TE UVS Tirol 2008/01/15 2007/21/3296-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Volker-Georg Wurdinger über die Berufung des Herrn Ö. M., geb XY, XY-Straße 8/17, S. (im Weiteren kurz Berufungswerber genannt), vertreten durch Herrn L. T. sen, pA T. Handels- und Speditions GesmbH, M. 18d, R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 29.10.2007, Zl KS-11574-2007, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt Kostenspruch aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 07.10.2007 20.52 Uhr

Tatort: A12, Inntalautobahn, km 0028.310, Gemeinde Radfeld

Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug, XY (A); Anhänger, XY (A)

 

Sie haben das KFG später als 2 Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchstens zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 42 Abs 2 StVO?

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00, Ersatzarrest 72 Stunden, unter gleichzeitiger Festsetzung von Verfahrenskosten verhängt.

 

Dagegen wurde rechtzeitig Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt wie folgt:

 

?Gegen das Straferkenntnis KS-11574-2007 vom 29.10.2007 der BH Kufstein erhebe ich in offener Frist Berufung. Vorerst ist darauf zu verweisen, dass die Behörde in einem Schnellverfahren die Rechtsmitteleinwendungen gegen die Strafverfügung ignoriert.

 

Ich war mit dem Lastzug XY vom Betriebsgelände in R. unterwegs zur B., H. um dort Frischdienst zu laden. Es geht um eine Nachttour von Hallein nach Oberösterreich. Ich hatte von der letzten Filiale Leergut geladen und zwar leere Rollcontainer,  Rollcontainer beladen mit grünen Gemüsekisten, alten Kartonagen und 3 Rollcontainer mit leeren Getränkekisten.

Der Beamte hat die 3 Rollcontainer mit den Getränkekisten beanstandet und gesagt, wenn diese 3 Rollcontainer entladen werden, kann ich die Fahrt fortsetzen. Angesichts der kurzen Zeit bis 22 Uhr habe ich dann gewartet, da das Eintreffen eines Ersatzfahrzeuges länger gedauert hätte.

Ich habe dann meinen Chef angerufen und Herr T. sen kam dann zur Kontrollstelle und hat mit dem Beamten K. gesprochen. Herr T. sen erklärte mir, dass hier eine unklare Rechtslage sei, er dies aber abklären werde. Laut dem ihnen bereits übermittelten Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung kann jedwedes Leergut im Zusammenhang mit diesen Lebensmitteltransporten mitgeführt werden. Ich ersuche daher um Aufhebung des Straferkenntnisses bzw Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem UVS.

Beweise

L. T. sen

Korrespondenz BMV/Landesregierung?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zl KS-11574-2007, sowie in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Zl 2007/21/3296.

 

Beweis wurde weiters aufgenommen durch Abführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.01.2008. Zu dieser Verhandlung ist der Berufungswerber trotz Ladung nicht erschienen. Der Berufungswerber wurde mit beruflicher Unabkömmlichkeit. Der Berufungswerber entsandte jedoch einen bevollmächtigten Vertreter und zwar Herrn L. T. sen, welcher zur Verhandlung erschienen ist.

 

In der Verhandlung wurde als Zeuge einvernommen der Anzeigeleger und führte dieser aus wie folgt:

 

?Die im Akt einliegende Anzeige stammt von mir. Die Kontrolle an Ort und Stelle bei der Autobahnkontrollstelle Radfeld habe ich durchgeführt. Ich kann mich an den Vorfall noch erinnern. Ich habe mir damals handschriftliche Aufzeichnungen hinsichtlich der mitgeführten Waren gemacht. Es hat sich hiebei gehandelt um leere Getränkekisten, mehrere leere Gemüsekisten und auch mehrere leere Rollcontainer. Der Lenker erklärte anlässlich der Anhaltung, dass er mit den Leergebinden zum B. nach Hallein fahren würde. Wo er hergekommen ist, weiß ich nicht. Beim Blick in den Laderaum konnte ich ausschließlich Leergebinde erkennen.?

 

Der Anzeigeleger hat der Behörde ein Schreiben des Landespolizeikommandos für Tirol mit Datum Anfang November 2008 vorgelegt, welches zum Akt genommen und als Beilage ./A bezeichnet wurde. Es handelt sich hiebei um ein Schreiben des Landespolizeikommandos für Tirol an alle Dienststellen, in welchem der  Erlass des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 31.10.2007, Zl IIb2-2-4-1-293/07, zur Kenntnis gebracht wird. Dieser Erlass des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 31.10.2007 nimmt seinerseits Bezug auf eine schriftlich mitgeteilte Rechtsmeinung des Verkehrsministeriums vom 25.10.2007, in welchem ausgesprochen wird, dass ?als Leerfahrten auch Fahrten mit Leergebinden gelten?.

 

Im weiteren Verlauf der Verhandlung hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers ein Schreiben des Verkehrsministeriums vom 15.05.2007 gelegt, welches zum Akt genommen und als Beilage ./B bezeichnet wird.

 

In diesem Schreiben vom 15.05.2007 wird hinsichtlich der Leerfahrten ausgeführt, dass die in § 42 Abs 3 StVO vorgesehenen Ausnahmen auch Leer-Rückfahrten zum bzw Leer-Hinfahrten vom Standort des Fahrzeuges, wenn sie aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen unbedingt erforderlich sind, umfassen.

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat weiters eine Anfrage seinerseits an das Verkehrsministerium vom 24.10.2007 betreffend das Wochenendfahrverbot gelegt. Dieses Schreiben wurde zum Akt genommen und als Beilage ./C bezeichnet.

 

Im Antwortschreiben des Verkehrsministeriums an die T. Handels- und Speditions GmbH vom 06.11.2007 (Beilage ./E) wird vom Verkehrsministerium wiederum die Rechtsmeinung vertreten, dass der alleinige Transport von Leergut einer Leerfahrt gleichzusetzen ist, wenn es sich hiebei um eine Leer-Rückfahrt zum bzw um eine Leer-Hinfahrt vom Standort des Fahrzeuges handelt und diese aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen unbedingt erforderlich ist. Gelegt und zum Akt genommen wurde auch das Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung an die T. Handels- und Speditions GmbH vom 31.10.2007 samt Schreiben des Verkehrsministeriums vom 25.10.2007 und 15.05.2007. Dieses Schreiben wurde als Beilage ./D bezeichnet. Auch in diesem Schreiben vom 31.10.2007 wird vom Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Verkehrsrecht, die Rechtsmeinung vertreten, dass als Leerfahrten auch Fahrten mit Leergebinden gelten. Gleichzeitig wird in diesem Schreiben der Begriff ?Leergebinde? definiert wie folgt:

?Unter Leergebinde ist jedes Leergebinde zu verstehen, das, ohne Rücksicht auf seine Herkunft, anlässlich einer zulässigen Leerfahrt während des Wochenendfahrverbotes befördert werden darf.?

 

Aufgrund der aufgenommenen Beweismittel steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber lenkte am Tatort zum Tatzeitpunkt einen Lkw, beladen mit Leergebinde. Beim Tatzeitpunkt handelt es sich um den 07.10.2007, 20.52 Uhr. Der 07.10.2007 war ein Sonntag.

 

Nach § 42 Abs 2 StVO galt daher das Wochenendfahrverbot zum Tatzeitpunkt, da es sich bei dem verwendeten Lkw um ein Fahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t gehandelt hat.

 

Der Berufungswerber lenkten den von ihm verwendeten Lkw vom Standort Radfeld zur B.-Filiale nach Hallein, um dort verderbliche Lebensmittel und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs zu laden und sie  sodann weiter nach Oberösterreich zu transportieren.

 

Festzustellen ist, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine Leer-Hinfahrt vom Standort des Fahrzeuges zur B.-Filiale bzw zum B.-Verteilungslager zum Zwecke der Beladung mit leicht verderblichen Lebensmitteln sowie Gütern des täglichen Bedarfs gehandelt hat.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt und steht seinem objektiven Inhalt nach außer Streit. Im gegenständlichen Fall gilt es somit lediglich noch zu klären, ob das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten tatsächlich einem strafbaren Tatbestand im Sinne des § 42 StVO zu unterwerfen ist oder nicht. Hiezu bedurfte es nicht der Aufnahme weiterer Beweismittel.

 

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt zu würdigen wie folgt:

Nach § 42 Abs 1 StVO ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger.

 

Nach § 42 Abs 2 StVO ist in der im Abs 1 angeführten Zeit ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t  verboten.

 

Nach § 42 Abs 3 StVO sind von dem im Abs 2 angeführten Verbot ua Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel dienen.

 

Schon bisher erkannte der Verwaltungsgerichtshof keine sachlichen Gründe, die es rechtfertigen würden, nur die Rückfahrt nach Durchführung einer Fahrt zur Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel, nicht aber auch die Hinfahrt zwecks Durchführung einer Fahrt zur Beförderung solcher Lebensmittel als eine durch die betreffende Zwecksetzung im Sinne des Abs 3 charakterisierte Fahrt anzusehen, sofern sie aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen unumgänglich erforderlich war (VwGH 17.12.1986, ZfVB 1987/4/1715).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher eine strenge Auslegung des Gesetzestextes  gefordert, wonach die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs 3 für die ?ausschließliche? Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln anzuwenden ist. Bei der Auslegung des Gesetzes sei demnach vornehmlich von deren Wortlaut auszugehen, welcher  dann allein maßgeblich sei, wenn diese Methode bereits zu einem klaren Ergebnis führt. Dieser klare Wortlaut lässt für eine zulässige ?Mitbeförderung? von anderen Gütern, außer leicht verderblichen Lebensmitteln, von vorne herein keinen Raum.

 

Der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich freilich nicht entnehmen, ob es dem Sinn und dem Zweck des Wochenendfahrverbotes widersprechen würde, wenn auf der Hin- oder Rückfahrt vom Standort des verwendeten Kraftfahrzeuges Leergebinde mitbefördert wird oder nicht.

 

In Auslegung der Regelungen des § 42 StVO und in Ergänzung der bisher bekannten Judikatur hat nunmehr das Bundesministerium für Verkehr in den oben zitierten Schreiben mehrfach die Rechtsmeinung vertreten, dass als Leerfahrten auch Fahrten mit Leergebinden gelten.

 

Diese Rechtsmeinung des Verkehrsministeriums wurde vom Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Verkehrsrecht, übernommen und an das Landespolizeikommando für Tirol zum Vollzug weitergeleitet. Das Landespolizeikommando für Tirol hat wiederum die Rechtsmeinung des Verkehrsministeriums an alle untergeordneten Dienststellen weitergeleitet (siehe Beilage ./A).

 

Für die erkennende Behörde besteht nunmehr kein Grund, der Rechtsmeinung des Verkehrsministeriums betreffend Mitführen von Leergebinden entgegen zu treten und schließt sich die erkennende Behörde somit vorbehaltlich einer sicherlich zu erwartenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema der Meinung des Verkehrsministeriums an, wonach als Leerfahrten auch Fahrten mit Leergebinden zu werten sind; dies in Ergänzung zur bisher bekannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu diesem Thema.

 

Im Lichte der obigen Rechtsausführungen kann daher ein strafbares Verhalten des Berufungswerbers nicht erkannt werden, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
In, Auslegung, der, Regelungen, des, § 42 StVO, und, in, Ergänzung, der, bisher, bekannten, Judikatur, hat, nunmehr, das, Bundesministerium, für, Verkehr, in, den, oben, zitierten, Schreiben, mehrfach, die, Rechtsmeinung, vertreten, dass, als, Leerfahrten, auch, Fahrten, mit, Leergebinden, gelten. Diese, Rechtsmeinung, des, Verkehrsministeriums, wurde, vom, Amt, der, Tiroler, Landesregierung, Abteilung, Verkehrsrecht, übernommen, und, an, das, Landespolizeikommando, für, Tirol, zum, Vollzug, weitergeleitet
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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