Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Barbara Glieber über die Berufung von Herrn DI W. F. jun., L., vertreten durch Frau MMag. Dr. V. R., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 04.06.2007, Zl AW-4-2007, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51ff Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:
?Es wird Ihnen als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. B. DI W. F. GesmbH in L. auf Grund der Feststellungen des Gewerbereferates der Bezirkshauptmannschaft Lienz (Behandlungsauftrag vom 06.11.2006, ZI XY) zur Last gelegt seit Juli 2006 auf dem Gst XY GB L. zumindest bis zur Erlassung des Behandlungsauftrages vom 06.11.2006 eine ortsfeste Behandlungsanlage zur Zwischenlagerung und Aufbereitung von Erd- und Abbruchmaterial ohne abfallrechtliche Genehmigung errichtet und betrieben zu haben, obwohl die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde bedarf und diese Anlage mangels eines entsprechenden Qualitätsicherungssystems nicht als gewerbliche Betriebsanlage anzusehen und folglich die Ausnahmebestimmung des § 37 Abs 2 Z 1 AWG 2002 nicht anzuwenden ist.?
Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 37 Abs 1 in Verbindung mit § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 verhängt und wurde er zu einem Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verpflichtet.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führte der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber Folgendes aus:
?Gegen das Straferkenntnis der BH L. vom 04.06.2007, GZ AW-4-2007 ergeht Berufung an den UVS Tirol. Im angeführten Straferkenntnis vom 04.06.2007 GZ AW-4-2007 wurde ich als gewerberechtlicher GF der Firma B. Dipl. Ing. W. F. GmbH wegen Übertretung des § 37 Abs 1 iVm § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 zu einer Geldstrafe von Euro 1.500,00 sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt mit der Begründung, ich hätte von Juli 2006 bis 06.11.2006 eine ortsfeste Behandlungsanlage zur Zwischenlagerung und Aufbereitung von Erd- und Abbruchmaterial ohne abfallrechtliche Genehmigung errichtet und betrieben. Tatsächlich habe ich die inkriminierte Verwaltungsübertretung aber nicht begangen.
a)
Zunächst wird die Feststellung im Straferkenntnis bestritten, ich hätte für die mir zur Last gelegten Handlungen die volle Verantwortung übernommen und diese grundsätzlich zugegeben. Dies ist aber tatsächlich unrichtig. Ich habe sowohl im Verfahren SG-39-2006 BH Lienz als auch im gegenständlichen Verfahren angegeben, lediglich einmal im Juli 2006 Erdmaterial auf das gepachtete Grundstück zur Zwischenlagerung verbracht, jedoch nicht aufbereitet zu haben. Weiters habe ich angegeben, dass zeitgleich mit dieser Anlieferung die Firma N. A B. GmbH, welche drei Jahre lang auf dem genannten Grundstück eine Materialaufbereitung betrieben hat, auch eine Materialaufbereitung durchführte, um verbleibende Restmengen zu verwerten. Es ist sohin unrichtig, wenn die Behörde feststellt, ich hätte die mir zur Last gelegten Handlungen zugegeben, zumal mir vorgeworfen wird, eine ortsfeste Behandlungsanlage zur Zwischenlagerung und Aufbereitung von Erd- und Abbruchmaterial ohne abfallrechtliche Genehmigung errichtet und betrieben zu haben.
Im Verfahren SG-39-2006 habe ich als Beweis für mein Vorbringen die Einvernahme von informierten Mitarbeitern der Firma N. A Bau GmbH angeboten, nämlich N. P. pA N. A B. GmbH, in S. und Ing. N. S. pA N. A B. GmbH in S. Trotz entsprechenden Vorbringens hat es die Erstbehörde verabsäumt, die beantragten Personen als Zeugen einzuvernehmen, welche die Wahrheit meines Vorbringens untermauern könnten, was ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt wird. Im Straferkenntnis wird die Nichteinvernahme der beantragten Zeugen damit begründet, dass Fam. G. vertreten durch RA Dr. K. in ihrer Klage vom 27.07.2006 behauptet hätten, dass es ständig zu Lkw-Transporten komme, die große Haufen von Schotter ablagern und für Bauschutt auch ein Brecher zum Einsatz komme, mit Baggern der angelieferte Abfall verteilt würde, es daher zu erheblichen Staubbelastungen gekommen sei. Die Erstbehörde verabsäumt es aber, festzuhalten, dass dieses Klagsvorbringen der Fam. G. im Verfahren XY BG L. seitens der B. Dipl. Ing. W. F. GmbH als beklagte Partei bestritten wurde und die B. Dipl. Ing. W. F. GmbH als beklagte Partei auch im Gerichtsverfahren vorgebracht hat, erstmals und einzig Anfang Juli 2006 einige Lkw-Ladungen Material zum Pachtgrundstück gebracht und dort abgeladen zu haben, ansonsten keinerlei Tätigkeit auf dem Grundstück entfaltet zu haben. Weiters wurde seitens der beklagten Partei im Gerichtsverfahren vorgebracht, dass in den ersten drei Juliwochen noch die FA N. A B. GmbH Baggerarbeiten durchgeführt hat und dass allfällige Belästigungen der Fam. G. als Kläger nicht durch die B. Dipl.Ing. W. F. GmbH als beklagte Partei, die Firma N. A B. GmbH verursacht wurden. In der Replik der Fam. G. vom 13.08.2006 haben diese selbst zugestanden, dass die Firma N. ihre Imissionstätigkeiten erst ?im Sommer 2006? eingestellt habe. Tatsächlich hat die Firma N. A B. GmbH das gegenständliche Grundstück im Zusammenhang mit dem Ausbau der Fernwärmeleitungen über Jahre als Schotterablage- und aufbereitungsplatz verwendet und zu diesem Zwecke Lkw-Transporte, Brecher und Bagger eingesetzt. Auch dies wurde im Verfahren XY BG L. von Fam. G. nicht bestritten, sondern dazu vorgebracht, dass Fam. G. mit der Firma N. hinsichtlich der damit im Zusammenhang stehenden Beeinträchtigungen eine Vereinbarung datierend vom 04.06.2002 geschlossen haben und die Firma N. sich verpflichtet hat, Fam. G. einen Entschädigungsbetrag von Euro 7,50 pro Arbeitstag zu bezahlen.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt wurde im Verfahren XY BG L. Ruhen des Verfahrens (bei Kostenaufhebung) vereinbart.
Beweis: Akt XY BG L.
Vereinbarung zwischen B. N. A B. GmbH und O. und H. G. vom 04.06.2002
Zeuge N. P. pA N. A B. GmbH, in S.
Ing. N. S. pA N. A B. GmbH, in S.
b)
Als weitere Begründung für die inkriminierte Feststellung wurde von der Erstbehörde auch der Bescheid vom 06.11.2006 gewertet, wonach für den darin erteilten Behandlungsauftrag gem. § 73 AWG 2002 ein Rechtsmittel nicht eingebracht wurde und dieser in Rechtskraft erwachsen ist. Dies allerdings quasi als Tatgeständnis zu werten, ist völlig verfehlt. Der Behandlungsauftrag vom 06.11.2006 war für das B. Dipl. Ing. F. GmbH mit keinerlei nachteiligen Folgen verbunden, da bei Zustellung dieses Bescheides weder geplant war, Abfälle auf dem gegenständlichen Grundstück zuzuführen, noch auf dem gegenständlichen Grundstück Abfälle vorhanden waren, sodass eine Berufung gegen den Bescheid vom 06.11.2002 GZ 2.IB-142/06-17 für die B. Dipl. Ing. W. F. GmbH keinerlei Vorteile nach sich gezogen hätte, sondern diese lediglich mit , unnötigen , Rechtsanwaltskosten belastet hätte. Dies war auch der Grund dafür, gegen den Bescheid vom 06.11.2006 kein Rechtsmittel zu erheben. Es geht aber nicht an, den Umstand, dass aus den vor aufgezeigten Gründen die B. Dipl. Ing. W. F. GmbH auf die Einbringung eines Rechtsmittels verzichtet hat, als Schuldanerkenntnis auszulegen.
Tatsächlich hätte sohin bei Einholung des Gerichtsaktes XY BG L. und Einvernahme der beantragten Zeugen die Erstbehörde feststellen müssen, dass tatsächlich von der B. Dipl. Ing. W. F. GmbH nur einmalig im Juli 2006 Erdaushubmaterial auf das gegenständliche Grundstück angeliefert und zwischengelagert wurde, ansonsten keinerlei Tätigkeiten durchgeführt wurde. Bei richtiger Auslegung hätte sich aufgrund dieses Sachverhaltes ergeben, dass aufgrund dieser einmaligen Anlieferung durch die B. Dipl. Ing. W. F. GmbH weder eine gewerbebehördliche Betriebsanlage noch eine inkriminierte ortsfeste Behandlungsanlage nach dem AWG errichtet und betrieben wurde.
Es wird sohin beantragt die Einholung des Aktes XY BG L. sowie Einvernahme der Zeugen N. P. und Ing. N. S., beide pA N. A B. GmbH, in S.
c)
Darüber hinaus ist es auch völlig unzutreffend, dass ich eine ortsfeste Behandlungsanlage im Sinne des § 37 AWG 2002 errichtet und betrieben hätte. Gem § 37 AWG unterliegt nämlich der Genehmigungspflicht nach dem AWG die Errichtung, der Betrieb und die Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen nicht Ziffer 1 Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen, sofern sie der Genehmigungspflichten gem. den §§ 74 ff Gewerbeordnung unterliegen, Ziffer 2 Behandlungsanlagen zur Vorbehandlung von nicht gefährlichen Abfällen, sofern diese Behandlungsanlagen in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit einer in Ziffer 1 genannten Behandlungsanlage stehen und der Genehmigungspflicht gem. den §§ 74 ff Gewerbeordnung unterliegen Ziffer 3 Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von im eigenen Betrieb anfallenden Abfällen, sofern sie der Genehmigungspflicht gern. den §§ 74 ff Gewerbeordnung unterliegen Ziffer 5 Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gem dem §§ 74 ff Gewerbeordnung usw unterliegen.
Abs 3 Z 1 Folgende Behandlungsanlagen und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren zu genehmigen:
Ziffer 1 Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im wesentlich natürlich gewachsenen Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert wird, sofern, das Gesamtvolumen der Deponie unter 100.000 Kubikmeter liegt.
Selbst dann, wenn die Behörde zum Schluss kommt, dass das einmalige Anliefern von Erdaushubmaterial bereits einer Genehmigungspflicht unterliegt, hätte es sich jedenfalls um eine Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung gehandelt, sodass eine Genehmigungspflicht nach dem Abfallwirtschaftsgesetz ausscheidet. So wurde vom VwGH im Verfahren 90/04/0277 die Lagerung von Erdaushub- und Bauschuttmaterial im Rahmen der gewerbebehördlichen Genehmigung einer Betriebsanlage beurteilt, desgleichen im Verfahren 91/04/0024 eine Schotterlagerung sowie im Verfahren 98/04/0132 die Lagerung von Holz, Ziegel, Rohren, Platten, Schotter und Sand samt Anlieferung der Waren mit betriebseigenen sowie fremden Lkws. Sämtliche dieser Handlungen wurden vom VwGH unter dem Aspekt der gewerbebehördlichen Genehmigung einer Betriebsanlage beurteilt. Daraus folgt aber, dass auch die Zwischenlagerung von Erd- und Abbruchmaterial einer Genehmigungspflicht im gewerbe-behördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren unterliegt, sodass , zwingend , die Genehmigungspflicht nach dem Abfallwirtschaftsgesetz ausscheidet (Das Verwaltungsverfahren wegen Übertretung nach der Gewerbeordnung SG-38-2006 BH Lienz wurde gem. Mitteilung vom 15.01.2007 eingestellt).
Darüber hinaus liegt im Sinne des § 2 AWG eine Behandlungsanlage dann vor, wenn in dieser Abfälle behandelt werden, wenn zumindest eine Maßnahme die Kriterien eines Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens entsprechend dem Anhang 2 AWG erfüllt. Entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde ist aber die , kurzfristige , Zwischenlagerung von Erdaushubmaterial nicht einem der im Anhang 2 AWG angeführten Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens zu subsumieren. Die Erstbehörde hat angenommen, dass es sich bei einem kurzfristigen Zwischenlager für Erdaushubmaterial um ein Beseitigungsverfahren D1 ?Ablagerungen im oder auf dem Boden (zB Deponien)? handelt. Dies ist aber unrichtig.
Gem § 2 Abs 5 Z 7 lit 4 AWG sind Deponien Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen oder auf Dauer (das heißt für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. Nicht als Deponien gelten a Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können, b Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet und c Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.
Tatsächlich liegt im beabsichtigten Zwischenlager für Erdaushubmaterial selbst dann, wenn dieses nicht nach der Gewerbeordnung als gewerbebehördliche Betriebsanlage zu genehmigen wäre, keine ortsfeste Behandlungsanlage im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes vor, da das Zwischenlager weder einem Verwertungsverfahren noch einem Beseitigungsverfahren wie im Anhang 2 des AWG unterstellt werden kann. Entgegen der Ansicht der Behörde stellt ein Zwischenlager für Erdaushubmaterial auch nicht ein Beseitigungsverfahren D1 ?Ablagerungen im oder auf dem Boden? dar, da es sich bei einem Beseitigungsverfahren D1 nur um langfristige, das heißt, Ablagerungen von Abfällen von über einem Jahr, handelt, was bei einem beabsichtigten Zwischenlager der B. Dipl. Ing. W. F. GmbH auf dem gegenständlichen Grundstück nicht der Fall war, da nur beabsichtigt war, ein , kurzfristiges , Zwischenlager für Erd- und Bodenaushubmaterial (während eines Bauvorhabens) zu errichten. Ein derartiges Zwischenlager ist auch nicht den Beseitigungsverfahren D 15 zu unterwerfen, da es sich in diesem Verfahren um eine zeitweilige Lagerung bis zur Anwendung eines der in D1 bis D 14 angeführten Verfahren handelt.
Tatsächlich ist sohin die einmalige Anlieferung von Erd- und Bodenaushubmaterial zum gegenständlichen Grundstück weder der Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung noch nach dem AWG zu unterwerfen. Sollte aus der Absicht, auf dem gegenständlichen Grundstück ein , kurzfristiges , Zwischenlager für Erdaushub- und Bodenaushubmaterial zu betreiben, auf eine Genehmigungspflicht geschlossen werden, so liegt jedenfalls eine Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung als gewerbebehördliche Betriebsanlage vor. Eine ortsfeste Behandlungsanlage im Sinne des AWG 2002 liegt jedenfalls nicht vor, da ein beabsichtigtes Zwischenlager weder einem Verwertungs- noch einem Beseitigungsverfahren im Sinne des Anhang 2 AWG 2002 subsumiert werden kann.
Dem entsprechend wurde auch nicht die Rechtsvorschrift des § 37 Abs 1 iVm § 79 Abs 1 Z 9 AWG verletzt.
Es wird sohin gestellt der Antrag:
Das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.?
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Sachverhalt:
Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirksgerichtes Lienz, Zl. XY, sowie durch Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Zeugen C. P., Ing. M. S. und G. P. anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung am 05.12.2007. Weiters wurde Einsicht genommen in die vom Zeugen Ing. S. vorgelegten Fotos.
Sachverhaltsfeststellungen:
Auf dem gegenständlichen Areal wurden im fraglichen Zeitpunkt Bodenaushub, Humus und mineralischer Bauschutt gelagert. Maschinen/Geräte zur Aufbereitung der gelagerten Abfälle waren auf dem Areal , bis auf ein händisch zu bedienendes Sieb , nicht im Einsatz und auch nicht vorhanden.
Der Abstand zwischen der Garage des Hauses der Familie G. zum gegenständlichen Areal beträgt ca 20 m. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Pächterin des gegenständlichen Areals.
Negativfeststellung:
Nicht festgestellt werden kann, dass im gegenständlichen Zeitraum Aufbereitungsmaßnahmen durch die Firma Bauunternehmung DI W. F. GmbH durchgeführt wurden. Der auf den im erstinstanzlichen Akt befindlichen Fotos ersichtliche Bagger ist der Firma N. A. B. GmbH zuzurechnen.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus dem zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahren. Die dabei einvernommenen Zeugen C. P., Ing. M. S. und G. P. gaben übereinstimmend und im Einklang mit den Angaben des Berufungswerbers an, dass seitens der B. DI W. F. GmbH auf dem gegenständlichen Areal keine Aufbereitungsarbeiten durchgeführt wurden.
B) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind folgende gesetzlichen Bestimmungen von Relevanz:
1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 34/2006:
Begriffsbestimmungen
§ 2
(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und
1.
deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2.
deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) nicht zu beeinträchtigen.
(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1.
?Behandlungsanlagen? ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;
2.
?mobile Behandlungsanlagen? Einrichtungen, die an verschiedenen Standorten vorübergehend betrieben und in denen Abfälle behandelt werden. Nicht als mobile Behandlungsanlagen gelten ihrer Natur nach zwar bewegliche Einrichtungen, die länger als sechs Monate an einem Standort betrieben werden, ausgenommen Behandlungsanlagen zur Sanierung von kontaminierten Standorten;
4. ?Deponien? Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. Nicht als Deponien gelten
a)
Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können,
b)
Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet, und
c)
Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.
Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen
§ 37
(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde.
(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Abs 1 unterliegen nicht
5. Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74ff GewO 1994, gemäß dem Mineralrohstoffgesetz oder gemäß dem Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, BGBl Nr 380/1988, unterliegen,
Strafhöhe
(1) Wer eine Behandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert, ohne im Besitz der nach § 37 erforderlichen Genehmigung zu sein, begeht , sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist , eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von Euro 730,00 bis Euro 36.340,00 zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von Euro 3.630,00 bedroht.
2. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 84/2006:
§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
3. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:
§ 45
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1.
die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2.
der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3.
Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
C) Rechtliche Beurteilung:
Aus Anhang 2 zum AWG 2002 folgt, dass im Gegenstandsfall entgegen der Ansicht des Berufungswerbers sehr wohl von einer Behandlungsanlage auszugehen ist. In R 13 wird nämlich die Ansammlung von Abfällen, um sie einem der unter R 1 bis R 12 ausgeführten Verfahren zu unterziehen, ausdrücklich unter den Behandlungsverfahren angeführt.
Dennoch kommt der Berufung aus folgenden Erwägungen Berechtigung zu:
Gemäß § 37 Abs 2 Z 5 AWG 2002 unterliegen Lager für Abfälle unter anderem dann nicht der abfallrechtlichen Genehmigungspflicht nach Abs 1, wenn sie gemäß den § 47ff GewO 1994 genehmigungspflichtig sind. Bei einem Zwischenlager handelt es sich unzweifelhaft um eine örtlich gebundene Einrichtung im Sinne des § 74 Abs 1 GewO 1994. Unter einer ?Anlage? ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich alles zu verstehen, was durch die Hand des Menschen angelegt, also errichtet wird. Im gegenständlichen Fall wurden nun aber zweifelsfrei Errichtungsmaßnahmen zur Herstellung des Zwischenlagers gesetzt, wenn auch nicht vom Berufungswerber selbst. Es ist jedoch nicht nur die Errichtung, sondern auch der Betrieb einer Anlage auf seine Genehmigungspflicht hin zu prüfen.
Für die Berufungsbehörde steht auch außer Zweifel, dass das Zwischenlager der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dient. Es handelte sich bei diesem offenkundig um eine im Rahmen der sonstigen gewerblichen Tätigkeit der B. DI W. F. GmbH genutzte betriebliche Anlage. Für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ist es auch nicht entscheidend, ob der wirtschaftliche Vorteil direkt im Zusammenhang mit dem Betrieb des Zwischenlagers eintritt oder aber im Zusammenhang mit anderen gewerblichen Tätigkeiten der Gesellschaft, in deren Rahmen das in Rede stehende Zwischenlager verwendet wurde. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit insgesamt auf die Erzielung eines Gewinnes ausgerichtet ist (vgl VwGH 12.01.1963, Zl 2761/50 ua). Wie der Berufungswerber bei seiner Einvernahme angegeben hat, sollten die auf der betreffenden Fläche zwischengelagerten Materialien wiederum im Rahmen der durch die B. DI W. F. GmbH übernommenen Bautätigkeiten eingesetzt werden. Diese Tätigkeiten sind jedoch zweifelsfrei auf Gewinn ausgerichtet.
Es stellt sich daher weiters die Frage, ob die Anlage geeignet ist, die in § 74 Abs 2 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen zu beeinträchtigen. Eine Genehmigungspflicht ist dabei immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen (Gefährdungen, Belästigungen usw) nicht auszuschließen sind. Bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage zu Gefährdungen, Belästigungen usw begründet also die Genehmigungspflicht. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen, Belästigungen etc., vorliegen, ist im Genehmigungsverfahren zu prüfen (vgl VwGH 20.12.1994, Zl 94/04/0162 ua). Um diese grundsätzliche Eignung zu beurteilen, genügt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VWGH 20.09.1994, Zl 94/04/0068 ua). Im vorliegenden Fall kann nun aber nach Ansicht der Berufungsbehörde im Hinblick auf die üblicherweise von einem Zwischenlager für Bodenaushub etc. ausgehenden Emissionen, insbesondere Staubverfrachtungen über größere Distanzen, die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der durch die Gewerbeordnung 1994 geschützten Nachbarinteressen nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Vielmehr hat es bereits Nachbarbeschwerden gegeben, die diesen Schluss untermauern. Auch die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern, insbesondere des Grundwassers, kann bei einem Zwischenlager, zu welchem aus verschiedenen Bereichen Materialien zugeführt werden sollen, nicht von vorneherein verneint werden. Damit dürfte auch § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994 zum Tragen kommen. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der gegen den Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf, nämlich der Betrieb einer ortsfesten Behandlungsanlage zur Zwischenlagerung und Aufbereitung von Erd- und Abbruchmaterial, aufgrund der Ausnahmenorm in § 37 Abs 2 Z 5 AWG 2002 nicht unter das durch die Erstinstanz angezogene Tatbild subsumierbar ist. Insbesondere wurde festgestellt, dass eine Aufbereitung nicht erfolgt ist, sodass aufgrund der vorstehenden Ausführungen die als erwiesen anzunehmende Zwischenlagerung dem Regime der Gewerbeordnung 1994 unterliegt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG , diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren ebenso Anwendung , hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ?Sache? im Sinne dieser Gesetzesstelle ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Demnach darf aber die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat. Da sohin die dem Berufungswerber konkret angelastete und damit durch die Berufungsbehörde zu beurteilende Tat aus vorstehenden Erwägungen nicht als Übertretung des § 79 Abs 1 Z 9 iVm § 37 Abs 1 AWG 2002 qualifiziert bzw nicht unter dieses Tatbild subsumiert werden kann, war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und , was den konkret erhobenen Tatvorwurf anlangt , das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.