehnung der Betriebszeiten im Ausmaß der Sperrzeitenverordnung und der Führung als ganzjähriger Gastgewerbebetrieb, gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 festgestellt, dass die im Befund sowie in den Plänen und technischen Unterlagen beschriebene und dargestellte Anlage eine zur Anwendung des vereinfachten Verfahrens führende Beschaffenheit aufweist. Zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 leg cit wahrzunehmenden Interessen wurden auch in diesem Bescheid diverse Aufträge erteilt. Unter anderem wurde in Punkt 1. der gewerbetechnischen Aufträge wiederum Folgendes angeordnet:
?1. Bei Betrieb der Musikanlage im Gebäudeinneren sind die vorhandenen Fenster geschlossen zu halten.?
Am 10.04.2007 um 01.27 Uhr waren jedenfalls die ostseitigen Küchenfenster der Betriebsanlage gekippt, obwohl die Jausenstation zu diesem Zeitpunkt in Betrieb war und im Gebäudeinneren Musik dargeboten wurde.
Beweiswürdigung:
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen zu den für die betreffende Betriebsanlage erteilten Genehmigungen konnten aufgrund der im Betriebsanlagenakt einliegenden Bescheide getroffen werden.
Unstrittig ist, dass die betreffende Betriebsanlage von Frau K. W. betrieben wird und dass zum vorangeführten Zeitpunkt die ostseitigen (Küchen)fenster der Betriebsanlage nicht geschlossen waren, sondern sich diese in Kippstellung befunden haben, obwohl in der Betriebsanlage Musik dargeboten wurde. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Anzeige der Polizeiinspektion K. i. T. vom 17.04.2007, GZ A1/0000008233/01/2007. Der Meldungslegerin ist aufgrund ihrer Ausbildung zweifelsfrei zuzubilligen, dass sie diese Fakten vollständig erfasst und in der Anzeige korrekt wiedergegeben hat.
B) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind die folgenden gesetzlichen Bestimmungen beachtlich:
?1. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 161/2006:
§ 74
....
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 50/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, de die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
....
§ 359b
(1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass
1.
jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder
2.
das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden, so hat die Behörde das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 sowie der gemäß § 77 Abs 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs 2) haben keine Parteistellung. In der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.
....
(8) Nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage sind dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs 1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs 1 Z 1 oder 2, Abs 4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs 2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.
§ 367
Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00 zu bestrafen ist, begeht, wer
....
25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 84d Abs 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;
....
2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:
Schuld
§ 5
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Strafbemessung
§ 19
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.?
C) Rechtliche Beurteilung:
Schuldspruch:
Aufträge gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 sind ihrem Wesen nach Pflichten begründende Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Es handelt sich dabei um bedingte Polizeibefehle, die dann wirksam werden, wenn der Bewilligungswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht. Im Fall der Gebrauchnahme werden diese Nebenbestimmungen also zu ?unbedingten Aufträgen?.
Fest steht, dass im angenommenen Tatzeitpunkt die ostseitigen Fenster der Betriebsanlage, und zwar jedenfalls jene im Bereich der Küche, nicht geschlossen waren, sondern dass sich diese in Kippstellung befunden haben. Ebenfalls sieht es die Berufungsbehörde als erwiesen an, dass zu diesem Zeitpunkt die betreffende Jausenstation betrieben und im Gebäudeinneren Musik dargeboten worden ist.
Damit wurde nach Ansicht der Berufungsbehörde dem Auftrag in Punkt 1. der gewerbetechnischen Aufträge des Feststellungsbescheides vom 29.06.2000, Zl 2.1 A-460/20, zuwidergehandelt.
Wenn die Berufungswerberin demgegenüber ausführt, dass der betreffende Auftrag dahingehend verstanden werden müsse, dass bei Musikbetrieb nur die Fenster jener Teile der Betriebsanlage geschlossen werden müssen, in welchen Musik dargeboten wird, also im Gastlokal, kann dem seitens der Berufungsbehörde nicht gefolgt werden.
Bei der Auslegung von Bescheiden ist nach den Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB vorzugehen, da Bescheide Gesetzen (im materiellen Sinn) viel näher als privatrechtlichen Verträgen stehen (VwGH 09.11.1999, Zl 99/05/0147 ua).Auch Nebenbestimmungen als mit dem Hauptinhalt des Spruches untrennbar verbundene individuelle Normen müssen daher gleich generellen Normen ausgelegt werden. Bei generellen Normen bildet der Wortsinn die Grenze möglicher Auslegung. Bei einer Auslegung nach der ?eigentümlichen Bedeutung der Worte? ergibt sich nun aber nach Ansicht der Berufungsbehörde keine Einschränkung dahingehend, dass bei Betrieb der Musikanlage im Jausenstationsgebäude nur bestimmte Fenster, nämlich jene des Gastraumes, geschlossen zu halten sind. Vielmehr wird aufgetragen, dass bei Musikbetrieb ?die vorhandenen Fenster?, also alle Fenster des Gebäudes, geschlossen zu halten sind. Es stellt sich daher weiters die Frage, ob allenfalls eine teleologische Reduktion in Betracht kommt, ob also der ?Normengeber?, das heißt die den betreffenden Auftrag erlassende Gewerbebehörde, diese individuelle Norm erkennbar in dem von der Berufungswerberin angenommenen engeren Sinn verstanden wissen wollte. Aus der Bescheidbegründung lässt sich dies nicht entnehmen. Aber auch wenn man auf das gewerbetechnische Gutachten abstellt, lässt sich eine derart weitreichen Einschränkung des Wortsinnes, wie ihn die Berufungswerberin annimmt, daraus nicht ableiten. Der Gewerbetechniker hat in der Verhandlung vom 02.04.1998 auf die Schallemissionen ins Freie reduzierende Wirkung der Außenwände, der Isolierverglasung usw hingewiesen und deshalb das Geschlossenhalten der Fenster gefordert. Betrachtet man nun die der Genehmigung zugrunde liegenden Projektunterlagen, so ergibt sich daraus, dass die Küche unmittelbar an das Gastlokal angrenzt. In den Planunterlagen ist zwischen Gaststube und Küche keine Tür vorgesehen. Ausgehend vom vorliegenden Konsens können daher Musikdarbietungen im Gastlokal beim Offenhalten der Fenster im Küchenbereich nach Meinung der Berufungsbehörde jedenfalls dazu führen, dass außerhalb der Anlage erhöhte Lärmimmissionen auftreten. Es ist daher für die Berufungsbehörde aufgrund dieser Auslegungsbehelfe nicht erkennbar, dass sich die betreffende Auflage zumindest nicht auch auf die Fenster in der Küche beziehen sollte, und zwar selbst dann, wenn zwischen Gastlokal und Küche tatsächlich eine Tür vorhanden ist. Ungeachtet der Frage, welche emissionsmindernde Wirkung eine solche Tür hat, muss beim Betrieb der Anlage jedenfalls mit einem regelmäßigen Öffnen der Tür gerechnet werden, sodass sich das Kippen der Küchenfenster bezüglich des Emissionsverhaltens wohl jedenfalls als nachteilig erweisen kann.
Da es sich bei der Auslegung des betreffenden Auftrages um eine Rechtsfrage handelt, die anhand der vorhandenen Auslegungsbehelfe zu lösen ist, war dem Beweisantrag auf Einholung einer weiteren Sachverständigenäußerung, also der Aufnahme eines Beweises zur Klärung von Sachfragen, nicht zu entsprechen.
Im Ergebnis ist die Berufungsbehörde daher zur Ansicht gelangt, dass die Berufungswerberin als Betreiberin des betreffenden Gastgewerbebetriebes den objektiven Tatbestand der ihr in Spruchpunkt B. des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der der Berufungswerberin in diesem Punkt vorgeworfenen Übertretung um ein sog Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH vom 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).
Diese Glaubhaftmachung ist der Berufungswerberin nicht gelungen. Sie hat kein Vorbringen erstattet, wodurch ein fehlendes Verschulden glaubhaft gemacht werden könnte. Der Berufungswerberin kommt nach Ansicht der Berufungsbehörde insbesondere auch kein entschuldigender Rechtsirrtum zugute. Nach § 5 Abs 2 VStG ist nämlich die Unkenntnis der übertretenen Verwaltungsvorschriften nur dann beachtlich, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Wie nun aber der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, muss sich ein juristischer Laie, wenn die Auflösung eines Normenwerkes für ihn mit Schwierigkeiten verbunden ist, bei der zuständigen Behörde über den Inhalt der Normen informieren (vgl. VwGH 15.07.2003, Zl 2002/05/0107). Dass die Berufungswerberin behördliche Auskünfte bezüglich des in Rede stehenden Auftrages eingeholt hat, bringt sie selbst nicht vor.
Im Ergebnis war daher jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen.
Die Bestrafung hinsichtlich Spruchpunkt B. des vorzitierten Straferkenntnisses ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
Strafbemessung:
Der Unrechtsgehalt der der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich. Durch die Nichterfüllung des betreffenden Auftrages hat sie das durch die gesetzlichen Vorschriften geschützte Interesse des Staates an der strikten Einhaltung von Nebenbestimmungen, welche den unbeanstandeten Betrieb von gewerblichen Anlagen gewährleisten sollen, verletzt.
Bezüglich des Verschuldens war, wie erwähnt, von Fahrlässigkeit auszugehen. Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Erschwerend waren die mehreren einschlägigen Strafvormerkungen zu werten.
Zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat die Berufungswerberin keine Angaben gemacht. Die Berufungsbehörde geht daher im Schätzwege von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen aus.
Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien haben sich gegen die durch die Erstinstanz zu diesem Faktum verhängte Geldstrafe keine Bedenken ergeben. Schon aus spezialpräventiven Erwägungen war eine Geldstrafe in dieser Höhe jedenfalls geboten, und zwar selbst im Falle unterdurchschnittlicher Einkommensverhältnisse.
Die Berufung gegen Spruchpunkt B. des angefochtenen Straferkenntnisses war daher als unbegründet abzuweisen. Die Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.