Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung der Frau B H, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 10.07.2007, GZ: 5151/2007/1, wie folgt entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
Rechtsgrundlagen: §§ 66 Abs 4 und 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG)
Mit dem bekämpften Bescheid wies der Bürgermeister der Stadt Graz das Ansuchen der Frau B H um gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der gastgewerblichen Betriebsanlage auf dem Standort G VI, J 8, unter Verweis auf § 13 Abs 3 AVG und § 353 GewO 1994 deshalb zurück, weil die Berufungswerberin dem Auftrag im Schreiben vom 30.05.2007, die noch fehlenden erforderlichen Projektunterlagen (schalltechnisches Projekt) der Bau- und Anlagenbehörde, Betriebsanlagenreferat, vorzulegen, nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen sei. In ihrer fristgerecht erhobenen Berufung vom 23.07.2007 brachte Frau B H im Wesentlichen vor, sie habe sich bemüht, die von der Sachbearbeiterin Frau L geforderten Unterlagen zur Bearbeitung ihres Antrages auf Verlängerung der Öffnungszeiten vorzulegen. Sie habe DI T R engagiert, der sich mit dem von der Behörde namhaft gemachten schalltechnischen Sachverständigen Herrn Ing. Heinz Koller in Verbindung gesetzt habe. Laut den Angaben des Herrn Ing. Heinz Koller gegenüber DI T R solle es reichen, wenn die Musiklautstärke auf ein bestimmtes Dezibel reduziert und blockiert werde. Dem sei sie nachgekommen. Mit dem Brief vom 30.05.2007 verlangte die Behörde die Vorlage weiterer Unterlagen. Der Akustiker setzte sich neuerlich mit Herrn Ing. Heinz Koller in Verbindung und führte er weitere Messungen im Innen- und Außenbereich des Betriebes durch. Am 10.07.2007 habe sie den Messbericht erhalten. Am gleichen Tage habe Frau L den Zurückweisungsbescheid erlassen. Sie habe sie angerufen und ihr erzählt, dass unser Akustiker sich mit Herrn Koller in Verbindung gesetzt hatte. Es wäre zu spät, sagte Frau L. Man hätte es ihr sagen sollen. Die Bearbeitung ihres Ansuchens habe monatelang gedauert und viel Geld gekostet. Nach der ganzen Mühe ende dies mit einem Zurückweisungsbescheid. Sie seien ein Internet-Cafe und keine Diskothek. Darum bitte sie nach einer möglichen Lösung. Der Berufung beigeschlossen war ein Protokoll- und Prüfbericht des DI T R, P A E, W 9, G (Gegenstand: Luftschalldämmung zwischen Räumen in Gebäuden, V Cafe; J 8, G) samt den dem Bericht zu Grunde liegenden Messprotokollen. Aufgrund der Aktenlage werden folgende Feststellungen getroffen: Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 03.11.1998, GZ: A 4 - K 257/b/1991/1, wurde über Ansuchen des Herrn W S vom 25.08.1998 um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes eines Gastgewerbebetriebes auf dem Standort G, J Nr. 8, festgestellt, dass es sich hiebei um eine dem § 359b Abs 1 GewO 1994, im Zusammenhalt mit § 1 Abs 1 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 idgF unterliegende Anlage handelt. Gemäß § 359b Abs 1 vorletzter Satz GewO gilt dieser Bescheid als Genehmigungsbescheid für die Anlage. In Abschnitt B des Bescheidspruches wurden zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen unter Zugrundelegung der abgegebenen Betriebsbeschreibung (Abschnitt A des Spruches) insgesamt 16 Aufträge erteilt. Dem Betreiber wurde unter anderem aufgetragen, die straßenseitig gelegenen Fenster und Türen der Betriebsanlage ab 22.00 Uhr geschlossen zu halten bzw. darf die Lokaleingangstüre nur zum Betreten oder Verlassen von Personen geöffnet werden (Punkt 14). Hofseitig gelegene Fenster und Türen der Betriebsanlage sind bei Betrieb geschlossen zu halten (Punkt 15). In der Betriebsanlage darf nur Hintergrundmusik im Sinne der ÖAL-Richtlinie Nr. 33 (Musiklärmspitzen LA,01 = 65 dB) dargeboten werden (Punkt 16). Aus der Betriebsbeschreibung geht hervor, dass ein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Cafes errichtet wird. Das Gesamtausmaß der Betriebsanlage beträgt ca. 160 m2. Der Fußboden ist in Feinsteinzeug ausgeführt. Die Raumhöhe beträgt 2,50 m bis 3,07 m. Der Zugang zur Betriebsanlage erfolgt über die J. Es sind keine Pkw-Abstellplätze auf privatem Grund vorhanden. Es sollen insgesamt ca. 75 bis 80 Verabreichungsplätze im Lokal eingerichtet werden. Der Anschlusswert der verwendeten elektrischen Geräte und Einrichtungen beträgt unter 50 kW. Es ist beabsichtigt zwei bis drei ArbeitnehmerInnen zu beschäftigen. Die Beheizung der Betriebsanlage erfolgt mit einer Gastherme (Stadtgas). Die Abluft der Betriebsanlage wird über einen bestehenden Kamin über Dach abgeführt. Die Zuluft wird hofseitig angesaugt. Fluchtwegorientierungsbeleuchtungskörper sind in ausreichender Anzahl in der Betriebsanlage vorhanden. Die Betriebsanlage soll täglich, außer an Sonn- und Feiertagen, von 08.00 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet gehalten werden. Auf die Einreichunterlagen wurde hingewiesen. Mit ihrer Eingabe vom 26.01.2007 beantragte Frau B H (als Nachfolgerin des W S) die Verlängerung der Öffnungszeiten für das Cafehaus in der J 8 (ehemaliges Cafe O). Das Cafe soll von Montag bis Samstag von 07.00 Uhr bis 05.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 07.00 Uhr bis 02.00 Uhr betrieben werden. Ruhetage sind Weihnachten und Silvester. Zum Zeitpunkt des Einlangens des Änderungsantrages lag der Behörde bereits eine Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. M G - seine Kanzlei befindet sich im Hause J 8 - wegen Musiklärm in den Abendstunden vor. Aus dem Schreiben der Behörde vom 06.02.2007 an die Berufungswerberin geht hervor, dass ihr Ansuchen zurzeit vom lärmtechnischen Amtsachverständigen bearbeitet werde. Es werde um Geduld ersucht. In einem wurde die Berufungswerberin darauf hingewiesen, bis zur Erledigung ihres Ansuchens die im Bescheid vom 03.11.1998 festgelegten Betriebszeiten einzuhalten. Aus einem weiteren Schreiben an die Berufungswerberin vom 07.02.2007 mit einem ähnlichen Inhalt ist aus der der handschriftlichen Notiz am Schreiben Zweitantrag eigener Akt damit So + Feiertag bis 22.00 Uhr offen sein darf zu erschließen, dass die belangte Behörde den Antrag der Berufungswerberin vom 26.01.2007 in zwei Anträge (zwei Akte) splittete. Mit dem Schreiben vom 15.02.2007 wies der lärmtechnische Sachverständige Ing. Heinz Koller darauf hin, dass zu den Auswirkungen einer Verlängerung die Betriebszeiten von bisher 08.00 Uhr bis 24.00 Uhr auf künftig 07.00 Uhr bis 05.00 Uhr (wohl gemeint von Montag bis Samstag) für die nächstgelegenen Wohnnachbarn anhand der bestehenden Aktenlage nur soviel gesagt werden könne, dass durch das längere Offenhalten eine Änderung des Emissionsverhaltens anzunehmen sei, da ein Nachbar einer längeren Lärmimmission ausgesetzt sei. Für eine weiterführende lärmtechnische Stellungnahme sei jedenfalls zumindest der Vorakt sowie genaue Angaben über die nunmehrige Nachbarsituation (im selben Objekt sowie in den angrenzenden Objekten) erforderlich. Mit dem Schreiben vom 19.02.2007 trug die belangte Behörde der Antragstellerin unter Verweis auf § 13 Abs 3 AVG auf, dem Betriebsanlagenreferat ein Anrainerverzeichnis der im Haus J 8 niedergelassenen Büros, Wohnungen mit Angaben der Wohnungsinhaber bzw. Mieter und die Bekanntgabe der Personen bzw. aller Wohnungen bzw. Büros, Geschäfte etc., welche unmittelbar an das Objekt angrenzen, zu übermitteln. Diesem Auftrag kam die Konsenswerberin nach. Am 12.03.2007 ersuchte die belangte Behörde den schalltechnischen Sachverständigen neuerlich - diesmal unter Vorgabe der beabsichtigten Betriebszeitenverlängerung laut Antrag vom 26.01.2007 - zur Abgabe einer lärmtechnischen Stellungnahme. Der Sachverständige möge bekannt geben, wie sich die Verlängerung der beantragten Betriebszeiten in lärmtechnischer Hinsicht auf die nächstgelegenen Wohnnachbarn auswirken. Weiters fragte die Behörde nach, welche Aufträge gegebenenfalls vorzuschreiben seien, um das gegenständliche Änderungsbegehren bewilligungsfähig zu machen. Dem Sachverständigen wurde das von der Berufungswerberin vorgelegte Anrainerverzeichnis samt einer planlichen Darstellung der Nachbarsituation weitergereicht. In einem teilte die Behörde mit, dass der Vorakt in keinem Archiv auffindbar sei und dem Sachverständigen somit nicht übermittelt werden kann. Mit seinem Schreiben vom 19.03.2007 urgierte der schalltechnische Sachverständige neuerlich den Vorakt. Die darin enthaltenen Unterlagen (aktueller Grundriss der Betriebsanlage, detaillierte planliche Darstellung und technische Beschreibung der Lüftungsanlage, Betriebsbeschreibung für Gastgewerbebetriebe) seien für eine schalltechnische Beurteilung erforderlich. Mit dem Bericht vom 20.03.2007, verfasst von DI T R, belegte Frau B H den Einbau einer Pegelbegrenzungsanlage im Cafe V zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes. Durch den Einsatz der Pegelbegrenzungsanlage - so die Berichtzusammenfassung - könne der geforderte Innenpegel von LA,01 = 65 dB (A) für typische Musikdarbietung erreicht werden. Die Anlage sei plombiert worden und könne vom Personal nicht ohne Zerstörung der Plomben verstellt werden. Aus dem Bericht samt Beilagen gehen die technischen Daten der Musikanlage und jene des Pegelbegrenzers hervor. Am 28.03.2007 stellte das Arbeitsinspektorat Graz der belangten Behörde die vom Sachverständigen benötigten Unterlagen zur Verfügung. Unter Nachreichung der Unterlagen erneuerte die belangte Behörde ein weiteres Mal das Ersuchen an den lärmtechnischen Sachverständigen. In seiner lärmtechnischen Stellungnahme vom 22.05.2007 beantwortete Ing. Heinz Koller die Fragestellung: schalltechnische Stellungnahme zum Ansuchen um Änderung der Öffnungszeit von derzeit 24.00 Uhr auf nunmehr 05.00 Uhr früh nach Darlegung von Befund, Aktenlage und den zur Berechnung herangezogenen Normen, Richtlinien und Studien - wie folgt: Bei einer Verlängerung der Öffnungszeit von nunmehr 05.00 Uhr früh sind relevante Immissionen zufolge angeregter Unterhaltung der Gäste in den (der Betriebsanlage) angrenzenden Wohnräumen zu erwarten. Aus schalltechnischer Sicht ist jedenfalls die Vorlage eines schalltechnischen Projektes zur Einhaltung der im Sinne der ÖAL-Richtlinie Nr. 33 unter Berücksichtigung der Emissionswerte der ÖNORM S 5012 mindesterforderlichen Standard-Schallpegeldifferenz zu den nächstgelegenen, in den Nachtstunden genutzten Aufenthaltsräumen vorzugsweise unter Zugrundelegung einer bauakustischen Messung des Ist-Zustandes erforderlich. Ebenso ist eine etwaige Schallabstrahlung durch den hofseitig gelegenen Zubau, insbesondere über die Lichtkuppeln, zu berücksichtigen. Mit dem Schreiben vom 30.05.2007, dem die schalltechnische Stellungnahme vom 22.05.2007 in Kopie beigelegt war, lud die belangte Behörde Frau B H ein, die vom schalltechnischen Amtsachverständigen in seiner Stellungnahme näher umschriebenen Unterlagen (schalltechnisches Projekt) binnen drei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens dem Betriebsanlagenreferat zu übermitteln, widrigenfalls ihr Ansuchen gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen werden müsse. Am 10.07.2007 erließ die belangte Behörde den nunmehr bekämpften Zurückweisungsbescheid. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes: Nach § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Im hier zu beurteilenden Fall liegt kein Mangel im Sinne des § 13 Abs 3 AVG vor. Die Berufungswerberin hat - um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Darstellung der Aktenlage verwiesen - alle Unterlagen (Anrainerverzeichnis samt planlicher Darstellung der Nachbarsituation), die zur schalltechnischen Beurteilung ihres Änderungsansuchens notwendig waren, vorgelegt, sodass der lärmtechnische Sachverständige in der Lage war, die von ihm erbetene schalltechnische Stellungnahme abzugeben. Aus den Ausführungen in der Stellungnahme ist zu entnehmen, dass 1.) sich bereits bei einer Verlängerung der Öffnungszeiten Montag bis Samstag von bisher 08.00 Uhr bis 24.00 Uhr auf Montag bis Samstag von 07.00 Uhr bis 05.00 Uhr das Immissionsverhalten der Betriebsanlage für Bewohner von angrenzenden Wohnräumen relevant verändere und 2.) das in Rede stehende schalltechnische Projekt, mit dem die Konsenswerberin die Einhaltung der einschlägigen Emissionswerte nachweisen soll, offenbar für die positive Beurteilung des Ansuchens erforderlich ist. Die Vorlage von Unterlagen, mit dem ein Ansuchen bewilligungsfähig gemacht werden soll, sind nicht nach § 353 GewO anzuschließende Beilagen, die die Gewerbebehörde von der Antragstellerin unter Verweis auf § 13 Abs 3 AVG nachfordern kann. Somit fußt der bekämpfte Zurückweisungsbescheid auf einer rechtswidrigen Aufforderung nach § 13 Abs 3 AVG, die auch den Zurückweisungsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Es war daher der bekämpfte Bescheid zu beheben. Die belangte Behörde wird das Ansuchen der B H auf Verlängerung der Öffnungszeiten vom 26.01.2007, aufbauend auf den bisherigen Ermittlungsergebnissen, weiter zu bearbeiten haben. Der Antragstellerin wird Gelegenheit gegeben werden müssen, sich zur schalltechnischen Stellungnahme vom 22.05.2007 zu äußern. Der Konsenswerberin steht es frei, ihren Antrag abzuändern. Letztendlich kann nur ein medizinisches Sachverständigengutachten die Auswirkung von Lärmimmissionen auf den menschlichen Organismus beurteilen. In jedem Fall aber wird die belangte Behörde - sofern der Antrag nicht vollständig zurückgezogen wird - eine Entscheidung in der Sache (Abweisung oder Genehmigung des Antrages) zu treffen haben. Es war spruchgemäß zu entscheiden.